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Frisch aus dem WM-Papierkorb – unveröffentlichte Meldungen aus den Redaktionen dieser Welt
(WM-Finale 13.07.2014: Deutschland – Argentinien 1:0 n.V.)
14.07.2014 Ruhr Nachrichten - Dortmund:
Kevins WM-Tagebuch
Hallo Leute,
Weltmeister – geht
doch! Und danach? Ging bei uns irgendwann gar nix mehr. Neunzig
Minuten, Verlängerung, Abfeiern, Siegerehrung, Kabine, Duschen und
anschließend Paadie bis die morschen Fevelas von den Hängen stürzten.
Mann, bin ich in der Grütze. Und dann noch diese Scheißwette mit Heuli
Götze. Hätte ich das bloß sein gelassen. Fing schon gestern Vormittag
an, als ich ihm seinen vermissten Kofferschlüssel in seine kleinen
Patscherchen drückte. Ich konnte sein Gejammer im Nebenzimmer
irgendwann einfach nicht mehr ertragen. Man ist ja auch nur ein Mensch.
Der Depp hatte geschlagene drei Stunden mit dem Nutella-Messer
erfolglos seinen Samsonite bearbeitet. Aber nun hatte er ja plötzlich
sein Schlüsselchen wieder zurück. Da strahlte Heuli aber über beide
Brandt-Zwieback-Bäckchen, fiel mir in die Arme und sagte dann
bedeutungsschwer: „Kevin, das ist ganz groß von dir. Ich sehe das als
Zeichen von ganz oben. Ich habe jetzt diesen Schlüssel in der Hand. Das
ist der Schlüssel zum Sieg.“ Natürlich musste ich dem Gekloppten in
diesem Moment diese Wette anbieten: „Wenn du Vollpfosten im Endspiel
tatsächlich die finale Bude machen solltest, dann nenne ich dich
erstens nie wieder Heuli, schlafe zweitens einen Monat in
Bayern-Bettwäsche und lasse mir drittens von Schweini die Fingernägel
in rot und weiß lackieren!“ Hätte ja nie damit gerechnet, dass Jogi
Bonito diese Memme in kurzen Hosen wirklich auf den Rasen jagt. Und
dann macht der Kerl wirklich die Bude. Aber egal, da muss ich jetzt
einfach durch. Hauptsache Weltmeister. Schließlich konnten wir doch den
zweihundert Millionen Brasilianern nicht auch noch zumuten, dass ihr
Erzfeind im eigenen Wohnzimmer das Tafelsilber klaut. Das hat uns Mutti
Kanzlerin nach dem Spiel in der Kabine auch noch mal bedeutungsschwer
mitgeteilt. Die war diesmal übrigens in Begleitung von ihrem Mann
Joachim gekommen. Und dann sagte Angie auch noch: „Deutschland wird
jetzt auf Jahre unschlagbar sein, damit meine ich aber nicht nur den
Fußball, sondern einfach alles. Das habe ich gerade auch noch einmal
diesem Herrn Putin gesagt, welcher früher einmal mein Freund Vladimir
war.“ Ich sage ja auch immer, Fußball ist völkerverbindend. Na ja –
fast. Zwischen BVB und Herne West wird wohl immer Kalter Krieg sein.
Aber egal – anschließend sind Angie und Joachim noch kurz mit uns unter
die Dusche gehüpft, so’n Spiel mit XXL-Extension ist auch für
Edel-Public-Viewer megaanstrengend. Ja, und dann ging mit frisch
gefönten Haaren der Zug durch die Gemeinde los: Poldi und Schweini Arm
in Arm, Herr Götze mit goldenem Türstopper und ich mit frisch
lackierten Fingernägeln. Haben dann entlang der Cubacabana erstmal
sämtliche Caipi-Vorräte vernichtet. Und dann ging es in den ultimativen
Partyschuppen. Die Sportfreunde Stiller und die Toten Hosen haben zum
Tanz aufgespielt, Shakira hat auf der Bühne einen zornigen Striptease
hingelegt und Messi hat uns in dem ganzen Gewusel die Getränke
gereicht. Ist eben ein Super-Techniker! Und wir Nationalkicker im Auge
des Orkans. Die Jungs waren wirklich in Bestform. War insgesamt ein
schönes Warmup für morgen in Berlin. Da lassen wir’s nochmal so richtig
krachen. Wir sehen uns in der Hauptstadt der Partyweltmeister. Und ich
leg die Platten auf – BVB olé! Berlin, Berlin, wir fliegen nach Berlin!
Euer Kevin
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Frisch aus dem WM-Papierkorb – unveröffentlichte Meldungen aus den Redaktionen dieser Welt
12.07.2014 Ruhr Nachrichten - Dortmund:
Kevins WM-Tagebuch
Hallo Leute,
sind mit Mann und
Maus gut in Rio angekommen und vollzählig im noblen Shithappens Hotel
direkt an der Cubacabana abgestiegen. Unser Dschungelcamp haben wir
gestern besenrein an die Leute vom Robinson-Club übergeben. Die ätzende
Putzerei vorher ging einem aber schon ziemlich auf den Sack. Bei Löws
Stubendurchgang mit finaler Spindkontrolle wurden bei mir im Bett
angeblich noch erhebliche Mengen an Chipskrümeln entdeckt. Keine
Ahnung, wie das Zeugs da reingekommen ist. Habe die bekloppte
Bayern-Combo im Verdacht. Musste also nochmal den Saugemann spielen und
das Bettzeug abziehen. Dann ging‘s endlich ans Kofferpacken. Kein
großes Problem für mich. Als Ersatzmann verbraucht man ja nicht so
viele Trikots. Und mit meinen vier Unterhosen bin ich bisher auch
bestens ausgekommen. Heuli Götze hat dagegen anscheinend seinen ganzen
Hausstand mitgebracht. Bei ihm musste sich die ganzen Bayern-Truppe auf
den dicken Koffer setzen, damit er ihn überhaupt zugekriegt. Habe auch
noch mit angepackt und beim Abschließen geholfen. Heuli hat dann gar
nicht mitbekommen, dass ich seinen Kofferschlüssel eingesteckt habe.
Das wird bestimmt lustig, wenn er das Teil heute mit dem Dosenöffner
aufmachen muss. Sein dämliches Gesicht kann ich mir gut vorstellen.
Ansonsten ist heute chillen angesagt. Wir sollen uns nachmittags das
Loser-Duell Brasilien gegen Holland vor der Hotelglotze reinpfeifen.
Dann ist anschließend Heimkino vorgesehen. Auf Wunsch von unserem
indianischen Doktor stehen diverse Winnetou-Filme auf dem Programm. Und
danach schmeißt Löw wahrscheinlich wieder seine Immenhof-Cassetten in
den DVD-Player. Gruseliger geht’s kaum noch. Wahrscheinlich machen
Erik, Roman und ich daher einen auf Malente und verdrücken uns mal ganz
gepflegt auf ein paar zornige Caipis an die Strandbar gegenüber. Matse
hat leider abgesagt, denn der hat morgen ja noch was vor. Stimmt – da
ist doch noch was im Macaroni-Stadion. Statt Elmeterschießen gegen die
Holländer gibt’s vermutlich reichlich was auf die Socken von den
Argentinos. Wird den Gauchos aber nix nützen. Messi wird an die
Hundeleine gelegt und den Rest der Truppe kann man eh‘ in der
Shisha-Pfeife rauchen. Ich denke, das wird ein entspanntes 5:0 für uns.
Und dann kommt Dienstag hoffentlich mein großer Auftritt auf dem
Laufsteg vor dem Brandenburger Tor. Da darf ich dann einige geile
BVB-Songs zum Besten geben. Habe ich mit Bierhoff schon so
abgesprochen. Wenn schon kein WM-Einsatz, dann wenigstens offizieller
Partyweltmeister. Auf diesen Titel freue ich mich jetzt schon. Und für
die Fans gibt‘ reichlich Döner beim gepflegten Weitwurf von der Bühne,
denn verhungert ist noch keiner bei mir. Man muss auch geben können,
vor allem als Weltmeister. Wünsche euch für morgen in der Heimat viel
Spaß. Sauft nicht so viel, sonst verpasst ihr wieder alle Tore beim
Bierzapfen oder auf dem Klo!
Euer Kevin
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WM-Bericht vom 10.07.2014
Liebe Tippspielgemeinde,
wenn wir uns am Dienstagabend an einem Festmahl von Toren erfreuen durften, dann war das gestern eine Scheibe trockenes, altes, hartes Brot. Holland und Argentinien neutralisierten sich weitgehend in einer Art Rasenschach. Und wenn doch mal ein Spieler in Richtung Tor durch die Abwehrreihen zu brechen drohte, wurde er schnell mit einem Foul gestoppt. Nichts Großes, nichts Hartes oder Fieses, aber doch Foul. Oder ein Gegenspieler spitzelte eben noch den Ball weg. So geschehen schließlich sogar in der Nachspielzeit, als Robben auf links durchbrach, fast.... Noch größer dann die Chance von Palacio in der Verlängerung, doch der Kopfball direkt in die Arme des Torwarts war wirklich kläglich. Ach, das Ganze war eine Quälerei für jeden Zuschauer, bis zum bitteren Ende mit Elfmeterschießen. Es sah wie der verzweifelte Versuch zweier Mannschaften aus, Deutschland als Finalgegner zu vermeiden. Oder andersherum, wie Kollege Bennet es ausdrückte: Das schlechteste Spiel um Platz 2, das ich je gesehen habe. Mehr ist dazu nicht zu sagen...
In der Tipptabelle hat sich naturgemäß nicht viel getan. Wer auf Argentinien gesetzt hatte, kassierte zwei Pünktchen (Gerd sogar drei), aber das war es auch schon. Die Entscheidung über die Punkteränge (Platz 1-7) fällt in den Finalspielen, vor allem durch die zu verteilenden Zusatzpunkte. Sollte am Ende Platz 7 (so wie derzeit) von mehreren Tippern oder Tipperinnen besetzt werden, behalte ich mir vor, die prozentuale Verteilung der Gewinnsummen für die Plätze 1-6 geringfügig zu verringern, damit für Platz 7 mehr als nur ein paar kleine Euros
herausspringt.
Adeús,
Robert
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WM-Bericht vom 09.07.2014
Olé, liebe Tippspielgemeinde,
7:1 gegen Brasilien. Wow! Note 1 für das gesamte deutsche Team inklusive Busfahrer und Zeugwart. Jetzt werden "wir" Weltmeister!
Tja, lauter solch' Zeugs kann man schreiben oder im
weiten Web lesen, und doch wird es dem gestrigen Abend nur halbwegs
gerecht. Das war jedenfalls ein Spiel, von dem wir noch unseren Enkeln
erzählen können (sofern wir noch keine haben). Die werden dann
ungläubig staunen und sich im Web19.0 die Torszenen noch mal anschauen
können. Ob dann dort erkennbar ist, wie das Spiel wirklich gelaufen
ist? Wird man sehen, dass Brasilien in den ersten Minuten deutlich
aktiver war und engagiert nach vorn spielte, wenn auch ohne großen
Effekt? Und wird man in einem Zweiminuten-Filmchen auch erkennen, dass
die Gastgeber nach dem 0:2 quasi zusammenbrachen? Sie blieben ohne
Gegenwehr einfach stehen oder spielten den Deutschen sogar noch den
Ball in den Fuß. Vier Tore in sechs Minuten, das sah aus wie eine
Bundesligamannschaft beim Trainingsspielchen gegen einen Kreisligisten.
Erschreckend. Erklärbar ist das vermutlich nur mit der erdrückenden
Last der Erwartungen von 200 Millionen Brasilianern, die da auf den
Schultern der Spieler im gelben Trikot lag. Zu schwer angesichts eines
Rückstandes gegen eine in der ersten halben Stunde allzu oft perfekt
und schnell kombinierende deutsche Mannschaft. Oft sah es aus wie 2010
gegen England und Argentinien. Da klappte bei vielen Spielzügen einfach
alles – jeder Schuss ein Treffer. Irgendwie surreal in einem
WM-Halbfinale...
Ich hoffe jetzt nur, dass wir heute abend nicht ein
zusammengegurktes 0:0 mit Elfmeterschießen zu sehen bekommen. Dies
einerseits, weil ich Donnerstag noch mal früh hoch muss, andererseits
weil es sonst schwierig werden könnte, bei den deutschen Spielern die
Konzentration für das Endspiel hoch zu halten. Sonst wachen viele in
Deutschland am Montag verkatert auf, und zwar nicht nur wegen zu vieler
Caipirinhas am Sonntagabend...
Mit dem Donnerschlag des 7:1 hat auch die Führung im
Tippspiel gewechselt. Maciej hatte auf Brasilien gesetzt und... – tja,
da hat es sich dann eben ausorakelt... Die Favoritenrolle ist jetzt
klar verteilt, und zwar nicht nur in Brasilien bei der WM. Wenn die
deutsche Mannschaft Weltmeister werden sollte, ist Boyke der Sieg im
Tippspiel nicht mehr zu nehmen, hat er doch konsequent auf Jogis Jungs
als WM-Gewinner gesetzt. Und von den Top-12 hat niemand Argentinien
oder die Niederlande favorisiert. Wenn also auch am Sonntag die
Mega-Party auf dem Jürgen-Klinsmann-Platz in Kiel stattfindet, kann
Boyke schon mal für Montagabend auf der Hebbelwiese die Kiste Bier
kaltstellen. Die ist ja wohl fällig, wenn ein Hebbelkicker Weltmeister
wird...
Adeús,
Robert
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Frisch aus dem WM-Papierkorb – unveröffentlichte Meldungen aus den Redaktionen dieser Welt
(WM-Halbfinale 08.07.2014: Brasilien – Deutschland 1:7)
09.07.2014 Ruhr Nachrichten - Dortmund:
Kevins WM-Tagebuch
Hallo Leute,
sind von unserem netten
Betriebsausflug aus Pele Horizonte wieder zurück im Dschungelcamp. War
mal ein wirklich echtes Public Viewing gestern Nachmittag im Stadion.
Irgend so ein Klugscheißer hat mir nämlich mal an der Hotelbar erzählt,
dass das Wort im Englischen eigentlich so was wie eine öffentliche
Totenschau bedeutet. Aber dass die Brazileros so tot sein würden, hätte
keiner von uns gedacht. Das war ‘ne Bestattung erster Kajüte. Ich kam
mit den Tempo-Taschentüchern gar nicht mehr hinterher. Hinter unserer
Ersatzbank heulte ein kompletter Fanblock in gelb-grün Rotz und Wasser.
Waren aber auch geil drauf auf dem Platz und vor allem auf der Bank.
Vor dem Spiel hatten wir alle unserem Miro Rache für Hiroshima 2002
geschworen. Und dann macht das Fossil aus der Serie A tatsächlich
WM-Bude Nummer Sechzehn – unglaublich! In der Halbzeitpause musste ich
bei den Gastgebern erstmal Aufbauhilfe Süd leisten. Das gehört sich
schließlich so. Habe dann mit dem Scolari klargemacht, dass Merte in
der zweiten Hälfte bei den Brasilianern in der Abwehr aushilft. Was
soll der auch als Ladenhüter bei uns auf der Bank verschimmeln. Der
Lange hatte sich gerade das kanarienvogelgelbe Trikot übergezogen und
wollte unseren Boys zeigen, auf welcher Seite der wahre Abwehrchef
steht. Aber dann ist mir wieder mal der Löw reingegrätscht: „Nei Gewwin
– der Per kommt gleich für den Mats nei. Den muss i fürsch Finale
schone.“ Dieser Horst – dass ich nicht lache! Das hat der nur gemacht,
damit der BVB spielermäßig gar nicht mehr stattfindet! Aber besser
Merte rein als Heuli Götze. Der hat danach vielleicht ein Theater
gemacht und uns die Ohren vollgejammert: „Nie darf ich bei uns
mitspielen, wenn wir gewinnen. Dabei kann ich am besten von allen
fummeln. Und keiner jubelt so schön nach eigenen Toren wie ich.“ Ich
habe ihm dann mit einer saftigen Kopfnuss mal sauber zu verstehen
gegeben, dass er sich von mir aus gerne ein paar Reihen weiter hinten
zu den anderen zigtausend Heulis gesellen kann. Selbschtdischtschiplin
ist eben alles, wie unser schwatter Chef immer so schön in seinem
Schwiizerdütsch zu sagen pflegt. Na ja – gegessen! Ab heute richten
sich die trüben Augen ausschließlich nach vorne. Denn am Wochenende
geht’s wieder nach Rio an den Zuckerhut und im Maracuja-Stadion wollen
wir uns endlich diesen hässlichen goldenen Türstopper holen. Ich denke,
dass mich Löw gegen Holland im Elfmeterschießen bringen wird. Was wäre
das für eine Freude, diesem bescheuerten Felix Krull die Kirsche über
seinen Kopf unter die Latte zu zimmern. Ich bin jedenfalls allzeit
breit. Und das ist doch die Hauptsache, oder?
Euer Kevin
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WM-Bericht vom 06.07.2014
Liebe Tippspielgemeinde.
Halbfinale gegen Brasilien! Jetzt wird man in den
Gazetten und Multimedien wieder vom "Klassiker" lesen können, was
natürlich Blödsinn ist, denn diese Paarung gab es bei
Weltmeisterschaften erst ein Mal; der Titan wird sich daran ungern
erinnern. Egal, vergessen... Am Samstag hat die deutsche Mannschaft
einen Arbeitssieg abgeliefert, mit allem, was heutzutage dazugehört:
Kompakt gestanden, gut verschoben, all dieser neumodische Kram. Nicht
so old-fashioned wie gegen Algerien, wo der Libero wieder aus der
Mottenkiste geholt wurde. Ganz nebenbei: Wo war da eigentlich Loddar
Matthäus? Den hätte ich gern noch dazu angehört...
Aber was soll's, der Jogi hat tatsächlich auf die Kritiker gehört: Lahm
hinten rechts, Khedira und Schweinsteiger im Mittelfeld, Miro vorne
drin. Nicht alles wurde besser, aber die Franzosen waren auch ein
spielerisch deutlich kreativerer Gegner, und wenn man schnell 1:0
führt, muss man auch nicht mehr das Spiel machen. Immerhin wurde erneut
demonstriert, dass mit kleinen Personalumstellungen der Spielstil nach
vorn deutlich geändert werden kann. Schürrle brachte wieder mehr Zug
nach vorn, wo Miro sich zuerst recht erfolglos abgearbeitet hatte.
Schade, wir alle würden ihm vermutlich ein zweites Tor bei dieser WM
noch gönnen, womit er übrigens einen weiteren WM-Rekord halten würde,
gemeinsam mit einem anderen deutschen Spieler. Na, wer weiß es? Welcher
Rekord und welcher andere Spieler?
Im Halbfinale warten nun die Brasilianer, die ebenso
nur zu einem Arbeitssieg kamen. Kolumbien war der erwartet schwere
Gegner - ausnahmsweise keine Phrase. Nun fehlt den Gastgebern ihr
bester Mann, den die Kolumbianer mehr oder weniger systematisch aus dem
Spiel getreten haben. Muss so etwas echt sein? Die Kolumbianer haben
sich jedenfalls einige Sympathien im Weltfußball verspielt. Wir alle
wollen doch diese Ausnahmespieler auf dem Feld und nicht in jener Kiste
sehen, in der Verletzte vom Feld getragen werden. Was ist Brasilien
ohne Neymar und Thiago Silva wert? Sicher mehr als die Hälfte, denn der
Rest der Mannschaft spielt auch in Topclubs und die Abwehr war gegen
Kolumbien absolut erstklassig. Es kann ein zähes Ringen werden am
Dienstag - soooo überzeugend war die deutsche Offensive ja nun zuletzt
nicht gerade, dass man jetzt einen Sturmlauf durch die Reihen der
Gastgeber erwarten könnte. Ein Spiel mit offenem Ausgang, denke ich.
Im anderen Halbfinale trifft Messi auf Robben. Die
Argentinier zeigten sich mannschaftlich stark verbessert und ließen
kaum etwas zu gegen die stärker eingeschätzten Belgier. Die hatten beim
Gegentor natürlich viel Pech, der Ball fiel Higuain quasi schussfertig
vor die Füße. Aber danach kam einfach zu wenig von Belgien, die Quote
von Fehlpässen und ungenauen Anspielen war deutlich höher als zuvor.
Nervosität? Unerfahrenheit? Vermutlich beides. Bei den nächsten
Turnieren sollte diese junge Truppe von der Erfahrung dieser WM
profitieren und noch weiter nach vorn kommen können. Die Argentinier
haben jetzt schon eine abgezockte Mannschaft, die bisher (genau wie ihr
nächster Gegner) alle Spiele gewonnen hat. Das wird nicht leicht für
Holland, die Argentinier standen gegen Belgien hinten überraschend gut
und mit solch einer Taktik des Gegners haben die Oranjes ja gerade so
ihre Erfahrungen gemacht... Drei Minuten vor Schluss hätte es aus sein
können mit Johns und Jeroens Traum, aber Cillessen wehrte gegen Urena
ab. Selbstverständlich war Holland hoch überlegen, aber beim Fußball
geht es nun mal ums Toreschießen. Das dürfte gegen Argentinien ähnlich
schwer werden wie gegen Costa Rica. Aber vielleicht hebt Robben ja
wieder ab...
Insgesamt finde ich es enorm schwierig, jetzt einen
Titelfavoriten auszumachen. Brasilien hat den Heimbonus, aber keinen
Neymar mehr. Die Niederlande haben zwar noch ihren Robben, aber
ansonsten wirkt das Spiel recht eindimensional. Die deutsche Mannschaft
gewann zuletzt nur mit Mühe und viel Arbeit. Und Argentinien ist ganz
schwer einzuschätzen. Ist da mehr als nur Messi? Oder doch nicht? Holen
die Gauchos vielleicht gerade deshalb die WM-Trophäe, eben weil sie
schwer einzuschätzen sind? Schwierig, schwierig...
Im Tippspiel haben sich Maciej und Boyke inzwischen
abgesetzt, es scheint auf einen Zweikampf an der Spitze hinaus zu
laufen. Entscheiden am Ende die Punkte für die Zusatzfragen? Oder haben
beide die gleichen Weltmeister-Tipps? Das will ich nicht verraten,
bevor alle Tipps im Spreadsheet sind. Trotz des recht großen Vorsprungs
(15 bzw. 14 Punkte auf Platz 6) können die letzten vier Spiele auch
oben noch mal alles durcheinanderwirbeln. Ich selbst habe meine Ziele
auf "erste Hälfte und besser als meine restliche Familie"
runtergeschraubt. Das ist bei zwei Punkten Rückstand zu schaffen und
immer noch besser als die Europameisterin Kirsten, die ihrem Sohn fast
20 Punkte hinterherhinkt. Eigentlich kam ihr Aus schon in der Vorrunde,
genau wie beim anderen Europameister, dem von der iberischen Halbinsel.
Für die Rote Laterne wird es aber auch nicht reichen, die hat sich
Fabian fast schon gesichert. Aber darf er darauf stolz sein? Eher
nicht...
Adeús,
Robert
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Frisch aus dem WM-Papierkorb – unveröffentlichte Meldungen aus den Redaktionen dieser Welt
(WM-Viertelfinale 04.07.2014: Frankreich – Deutschland 0:1)
05.07.2014 Ruhr Nachrichten - Dortmund:
Kevins WM-Tagebuch
Hallo Leute,
BVB olé! Ein Dortmunder
Jung musste es mal wieder richten. Dank Matses Hinterkopf stehen wir
jetzt im Halbfinale. Dabei hatte vorher nicht so arg viel für unsere
Trümmertruppe gesprochen. Journalistenkiller Merte mussten wir nämlich
im Dschungelcamp zurück lassen. Nach drei Tagen in der Eistonne konnten
wir ihn nicht mehr rechtzeitig zum Spiel auftauen. Dafür brannte einem
die Sonne im Macarena-Stadion zum Ausgleich schier das Hirn weg. Auf
der Auswechselbank war es schlimm und auf dem Platz auch nicht viel
besser. In der zweiten Halbzeit wollten alle nur noch im Schatten
spielen. Ich bin dann zu Löw und habe ihm gesagt, dass er mich gerne
auch auf links in die pralle Sonne stellen kann. Hatte mir vorher beim
Zeugwart extra ein Spezialtrikot mit Brandschutzklasse A1 besorgt. Ich
hätte den freien Raum sehr schön für meine gefürchteten Turbokonter
nutzen können. Aber der Sturkopp wechselt stattdessen lieber unsere
Nationalmimose Heuli Götze ein. Der Typ beschickt doch rein gar nix.
Beim Training übt der stundenlang nur seine bescheuerte Jubelpose nach
erfolgreichem Schuss aufs leere Tor. Dabei streckt er seine Arme weit
von sich und guckt verklärt in Richtung Himmel. Das soll dann so
ähnlich aussehen wie bei der Jesus-Statue auf’m Berg in Rio. Der große
Kollege vom Zuckerhut guckt aber eindeutig nach unten. Das hat Heuli
auch schon probiert, ist dann aber regelmäßig entweder auf die Schnauze
geflogen oder mit dem Torpfosten kollidiert. Mann, wie mich dieser Typ
aufregt. Da gibt’s eigentlich nur eins: Döner in die Fresse! Kommen wir
zu erfreulicheren Dingen. Nach dem Spiel gab‘s noch ein paar Stündchen
Ausgang bis zum Rückflug. Habe die Zeit sinnvoll für ein touristisches
Kurzprogramm genutzt und mit Matse, Erik und Roman noch ein paar
zornige Caipis auf der Cuba Cabana gezwitschert. Geiler Strand – da
kann der Ballermann in Malle nicht im Entferntesten mithalten. Sind
dann mit dickem Kopp und Taxi weiter und haben den Flieger gerade noch
so eben gekriegt. Der wartete schon auf der Landebahn mit rauchender
Düse auf uns. Was hat sich der Löw dann aufgeregt: „Kei Dischtschiplien
– un der Groschgreutsch immer vorne weg!“ Recht hat der gute Mann. So
was nennt man eben Führungsspieler. Aber ansonsten ist hier alles
Paletti – und die Brasilianer hauen wir jetzt auch weg – großes
Indianerehrenwort!
Euer Kevin
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+++ Breaking News +++ Dänemark statt Frankreich im Viertelfinale! +++
Odense, 03.07.2014
Haben wir doch vor kurzem noch aus der WM-Diaspora
geklagt, wie trist eine WM in einem Land ist, das aufgrund von
unerklärlichen Intrigen nicht teilnimmt... Nun bahnt sich eine Sensation
an, die die Ereignisse der Qualifikation von 1992 noch toppen kann.
Damals wurden die Pølserkicker aufgrund des Jugoslawienkrieges aus dem
Urlaub zurückgeholt und gewannen dank der ausgeklügelten Burgerdiät
auch das Tunier.
Wie meine werte Kollegin Charlotte Steffen aus
eingeweihten Kreisen des königlichen Geheimdienstes erfahren hat, wird
Frankreich vom Tunier ausgeschlossen – man munkelt, Sarkozy hat mit
Ribery und etlichen minderjährigen Prostituierten massiv auf die
Vergabe der WM-Tickets Einfluss genommen. Rausgekommen ist das ganze
während der Verhaftung des Möchtegern-Napoleons - da hat es auch nichts
genutzt, dass der französische Verband Ribery vorsorglich aus dem Kader
gestrichen hat.
Dänemark ist nun als punktstärkster Zweiter der
Qualifikation nachnomminiert worden, da alle qualifizierten
europäischen Teams entweder noch im Tunier sind oder sich
fußballerisch disqualifiziert haben. Morten Olsen klappert gerade mit
dem Regierungsflieger alle Ferienorte ab und sammelt seine Jungs ein;
für Niklas Bendtner hat er einen Satz weiße Unterhosen im Gepäck. Es
könnte also sein, das das Spiel ein wenig später anfängt.
Die Werbekampagne ist bereits angelaufen (s.u.) und
wir haben unsere Trikots schon gekauft – oder ist das ein verzweifelter
Versuch die Fehlbestellungen loszuwerden???
Gruß aus Odense,
Hanno K.
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Letzte Chance
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Restposten, daher können wir nicht garantieren, dass alle gezeigten Farben und Modelle vorrätig sind
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Frisch aus dem WM-Papierkorb – unveröffentlichte Meldungen aus den Redaktionen dieser Welt
(Vorschau WM-Viertelfinale am 04.07.2014: Frankreich – Deutschland)
03.07.2014 BILD - Deutschland
So tanzen wir Samba mit den Franzmännern
Nach dem Algerienkrimi sind unsere Jungs bereit für die
nächste WM-Schlacht. Morgen geht es im Maracana-Stadion von Rio wieder
um Sekt oder Selters. Jogi Löw vertraut dabei weiter seiner Igeltaktik
mit vier Innenverteidigern und Libero im Tor. Um die Franzosen zu
knacken, setzt er nun aber ganz auf Abfangjäger Manuel Neuer: „Der
Manuel bekommt von mir alle Freiheiten. Er soll bei Bedarf irgendwie
unser Mittelfeld verstärken und bei Ecken und Freistößen gerne auch mal
in den gegnerischen Strafraum vorstoßen.“ Bedenken gegen diese
Harakiri-Taktik wischt der Bundestrainer vom Tisch: „Wir interpretieren
das Torwartspiel nicht nur neu, sondern wesentlich neuer als alle
anderen. Der Strafraum ist doch keine Demarkationslinie. Und wenn der
Manuel mal vorne ist, dann geht der Philipp eben ins Tor. Da wollte er
immer schon mal spielen.“ Mit fliegendem Neuer tanzen wir also die
Franzosen aus. Auch „BILD“-Experte Franz Beckenbauer kann sich damit
anfreunden. In seinem Kitzbüheler FIFA-Exil gab er hierzu eine Prognose
ab: „0:0 kurz vor Schluss. Torabstoß für Frankreich. Manuel nach vorne.
Grätscht dem französischen Torwart in den Abschlag hinein. Ball springt
zurück über die Torlinie. 1:0-Sieg für Deutschland!“ Wir wissen nicht,
was der Kaiser geraucht hat, aber uns gefällt dieser Spielausgang. So
werden wir Weltmeister!
03.07.2014 Sun - Großbritannien
Froggies hungry for Krauts – german tanks entering Maginot line
(Diese Headline in der britischen Boulevardzeitung
offenbart die verteilten Antipathien auf der Insel: Die eine Hälfte
hasst die Deutschen und die andere die Franzosen. Aber nur ein
Lieblingsgegner folgt den Limies in den wohlverdienten WM-Urlaub.)
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WM-Bericht vom 01.07.2014
Liebe Tippspielgemeinde.
das Achtelfinale ist in vollem Gange, jedes Spiel ist
ein Endspiel! Hört sich nach Dramatik pur an, ist aber leider nicht
immer so. Denn was war das gestern am späten Abend? Schlafwagenfußball
in der ersten Halbzeit – hatte Doc Mü-Wo etwa Valium statt Vitamine
verteilt? In der deutschen Mannschaft war weniger Bewegung als gestern
bei mir auf der Hebbelwiese! Jogi hatte nach dem USA-Spiel noch
vielsagend bemerkt "Wir wissen, dass wir uns noch schdeigern gönnen",
aber zu sehen war kaum etwas davon. Und komme mir jetzt keiner mit den
üblichen Floskeln wie "die Algerier haben kompakt gestanden und nichts
zugelassen"... – da muss man sich dann eben mal freilaufen, wenn man
den Ball haben will! Ich habe bekanntlich in nicht so grauer Vorzeit 2 Semester Mathematik
studiert und konnte schon vorher ausrechnen: 4 Tore gegen Sportugal, 2
gegen Ghana, eins gegen die USA, da war der mathematischen Reihe
folgend jetzt gegen Algerien innerhalb von 90 Minuten bestenfalls ein
halbes Tor drin. Der Ball zappelte ja auch erst in der Verlängerung im
Netz, das könnte irgendwie passen. Gegen die Franzosen geht
entsprechend erst im Elfmeterschießen was, aber dann dürfte im
Halbfinale Schluss sein. Zumindest mathematisch.
Mal von solchen Spielchen abgesehen: Einen echten
qualitativen Fortschritt kann ich bei der deutschen Mannschaft nicht
recht erkennen. Vor 3-4 Jahren bewunderte die ganze Welt das deutsche
Team für seinen schnellen und technisch perfekten Fußball, aber seither
gab es doch eher Rückschritte. Schon die Euro 2012 brachte zwar
halbwegs erfolgreichen, aber doch auch etwas enttäuschenden Fußball von
der deutschen Mannschaft. Wenn jetzt im Viertel- oder Halbfinale
Schluss ist, wird Jogi uns auch das erklären müssen. Seine
Argumentation für eine Stilveränderung vom Konter- zum
Ballbesitzfußball begründete er in den letzten 24 Monaten ja stets
damit, die anderen Teams würden nun den deutschen Hurrafußball-Stil gut
kennen und zu leicht ausrechnen können. Aber womöglich hinkt der
Bundestrainer dem Trend schon wieder hinterher; die von ihm bewunderten
Spanier sind mit 85% Ballbesitz-Tiki-Taka schließlich sang- und
klanglos rausgeflogen. Noch besteht natürlich Hoffnung und am Ende hat
immer der Recht, der Weltmeister wird. Aber ins Finale müssen Jogis
Jungs erst mal kommen...
Auf diesem Weg zum Titel warten einige härtere Brocken
als Algerien. Die Franzosen mögen zuletzt nicht 100% überzeugt haben,
aber deren Truppe ist jung und hungrig und hat einige schnelle Leute
auf den Außenpositionen, die unsere sog. Außenverteidiger durchaus vor
Probleme stellen könnten. Entscheidend wird das Mittelfeld, das weiß
jeder Fußball-Analphabet. Hoffentlich zwingt die Not den Lahm wieder
auf die alte Position nach rechts hinten, auch wenn Jogi ihm was
anderes versprochen hat ("Philipp, des isch abgemachd, Du bleibsch auf
der Segsch!"). Und vorne darf gern auch ein gelernter Stürmer ran,
damit es mal knallt. Das muss doch hoffentlich nicht erst der Benzema
dem Jogi klarmachen...
Die anderen Achtelfinals ergaben die (zumindest von
mir) erwarteten Sieger. Und sie ergaben die Erkenntnis, dass bisher nur
eine Mannschaft in allen vier Spielen überzeugt hat. Was für Tore von
James Rodriguez! Die Kolumbianer werden entsprechend auch für die
Brasilianer eine harte Nuss werden. Der WM-Gastgeber hat anscheinend
nur ein gutes, aber kein hochklassiges Team, allein Neymar macht den
Unterschied. Wie der seinen Gegenspielern beim Antritt oft mehrere
Meter abnimmt... – Respekt! Aber auch er wurde in der zweiten Halbzeit
und der Verlängerung gegen tapfere Chilenen kaum noch gesehen. Und die
Niederlande? Beim Boxen würde man sagen: Kurz vor dem Schlussgong bei
Punkterückstand gerade noch rechtzeitig den K.o.-Schlag gesetzt.
Puuuhhhhh...
Costa-Rica brauchte gegen Griechenland dann das volle
Programm, um weiter zu kommen. Die bizarrste Szene dürften die meisten
verpasst haben, es war ja schon spät und wurde erst in der
Nachmoderation richtig gezeigt: Der costaricanische Trainer Jorge Luis
Pinto hat vor dem griechischen Ausgleich bei einem Laufduell zweier
Spieler an der Seitenlinie versucht, dem griechischen Spieler ein Bein
zu stellen und erst im letzten Moment zurück gezogen. Das muss man
gesehen haben! Findet jemand ein Video dazu?
Im Tippspiel steht Maciej noch immer auf beiden Beinen
ganz oben. Er hat eben in den letzten Jahren bei unseren
Fußballdiskussionen in der Kaffeerunde gut zugehört. Oben ist es noch
verdammt eng, aber zwischen Platz 7 und Platz 11 klaffen schon 6
Punkte. Womöglich wird das Tippspiel tatsächlich wieder erst mit dem
Finale entschieden, wenn dann auch die Punkte für die Weltmeister-Tipps
verteilt werden. Unten hat Claudia entnervt aufgegeben und bei Gerd
vermutete ich erst, dass seine Endrunden-Tipps knallhart auf die Rote
Laterne und die Flasche Rotkäppchen abzielen. Doch er hat zuletzt ganz
ansehnlich gepunktet, die anderen da unten aber leider auch. Gerds Ehre
ist immerhin gerettet...
Adeús,
Robert
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Frisch aus dem WM-Papierkorb – unveröffentlichte Meldungen aus den Redaktionen dieser Welt
(WM-Achtelfinale 30.06.2014: Deutschland – Algerien 2:1)
01.07.2014 Ruhr Nachrichten - Dortmund:
Kevins WM-Tagebuch
Hallo Leute,
heute ist die totale Ruhe im
Camp. So ein Totentanz. Die meisten Kollegen schlafen seit über
fünfzehn Stunden am Stück. Schweini mussten wir gestern Nacht mit sechs
Mann auf seine Matratze wuchten. Der Typ war so was von klinisch tot.
Den anderen ging es nicht viel besser. Unser Türke mit dem traurigen
Blick, unser Gnom mit der Binde, großes dünnes Müller – alle im
Quasikoma. Ich will ja nicht unken, aber das trübe Gewürge mit
Überstunden gegen die Allergiker kann sich noch als Pyrosieg
rausstellen. Die einzigen, die aktuell noch unten im Garten Betrieb
machen, sind Merte und Neuer. Merte hat sich gerade wieder einen von
der Journalisten-Combo vorgenommen und haut ihn sauber ins Gesenk. Der
redet sich richtig in Rage – schönes Ding. Jetzt fehlt ihm nur noch die
Müller-Neuschwanstein. Aber die hat sich aus Angst seit Stunden in der
Mädelstoilette eingeschlossen. Neuer ist seit gestern Abend völlig
durchgeknallt, sprintet von einer Palme zur anderen und grätscht
ungefragt einen brasilianischen Kellner nach dem anderen ab. Wenn der
so weiter macht, können wir uns die Tabletts mit Cuba Libre selbst
servieren. Dabei brüllt er immer wie ein Wahnsinniger: „Ich bin der
einzig wahre Titaaaaan!“ Aber so hat jeder von uns seine Karotten oder
Marionetten oder was weiß ich. Löw hat uns übrigens für die nächsten
Tage komplett frei gegeben. Er könne uns jetzt nichts mehr beibringen,
hat der gestern in der Kabine zu uns gesagt. Dabei hat er ganz traurig
geschaut und sah für einen Moment fast so megadepri aus wie unser
schleichender Türke aus London. Ich glaube, er meint damit, dass ab
jetzt echte Männer gefragt sind. Solche Typen wie Heuli Götze braucht
die Menschheit eben nicht wirklich. Und Blindfisch Mustafa hat sich
final ins Krankenrevier verabschiedet – ist wohl erstmal vom Sport- und
Außendienst befreit. Wenn ich jetzt am Freitag nicht gegen die
Froschfresser ran darf, dann können mich alle mal. Ich bin doch nicht
der Himbeertoni! Das musste einfach mal gesagt werden. Jetzt sortiere
ich aber erstmal meine frisch getauschten Panini-Bilder ins Klebealbum.
Habe seit gestern alle Allergiker zusammen. So eine WM ist wirklich
supi-praktisch.
Euer Kevin
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Frisch aus dem WM-Papierkorb – unveröffentlichte Meldungen aus den Redaktionen dieser Welt
(WM-Achtelfinale 29.06.2014: Niederlande – Mexiko 2:1)
30.06.2014 De Telegraaf - Niederlande
Auf der Suche nach dem Heiligen Gaal
Holländischer Fußball war einmal
wunderschön anzusehen: Diese Technik, diese Dynamik, dieser
Ideenreichtum. Damit wurden wir 1974 Vizeweltmeister und 1988
Europameister. Wir wurden für diesen wunderbaren Fußball überall in der
Welt bewundert und beneidet. Wie hat das unserer Volksseele gut getan.
Seit einigen Jahren müssen wir nun aber feststellen, dass sich
holländischer Fußball nicht mehr nennenswert vom rein
ergebnisorientierten Stil anderer Nationen unterscheidet. Das ist
einerseits verständlich, wenn man schon dreimal bei einer WM im Finale
als Zweiter vom Platz gegangen ist. Andererseits fällt es schwer, einer
fußballerisch eher limitierten Nation wie Deutschland neidisch bei
ihrem zumeist äußerst unterhaltsamen Tagwerk zuzuschauen. Sicher, unser
Bondscoach hat einen Plan. Neulich hat er ihn unserer Zeitung verraten:
„Es gibt im Fußball normalerweise nur Tulpen oder Gladiolen. Ich will
aber den ganzen Blumenstrauß. Fehler machen nur die anderen. Und darauf
musst du nur warten. Deshalb musst du hinten erstmal die Schleusen
dichtmachen. Vorne reicht ein einziger Stürmer. Bei uns ist das Robben
van Persie. Der Rest sichert erstmal ab. Wenn das nicht klappt oder wir
– warum auch immer – zurückliegen sollten, tausche ich einfach
mal ein paar Pappkameraden aus. Die Neuen müssen es richten. Dann geht
es mit Volldampf über die Mittellinie. Eine Ecke, ein Freistoß oder ein
Elfmeter – das reicht normalerweise immer. Hinten kackt die
holländische Bachstelze.“ Gestern wurden wir Zeuge, wie dieser
eigenwillige Matchplan wieder einmal trefflich funktionierte. Als wir
alle schon glaubten, dass unseren Spielern in der brasilianischen
Mittagshitze der knallrote Kopf platzt, da schaltete die Elftal in der
Schlussphase aus dem Schongang in den Siegmodus. Wieder traf mit
Huntelaar ein Einwechselspieler und wieder wurde am Ende so gespielt
wie in den guten alten Zeiten. Wir fragen uns nur, warum das so sein
muss. Guter Luis, gib‘ uns doch einmal von Anfang an unseren schönen
Fußball zurück! Wenn du dann auch noch gewinnen solltest, dann bist du
für uns ein echter Heiliger.
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Frisch aus dem WM-Papierkorb – unveröffentlichte Meldungen aus den Redaktionen dieser Welt
29.06.2014 Ruhr Nachrichten - Dortmund:
Kevins WM-Tagebuch
Hallo Leute,
Kinder,
ist das Leben prall. Hocke gerade mit den anderen Jungs vom BVB beim
lecker Käffchen am Hafen von Porto Allergie ab. Beste Vorbereitung für
morgen im Stadion. Was hier so auf zwei endlos langen Beinen
vorbeiflaniert, ist nicht von schlechten brasilianischen Eltern. Und
passend zu tschibobraunen Chicas dudelt aus dem Lautsprecher dieser
altbekannte Hit „The Girl from Ibbenbüren“. Jetzt kann die WM endlich
losgehen! Die letzten Tage waren eher anstrengend. Nach dem USA-Sieg
war bei uns im Lager erstmal großer Waschtag angesetzt. Das grottige
Scheißwetter in Recife hatte feuchte Gebrauchsspuren hinterlassen. Ich
bekam ‘nen Sonderauftrag und musste Löws triefend nasses Cocktailhemd
trockenbügeln. Es gibt wirklich geilere Jobs, dafür aber immerhin ein
paar Fleißpunkte. Die schmiert der Chef immer auf seine tausend
Klebezettel. Vielleicht geht doch noch was für mich bei der WM. Hängt
aber wohl vom Ergebnis gegen die algerischen Freischärler ab. Mal
sehen, was unsere vier Abwehrrecken so auf den Platz zaubern. Da wäre
vielleicht noch was frei für ‘nen ausgewiesenen Techniker. Das
Mittelfeld ist nämlich dicht. Das teilen die Scheißbazis unter sich
auf. Hat Klein-Lahm schon mit Löw ausgekungelt. Vitamin B wie Bayern
zahlt sich eben aus. Ist aber nicht meine Kragenweite, obwohl ich schon
so einen Hals habe. Ich finde, echte Leistung muss sich auszahlen und
nicht so’n hässliches rotes Vereinslogo mit fiesen blauweißen Rauten.
Ein kräftiger Tick mehr gelbschwarz wäre jetzt endlich mal angesagt.
Das meint auch unser Kloppo. Ich glaube nämlich nicht daran, dass die
Angst vor’m Gewinnen dich eher zum Sieger macht als die Lust auf‘s
Verlieren. Aber wer sagt das endlich mal dem trockengefönten Löw?
Euer Kevin
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WM-Bericht vom 27.06.2014
Liebe Tippspielgemeinde,
es hat geklappt, die deutsche Mannschaft ist im
Achtelfinale. Nicht mit dem von mir prognostizierten 3:0, aber mit
einer soliden Leistung gegen engagierte, aber letztlich fast
chancenlose Klinsmänner. Das kluge Pferd springt eben nur so hoch wie
es muss, und gestern reichte ein schönes Tor von Thomas Müller. Besser
als dieser Schuss war nur noch sein Interview hinterher. Aber was für
ein Schei$$-Wetter in Recife! Jermaine Jones sind glatt die Tattos im
Regen zerlaufen, so doll platterte es herunter. Jogi gewann gegen
Klinsi auch noch den Wet-Shirt-Contest und erschien dann bei der
Ex-Usedomina des ZDF frisch gefönt zum Interview. Respekt!
Auf der Sonnenseite des Fußballs mühten sich Ghana und
Sportugal um einen halbwegs passablen Abgang aus Brasilien. Bei Ronaldo
breitet sich der rasierte Kopfbereich immer weiter Richtung Scheitel
aus, bald ist nur noch ein Irokesen-Kamm übrig. Aber ähnlich kurz war
gestern die Liste seiner Erfolge, trotz allerbester Torchancen, die er
normalerweise locker verwandelt. WM ist wohl grundsätzlich nicht so
sein Ding, gestern hätte er mit besserer Quote Sportugal sogar noch ins
Achtelfinale schiessen können. Tja, man kann nicht alles gewinnen,
nicht mal als CR7. So bleibt uns von diesem Spiel neben einem technisch
echt schwierigen Eigentor von Boye nur der Versuch von Carvalho in
Erinnerung, seinen Gegenspieler Jordan Ayew bis auf die E*er zu
entblößen. Hätte fast geklappt...
Abends beendete die Gruppe H dann die Vorrunde. Beide
Spiele werden uns wohl nicht langfristig beschäftigen. Die
Nationalkrankheit in Südkorea muss Abschlußschwäche heißen, anders ist
der klägliche Auftritt der Nähmaschinen gegen in der zweiten Halbzeit
nur noch zehn Belgier kaum zu erklären. Raus ohne Applaus! Die Belgier
schossen schon wieder das Siegtor in der Schlussviertelstunde, an
Konditionsschwäche scheint die Wilmots-Truppe nicht zu leiden, auch
wenn diesmal der koreanische Torwart kräftig mithalf. Dennoch war das
wieder eine konzentrierte Leistung der Roten Teufel, die mit drei
Siegen die Vorrunde abschließen. Sie scheinen kontinuierlich besser zu
werden und haben in den USA jetzt einen durchaus schlagbaren Gegner
ohne große Einzelkönner erhalten. Da geht noch mehr!
Im Parallelspiel scheiterte die Sbornaja letztendlich
an Algerien, und - wenn man ehrlich ist - auch an sich selbst. Gut
begonnen, wieder stark nachgelassen, und nach einer Stunde erneut durch
einen Fehler von Torwart Akinfeev den Ausgleich kassiert, alles wie
gehabt (gegen Südkorea). Mag sein, dass der Keeper durch
Laserpointerspielchen irgendeines Vollpfostens tatsächlich etwas
irritiert wurde, aber wenn er rausgeht, muss er den Ball haben. Wenn
dann die eigene Sturmreihe solch einen Fehler nicht mehr ausbügeln
kann, bleibt erneut nur ein Pünktchen übrig. Zu wenig für das
Achtelfinale. In vier Jahren ist die WM in Russland, da muss vorher
noch einiges passieren, damit die Sbornaja sich nicht blamiert...
Apropos Blamage: Drei der Halbfinalisten der letzten
Euro sind in der Vorrunde hängen geblieben, wenn das nicht blamabel
ist... Asien und Ozeanien sind komplett raus, und mit Algerien und
Nigeria erreichten immerhin zwei afrikanische Mannschaften die
Finalrunde. Das recht blamable Ausscheiden von Ghana, Kamerun und der
Elfenbeinküste zeigt aber, dass Afrika weiterhin großen Nachholbedarf
hat. Gewinner der Kontinentalwertung ist Amerika: Nur Ecuador und
Honduras sind schon raus, aber acht Teams erreichten das Achtelfinale.
Glückwunsch!
Im Tippspiel will Maciej einfach nicht von der Spitze
weichen, aber die Top 8 trennen maximal 5 Punkte. Hier wird in der
Endrunde bestimmt noch mal durchgemischt. Heute ist offiziell spielfrei
bei der WM. Spielfrei? Was für ein schrecklicher Gedanke! Nicht
auszuhalten! Für den echten Fußballfan gibt es da (neben den
ARD/ZDF-Mediatheken) nur zwei Möglichkeiten, evtl. auftretende
Entzugserscheinungen prophylaktisch zu bekämpfen: Entweder selber
kicken gehen (18:30h, Hebbelwiese) oder zum Spiel HSV-St.Pauli.
Heimrecht hat hier zwar nur der "kleine" Heikendorfer SV, aber dort
spielt immerhin mein Lieblingsneffe mit, momentan auf Platz 9 im
Tippspiel. Der kann also beides: Kicken und Tippen. Das lasse ich mir
nicht entgehen...
Adeús,
Robert
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WM-Bericht vom 26.06.2014
Liebe Tippspielgemeinde,
man kann nicht alles gucken bei dieser WM, man muss
mitunter auch andere, quasi hoheitliche Aufgaben erfüllen. So geschehen
gestern abend auf dem Internationalen Markt der Kieler Woche, wo wir im
Auftrag der FIFA die Stände der WM-Teilnehmer auf ihre WM-Tauglichkeit
getestet haben. Kein leichter Job, das kann ich jetzt schon sagen. Und
es gab einige Überraschungen bei der Standoptik und den kulinarischen
Produkten, so viel sei verraten. Das Testprotokoll folgt in wenigen
Tagen. Brasilien wurde jedenfalls nicht WM-Testsieger, die haben in
"ihrem" WM-Jahr gar keinen Stand aufgebaut. Enttäuschend...
Einige Enttäuschte gab es an den letzten beiden Spieltagen
natürlich auch in Brasilien. Nach den Spaniern fahren nun auch die
Pizzabäcker frühzeitig nach Hause, quasi rausgebissen aus dem Turnier.
Italien und Spanien weg... – das waren doch unsere Angstgegner. Wird
nun die deutsche Mannschaft Weltmeister? Unser Lieblingsgegner England
ist leider auch schon zuhause, ganz ohne Elfmeterschießen, aber
verabschiedet in einem langweiligen Gurkenspiel gegen Costa Rica. Eine
seltsame WM ist das... Der Klimafaktor wurde von Jogi & Oli immer
gern heruntergespielt, nach dem Motto "wir werden gut vorbereitet
sein...", aber offenbar kommen die Süd- und Mittelamerikaner doch
besser zurecht, kein Wunder. Kolumbien und Chile spielten bisher
beeindruckenden schnellen Konterfußball, die werden ihren
Achtelfinalgegnern große Probleme bereiten. Und Griechenland in der
Finalrunde? Was wollen die da? Eigentlich ein klassischer Tipp für die
Mannschaft mit den wenigsten Toren, und nun spielen sie gegen die
Ivorer plötzlich schnell und direkt nach vorn und gewinnen nicht einmal
unverdient? Das ist echt schräg... Immerhin wurde an den letzten beiden
Spieltagen ein wenig der Ruf Europas als führender Fußballkontinent
gerettet: Auch die Schweiz und Frankreich begleiten nun Holland und die
Griechen in die nächste Runde. Ob Jogis Jungs gegen die Klinsmänner
bestehen können, zeigt sich heute abend. Ich habe 3:0 für Deutschland
getippt, aber ob ich da nicht viel zu euphorisch war?
Auch im Tippspiel geht heute die Vorrunde zuende. Gegen
Mitternacht stehen auf den Tippspielseiten die Tippscheine für die
nächste Runde zum Download bereit. Bisher gab es keine Proteste sondern
eher Zustimmung bzgl. der Regeländerung, nur zweimal leichtes Murren
von Kollegen, die nicht gerade in den Top 10 stehen und nun mit
perfekten Finalrundentipps (bei gleichzeitigen Fehlprognosen der
Führenden) noch ganz weit vorrücken wollten. Jungs, das könnt Ihr immer
noch schaffen! Aber der neue Modus lässt am Ende hoffentlich eher als
bisher die echten Experten gewinnen und nicht die Glücksspieler und
Hasardeure. In diesem Sinne: Viel Erfolg in der Finalrunde!
Adeús,
Robert