Endstand
im Tippspiel
(11.07.2010, 23:00h, nach 64 von 64 Spielen)
Aktuelle Kommentare zu den Spielen findet Ihr unter der Tabelle!
nn
1
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4
5
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7
9
11
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14
16
17
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20
23
28
29
31
32
36
39
41
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60
61
62
64
65
66
68
69
73
76
78
84
85
87
88
89
92
93
94
95
96
|
Roland Friedl-Schulz
Paul Schneeberg
Imke Scheel
Kirsten Fahl
Jens Hölemann
David Poggemann
Tim Klages
Jan Scholten
Jan Petersen
Nicolas van Nieuwenhove
Sven Geletneky
Dorothea Bauch
Kristina Heilemann
Klas Lackschewitz
Lisa Christoph
Matthias Gröger
Bastian Engelke
John Reijmer
Christoph Wagner
Jochen Dreger
Marian Rüffer
Martin Kordowski
Dieter Piepenburg
Achim Pfüller
Ruediger Stein
Hanno Kinkel
Helen Dethlefs
Michael Berger
Mikkel Dethleff
Lotte Borkowski
Borko Borkowski
Christoph Ruholl
Jan-Malte Wolfsdorf
Karen Volkmann-Lark
Sven Roth
Christian Rodde
Marcus Regenberg
Karen Strehlow
Michaela Bessmann
Jörn Geletneky
Jörg Geldmacher
Hardy Jacobsen
Heiko Hanß
Bernd Christoph
Winfried Hebold-Heitz
Philip Scholten
Frank Wiegel
Robert Spielhagen
Simon Pilates
Stefan Wetzel
Edgar Borkowski
Jan Helmke
Sven Petersen
Dieter Höffmann
Annette Christoph
Björn Hoffmann
André Kaiser
Azzedin Ait Brahim
K.Werner+C.Wegner
Sebastian Meier
Jeroen Groeneveld
Torben Struve
Michael Klages
Katharina Friederich
Frederik Dethlefs*
Ingo Bergmann
Christina Kayma
Ed Hathorne
Johann Klages
Nicole Biebow
Claudia Didié
Melissa+Nick Gabler
Günter Riemenschneider
Henning Weisbarth
Hiroshi Kawamura
Dirk Dethleff
Sönke Bock
Knud Jacobsen
Daniel Mirgorodsky*
Christian Hass
Moritz Kayma
Verena Dethlefs
Torben Stichel
Axel Wagner
Sabine Lange
Henning Bauch
Tobias Christoph
Gerd Unger-Schneeberg
Norbert Dregger*
Ove Krüger*
Klaus Dittmers
Sven Nielsen*
Martin Frank
Jonathan Lackschewitz*
Sascha Lehmenhecker*
Holger Dardzinski*
|
143
139
138
133
131
130
127
127
126
126
124
124
123
122
122
121
119
118
118
117
117
117
116
116
116
116
116
115
114
114
112
111
111
111
111
110
110
110
109
109
107
107
107
107
106
105
105
104
103
103
103
102
102
102
102
102
101
101
101
100
99
98
98
97
96
95
95
94
93
93
93
93
92
92
92
91
91
90
90
90
90
90
90
89
88
88
87
85
80
80
80
79
78
76
73
70 |
* Keine Endrunden-Tipps abgegeben (keine Berücksichtigung für die Rote Laterne-Wertung)
Fettgedruckte MitspielerInnen haben die Gewinnausschüttungsränge erreicht
WM-Gärtner Zulu aus dem deutschen Hauptquartier
Teil 9 (Freitag, 9. Juli 2010)
WM-Finale im Hotel
„Velmore Grande“: Die deutschen Koffer sind gepackt. Mehr
als vier Wochen durfte ich als Gärtner und persönlicher
Mannschaftsbetreuer mit dabei sein. Es war mir eine große Freude
und Ehre. Viele der Spieler und ganz besonders Chef-Master Jogi sind
mir dabei eng ans Herz gewachsen. Deshalb tat es mir in der Seele weh,
wie die Deutschen vorgestern im halben Finale 90 Minuten so erfolglos
hinter Ball und Gegner her laufen mussten, als hätten sie sich
vorher Valium-Pillen eingeworfen. Ich hatte zuerst sogar Medizinmann
Tsonga Tsonga aus dem Nachbardorf in Verdacht, dem schon manchmal ein
vermeintlicher Wundertrank komplett misslungen war. Aber der
versicherte mir Stein auf Bein, dass er diesmal gar keinen Auftrag vom
DFB erhalten hätte. Das muss ich dem alten Quacksalber wohl so
abnehmen.
Jetzt spielen die Deutschen morgen noch ihr zweites halbes Finale
gegen Uruguay, können aber angeblich trotzdem nicht mehr
Weltmeister werden. Diese komischen FIFA-Regeln werde ich in diesem
Leben wohl nicht mehr verstehen. Aber ich bin ja auch nur der
Gärtner. Heute heißt es also, Abschied zu nehmen, bevor der
DFB-Tross unser Hotel in Richtung Port Elizabeth verlässt. Dann
wird es wieder richtig ruhig hier draußen in der Steppe. Wir vom
Personal haben uns schon ein paar Abschiedsgeschenke überlegt. Big
Master Zwanziger, der uns immer so großzügig mit Trinkgeld
versorgt hatte, bekommt eine schöne lebensgroße Strohpuppe
mit pechschwarzen Haaren, damit er Chef-Master Jogi auch bei der
nächsten WM immer mit dabei haben kann. Master Neuer schenken wir
ein zum WM-Pokal umgebautes Nutella-Glas. Master Klose erhält
einen Gutschein für das noch fehlende WM-Rekord-Tor. Master Lahm
schenken wir eine bunte Armbinde, damit er seine notfalls
Alt-Master Ballack vor die Füße werfen kann. Master Gomez
bekommt von Medizinmann Tsonga Tsonga eine Magnum-Flasche mit
Zielwasser. Das funktioniert im Leben nicht! Allen anderen Spielern
schenken wir jeweils eine Kette aus echten Löwenzähnen aus
Respekt für ihr großes Herz und ihren Mut. Und Alt-Master
Seeler kriegt endlich seine eigene Vuvuzela.
Für Chef-Master Jogi ist mir leider überhaupt nichts
Passendes eingefallen. Ich konnte ihm ja schlecht unseren
Treckerrasenmäher schenken, da hätte ich wohl bösen
Ärger mit meinem dicken weißen Chef bekommen. Ich hatte auch
schon an praktische Haustiere wie Wasserbüffel oder Leoparden
gedacht. Aber die würde man bei der Lufthansa wohl nicht in die
Business-Class setzen dürfen. Dann aber ist tatsächlich
Chef-Master Jogi gekommen und hat mir etwas geschenkt. „Beschter
Herr Schulu“, sagte er zu mir, „danke für allesch. Sie
habe’ es sich verdient!“ Dann sind mir die Tränen
übers Gesicht gelaufen, als ich diesen schönen blauen
Kaschmir-Pullover in der Hand hielt. Den werde ich für immer in
Ehren halten und in diesem Winter jeden Tag bei der Gartenarbeit
tragen. Ich fühle mich reich beschenkt. Diese WM bei uns in Afrika
werde ich nie vergessen – für die Zukunft wünsche ich
den jungen deutschen Löwen bei ihrer erneuten Sternejagd viel
Glück!
Euer WM-Gärtner Benjamin Zulu
WM-Report vom 08.07.2010
Tröt.
Aus. Aus und vorbei der Traum vom vierten Stern. Und
eigentlich ist es ein Glück, dass wir unumwunden zugeben
können: Die Spanier waren einfach besser. Eigentlich... Aber
„eigentlich“ ist eigentlich eine Einschränkung. Wenn
Toni Kroos beim Stand von (noch) 0:0 die Pille besser erwischt
hätte.... – doch leider trägt im Fußball der
Konjunktiv keine Rückennummer. Cassillas hielt, kurz danach fiel
das 1:0 für Spanien, und auch wenn die Deutschen dann noch
versuchten, in der spanischen Hälfte Druck aufzubauen, so kam doch
nichts Gefährliches mehr heraus. Viel zu oft fehlte dem deutschen
Team auch die – hlchchchchch – högschte Konzentration
beim schnellen Aufbau von Konterversuchen. Und wenn man den Spaniern
nicht auf den Füßen steht, lassen sie halt den Ball laufen.
Im Grunde war die Niederlage schon nach wenigen Minuten absehbar.
Spanien hatte nicht nur ein tolles Mittelfeld, sondern auch eine 1a
Abwehr, die selbst in den letzten Minuten kein bisschen wackelte. Hut
ab, die Spanier haben sich nach dem Fehlstart gegen die Schweiz
gefangen und sind wieder auf dem Niveau von 2008. Wenn sie am Sonntag
diese Leistung wiederholen können, dann ist kaum vorstellbar, dass
sie das Finale verlieren.
Die deutsche Mannschaft hat 3 supertolle Spiele gezeigt,
einmal unglücklich verloren (Serbien), einmal verkrampft gewonnen
(Ghana) und nun verdient verloren. Das ist gewiss keine schlechte
Bilanz für so ein junges Team. Dennoch kann ich dieses Gequatsche
im Fernsehen nicht mehr hören, die Mannschaft könne
vielleicht mehr aus der Niederlage gegen Spanien lernen als wenn sie
gewonnen hätte. Was für ein gequirlter Dünnschiss! Die
wollten alle gewinnen und hätten sicher liebend gern auf diese
Erfahrung einer Halbfinalniederlage verzichtet. Die Jungs sind jetzt
schwer enttäuscht und das ist o.k. so. Bastian Schweinsteiger hat
das hinterher auch klar zum Ausdruck gebracht. Der Blödsinn von
Erkenntnisgewinn und Lerneffekt ist bestimmt das letzte was er und
seine Kameraden hören wollen. Verschont sie und uns damit.
Fußball ist ein emotionales Spiel und soll es auch bleiben. Wer
nach Niederlagen gleich zur Erkenntnistheorie greift, sollte vielleicht
lieber über Schachturniere berichten.
Im Finale spielt Spanien nun gegen die Käseroller von
nebenan. Die hatten mit aufopferungsvoll kämpfenden Urus ihre
liebe Mühe. Erst ein irreguläres Tor zum 2:1 machte den Weg
ins Finale frei – van Persie zog zwar im Abseit beim Schuss von
Snijder den Fuß weg, aber das irritiert jeden Torwart
– so etwas muss ein Schiri sehen. Schade für die Urus, die
mit ihrem Auftreten ihr Image als Tretertruppe abgelegt haben und
(Reporterdeutsch:) ganz, ganz großen Kampf und sehr, sehr viel
Einsatz gezeigt haben (Merke: Ohne Verdopplung geht hier gar nichts!).
Diego Forlan präsentierte mal nicht der Damenwelt seinen Sixpack,
sondern tolle Weitschüsse, große Übersicht und enormen
Kampfgeist. Klasse! Dennoch gewann am Ende mit Holland das etwas
bessere Team. So ist Fußball. Nicht immer, aber oft.
Im Tippspiel haben Roland und Imke jetzt David
überholt und stehen gemeinsam an der Spitze. Roland ist der neue
Favorit auf den WM-Pokal, er hat auf Spanien gesetzt, kann noch 18
Punkte machen und bleibt nur dann punktgleich mit Imke, wenn Uruguay
und Holland beide ihre Spiele gewinnen. Ganz unten hat Martin die Rote
Laterne sicher, er wird keinen Punkt mehr machen. Wie man allerdings
mit den Tipps dermaßen daneben liegen kann (und z.B. USA,
Paraguay und Argentinien ins Halbfinale tippt!), ist mir schier
unbegreiflich...
Banana, Banana!
Robert
WM-Report vom 05.07.2010
Töröööööööööööööööt!!!!!!!!!!
Weggeblasen, weggehauen, weggehämmert – egal
wie man es nennen will: Das war eine Fußballdemonstration, ein
echtes So-macht-man-das! Argentinien war chancenlos gegen 11 deutsche
Spieler, die Argentinien so fassungslos machten, dass Mario Adorf am
Spielfeldrand nicht einmal mehr die Tränen kamen. Es ist ja wohl
bezeichnend für diesen Möchtegern-Trainer und
Spielermotivator, dass nach seinen eigenen Worten das gesamte
Gaucho-Konzept durch ein Gegentor in der 3. Minute über den Haufen
geworfen wurde. Ehrlichkeit hin oder her, diese Aussage ist peinlich
und zeugt von höchster Arroganz. Maradona hat den Deutschen wohl
kein Tor zugetraut und folglich fehlte ihm jedes Konzept nach dem
frühen Rückstand. Ich bin gespannt, welche
Fußballoperette jetzt in Argentinien zu seiner Entlassung
aufgeführt wird. Das Volk hat ihm bei der Rückkehr begeistert
zugejubelt, aber im Verband haben sie doch wohl hoffentlich ein paar
Leute mit Fußballsachverstand. Oder sind das alles Maradonas
Koksbrüder?
Für Herrn Schweinsteiger und seine Getreuen geht es
jetzt also gegen Spananien. Müssen wir Angst haben? Das
(Sonn)Abendspiel gab wenig Anlass. Nach ungefähr einer knappen
Stunde dachte ich nur: Die Spanier kombinieren sich noch zu Tode, die
können bis Mitternacht weiterspielen und nix passiert. Vermutlich
wäre es auch so gekommen. Das Spiel plätscherte mehr oder
weniger belanglos dahin, Paraguay wollte wohl gern, aber konnte nicht
so richtig, die Spanier schoben den Ball vor, zur Seite, zurück,
wieder vor usw.. Langeweile kam auf, die ersten Zuschauer – von
der Klasse des Nachmittagsspiels noch ganz hin und weg – begannen
einzuschlafen, Sponsoren drohten abzuspringen, die FIFA wurde
nervös. Was tun? Maßnahme 1: Depp Blatter änderte die
Spielregeln und das eigentlich erst eine Stunde später angesetzte
Elfmeterschießen wurde vorgezogen. Selbstverständlich gab es
keinen Sieger, es musste anschließend ja noch weitergespielt
werden. Immerhin waren alle wieder wach, aber das Spiel wurde nicht
besser. So folgte der Griff zu Maßnahme 2: Wechsel der
Sportart. Das half, im Dreibandbilliard waren die Spanier
tatsächlich überlegen. Villa lochte ein und brachte sein Team
schmucklos ins Halbfinale – immerhin der größte
WM-Erfolg aller Zeiten für Spanien. Damit sollten sie es dann auch
bewenden lassen, finde ich.
Der Rückblick auf die Freitagsspiele kann kurz
ausfallen. Die oranje verkleideten Deutschen gewannen gegen Brasilien
mit typisch deutschem Fußball und mit 2 typisch deutschen Toren
nach Standardsituationen. Das war ein seltsames Spiel, die Brasiliander
hatten in Halbzeit 1 alles im Griff und waren nach dem Rückstand
genauso hilflos wie am Samstag ihre Nachbarn aus Argentinien. Aber
Angst haben muss man auch vor den Käserollern nicht. Der sonst so
viel gerühmte holländische Angriffsfußball fand quasi
nicht statt, Robben wurde effektiv gedoppelt und 2 Standards mussten
zum Sieg verhelfen. So werden normalerweise nur deutsche Mannschaften
Weltmeister. Sag ich ja...
Am Freitagabend endete schließlich noch der
afrikanische Traum. Die schwarzen Afghanen mühten sich redlich
gegen defensive Urugayos, blieben aber leider weitgehend wirkungslos.
Nachdem in der letzten Minute der Verlängerung auch die
allergrößte Chance per Elfmeter verschenkt wurde, war das
Versagen im Shootout vorprogrammiert. Schade, Afrika, aber für
einen Turniererfolg braucht man mehr als einen Haufen guter
Einzelspieler.
Im Tippspiel hat David seinen Vorsprung
eingebüßt, aber seine Chancen auf den Gesamtsieg sind
dennoch sehr gut. Wird Deutschland Weltmeister, so hat David doppelten
Grund zum Feiern, gemeinsam mit Dorothea und dem WM-Titelverteidiger
Martin Kordowski. Vom spanischen Erfolg abhängig sind aus dem
Bereich der jetzigen Top-10 vor allem Imke, Paul, Jens und ganz
besonders Roland, der noch 26 Punkte machen kann (Rekordwert!). Sollte
es am Ende ein Fest in Oranje geben, kann auch John doppelt jubeln
– zum Gesamtsieg im Tippspiel müssen dann aber auch die
Resultate exakt passen. Noch ist also gar nichts entschieden –
wie in Südafrika bleibt es auch im Tippspiel vermutlich bis zum
Finale hochspannend.
Banana, Banana!
Robert
Fussball und Dosenbier - oder wie Svinsteiger die Gauchos auf den Grill legte
Freitag war es dann so weit, pünktlich um 8 standen
26 wissbegierige Studenten am ehrwürdigen Institut für
Geowissenschaften bereit, um mit Dr. Nielsen und Dr. Kinkel die
Geheimnisse der Kreide Dänemarks zu ergründen und an einem
legendären Seminar teilzunehmen.
Wie so oft wurden die Turbobachelor gleich am Start von
ihren Dozenten ausgebremst. Diese hatten - Donnerstag ist Stammtisch
(wir gehen nur auf eins....) - kleine Startschwierigkeiten, die aber
innerhalb des akademischen Viertels vertretbar waren. Die Fahrt nach
Fehmarn dauerte länger als gedacht, wir hatten seit Jahren mal
wieder eine Bundeswehrkolonne auf der Straße, dabei hatte ich
gedacht, bei der verkürzten Wehrpflicht finden die den Weg zum
Kasernentor nicht. An der Fähre angekommen musste ich die erste
gelbe Karte wegen Zeitspiels geben, der Partybus hatte doch glatt auf
der Strecke eine Pinkelpause eingelegt, wodurch wir noch die Heckklappe
der Fähre runtergehen sahen. Egal, in der Hochsaison kommt alle
halbe Stunde eine. Zeit genug darauf hinzuweisen, dass man erst in den
Bordshop geht und sich mit einem Koffer Dosenbier ausrüstet, bevor
man die Überfahrt geniesst, da aus irgendwelchen
Schwachsinnsgründen der Laden mitten im Fehmarnbelt den Verkauf
einstellt. Gut bepackt rollten wir also von der Fähre Richtung
Møn, stiefelten brav die fünfhundertundeinpaarzerquetschten
Stufen zum Kliff hinab und wurden schneeblind. Julisonne und
Kreidefelsen sind gut für Kopfschmerzen.
Nachdem wir uns tatkräftig an der Ersosion des Kliffs beteiligt
hatten, ging die Fahrt weiter nach Seeland. Da der Empfang der
deutschen Radiostationen immer schlechter wurde, musste also
dänisches her. Die labern sich einen Wolf, aber so war zumindest
zu verstehen, dass Brasilien verdient mit 1:0 in Führung lag. So
ein Mist, mein Traumfinale schien zu platzen, also Radio aus und auf
die Strasse konzentrieren, oder die Choreographie der ersten Reihe im
Partybus vor mir bewundern. In Storre Heddinge angekommen dann die
Überraschung: Die Oranjes haben das Ding noch gedreht, also das
Finale ist noch möglich. Da sich die Ausgabe des Abendessens um 1
Stunde verzögerte, haben wir schon mal begonnen, die Dosenkoffer
etwas zu inspizieren. Etwas nervös wurde ich schon,
als ich versuchte, das 2. Viertelfinale in der dänischen Glotze zu
finden, aber da war nix. Egal, dann halt weiter ohne Fussball aber mit
Dosenbier...
Der nächste Morgen begann viel zu früh, da die Dosenbierinspektion zur Folge hatte, dass der
liebe Kollege Nielsen den Wecker 1 Stunde zu früh schrillen lies.
Und bis im morgendlichen Nebel die Situation geklärt war, war es
auch zu spät zum Umdrehen. Na ja, die Sonne stach
schon früh vom Himmel und deutete auf schweißtreibende
Geländearbeit hin und das auch noch unter dem Zeitdruck, bis
16:00h fertig zu sein. Wenigstens beruhigte mich die gute Seele von
Herbergsmutter - das mit dem Fernsehen sollte kein Problem sein. Der
Tag im Gelände verlief auch ohne grössere Probleme, und wir
hatten auch noch Zeit ein kühles Bad vor der Kreide-Paläogen
Grenze in der Ostsee zu nehmen. Im Anschluss war ich mir nicht ganz so
sicherh was der Sicherheitsbeauftragte zu jungen Damen in
Wanderschuhen, Bikini, Hammer und Helm im Gelände sagen
würde, aber uns hat es (überwiegend) gefallen.
Langsam wurde jedoch die Zeit knapp und wir mussten noch das
größte Loch Dänemarks aufsuchen, um das Wunder des
Faxekalkes zu ergründen. Der Marsch in die Grube wurde von Dr.
Nielsen und Dr. Kinkel mit dem Antritt Phillip Lahms von hinten rechts
angegangen, und siehe da: Der Trupp zog mit. Mit kurzen schnellen
Hämmern wurden Bryozoen und Korallen zerlegt wie die Limies am
letzten Sonntag, so dass auch hier ein Sprung ins kühle Nass
möglich war. Die gefühlten Temperaturen lagen jenseits der 40
Grad, was weiterhin eine nicht ganz korrekte Bekleidung der Truppe zur
Folge hatte und mein Deutschlandtrikot war schon durchgeschwitzt. Aber so soll das ja sein, wenn man ordentlich aufgewärmt in die Schlacht geht.
Relativ dämlich war der Versuch, Dosenbier bei diesem Wetter im Auto zu lassen: Schmeckt nicht wirklich, aber geht. Pünktlich
zum Einlaufen saß die Truppe in Storre Heddinge vor der Glotze
und dank des hohen Frauenanteils waren Fahnen und Schminke vorhanden,
so dass wir als deutscher Block ganz gut zu erkennen waren. Den Rest
unseres Landes schien das nicht zu interessieren und die
Smørrebrøds waren nirgends zu sehen - bis auf eine kleine
Truppe der Jugendherberge, die das Festbankett in der Küche
vorbereitete.
Selbstverständlich haben wir ein kleines Tippspiel
organisiert - auch wenn es Diskssionen darüber gab, ob man das
Ergebnis nach 90 Minuten oder zum Schluss angeben musste, aber dank
meiner Autorität war rechtzeitig der Spielhagen-Modus
erklärt. Die Tipps waren 50:50 zwischen Jogis Jungs und Diegos
Truppe verteilt. Die glorreiche Ausnahme machte Adrian S., der auf
einen 5:0 Sieg für uns tippte. Man muss erwähnen, dass Herr
S. deutscher Meister im Surfen ist und daher berufsbedingt ein Brett
vor dem Kopf hat. Auf gut Deutsch - wir haben ihn ausgelacht. Doch
unser Lachen blieb uns nicht im Halse stecken, sondern wandelte sich
schon nach 2 Minuten in lautes Gröhlen, da Müller die erste
Chance ins Netz machte. Die Schlagzahl war ja noch höher als unser
Sturm auf das grösste Loch Dänemarks - ich machte mir
ernsthaft Gedanken, ob die langsam abkühlenden Dosen reichen
würden. Das Spiel war ein Traum, der dänische Kommentar war
sehr angenehm - wir verstanden nix - was aber bei der klaren
Angelegenheit, die sich auf dem Platz entwickelte, auch kein Problem
war. Hatte der dänische Kommentator in der 1. Halbzeit immer noch
von Svinsteiger gesprochen, trug der Einspruch des deutschen
Botschafters bei Königin Magarete in der Halbzeit Früchte und
jeder Däne weiß seit Samstag das ein Svin gefälligst
Schwein heißt - genügend, Gelegenheiten die Aussprache zu
verbessern, gab´s ja.
Spätestens als Arne Friedrich - der Absteiger aus
Berlin - das 3. Ding gemacht hatte, war ich ein Freund von warmen
Dosenbier und sah dem Rest der Veranstaltun gelassen entgegen. Keine
Verlängerung, kein Elfmeterschießen - jetzt zum Bankett.
Hatten wir noch aus Spass am Abend vorher angefragt, ob es wohl
argentinische Steaks zum Abendessen geben würde, wurden wir im Hof
vom Geruch eines angehenden Grills begrüßt. Die
argentinischen Steaks waren zwar nicht zu finden, aber dänische
Steaks, Spare-Ribs (mit mehr Fett als Ribs) und Würste lagen
bereit. Dass dänisches Fleisch nun wirklich nicht mit
argentinischen Steaks mithalten kann, ist eigentlich unwichtig, denn
zur Kompensation gab es immer noch Dosenbier und zum Verdauen Dr.
Nielsens Bitter.
Trotz eindringlicher Warnung, sich nicht in der
regulären Spielzeit die Wampe mit Grillgut vollzuhauen, da die
Herbergsmutter eine Weltmeisterin im Basteln unglaublicher
Nachtischkreationen ist, hingen alle ziemlich voll (vom Essen) an der
Tafel, als Annette (die Herbergsmutter) mit der einzigen Hiobsbotschaft
des Abends aufwarten musste. Sie hatte zur Feier des Tages - und in
Erwartung eines Sieges - eine schwarz-rot-goldene Nachspeise kreiert,
die aber von irgendeinem ihrer dänischen Angestellten, dessen
Wikingerblut auf einem Raubzug sich mit spanischen gemischt haben
musste, sabotiert wurde. Sie hat sich relativ geschickt mit einer
Portion Fürst Pückler aus der Affäre gezogen, und wir
hoffen sie vergisst das Rezept in den nächsten 4 Jahren nicht.
Die immer größer werdende Zahl von leeren Dosen
wurden zu immer tolleren Pyramiden und Türmen gestapelt.
Zwischendurch wurden alle Tore und Spielzüge auf dem Bolzplatz
nachgestellt. Ich weiß nicht, ob es zu viel Dosenbier oder meine
restliche Vernunft waren - den Klosesalto hab ich in letzter Sekunde in
einen gepflegten Diver umgewandelt und werde die Grasflecken bis zum
Finale nicht rauswaschen. Dass Spanien in der Zwischenzeit sich
irgendwie zu uns ins Halbfinale gestochert hatte, interessierte
wirklich niemanden. Adrian S. bekam aufgrund seines kühnen Tips
trotzdem 4 Punkte zugesprochen, da er mit Abstand am nächsten an
der Wirklichkeit dran war.
Gott sei dank hatte die einzige Disko in Storre Heddinge in
dieser Nacht die Pforten geschlossen, so dass irgendwann auch Ruhe
einkehrte und wir auch den nächsten Tag mit Geologie im
Gelände verbringen konnten. Zur Krönung stand auf
der Rückfahrt ein grimmig dreinschauender holländischer Biker
mit Lederkluft neben meinem Bus. Auf meine Frage (Ben je al bang voor
Duitsland - hast du schon Angst vor Deutschland) hat sich der harte
Rocker in die Lederkombi gepinkelt - ich nehme mal an, John geht es
nicht anders.
Gruss, Hanno
WM-Gärtner Zulu aus dem deutschen Hauptquartier
Teil 8 (Montag, 5. Juli 2010)
Welch glücklicher Tag im „Velmore Grande“ –
jetzt können unsere deutschen WM-Gäste tatsächlich bis
zum Ende bleiben. Das ganze Hotelpersonal hat am Samstag vor dem
Fernseher mitgezittert. Unser dicker weißer Chef hat sich
während des Spiels gegen Argentinien fast alle Fingernägel
abgekaut. Gegen Ende entspannte sich aber alles und wir jubelten nach
dem 4:0 so laut, als wären unsere Bafana Bafana ins halbe Finale
eingezogen. Jetzt haben wir wieder eine Woche unsere Ruhe. Beim
Ausscheiden der Deutschen hätte unser dicker weißer Chef mit
Sicherheit tagelang miese Laune geschoben, denn wie soll er hier in the
middle of nowhere auch seine Zimmer vermieten? Manchmal verirren sich
ein paar Touristen zu uns, denen das Navi abgestürzt ist oder ein
paar Geschäftsleute auf der Flucht vor der Steuerfahndung. Wir
hatten auch schon überlegt, ob wir hier im Hotel Esoterik-Kurse
unter Anleitung von Medizinmann Tsonga Tsonga aus dem Nachbardorf
anbieten sollen. Das bleibt uns jetzt zum Glück fürs Erste
erspart.
Am späten Samstagabend trudelten dann die fröhlichen
Sieger im DFB-Mannschaftsbus wieder bei uns ein. Wir hatten
draußen am Hoteltor extra ein Spalier gebildet und uns wie
üblich folkloristisch verkleidet. Die Männer trugen schicke
Leopardenfelle und die Frauen knappe Baströckchen. Das muss
anscheinend so sein – wir sind schließlich in Afrika und
nicht zum Spaß hier. Dann knallten die vier Raketen und es
dröhnten die schwarz-rot-goldenen Vuvuzelas. Unser dicker
weißer Chef war leider wieder mal nicht zu bremsen und schickte
sich an, nacheinander alle Spieler abzuknutschen. Das erinnerte dann
Big Master Zwanziger wohl zu sehr an diesen lustigen kleinen Trainer
der Argentiner, den wir immer im Fernsehen bewundern konnten. Deshalb
schob er unseren Chef erstmal rückwärts aus dem Bus.
Außerdem hatten die Deutschen ja ihre Kanzlerin mitgebracht und
das hätte dann überhaupt nicht mehr gepasst. Big Mama Merkel
hatte in der Mannschaftskabine nach dem Spiel zunächst ihre
Regierungserklärung verkündet und sich dann schwer einen
gezwitschert. Danach ist sie in Kapstadt mit ihrem besten Kumpel Master
Schweinsteiger einfach in den Flieger gestiegen. Während des
Fluges hatte sie anscheinend weiter gebechert. Jedenfalls musste Mama
Merkel von vier Spielern aus dem Bus getragen werden. Nach ein paar
Minuten hatte sie sich aber wieder etwas berappelt und sang mit uns
allen zusammen „Patta Patta“. Das sind wirklich die
besonderen Momente bei einer WM. Ich wurde danach vom dicken
weißen Chef mit der persönlichen Betreuung der Kanzlerin
beauftragt, weil der Angst hatte, dass sie noch in den großen
Hotelteich fällt. Da schwimmen zwar zurzeit nur noch ein paar
senile Krokodile herum, aber man muss ja keine unnötigen Risiken
eingehen. Leider sprach mich Mama Merkel zwischendurch immer mit
„Guido – warum bist du so schwarz im Gesicht?“ an und
wurde dann plötzlich ganz böse zu mir. Keine Ahnung, was das
bedeuten sollte. Dabei hat sie doch so ein großes Herz. Big
Master Zwanziger erzählte mir hinterher, dass sie sogar einem
gewissen Master Maradona nach dem Spiel in den Stadion-Katakomben
dessen Tränen mit ihrem Taschentuch abgetrocknet hatte. Als sie
ihn aber noch auf den Arm nehmen wollte, hat der spontan die Flucht in
Richtung Argentinien ergriffen.
Die Siegerparty ging dann noch bis in die frühen
Morgenstunden. Jeder Spieler musste mit Mama Merkel zu Marianne
Rosenbergs „Er gehört nicht zu mir“ eine ganze Runde
Disco-Fox drehen. Big Master Zwanziger wollte dann die Chance ergreifen
und hat Chef-Master Jogi zum Tanz aufgefordert. Der hat ihn aber wieder
abblitzen lassen. Es war ja schließlich Damenwahl angesagt.
Anschließend wurden die kompletten Getränkevorräte
vernichtet. Der Barkeeper hatte dabei wohl den schwersten Job, denn er
musste den Spielern immer wieder neue Drinks mit Nutella drin mixen.
Was für ein fürchterliches Gesöff! Die Stimmung
erreichte dann den Höhepunkt, als unser dicker weißer Chef
verkündete, dass die Spieler für den Rest der Zeit nicht mehr
ihre Zimmer selbst sauber machen müssen. Das sorgte für Jubel
wie nach dem WM-Gewinn. Ich dachte, ich höre nicht richtig. Was
das bedeutet, ist uns natürlich klar: Noch mehr Überstunden
fürs Personal. Das Leben ist wirklich kein Wunschkonzert. Eine
Frage habe ich aber noch: Was ist eigentlich ein halbes
Finale?
Euer WM-Gärtner Benjamin Zulu
WM-Gärtner Zulu aus dem deutschen Hauptquartier
Teil 7 (Donnerstag, 1. Juli 2010)
Die Spannung steigt im deutschen WM-Lager. Zwei Tage vor dem
Argentinien-Spiel kommt bei einigen sogar so etwas wie Hektik auf. Big
Master Zwanziger läuft schon seit Tagen wie ein aufgescheuchtes
Steppenhuhn durchs Quartier. Chef-Master Jogi hat nämlich dessen
Angebot auf Vertragsverlängerung immer noch nicht unterschrieben.
Dabei hat der Big DFB-Master schon so gut wie alles versucht. Er hat
Master Jogi angebettelt, er hat mit Bündeln von Euroscheinen
gewedelt, er hat geweint, er hat ihm das „Du“ angeboten und
er hat schließlich sogar Medizinmann Tsonga Tsonga aus dem
Nachbardorf eingeschaltet. Der hat Master Jogi dann einen angeblichen
Entspannungstee aufgeschwatzt. Dabei war das die volle Nirwana-Droge
aus dem afrikanischen Busch. Captain-Master Lahm und Master
„Rudolf“ Schweinsteiger mussten den Chef-Master
anschließend oben vom Hoteldach holen, weil der dachte, er sei
der Original-Bundesadler. Das wäre fast in die Hose bzw. ziemlich
abwärts gegangen. Als dann alles ’rauskam, hat Master Jogi
den Big DFB-Master nicht mehr mit dem Arsch angeguckt. Jetzt
erzählt er jeden Tag von angeblich fetten Angeboten vom
französischen, italienischen und englischen Fußball-Verband.
Das bringt Old Zwanziger ziemlich auf die südafrikanische Palme
– aber er hat ja selbst Schuld!
Dann ist jetzt zu allem Übel auch noch dieser Master Ballack bei
uns im „Velmore Grande“ eingetroffen. Der meinte
tatsächlich, er täte der Mannschaft mit seinem Besuch was
richtig Gutes. Was für ein Spinner! Der ist bei unseren
Nachwuchs-Kickern in etwa so beliebt wie die alte Ost-Schabracke
Désirée Nick kurz vor ihrem Rausschmiss aus dem
Dschungel-Camp. Na ja – jetzt wo er in Leverkusen unterschrieben
hat, gönnt er sich eben ein paar Tage Luxus-Urlaub auf DFB-Kosten
– typisch Ossi! Es hätte nur noch gefehlt, dass der seine
ganze damalige Sippschaft aus der Plattenbausiedlung „Rote
Fahne“ mitbringt. Es wäre eigentlich gar nicht so schlimm,
wenn der unsere Jungs nicht so schrecklich mit seinen alten Geschichten
langweilen würde, als er ganz in blau und in kurzen Hosen bei den
„Jungen Pionieren“ in Görlitz und später in der
Kinder- und Jugendsportschule von Karl-Marx-Stadt exerzierte. Nur wegen
der blauen Trikots ist der Volldepp übrigens damals zu Chelsea
gegangen. Und dann hat er als Motivations-Knüller auch noch diese
Asbach-CD vom Bruder Naidoo mitgebracht, die sie 2006 immer vor den
Spielen gedudelt hatten. Die DFB-Jungspunde stehen jetzt aber nur noch
auf Hardcore-Hip-Hop-Mucke von Bruder Bushido – das haben sie ihm
gleich gesagt. Da hat Master Ballack dann erstmal ziemlich zickig wie
’ne beleidigte Leberwurst reagiert. Gleichzeitig hat er aber
nicht locker gelassen. Ich musste für ihn dann extra einen
Lautsprecherwagen organisieren, den sie hier manchmal im benachbarten
Löwenpark zur Abschreckung der Geier einsetzen. Dann brüllte
beim letzten Training „Dieser Weg wird kein leichter sein“
mit maximaler Phon-Zahl über den Platz. Anschließend gab es
als Zugabe noch ein paar schmissige DDR-Schlager von Frank
Schöbel. Einige DFB-Kicker haben darauf sofort mit Durchfall
reagiert. Bruder Boateng ist sogar völlig weiß im Gesicht
geworden. Der sieht jetzt aus wie Michael Jackson in der Endphase
– wie will man den jetzt noch im nächsten Spiel gegen die
Gauchos bringen? Daraufhin bekam Master Ballack dann endlich
Lagerverbot für den Rest der WM. Es hätte nur noch gefehlt,
wenn sie auch noch Alt-Master Klinsmann als Hilfs-Animateur –
„Du Arne, der muss deinen Atem spüren! Die Argentinier sind
reif!“ – aus dem Vorruhestand geholt hätten. Ich halte
jedenfalls nichts von diesen alten Zöpfen. Bei uns in Afrika gibt
es ein Sprichwort: Wenn junge Löwen hungrig sind, dann lässt
man sie zum Jagen aus dem Käfig – vor allem, wenn es als
Beute leckere argentinische Steaks gibt. Dazu brauchen die weder einen
fußkranken Alt-Capitano noch einen emeritierten
Ex-Chef-Animateur. Als innovativer Gärtner muss man eben mit der
Zeit gehen. Das ist jedenfalls meine Meinung. Alles muss blühen!
Euer WM-Gärtner Benjamin Zulu
WM-Report vom 30.06.2010
Tröööööt.....?
Was jetzt? Ein schwarzes Loch tut sich vor uns auf: Kein
Fußball heute! Und morgen auch nicht! Da bleibt Zeit, sich um die
wirklich wichtigen Dinge zu kümmern: Bier, Chips und
Grillwürste für Samstagnachmittag kaufen. Grillkohle nicht
vergessen. Ich werde auch mal nachgucken, ob die Ehefrau noch da ist
oder wegen Dauerfußball-Gucken längst ausgezogen ist. In den
letzten Tagen war es doch irgendwie merkwürdig ruhig zuhause.
Hmmm......
Recht merkwürdig waren auch die letzten Achtelfinalspiele. Die
Käseroller beherrschten Spiel und Gegner scheinbar nach Belieben,
aber vergaßen das Toreschießen. Langweile kam auf, die
Regie spielte zur Zuschauerbelustigung zwischendurch sogar mal ein
Filmchen mit einem schönen Robbentor aus der Bundesliga (oder
war’s Champions League?) ein, nach dem Motto: So kann’s
gehen! Das ganze wurde zum Zeitlupen-Spiel. Vittek hatte völlig
losgelöst von allen Gegenspielern allein vor dem
holländischen Torwart gefühlte 2 Minuten Zeit zum
Ball-Annehmen, Ball-Vorlegen, Gucken-wo-der-Torwart-steht,
Kurz-überlegen-wohin-er-denn-schießen-will, und
dann... schob er das Ding dem Keeper in die Arme...
Irgendwie fiel nach einen Torwartfehler sogar noch das 2:0, ich freute
mich über meinen 4 Punkte-Tipp, bis ein dämliches Foul der
Käsköppe in der holländischen Abwehr den Slowaken noch
ein Elfmetertor schenkte. Mist!
Abends hofften wir dann auf brasilianischen Zauberfußball. Den
gab es aber weder beim Kick auf der Hebbelwiese noch im Fernsehen. Gut
gefiel mir dennoch die Viertelstunde vor der Halbzeit – vor allem
das kalte Weizenbier in der Forstbaumschule. O.k., zwei Tore
gab’s noch dazu auf der Leinwand, bei allerbesten
Biergartenwetter. In der Hoffnung auf eine Fortsetzung fuhr ich in der
Halbzeit nach Hause, doch leider klappte die Fortsetzung nur in Bezug
auf das Weizenbier. Die Brasiliander spielten Verwaltungsfußball
auf gehobenem Niveau, schosssen ein drittes Tor und liessen die armen
Chilenen ein bisschen laufen. Wenig aufschlussreich das Ganze, noch
immer wissen wir nicht, was Dungas Truppe wirklich drauf hat.
Dienstag nachmittag dann die niveautechnische Untertunnelung der
bisherigen WM-Spiele. Ein schier unterirdischer Grottenkick zwischen
Japan und Papua-Neuguinea oder so, gedehnt auf 120 Minuten. Einfach
gruselig! Los Paranoias gewannen im Elfmeterschiessen und alle waren
froh, als es endlich vorbei war. Puuuuh!
Abends wurde es zumindest für Taktikfreunde interessant. Spanien
zelebrierte mal wieder sein typisches
Wir-haben-den-Ball-und-Ihr-leider-nicht-Bäääh!, die
Sportugiesen guckten eine Weile beeindruckt von den Zinnen ihrer
Abwehrmauer aus zu und schossen dann gelegentlich den einen oder
anderen Konterpfeil ab. Aber ein mitreißendes Spiel entwickelte
sich nicht, dazu war der Atlantikwall zu fest gefügt, und dazu
kannten sich die Spieler wohl alle auch zu gut aus der spanischen Liga
[kleine Frage am Spielfeldrand: Sollte im Fall eines
deutsch-holländischen Finales nicht Lahm gegen Robben antreten?].
Ein Abseitstor entschied die Partie, aber viel mehr als über die
Referrees müssen sich die Sportugiesen wohl innerlich über
ihre arrogante Diva mit der Nummer 7 aufgeregt haben – obwohl das
natürlich keiner zeigte... War Cristiano Ronaldo in der zweiten
Hälfte überhaupt noch mal am Ball? Insgesamt war das eine
absolut lächerliche Vorstellung eines angeblichen
Weltfußballers. Spielerisch wirkungslos, bei Berührung eines
Gegners von akuter Fallsucht ergriffen und stets beleidigt, weil der
Schiri nur freundlich lächelte und weiterspielen ließ
– ein klassischer Poser, eine Operettendiva, ein
Testosteron-Cowboy mit Platzpatronen. Hätten sich nicht seine
Mitspieler in der Abwehr – allen voran der exzellente
Torhüter Eduardo – so mannhaft gegen eine höhere
Niederlage gestemmt, so hätte man diesem
Fußballstar-Darsteller eine richtige Packung gewünscht. So
kam er billig davon und wird dieses Spiel in seiner eigenen Denke
vermutlich noch als ungerechte Niederlage abbuchen. Wir wissen es
besser!
Fußballpause hin oder her – alle denken jetzt schon an
Samstag. Ich auch. Und ich will Euch Hannos Gedanken dazu nicht
vorenthalten: "Argentinien wird 'ne harte Nuss. Ich fürchte aber,
die Gauchos haben das Problem, dass sich früher oder später
der zugekokste Maradona selbst einwechselt und damit Argentinien
für 20 Jahre gesperrt wird."
Möge es so kommen.
Banana, Banana!
Robert
Fodbold: VM - kvartfinale, direkte
Prolog eines Ausflugs zum Fernsehen bei unseren Nachbarn
Alle Jahre wieder zieht es uns mit einer mehr oder weniger
großen Horde an Studierenden zu unseren lieben Nachbarn nach
Dänemark, damit die armen Kieler Schlickstudenten auch mal echte
Geologie zu sehen bekommen. Mutter Natur hat es eingerichtet, dass an
den Küsten Seelands und Møns mächtige Profile aus der
Kreide zu bewundern sind, die in der tristen Norddeutschen Tiefebene
und dem hügeligen Schleswig-Holstein unter tausend
Metern von Was-auch-immer begraben sind. Da Peter Harry der Meinung
ist, jeder Mensch solle in den Genuss eines Studienplatzes kommen,
sehen wir uns seit 2 Jahren dem logistischen Anspruch ausgesetzt, ca.
80 Studenten in den Genuss kreideverschmierter Klamotten und einer
Handvoll Fossilien gelangen zu lassen. Teil 1 des Unternehmens
haben wir bereits an Pfingsten hinter uns gebracht und die ersten 50
Kandidaten abgefertigt. Der Vorteil einer solchen Massenveranstaltung
ist, dass man mit einem Reisebus anreisen muss. Das schönste an so
einer Busreise ist, man muss selber nicht fahren.
Obendrein hatten die Exkursionsleiter einen reservierten
Platz in der ersten Reihe. Der hat aber den Nachteil, dass man beim
Bremsen als erster an der Scheibe hängt. Und dem Kollegen
Meier waren die Sitze zu unbequem - der hat Rücken. Zum Ausgleich
hatte der gute Geist und Fahrer Ecki dafür gesorgt, dass in dem
Kühlschrank zu unseren Füßen immer ein kaltes Pils
griffbereit lag. Davon musste nach jedem Aufschluss Gebrauch gemacht
werden.
Die zweite Tour hatten wir ohne Hintergedanken auf den 2.-4.
Juli gelegt, bloß um festzustellen, dass das ja mit einem
potentiellen Viertelfinale kollidiert. Schon zu spät, doch da fiel
mir ein, dass wir diese Konstellation ja schon mal hatten. Das
Viertelfinale gegen die Gauchos 2006 haben wir ebenfalls in einer
dänischen Jugendherberge gefeiert. Die Herbergsleitung hatte
ernsthafte Bedenken ob die deutschen Geologie-Hooligans, bewaffnet mit
Hämmern und den praktischen Dosenbierkoffern, die man auf der
Fähre erstehen kann, ihre Hütte stehen lassen würden.
Daher hatte ich versucht, in diplomatischer Mission vor dem Spiel
für gute Stimmung zu sorgen, was allerdings von unserem damaligen
Fahrer Heiner Eberle, der mit laut grölenden "LUKAAAAS
POOOOODOLSKI"-Schlachtrufen hinter mir das Etablissemnt enterte, binnen
Sekunden ad absurdum geführt wurde. Sehr gut entsinne ich mich
auch noch an die Logistik-Diskussion, wann denn das Abendessen gereicht
werden sollte - als ob das irgendjemand vor dem Spiel interessiert
hätte. Aber der Herbergsvater hatte das Problem erkannt.
Anstoß war damals 17:00h, worauf ich entgegnete, er könne
dann das Festbankett um 18:45h servieren. Als schlauer
Bedenkenträger warf er ein, das es bei solchen Spielen ja
gelegentlich Verlängerung und gar Elfmeterschiessen geben
könnte, was wir in unserem schwarz-rot-goldenen Sommerfieber schon
komplett verdrängt hatten. Wir einigten uns auf ein schnelles
Smørrebrød in der Halbzeitpause - und er sollte recht
behalten. Natürlich bin ich froh, dass der Blatter Sepp meinem
Antrag zugestimmt hat, 2010 das Viertelfinale gegen die Gauchos schon
um 16:00h anzupfeifen. Wir sollten also unter allen Umständen in
der Lage sein, unser Festbankett spärestens um 19:00h antreten zu
können, wenn wir überhaupt noch gehen können.
Damit wir in Zeiten von Prüfungswahn, ECTS-Punkten und
geänderten Hausordnungen an der CAU - wir dürfen hier nix
mehr trinken - auch keinen Ärger bekommen, haben wir für
16:00h kurzerhand ein Seminar angesetzt:
SEMINAR:
Besondere Ereignisse in der Erdgeschichte: Plattentektonische Verschiebungen zwischen Südamerika und Mitteleuropa
Samstag 3. Juli 2010, 16:00h
Jugendherberge Storre Heddinge, DK
Bei erfolgreicher Teilnahme werden jedem Teilnehmer 5 FIFA-Punkte angerechnet.
Alle Teilnehmer an dem Seminar werden gebeten, sich entsprechend auf die Vorträge vorzubereiten
Anmerkung: Es gab in der Tat Studenten und Kollegen, die nicht
verstanden haben, was damit gemeint ist. Sollte sich irgend ein
Tippfreund ins schöne Dänemark verirrt haben, ist er herzlich
eingeladen, sich an dem Seminar zu beteiligen. Nach Ablauf der Veranstaltung werde ich einen Bericht über den Ausgang der Diskussion abgeben.
Glück auf,
Hanno
WM-Report vom 28.06.2010
Boah!
Achtelfinale – jetzt geht die WM erst richtig
los (Standardsatz, kommt alle 2 Jahre). Waren die ersten beiden
K.o.-Begegnungen noch eher ein Warmlaufen, so gab es gestern ganz
großes Kino. Tolle Tore und Nicht-Tore, und eine Dramaturgie wie
in den John Ford-Filmen der 50er: Die Guten (weil technisch deutlich
besser und ideenreicher) zeigen uns, wie schön die
(Fußball-)Welt sein kann, wenn man sie nur regieren lässt.
Dann stören die Nichtsoguten (weil technisch unterlegen, langsam
und ohne Inspiration) diese heile Welt, ja sie bedrohen sie sogar so
stark, dass man Angst um die Guten haben muss. Aber durch
(Fußball-)Gottes Hilfe gewinnen die Guten schließlich doch
die Oberhand und feiern am Ende ein rauschendes Fest, bei dem sich alle
lieb haben. Fanfaren, Abspann, Aus. Zugegeben, in den letzten Minuten
war die Spannung ein wenig raus aus dem Film, aber ergreifend war er
trotzdem, und alle gingen glücklich und zufrieden nach Hause. Na
ja, zumindest hier bei uns. Hätte der unsägliche Steffen
Simon nicht ständig einen Wortbrei von Belanglosigkeiten und
irrelevanten Information über uns ausgeschüttet, dann
hätte das ein 100% gelungener Nachmittag sein können. Und wer
heute mal die Webseiten der englischen Zeitungen durchguckt, liest zwar
vom Ärger über die blinden Referrees, aber auch von der
Anerkennung für eine großartige, weitgehend überlegene
deutsche Mannschaft. Fairplay – okay.
Nach dem erfolglosen Auftritt des tätowierten
Prolls im Anzug auf der Bank der Engländer, erfreute uns am Abend
dann der zweite Dressman dieser WM wieder mit herzerweichenden
Jubelszenen. Von Maradona wird einfach jeder abgeknutscht, der nicht
bei "3" auf der Tribüne ist. Großartig! Weniger toll war der
Auftritt der Gauchokicker, die nur phasenweise zeigten, wozu sie
imstande sind. Wer zuerst Glück hat (bei gefährlichen
Schüssen der Mexikaner) und dann durch einen krassen
Linienrichterfehler und einen Blackout eines Gegenspielers 2:0 in
Führung geht, der hat es leicht. Argentinien ist eine
Wundertüte und man weiß nie genau, was der Fußballgott
demnächst rausholt. Kapitale Böcke in der Abwehr oder
phantastische Torschüsse wie Tevez' 3:0? Die Unberechenbarkeit
macht Argentinien stark. Mal ist Messi der Dreh- und Angelpunkt, mal
bleibt er eher blass und seine Sturmkameraden machen die Tore.
Vielleicht ist Eigeninitiative das einzige Gegenmittel – der
Bundesschalträger hat genug Zeit zum Grübeln.
Gleich geht es weiter mit dem Achtelfinale, aber eins
dürfen wir nicht unkommentiert lassen: Italien ist raus. Nicht
einmal Tomaten und faule Eier wurden beim Empfang in Rom geworfen
– Italien ignoriert die Verlierer. Haben sie das verdient?
Was die Spielkunst betrifft: Ganz sicher. Die spannende
Schlussviertelstunde plus 5 Minuten Nachspielzeit gegen die Slowakei
war alte Klasse, aber vorher? Langsames Ballgeschiebe ohne Ideen
– Italien war leichter zu schlagen als ich vermutet hatte.
Sollten wir uns freuen, dass die Italiener jetzt zugucken müssen?
Viele werden Ja sagen. Wie oft haben wir schließlich die
Spielweise dieser Italiener verflucht – langsam, defensiv, bei
eigener Führung mit vielen kleinen Fouls und großer
Theatralik, wenn sie selbst mal getroffen wurden. Aber da waren auch
Spieler wie Gennaro Gattuso (die Wiedergeburt des Terriers), Andrea
Pirlo (der mit den oft scheinbar so traurigen Augen, aber dem genialen
Blick für die Lücke, in die der Ball gespielt werden muss)
oder Fabio Cannavaro (kam 2006 mit nur 173 cm Länge als
Innenverteidiger quasi ohne Fouls aus und wurde zum besten Spieler des
Turniers gewählt). Sie werden uns jetzt und in den nächsten
Jahren fehlen – als große Fußballer und als Typen.
Von Verletzungen geplagt (Pirlo, Gattuso), vom Alter unvermeidlich
eingeholt (Cannavaro) – hier treten nach Inzaghi, Totti, del
Piero und Nesta nun endgültig auch die letzten einer großen
italienischen Generation von der ganz großen Bühne ab. Ein
wenig Wehmut umfing den Fußballkenner beim Bild, als Gennaro
Gattuso und Gigi Buffon am Spielfeldrand dem Grauen ins Auge sehen
mussten. Als Weltmeister in der Vorrunde ausgeschieden – eine
Blamage und das Ende einer großen Mannschaft.
So, wir laufen uns jetzt schon mal für das
Nachmittagsspiel warm. Wundert Euch übrigens nicht, wenn Ihr heute
die Mannschaftsaufstellung der Slowaken im Spiel gegen die
Käseroller seht und einige Namen womöglich leicht
verändert sind: Nach dem begeisternden Spiel der Slowakei gegen
Italien sollen sich die finnischen Nationalspieler Aaro Kootilaiinen
und Saalo Läättimäki spontan bereit gefunden haben, den
beiden Slowaken Martin Skrtel und Zdono Strba mit ein paar Vokalen
auszuhelfen. Gut so, das ist wahrer Sportsgeist!
Banana, Banana!
Robert
WM-Gärtner Zulu aus dem deutschen Hauptquartier
Teil 6 (Montag, 28. Juni 2010)
Ich liebe diese Montage. Alles ist so schön still
und friedlich hier im Camp und Hotel. Unser dicker weißer Chef
schläft seinen Wochenendrausch aus und kommt nicht vor Zwölf
auf die Anlage. So kann ich in aller Ruhe nach dem Rechten schauen und
noch mal die Blumenbeete direkt vor dem „Velmore Grande“
auf Vordermann bringen. Die haben es heute auch wirklich nötig
– das reinste Schlachtfeld. Denn gestern Abend ging es heiß
her nach der Rückkehr der Deutschen aus Bloemfontein. Die
DFB-Burschen waren etwas übermütig und hatten noch so viel
Kraft, dass sie die wichtigsten Torszenen vom Spiel mitten in den
Blumenrabatten mit einer leeren Cola-Dose nachspielen mussten. Master
Neuer warf sich dabei mächtig ins Getümmel. Als die Dose von
der Teppichklopfstange abprallend hinter ihm nach unten fiel,
brüllte er immer wieder „Kein Tor – kein Tor!“.
Wir mussten ihn danach regelrecht ruhig stellen. Die anderen haben dann
noch kurz die beiden Kontertore in der zweiten Halbzeit nachgespielt
und pflügten sich derart durch die Botanik, bis alle Tulpen, Rosen
und Nelken leblos am Boden lagen. Mir kamen danach fast die
Tränen. Vielleicht hätten wir doch lieber die Holländer
im Quartier aufnehmen sollen.
Aber wir sind ja nicht zum Spaß hier.
„Über allesch steht der Erfolg“, pflegt Master Jogi
immer zu sagen. Und der ist momentan eindeutig auf deutscher Seite. Man
sollte den 4:1-Sieg gegen die Altherrenkicker von der Insel aber nicht
überbewerten. Die Engländer haben immerhin Fassung bewahrt
und als erste Fußballmannschaft überhaupt einen echten
Dressman mit Seidenanzug auf der Bank sitzen gehabt. Das hat mir auch
vor dem Fernseher richtig imponiert. Genutzt hat es ihnen letztlich
aber nichts. Eigentlich wollten sie die Deutschen ja im
Elfmeterschießen schlagen. Deshalb hatten sie sogar als englische
Hooligans getarnte Spione eingesetzt. Die lungerten tagelang mit
Feldstecher und Laptop bewaffnet draußen vor unserem Hotelzaun
’rum. Als Master Jogi das mitbekam, wurde kurzerhand die
Aufstellung auf dem Trainingsplatz geändert. Big Master Zwanziger
durfte ins Tor. Die fünf von Master Jogi ausgewählten
Schützen waren dann Presse-Master Stenger, Medizinmann
Müller-Wohlfarth, der DFB-Busfahrer, der DFB-Koch und Master
Seeler, der hier immer noch jeden Tag wegen der Aberkennung seines
Ehrenspielführertitels protestiert. Master Gomez wurde wieder mal
nicht nominiert und Master Seeler war der einzige, der überhaupt
das Tor traf. Na ja – er zwiebelte Big Master Zwanziger die
Kirsche mitten auf die Zwölf. Wenn das keine Absicht war...
Jedenfalls sind die Engländer dadurch nicht wesentlich schlauer
geworden und haben dann anscheinend die Flinte ganz ins Korn geworfen.
Dieses Psychospiel haben wir eindeutig gewonnen. Ich bin mal gespannt,
ob das den Argentiniern am nächsten Samstag auch so ergeht.
Sicherheitshalber musste ich schon mal Notizzettel in der richtigen
Größe besorgen, die man hinter die Schienbeinschützer
von Master Neuer schieben kann. Die letzten hatte Altmaster Lehmann vor
vier Jahren gegen die Argentinier verbraucht. Das nennt man dann wohl
Duplizität der Ereignisse. Für die Argentinier habe ich den
Zettel mit den fünf deutschen Schützen sogar schon fertig
ausgefüllt: Als erster stolpert Master Mertesacker den Ball in
Richtung Mitte Tor. Master Badstuber schiebt danach knapp links am
Pfosten vorbei. Bruder Boateng und Master Kießling jagen das Ding
beide an die Querlatte. Abschließend knallt dann Master Gomez das
Leder in den Abendhimmel von Kapstadt. Jetzt muss ich diesen
blöden Zettel nur noch Altmaster Maradona irgendwie unterjubeln.
Aber kann der überhaupt lesen?
Euer WM-Gärtner Benjamin Zulu
WM-Report vom 24.06.2010
Tröööööt!
Es tönen die Fanfaren,
denn es ist vollbracht. Drei mühsam erkämpfte Punkte reichen zum
Gruppensieg und zum Duell mit dem alten Rivalen England. "Job done...
Now for the Hun" titelt der Daily Star. Nichts leichter als England,
könnte man von deutscher Seite erwidern. Wann haben wir zuletzt bei
einer WM gegen England verloren? Richtig: Eigentlich noch nie, denn
1966 wurden wir von Linienrichter Tofik Bachramov betrogen – das zählt
nicht! Auch gegen Slowenien haben die Limies gestern nicht überzeugt,
und im Grunde müssen wir ja nur 120 Minuten überstehen, damit Terry
&Co mal wieder Gelegenheit haben, klassisch und kläglich zu
versagen. Klingt einfach, ist es aber gewiss nicht. Mit einem
Mertesacker in der Form von gestern sind Gegentore eigentlich
vorprogrammiert. Wie kann man so lang und doch so schlecht im
Kopfballspiel sein? Und was hat so ein Stolpervogel in der Abwehr der
deutschen Nationalmannschaft zu suchen? Wieso darf ein Boateng als
Außenverteidiger ran, der sich entweder simpel austanzen läßt (gestern)
oder (wie in früheren Spielen) stets für ein Foul im Strafraum oder
eine Rote Karte gut ist? Die Abwehr bleibt das ganz große Sorgenkind,
das hat man ja schon im Testspiel gegen Argentinien gesehen. Messi
& Co sind übrigens ein durchaus realistischer Viertelfinalgegner,
falls wir die nächste Runde überstehen...
Im Parallelspiel – live
auf Eins-Festival und problemlos mit Zattoo auf dem Laptop zu gucken –
steigerten sich die Aussies noch einmal gegenüber dem Ghana-Spiel und
hauten den Serben zwei schöne Dinger in den Kasten. Wir können von
Glück sagen, dass wir gleich im ersten Spiel auf die Socceroos
getroffen sind, ein 4:0 wäre jetzt wohl nicht mehr so leicht möglich.
Eigentlich schade, dass genau dieses 0:4 die Aussies nun die
Achtelfinalteilnahme kostete, aber so ist Fußball eben.
Am
Nachmittag qualifizierten sich auch die Amis für die nächste Runde –
zwar erst in quasi letzter Minute, aber wer fragt schon danach... Ich
vermute, es war die Angst der US-Boys vor ihrem Coach, die sie immer
weiter anrennen ließ. Ex-Marines-Sergeant Bob Bradley hat angeblich vor
seiner Tätigkeit beim US Soccer Team als Chefausbilder in einem Boot
Camp straffällig gewordene Jugendliche mit Waldläufen und Liegestützen
(alles natürlich mit 20 kg-Rucksack!) wieder auf den Pfad der Tugend
geführt. Hab' ich zumindest so gehört.
So jetzt geht's für die
Spagettikocher um den Einzug in die nächste Runde. Mein Tipp: Die
schaffen das. Schliesslich brauchen wir weiter eine Truppe zum
Ablästern, nachdem die Froschfresser schon längst zuhause sind.
Banana, Banana!
Robert
WM-Gärtner Zulu aus dem deutschen Hauptquartier
Teil 5 (Donnerstag, 24. Juni 2010)
Es bleibt lebendig hier bei uns im Lager! Einige von
uns hatten vor dem Spiel gegen unsere schwarzen Brüder aus Ghana
schon mit dem Schlimmsten gerechnet – das DFB-Team übrigens
in gewisser Weise auch. Big Master Zwanziger gab vor der Abfahrt mit
dem Bus nach Johannesburg an alle Kicker die Order, die Koffer zu
packen, die Betten abzuziehen und die Zimmer besenrein
aufzuräumen. Die Abnahme hat er dann persönlich gemacht. Das
war für einige der Burschen Stress pur. Zu Hause haben sie
vermutlich ihre Mutti oder ’ne Putzfee dafür – hier
bei uns gibt’s so was nicht. Die Putzkolonnen haben schon vor ein
paar Wochen wegen ausbleibender Gehälter die Segel gestrichen.
Unserem dicken weißen Chef war das alles viel zu teuer. Jetzt sah
man Master Poldi, Master Klose und die anderen schwer mit Wischmob,
Staubsauger und Müllsäcken hantieren. Hat sich aber gelohnt:
Am Ende sah alles fast wie geleckt aus, als der Bus vom Hof fuhr
– deutsche Gründlichkeit eben. We love it!
Abends wurde bei uns im Camp Daumen gedrückt.
Allen war klar: Wenn die Deutschen verlieren, dann gibt’s kein
üppiges Trinkgeld mehr von Master „more than twenty“
Zwanziger – übrigens das einzige Bargeld, das wir in den
letzten Wochen gesehen haben. Demnächst ist deshalb wohl Streik
bei uns angesagt. Aber eins nach dem anderen. Es schien beim Spiel
zunächst so, als hätte die DFB-Mannschaft ihre Kräfte
komplett beim Hausputz verpulvert. Der schwarze Trauerdress machte die
Sache auch nicht viel attraktiver. Zum Glück konnten sie sich auf
die schusstechnische Unfähigkeit unserer Brüder aus Ghana
verlassen. Am Ende fragt aber kein Mensch, wie das 1:0 zu Stande
gekommen ist – nicht mal unser dicker weißer Chef. Der
reibt sich jetzt die Hände und hat seinen Protz-Schuppen zumindest
bis zum nächsten Sonntag voll belegt. Deshalb organisierte er eine
kleine Konfetti-Parade beim Eintreffen des deutschen Teams am
späten Abend. Ich brauche ja wohl nicht erzählen, wer die
Konfettis zusammen schneiden musste. Das war vielleicht eine trübe
Sache, vor allem, wenn man kein ausreichendes Papier dafür hat.
Das Klopapier durften wir nicht nehmen. Die Steuerakten hat unser Chef
schon vor Jahren verschwinden lassen. Deshalb sind wir auf die Zimmer
und haben uns die Panini-Sammelalben von unseren jungen deutschen
Freunden geholt. Pro Album brachte das bestimmt einen großen
Beutel Konfetti-Schnipsel. Ob das wohl Ärger gibt? Egal –
diese Feier hat sich die Mannschaft wirklich verdient. Zu essen gab es
zu Ehren von Master Mesut übrigens Döner satt und hinterher
Raki bis zum Abwinken.
Nach dem Spiel ist vor dem Spiel. Diesen Spruch habe
ich hier irgendwie von irgendjemand aufgeschnappt. Jetzt geht es am
Sonntag gegen die Engländer. Die ersten Hooligans von denen haben
wir übrigens schon heute Morgen am großen Elektrozaun
entdeckt, mit dem das ganze Gelände hermetisch abgeriegelt ist.
Die wollten wohl ein bisschen Einschüchterung oder wahlweise
Werkspionage betreiben. Der Schuss ging aber ziemlich nach hinten los.
Erst haben sie tierisch einen gewischt gekriegt, danach sind noch ein
paar hungrige Löwen auf sie losgegangen. Einen von den
vierbeinigen Freunden sah ich später mit einem Three-Lions-Shirt
zwischen den Zähnen. Das war schon mal ein kleiner Vorgeschmack
auf die große Schlacht im Achtelfinale. Ich bin aber
optimistisch. Master Klose übrigens auch. Der ist ab sofort wieder
von seiner Gartenarbeit befreit und voll ins Mannschaftstraining
eingestiegen. Ob das was bringt? Jetzt müssen wir nur noch Master
„Rudolf“ Schweinsteiger fit bekommen. Medizinmann
Müller-Wohlfarth hat die ganze Nacht über seinen Oberschenkel
bearbeitet. Ich habe ihm dafür noch ein paar frische
Antilopenfladen als Kompressen gegeben. Ein fieses Zeug – das
ganze Quartier hat gestunken wie die Pest. Master Schweini ist danach
freiwillig wieder aufgestanden. Das wird also was! Die Mannschaft hat
ihm spontan zugejubelt und gesungen „Wir woll’n Rooney
heulen seh’n“. Das ist echter Team-Spirit – so soll
es sein!
Euer WM-Gärtner Benjamin Zulu
WM-Report vom 23.06.2010
Blöööööd!
Ja, es ist wirklich zu blöd, dass diese
zusammengewürfelte, gelangweilte Möchtegernrevolzzer-Truppe
aus unserem westlichen Nachbarland von der FIFA überhaupt zur
WM-Teilnahme zugelassen wurde. Die Irländer (O-Ton Ballack)
hätten uns sicher mehr Freude bereitet und sich nicht so
kläglich aus Südafrika verabschiedet – von "sang- und
klanglos" kann man ja schlecht sprechen, geknallt hat es ja genug im
Lager der gallischen Streithähne. Der neue Nationaltrainer Laurent
Blanc, ein intelligenter und strategisch denkender Mann, wird durchaus
Mühe haben, aus dem Scherbenhaufen des WM-Grüppchens eine
schlagfähige Mannschaft zu formen, die die EM-Qualifikation
erfolgreich bestreiten kann. Außer Torwart Lloris (trotz des
Fehlers gegen Südafrika ein richtig Guter!) und dem
bedauernswerten, weil stets kämpferischen Franck Ribery fällt
einem kaum jemand ein. Ein fast kompletter Neuaufbau ist vonnöten.
So etwas kann klappen – Dunga hat in Brasilien auch die alten
Superstars rausgekickt und trotzdem Erfolg. Aber hat Frankreich einen
ausreichend großen Pool an Nachwuchsspielern? Die Aussicht auf
die EM 2016 im eigenen Land wird es Blanc erleichtern, einmal richtig
aufzuräumen. Und dann sehen wir weiter.
Mit Südafrika hat sich zum ersten Mal in der
WM-Geschichte ein Gastgeber bereits in der Vorrunde verabschiedet.
Schade, dass die bunten Vögel gegen Uruguay dermaßen gegen
die Wand flogen – ein Punkt hätte schließlich
gereicht. Die Urus sind zwar gut organisiert und haben einige richtig
gute Einzelspieler, aber wirklich Angst haben muss man vor ihnen auch
nicht. Vielleicht werden sie einfach unterschätzt, und die Gegner
lassen sich irgendwann so lange in Zweikämpfe verwickeln und
einlullen, bis plötzlich das Spiel vorbei ist. Fragt die Mexe, die
wissen jetzt Bescheid. Andere Mittelklassemannschaften schleichen sich
auf ähnliche Weise in die Hauptrunde. Chile fuhr mit viel
Laufarbeit gegen dezimierte Schweizer 3 Punkte ein, und Südkorea
brauchte viel Glück, um gegen Nigeria nicht zu verlieren. Wenige
Minuten vor Schluss war ich gestern noch zuversichtlich, in der
Punktetabelle den ganz großen Sprung zu machen. Aber die
Nigerianer waren einfach unfähig, aus dem gefühlten Dutzend
an Großchancen in der letzten Viertelstunde wenigstens ein Tor zu
machen. Nicht zu fassen, wie man all diese Bälle am Tor
vorbeischieben kann! Haben die das trainiert? Und Ottos Betonabwehr
kassierte schliesslich in letzter Minute noch ein zweites Ding. Schade,
11 Punkte hätten mich echt voran gebracht. So wurden es nur
vier...
Recht mäßig waren auch die Punktgewinne der
Tipper in den Spielen unserer zuletzt doch arg kriselnden iberischen
EU-Partner. Sportugal schoss sich mit sieben Toren gegen am Ende
desolate Nordkoreander vorerst aus dem Loch. Spaniens Doppelscorer
David Villa dagegen kommt womöglich nach einer Sperre wegen
Tätlichkeit gleich wieder abhanden. Wer soll dann bloß die
Tore schiessen? Ein Unentschieden reicht gegen Chile vermutlich nicht,
dafür werden der entzauberte Gottmar und seine Eidgenossen gegen
Honduras schon sorgen. Der allerletzte Vorrunden-Spieltag verspricht
Hochspannung!
Im Tippspiel hat Jan Petersen richtig abgeräumt
und einen soliden 5 Punkte-Vorsprung heraus gearbeitet. Dahinter
drängelt sich ein Verfolgerfeld, in dem sich Marian zurück
gemeldet hat. Am Tabellenende zieht Gerd jetzt schon seit Tagen seine
Kreise, während Verena sich anschickt, mich auch noch zu
überholen. Der letzte Platz in der Familientabelle droht –
das wäre ja unterirdisch! Apropos unter- bzw. mittelerdisch: auch dort wird es jetzt nervig laut :-)
Trööööööt, bzw. Banana, Banana!
Robert
WM-Report vom 21.06.2010
Tröööööt!
Langsam verstummen die Uweseelers, denn um Afrikas Fußball steht
es nicht gut. Nigeria ist raus, Südafrika, Kamerun und Algerien
haben nur wenig Hoffnung, und für Ghana und die
Elfenbeinküste hängt alles an einem Erfolg im letzten Spiel.
So sehr wir Afrika auch mal wieder einen Achtungserfolg gönnen
würden – für die deutsche Mannschaft geht es selber um
die Bratwurst, da ist Sentimentalität fehl am Platze. Nach der,
na, sagen wir mal "interessanten" Schiedsrichterleistung am Freitag ist
nur zu hoffen, das das deutsche Endspiel nicht vom Pfeifenmann
entschieden wird. Nachdem ich in erster Erregung dem spanischen Schiri
den Hauptgrund für die Niederlage am Freitag geben wollte, habe
ich mich schließlich doch beruhigt. Da haben noch andere auf
deutscher Seite ins Klo gegriffen, nicht nur Klo-se mit seinem
schlechten Zweikampf-Timing und Poldi mit seiner etwas zu
unbekümmerten Einstellung vor dem Elfmeter ("Ischdenk nischnach.
Machisch nie! Ischhau dat Ding einfach rein!"). Der ewig
Kiefer-malmende Titan brachte es auf den Punkt: Wenn man schon so
systemversessen ist wie Joghurt Löw, warum wurde dann durch die
Auswechslungen das System verändert? Warum wurde nicht auf
Dreierkette umgestellt und mit Cacau ein Ersatz für Klose
gebracht? Dann hätte man weiter machen können wie im
Australienspiel, ohne eine Systemumstellung, die eine durch
Rückstand und verschossenen Elfmeter verunsicherte junge
Mannschaft offensichtlich überfordert hat. Hinterher sind wir
natürlich schlauer... Aber verloren ist noch nix, denn Ghana hat
keine Übermannschaft, wie wir im Spiel gegen die Aussies sehen
konnten. Mit einem Mann weniger waren diese am Ende näher am Sieg
als die Afrikaner. Noch nie ist eine deutsche Mannschaft in einer
WM-Vorrunde ausgeschieden – diese Statistik gilt es zu
bestätigen.
Wenn das deutsche Team den Einzug in die Hauptrunde tatsächlich
schaffen sollte, dann droht ... – nein, das wäre zu viel der
Ehre für diese Wurstelmannschaft – also sage ich lieber:
dann winkt im Achtelfinale womöglich England als nächster
Gegner. Einfallslos, konzeptlos, drucklos – so traten die Limies
gegen die Weltfußballgroßmacht Algerien auf und gerieten an
den Rand einer Niederlage. Rooney & Co wirken wie das klassische,
seit 1966 nie eingelöste Versprechen auf die Renaissance des
englischen Fußballs. Hohe Erwartungen, dürftiges Ergebnis.
Noch schlimmer steht es um Italien und Frankreich – ehemalige
Fußballgroßmächte im Niedergang. Überalterte
Mannschaften, vom Umbau überforderte Trainer, an
Selbstüberschätzung leidende angebliche Weltstars, zynische
Kommentare der heimatlichen Presse – beide Verbände sollten
sich über ein Vorrundenaus freuen, denn nur dann kann richtig
aufgeräumt werden. Beim französischen Aufgebot an Spielern
und Betreuern geht das ja schon los, die zerfleischen sich gerade vor
aller Augen. Die Mannschaft streikt, es gibt Streitereien vor laufenden
Kameras, ein zurückbleibender Fitnesstrainer schmeisst seine Uhr
in die Büsche und eine sowieso aufgebender Trainer verliest
stoisch das Bulletin der Spieler – das ist ganz großes
Kino. Aber bei einer WM hat das nix zu suchen.
Andere Mannschaften arbeiten in aller Stille und sind damit
erfolgreicher. Paraguay ist schon fast in der Hauptrunde und die
Dänen haben nach dem Sieg über Kamerun ebenfalls gute
Chancen. Afrika runter – Südamerika hoch, so sieht der
bisherige Trend dieser WM aus, denn die ABC-Länder und Paraguay
haben noch kein Spiel verloren. Brasilien zauberte gestern nur in
wenigen Momenten, aber das reichte jederzeit für die
Spielkontrolle und einen im Grunde ungefährdeten Sieg gegen erneut
nicht überzeugende Ivorer. Afrika hat viele erstklassige
Einzelspieler, aber offenbar keine guten Mannschaften. Wenn sich daran
nichts ändert, wird das nie was mit dem afrikanischen
Fußball.
Fehlt noch was? Die Holländer? Sind die überhaupt dabei? Das
war doch schon wieder eine deutsche Mannschaft in Oranje, die da
mühevoll gewann, diesmal gegen nimmermüde Japaner. Tut das
den Käserollern von nebenan nicht weh, wenn sie jetzt teutonischen
Zweckfußball in orangen Trikots sehen müssen? Na ja,
zumindest gewonnen und eine Runde weiter. So haben deutsche
Mannschaften schon drei mal den Titel geholt. Vielleicht sind ja
diesmal die Holländer dran.
Im Tippspiel steht jetzt der doppelte Hebbelkickernachwuchs an der
Spitze. Marian hat ein paar mal mit seinen Tipps daneben gelegen und
ist auf Platz 10 abgerutscht – so schnell geht das. Unten hat
Verena mit 2 Volltreffern am Wochenende die Rote Laterne abgegeben und
freut sich. Das hat auch sein Gutes – meine Dauerguckerei wird
leichter toleriert... :-)
Banana, Banana!
Robert
WM-Gärtner Zulu aus dem deutschen Hauptquartier
Teil 4 (Sonntag, 20. Juni 2010)
Welcome to reality! Keine Angst – bei uns im
„Velmore Grande“ geht es immer weiter. Das sagte damals
schon Master Kahn und der hat ja immer Recht. Gestern kam der deutsche
WM-Tross etwas müde und reichlich frustriert aus Port Elizabeth
zurück. Da war nach dem 0:1 gegen Serbien erstmal Aufbauarbeit
angesagt. Zum Glück hat sich diesmal unser dicker weißer
Chef nicht blicken lassen. Mit „Losern“ wollte der
nämlich nichts zu tun haben und so hatte er sich in seinem
Arbeitszimmer vergraben, als der DFB-Bus auf den Hof rollte. Ich bekam
von ihm dann die ehrenvolle Aufgabe übertragen, die armen
deutschen Kicker in Empfang zu nehmen. Am traurigsten sahen Master
Klose und Master Poldi aus. Zwei Häufchen Elend – uns kamen
fast die Tränen. Doch schon kurze Zeit später besserte sich
die Stimmung wieder. Es gab vom Küchenchef ’ne Extraportion
Langnese-Eis und Nutella-Brote satt. Außerdem hatten wir in der
Hotel-Lobby den spanischen Schiedsrichter in Originalgröße
in zweifacher Version aufgestellt. Den Pappkameraden konnte man mit
Dart-Pfeilen abschießen und den Sandsack mit Boxhandschuhen
kräftig bearbeiten. Master Jogi hat sich als erster die Handschuhe
angezogen. Nach einer halben Stunde war diese ungeplante
Trainingseinheit zu Ende. Die Reste des völlig durchlöcherten
Pappkameraden und des zerfledderten Sandsacks haben wir
anschließend hinter den Wellblechgaragen verbrannt. Medizinmann
Tsonga Tsonga ließ dann noch anfragen, ob er sicherheitshalber
noch eine Voodoo-Puppe mit Schiedsrichterdress und lange Stopfnadeln
organisieren solle. Big Master Zwanziger – das Personal nennt ihn
wegen des großzügigen Trinkgelds jetzt immer „Mister
more than twenty“ – hat das wegen moralischer
Verwerflichkeit aber abgelehnt. Ein wirklich herzensguter Mensch!
Die Nacht haben die deutschen Jungs zwecks Frustabbau mit
Jägermeister und Stripp-Poker ganz gut über die Runden
gebracht. Heute Morgen am Sonntag ist dann Master Jogi zu mir gekommen.
„Beschter Herr Schulu“, sagte er zu mir, „Schie
habe’ a ganz wichtige Aufgabe. Esch geht jetsch um
allesch!“ Dann erläuterte er mir den „Sonderauftrag
Miro & Poldi“. Die beiden Burschen müssen endlich den
Kopf wieder frei bekommen für „auf’m Platz“.
Zunächst habe ich mir Master Klose gegriffen. Der hat ja jetzt
erstmal ein Spiel Sonderurlaub und so habe ich ihn zum Unkraut
jäten hinter dem Trainingsplatz eingeteilt. Auf diese Weise hat er
weiterhin engen Kontakt zur Mannschaft, ist an der frischen Luft und
hat seine Erfolgserlebnisse. Schnell hat er richtig Freude an seiner
Arbeit gefunden. Unkrautstecher und Spaten wirbelten nur so durch die
Luft. Ich musste ihn sogar etwas in seinem Tatendrang bremsen, vor
allem als er ’ne komplette Reihe blühender
Rhododendronsträucher aus der Erde buddelte. Alte
Gärtnerweisheit: Nicht alles, was so aussieht, ist in Wirklichkeit
Unkraut. Bei Master Poldi kamen meine alten Dachlatten zum Einsatz, die
schon vor ein paar Tagen bei Master Klose gute Dienste geleistet
hatten. So wurden die Tore auf vier mal sechs Meter
vergrößert. Dazu gab es noch einen Sonderlehrgang von einem
gewissen Uli Hoeneß unter dem Motto „Die Angst des
Schützen vor’m Elfmeter“. Und ich sag’ euch:
Beides hat gewirkt. Plötzlich versenkte Master Poldi jeden
Elfmeter. Es war die reine Freude. Morgen steigern wir das Ganze und
stellen vielleicht noch einen Torwart ’rein. Ich denke da an
Master Marin. Der ist nicht so richtig groß. Da hätte Master
Poldi ganz gute Chancen. Wir sind auf dem richtigen Weg, denn ab dem
Achtelfinale gibt es nur noch Elfmeterschießen.
Jetzt schauen aber alle erstmal hoffnungsfroh auf
Mittwoch. Das wird ein richtig schönes Familientreffen. Bruder
Jerome freut sich schon tierisch auf das Wiedersehen mit seinen Bruder,
wie eigentlich das ganze Team. Bruder Kevin Prince hat uns mit seiner
Aktion damals im FA-Cup-Finale den chronisch nörgeligen Master
Ballack erspart. Der war seit der letzten EM sogar dem guten Master
Jogi ziemlich auf den Wecker gefallen. Natürlich weinten ihm nach
seinem WM-Ausfall alle bittere Krokodilstränen hinterher. In
Wirklichkeit gab es abends eine zünftige Feier im engen
Mannschaftskreis. Früher nannte man das wohl den „Geiz vom
Spieß“, weil der alte Herberger immer so knickerig mit dem
Grillgut gewesen sein soll. Das ist aber Asbach uralt. Hier und heute
ist die Stimmung bei uns im Lager auf jeden Fall reif für den
WM-Titel – mindestens! Zumindest gegen unsere schwarzen
Brüder aus Ghana sollte es wohl reichen. Ansonsten würde es
schon sehr bald ziemlich einsam werden hier im Camp. Welch’
finstere Gedanken! Mir wird jetzt plötzlich ganz mulmig. Ich
glaube, ich muss doch noch mal ganz schnell rüber ins Nachbardorf
zu Medizinmann Tsonga Tsonga …
Euer WM-Gärtner Benjamin Zulu
WM-Report vom 18.06.2010
Trööööööt!
Deutschland wartet gespannt auf das Mittagessen. Serbische
Bohnensuppe steht auf dem Plan und keiner weiß, wie sie uns
schmecken wird. Kann die deutsche Mannschaft die Leistung vom
Australienspiel bestätigen und sich als Mitfavorit etablieren? In
wenigen Stunden sind wir schlauer.
Die meisten sogenannten Favoriten lieferten bisher nur
Hausmannskost ab oder versagten komplett. Allein die argentinischen
Steaks waren bissfest und schmackhaft, sie werden bei diesem Turnier
sicher noch länger auf dem Speiseplan stehen. Der spanischen
Paella dagegen fehlte die entscheidende Würze, Iniesta & Co.
blieben hilflos im eigenen schematischen Spielsystem hängen.
Ballbesitz wurde zum Selbstzweck, aber er ist kein hohes Gut an sich,
genauso wenig wie gefühlte 100:3 Torschüsse, Flanken, in den
Strafraum gespitzelte Bälle und ähnliche Zutaten. Man muss
auch das Tor treffen, so einfach ist das. Der Schweizer Chefkoch hatte
das richtige Gegenrezept, seine Gehilfen waren aufmerksam,
reaktionsschnell, laufwillig und nimmermüde. Hausmannskost mundet
eben doch besser als ein missglücktes 5 Sterne-Menü. Oder auf
Fußball-Deutsch: Form schlägt Klasse.
Besonderer Klasse bedurften die Tortillabrater gestern
abend nicht einmal, um den Vizeweltmeister an den Rand des Turnieraus
zu bringen. Phlegmatisch, satt, lauffaul, unaufmerksam und vor allem
vollständig konzeptlos ergaben sich die Froschfresser in ihre
Niederlage. Das Vorrundenaus käme nur zu Recht. Eigentlich
hätten sie sowieso nicht dabei sein dürfen und niemand wird
mir widersprechen wenn ich behaupte, die Iren hätten gestern abend
mit Sicherheit mehr Kampfgeist gegen Mexiko gezeigt. Die
Mittelamerikaner haben wieder einmal eine gelungene Mischung aus jungen
und erfahrenen Spielern zu einer Mannschaft geformt, die nicht nur
kämpfen, sondern auch spielen kann. Es hat Spaß gemacht,
ihnen zuzuschauen. Frankreich dagegen befindet sich momentan offenbar
in einer Situation wie Deutschland 2000 unter Erich Ribbeck. Es wird
Jahre dauern, bis sie aus diesem Loch wieder herauskommen.
Mit den Siegen von Uruguay und Chile haben zwei weitere
Mannschaften aufhorchen lassen, die zumindest im Achtelfinale eine
echte Renaissance des lateinamerikanischen Fußballs
ermöglichen könnten. Einsatz und Technik waren schon immer
vorhanden, aber mit der Erfahrung aus den europäischen
Spitzenligen kommt jetzt auch bei einigen Spielern die Klasse hinzu,
die die Ländermannschaften zum (Teil-)Erfolg führen kann.
Damit wurden die Spiele auch für den neutralen Zuschauer
ansehnlicher – das Gegurke der meisten ersten Begegnungen wurde
nun zumindest phasenweise von Laufbereitschaft und einigen schönen
Spielzügen abgelöst. Gut so!
Zum Schluss noch ein Wort zu König Otto: Ich traute
meinen Augen kaum als ich sah, wie seine Griechen plötzlich zum
Angriff gegen offenbar ebenfalls überraschte Nigerianer
übergingen. Selten wurde ein Spiel durch einen Platzverweis
dermaßen gedreht. Otto hat vorerst seinen Kopf aus der Schlinge
gezogen, die ihm die griechische Presse schon umgelegt hatte. Um die
Nachhaltigkeit des Erfolgs muss man sich aber Sorgen machen. Ein
Punktgewinn gegen Argentinien? – Kaum vorstellbar. Den
fleißigen Südkoreandern dagegen ist gegen die
enttäuschten und enttäuschenden Nigerianer durchaus ein Sieg
zuzutrauen. Und damit wäre Otto draußen.
Im Tippspiel verteidigt Marian erfolgreich seine
Tabellenführung, aber der Hebbelkickernachwuchs bleibt ihm auf den
Fersen. Erwähnt werden muss, dass allein das HOVAG-Projekt den
Schweizern einen Sieg gegen den Europameister zutraute –
allerdings nicht die Antragsteller, sondern der wissenschaftliche
Nachwuchs in Form von Kirstin und Axel. Ich ziehe meine Narrenkappe vor
so viel Sachverstand!
Banana, Banana!
Robert
WM-Report vom 16.06.2010
Tröööööööööööt!
Die Uweseelers nerven uns immer noch. Nicht einmal die
brasilianischen Fans haben es geschafft, diesen Insektenschwarm zu
übertönen. Mitunter dachte ich schon an den Einsatz von DDT,
habe das aber doch wieder verworfen. Sollen sich die Stadionbesucher
doch weiterhin das Hirn aus der Birne blasen, ich ignoriere das
großmütig, kapiere aber immer noch nicht den Sinn dieser
Tröterei. Die Fußball-WM ist doch angeblich das Fest der
weltumspannenden Verständigung – aber bei diesem Lärm
versteht man nicht mal das eigene Wort. Na ja, bei manchem
Fernsehkommentator ist das vielleicht ganz gut so.
Viel Gutes zu berichten haben die Herren am Mikrofon ja sowieso
nicht. Ein Gurkenspiel reiht sich an das andere, als Topspiele
apostrophierte Begegnungen geraten zum Langweiler, die Begegnungen
zweier Außenseiter zum Schlafmittel-Ersatz. Sommerfußball
von der schlimmsten Sorte, und das mitten im südafrikanischen
Winter! Beispiele gefällig? Das Spiel von Danbo gegen Gouda war
echt Käse. Wenn jetzt sogar schon die Holländer so spielen
wie früher die Deutschen (zum Glück auch umgekehrt! :-), wo
soll das bloß hinführen? Ohne das unglückliche
Eigentor der Nordländer würden unsere
Lieblings-Fußball-Nachbarn noch heute das Loch im dänischen
Käsebollwerk suchen – vermutlich erfolglos. Mit konsequentem
Forechecking kann man die Oranjes zur Verzweiflung treiben, eine Lehre,
die alle künftigen Gegner gezogen haben dürften. Vielleicht
läuft es besser, wenn Robben dabei ist – wir werden sehen.
Das Nachmittagsspiel Japan-Kamerun war dann der vorläufige
Tiefpunkt dieser so Höhepunkt-armen WM. Die Japaner können
eigentlich gar nichts und die "unbezähmbaren Löwen" waren
zahn- und harmlos. Das ganze Spiel war von Anfang bis Ende
kläglich und qualvoll für jeden Zuschauer. Da wünscht
man sich gelegentlich wieder eine Verkleinerung des WM-Turniers, damit
man ein solches Gegurke nicht sehen muss. Und komme mir jetzt keiner
mit "selber Schuld, warum schaltest Du nicht ab?". Solche blöden
Einwürfe sind kein Argument, schliesslich ist Weltmeisterschaft
und alles muss weggeguckt werden! Jawohl!
Am Abend kam dann der Weltmeister. Auch dieses Spiel war
nicht wirklich gut, es war wie so viele mit italienischer Beteiligung
phasenweise statisch und wenig inspiriert. Aber der neutrale Beobachter
muss anerkennen, dass Italien spielerisch doch überlegen war, dass
die Papagaios ihre einzige Möglichkeit konsequent nutzten und
sonst nur wenig Konstruktives zustande brachten, und dass die Italiener
nach dem Rückstand tatsächlich um den Ausgleich
kämpften. Ein typisch italienisches Auftaktspiel also, aber die
Azzuri werden dennoch zufrieden sein. Fazit: Dem noch amtierenden
Weltmeister fällt es vielleicht schwer, aus eigener
Spielinitiative seine Spiele zu gewinnen, aber die Italiener werden
auch schwer zu schlagen sein. Also alles wie gehabt.
Dienstag ging es mit der Gurkerei weiter. Okay,
Neuseeland-Slowakei war auch nicht gerade das Topspiel, aber ich hatte
von den Slowaken doch mehr erwartet gegen diesen bemühten, aber
technisch arg limitierten Gegner. Das Gesicht des slowakischen Trainer
nach dem Ausgleich der Kiwis in der Nachspielzeit sprach Bände: Er
hatte den 1:0-Sieg fest eingeplant. Ich übrigens auch :-(
Mit Hoffnung auf technische anspruchsvollen
Angriffsfußball saß ich dann am Nachmittag vor der Wand mit
dem Beamerbild und wurde bitter enttäuscht. Der portugiesische
Testosteron-Cowboy Ronaldo knallte den Ball nach einer knappen
Viertelstunde an den Pfosten und verabschiedete sich dann aus dem
Spiel, die Ivorer wollten vielleicht sogar gewinnen, aber richtig
zielorientiert wirkte ihr Auftritt nicht. Wenn schon mal jemand in die
Gasse läuft, dann muss er auch den Ball zugespielt bekommen
– hat denn keiner der Sportugiesen und Ivorer das Spiel der
deutschen Mannschaft gesehen? Es klingt schon seltsam, wenn man
hochbezahlten Stars diese Grundregeln erklären muss. Richtig
erschreckend war auch, wie viele Pässe einfach schlampig gespielt
wurden, wieviele Bälle anscheinend grundlos versprangen und wie
immer wieder planlos der Weg durch die Mitte gesucht wurde. Spiel
über die Außen? Fehlanzeige! Vor allem den Ivorern hatte ich
mehr zugetraut. Na ja, vielleicht wird's noch...
Im Abendspiel gab's dann immerhin einige ganz große
Kinomomente. Ein vor Glück heulender Nordkoreander beim Abspielen
der Nationalhymne, ein tolles Tor aus allerspitzestem Winkel durch
Maicon, ein durch schönen Pass in die Gasse eingeleitetes 2:0 und
staunende Brasilander beim Gegentor in vorletzter Minute – das
war insgesamt schon mehr Unterhaltung als bei beiden Nachmittagsspielen
zusammen. Dazwischen gab's allerdings vom fünffachen Weltmeister
auch viel einfallsloses Ballgeschiebe. Rasenschach vor dem Strafraum
des Gegner, immer mal wieder ein reingespitzelter Ball, aber keine
echten Torchancen außer durch Weitschüsse. Eine Betonabwehr
kann man am besten durch schnelles Kombinationsspiel knacken,
möglichst über die Flügel. Aber dafür muss man
laufen, und das wollten sich die Brasilianer wohl ersparen. Es reichte
am Ende auch so und wir wollen mal annehmen, dass es um ihre Motivation
gegen Sportugal und die Elfenbeinküste besser bestellt sein wird.
Den großen Mitfavoriten um den Weltpokal haben wir gestern
jedenfalls noch nicht gesehen.
In unserem Tippspiel hat sich der
Hebbelkicker-Fußballsachverstand jetzt an die Spitze gesetzt.
Vier Hebbelkicker in den Top-10, dazu noch vier mal Nachwuchs bzw.
Anhang – das sieht schon ganz gut aus! Mit meiner eigenen
Position in der Tabelle kann ich als amtierender (Mit-)Europameister
natürlich nicht zufrieden sein. An meinen Tipps liegt das
allerdings weniger, die sind völlig o.k. Nur die Spielergebnisse
sind leider oft falsch...
Banana, Banana!
Robert
WM-Gärtner Zulu aus dem deutschen Hauptquartier
Teil 3 (Mittwoch, 16. Juni 2010)
Am Montag früh kehrten unsere deutschen WM-Helden nach ihrem
grandiosen Sieg gegen Australien aus Durban zurück. Unser dicker
weißer Chef hat es sich nicht nehmen lassen, alle persönlich
am Eingangstor zum Hotel-Gelände zu begrüßen. Das war
wieder mal ziemlich peinlich. Es gab schwere Marschmusik und er kroch
erstmal in den DFB-Bus rein. Jeder, der sich nicht wehren konnte,
wurde von dem schwitzenden Fleischberg fies umarmt und abgeknutscht
– mit Ausnahme von Bruder Cacau, Bruder Boateng und Bruder Aogo.
Dann sprach er gegenüber Master Jogi in Endlosschleife vom
„Wonderful Blitzkrieg“ der „Fucking young
Krauts“. Dabei grinste er breit über alle Backen und haute
dem Trainer immer wieder aufs schmale Kreuz. Master Jogi wurde schon
ganz blass im Gesicht. Deshalb war Big Master Zwanziger kurz davor, die
kräftigen Boys von der Security zu holen, um den aufdringlichen
Kerl entfernen zu lassen. Aber dann hatte unser dicker weißer
Chef wohl ein Einsehen und so konnten die müden Krieger nach etwa
einer Stunde endlich aus dem Bus klettern. Es waren zum Glück alle
mit dabei. Keiner ist unterwegs im Dunkeln verloren gegangen. Das ist
bei uns in Südafrika durchaus keine Selbstverständlichkeit.
Am Dienstag wurde erstmal ausgeschlafen und relaxt. Da konnten wir
Hotelangestellte es endlich auch mal ruhig angehen lassen. Ich habe
mich offiziell zum Rosen schneiden abgemeldet und mich inoffiziell in
die Büsche neben dem Trainingsplatz zum Nickerchen verabschiedet.
Leider wurde ich dann kurze Zeit später von Master
„Rudolf“ Schweinsteiger geweckt, der seine einsamen Runden
um den Platz drehte. Wegen der vielen Fouls am Vorabend war der
eigentlich von Medizinmann „Winnetou“ Müller-Wohlfarth
vom Sport- und Außendienst befreit worden. Master
„Rudolf“ hat sich aber in kurzer Zeit vom „Kumpel
Schweini“ zum absoluten Super-Streber entwickelt. Darüber
hat sich Master Poldi schon mehrfach bei mir ausgeweint. Jetzt musste
ich sogar meinen Gesundheitsschlaf unterbrechen, um für ihn
seine Runden zu zählen, während die Mannschaftskollegen noch
süß in den Hotelbetten schlummerten. Die spinnen wirklich,
die Deutschen – einige jedenfalls.
Die Tage nach dem Spiel waren dann doch leider ziemlich hektisch. Immer
wieder trabte Uwe Seeler bei der Hotelrezeption an, um sich bei Big
Master Zwanziger wegen der Aberkennung seines
Ehrenspielführertitels zu beschweren. Der ließ sich aber von
uns verleugnen. Offiziell verlautbarte der DFB dann über
Presse-Master Stenger „Wir kennen keinen Vuvu Zela“. Das
nenne ich konsequente Öffentlichkeitsarbeit. Die stand bei mir
auch im Mittelpunkt statt Gartenarbeit. Ich musste hunderte von
ausländischen Journalisten draußen am Hotelzaun mit falschen
Informationen aus dem DFB-Lager versorgen. Wir befinden uns
schließlich im Krieg. Das meinte jedenfalls unser dicker
weißer Chef. Ich habe denen dann gesagt, dass sich die Australier
vor dem Spiel einen bösen Zauber gefangen hätten und die
Deutschen eigentlich gar nicht so stark seien. Außerdem
wären nach dem brutalen Kick so gut wie alle Spieler verletzt.
Master Jogi hätte sogar schon Master Kevin in seinem russischen
Exil angerufen, damit er sich bereit hielte. Keine Ahnung, ob die mir
diesen Unsinn abgenommen haben. Dann gab es aber doch noch Ärger
im deutschen Lager wegen eines Presseartikels. Im Sportteil der
komischen „FAZ“ stand am heutigen Mittwoch in fetten
Buchstaben „Özil ist unser Messi“. Der sonst eher
ruhige Master Özil ist danach völlig ausgerastet, weil er
meinte, dass irgendein Mannschaftskamerad ihn verpetzt hätte. Dann
rief er in die Mannschaftsrunde mit roter Birne: „Ich räume
mein Zimmer immer auf! Bei mir gibt’s keine Müllberge! Guckt
mal in Poldis Bude rein! Da liegen seine stinkenden Sportsocken mitten
in den Kartoffelchips – einfach widerlich!“ Danach wurde es
munter und es gab eine wüste Keilerei zwischen den beiden
Streithähnen. Master Poldi machte einen auf Kung Fu und
brüllte „Scheiß-Türke“. Master Özil
wehrte sich mit türkischer Ringertechnik nach Kräften und
brüllte „Scheiß-Pole“ zurück. Beide waren
also in etwa so aktiv wie neulich auf dem Fußballplatz in Durban.
Es ist schön, wenn Multikulti letztlich so gut funktioniert
– fast so gut wie bei uns in Südafrika. Der Unterschied ist
nur, dass bei uns noch die Löwen, Krokodile und Kaffernbüffel
ordentlich mitmischen.
Harmonie ist eben alles. Das meinte auch Big Master Zwanziger nach
diesem kleinen Zwischenfall heute zu mir. Er will jetzt doch den
Vertrag mit Master Jogi um zwanzig Jahre – nomen est omen –
verlängern. Er hätte ihn deswegen schon mehrfach angesprochen
und wäre sogar vor ihm auf die Knie gegangen – leider ohne
jeden Erfolg. Jetzt soll ich Medizinmann Tsonga Tsonga aktivieren,
damit er Master Jogi irgendwas in den Tee rührt. Mal sehen, was
ich machen kann. Manchmal ist Gärtner wirklich ein schwieriger
Beruf.
Euer WM-Gärtner Benjamin Zulu
WM-Report vom 14.06.2010
Tröööööööööööööt!
Es ist nicht zu überhören: Die WM ist eröffnet.
Hummelschwärme von Uweseelers sind über die Zuschauer in den
Stadien und vor den Fernsehern hergefallen, Fangesänge werden
konsequent weggetrötet, die Fernsehzuschauer sind genervt, Theo
Fuffziger stellt sich taub, die Ohrenärzte freuen sich. Insgesamt
ist das ein großartiger PR-Coup, denn kritsche Nebenthemen wie
Kriminalität, halbleere Stadien und Verkehrs-Chaos finden keinen
Platz in den Medien und Depp Blatter kann seine afrikanische WM
problemlos genießen. Hut ab, auf die Idee mit den Uweseelers muss
man erst mal kommen...
Apropos Ideen: Das ist ja wohl bisher das Top-Thema dieser WM. Mit
der Verteilung hapert es nämlich ganz gewaltig und nur wenige
Mannschaften haben ordentlich was abbekommen. Das deutsche Team darf
sich nicht beschweren: Dort lief der Ball so flott durch die eigenen
Reihen, dass es eine Freude war. Früher war das nicht anders, aber
leider nur in der eigenen Hälfte: Rückpass, Querpass,
Vorwärtspass, Querpass, Rückpass usw.... Jetzt liegt die
Betonung auf "Vorwärtsspass" (korrekt nur mit 4 "s"!). Keine
Mannschaft liess Ball und Gegner so gut laufen wie die deutsche und nur
der beim Torschuss glücklose, aber ansonsten geniale Özil und
der Chancentod Klose (mindestens drei 100%ige versiebt!) verhinderten
ein zweistelliges Debakel für die tapferen, aber chancenlosen
Aussies. Weiter so, Jungs!
Andere Mitfavoriten taten sich deutlich schwerer. Argentinien lebt
allein von Messi, seinem schnellen Antritt und seinen Ideen. Solange
der Mario Adorf auf der argentinischen Bank seinem Superstar alle
Freiheiten lässt, können die Gauchos vielleicht erfolgreich
sein. Aber wenn Messi mal vom Gegner ausgeschaltet wird (geht das?
Keine Ahnung, wir werden sehen!), dürften die Argentinier
ähnliche Probleme bekommen wie so viele andere Mannschaften auch,
z.B.: Frankreich und England. Meine Güte, was war das für ein
gequälter Altherrenkick vom Vizeweltmeister! Die hätten bis
Mitternacht weiterspielen können, ohne Torerfolg allerdings. Die
Limies dagegen begannen immerhin druckvoll und auch erfolgreich,
liessen sich dann aber von den bekannt kampfstarken Amis die
Spielinitiative abnehmen und agierten planlos und träge. Andere
Mannschaften würden dann das 1:0 wenigstens über die Zeit
bringen, aber so etwas verhindert bei Albion natürlich der
unvermeidliche Traumahüter, egal ob er nun David Seaman, Calamity
James, oder Robert Greenhorn heisst. Die Süddeutsche Zeitung
schlug schon vor, die Engländer sollten sich doch mal auf
deutschen Ersatzbänken und in der 2. Liga umschauen: Spieler wie
Dennis Islehoff, Gerry Tremmel, Mark Proll oder Matthew Hain
könnten doch vielleicht das Problem beheben... Einer von den
Genannten darf dann an die Algerier weitergereicht werden, die ihre
Niederlage dem geistigen Bruder von Robert Greenhorn verdanken, und
natürlich der Dämlichkeit von Abdelkader Ghezzal, der als
Einwechselspieler zwar einen präzisen Haarschnitt aber wenig
Regelkenntnis ins Spiel brachte und innerhalb einer Viertelstunde mit
zwei Gelben Karten gleich wieder in der Kabine verschwand. Ein weiterer
Kandidat für den Trottelpreis ist der Serbe Kuzmanovic, dessen
blödsinniges Handspiel kurz vor Schluss den tapfer kämpfenden
und besser spielenden Ghanaern den Sieg und mich um 3 Punkte brachte.
Ärgerlich!
Gibt's noch was zu sagen zu den ersten Spielen? Man sollte die
südkoreanischen Nähmaschinen nicht unterschätzen, nun
wissen es auch Otto und seine Altherrenriege. Griechenland ist
abgebrannt -- das gilt auch für Ottos Zeit in der Ägäis.
Er sollte sich ganz auf seine Rolle als Denkmal konzentrieren, auf dem
Sockel stehen und genießen, den griechischen Fußball aber
lieber jemand anderem überlassen. Und wie war das
Eröffnungsspiel? Laut, vor allem laut. Das Unentschieden dank
eines tollen Tores von Schalalalalala (oder so ähnlich) war
für Südafrika etwas glücklich, aber gut für das
Turnier.
Im Tippspiel hat sich der Experte aus Australien vorerst an die
Spitze gesetzt, aber das Verfolgerfeld ist noch dicht. Mal sehen, wie
es nach dem ersten Nachmittagsspiel aussieht -- momentan sind die
Pølser noch heiss...
Banana, Banana!
Robert
WM-Gärtner Zulu aus dem deutschen Hauptquartier
Teil 2 (Montag, 14. Juni 2010)
Das WM-Fieber hat jetzt endlich auch unseren trüben Hotel-Schuppen
„in the middle of nowhere“ erfasst. Bis Ende letzter Woche
wurde ja noch an allen Ecken und Enden gewerkelt und geschraubt. Da
hatten wir gar keine Zeit für – Stress pur! Auf den letzten
Drücker musste ich auf Wunsch der Deutschen noch ein Billy-Regal
für die Attrappe des WM-Pokals zusammenzimmern und den Rollrasen
auf den trüben Trainingsacker hinter den Wellblechgaragen
ausbringen – und das ganz alleine! Na ja – so ganz solo war
ich bei der Plackerei denn doch nicht. Wir hatten als Sonderservice
für unsere deutschen Freunde Medizinmann Tsonga Tsonga aus dem
Nachbardorf für kleines Geld engagiert. Der hat vor jedem der
beiden Tore schnell noch fünf Hühnerköpfe und drei
Affenschwänze vergraben. Das soll angeblich Glück bringen und
der deutschen Abwehr die nötige Stabilität fürs
WM-Turnier verleihen. Ob das was bringt? Keine Ahnung, jedenfalls stank
das Zeugs erstmal wie die Pest. Unser dicker weißer Chef hat sich
beinahe übergeben. Und das will schon was heißen. Der alte
Rassist ist beileibe kein Weichei.
Nach dem Eintreffen der Deutschen am letzten Montag hat sich das Leben
bei uns doch so einigermaßen eingespielt. Zuerst gab es noch
etwas Meckerei wegen der kalten Duschen auf den Zimmern und wegen ein
paar verstopfter Klos. Besonders Master Klose hat darunter gelitten.
Der trug ja selbst eine schwere innere Verstopfung mit sich herum. Wir
sagen bei uns immer: Das Leben ist wie Löwenschiss – alles
muss raus. Kein Wunder, dass Master Klose nicht mal mehr ein
Scheunentor treffen konnte. Beim ersten Training am Dienstag musste ich
deshalb mit Hilfe von ein paar Dachlatten sogar ein Spezialtor für
ihn bauen. Das war einen Meter höher und zwei Meter breiter als
normal. Nach zehn Fehlschüssen hat er das dann endlich mal
getroffen. Master Jogi ist ein Stein vom Herzen gefallen. Er meinte
dann, wenn das jetzt noch mit der Verdauung bei ihm klappen würde,
dann wäre er wieder ganz der Alte. Da habe ich dann zur
Sicherheit, diesmal auf DFB-Kosten, Bruder Tsonga Tsonga zum zweiten
Mal gebucht. Der hat Master Klose dann einen Tee aus marinierten
Heuschrecken und gesalzenen Leopardenmilben verabreicht. Das war ein
furchtbarer Anblick. Master Klose ist ganz grün geworden im
Gesicht. Er sah danach noch viel trauriger aus als sonst schon. Einen
Tag später konnte er aber schon wieder etwas sprechen. Bis zum
ersten Salto wird es wohl noch ein wenig dauern.
Ansonsten verstehe ich mich wirklich gut mit den Jungs, am besten
natürlich mit Bruder Cacau, Bruder Boateng und Bruder Aogo. Die
anderen ziehen uns manchmal auf und rufen „Wer hat Angst
vor’m schwarzen Mann?“. Da stehen wir aber voll
drüber. Dafür haben sich die meisten Weißen schon einen
fetten Sonnenbrand eingefangen. Master Schweinsteiger rennt jetzt mit
’ner knallroten Nase herum. Wir Schwarzen haben ihn deshalb
„Rudolf“ getauft. Das bringt ihn ziemlich auf die Palme.
Und davon stehen hier eine ganze Menge herum. Auch Master Wiese ist
meistens stinkig drauf. Der wollte im Flieger letzte Woche die dralle
Shakira anbaggern. Das ist aber ziemlich in die Hose gegangen. Sie hat
ihn brutal abblitzen lassen und ihm am Ende noch gesteckt, dass sie
Neuer und Butt nicht nur im Tor viel besser findet. Jetzt schmollt er
erstmal und telefoniert stundenlang mit Alt-Master Kahn. Am Freitag war
dann erstmal Ruhe angesagt. Der deutsche Tross verabschiedete sich
für ein paar Tage nach Durban zum ersten Gruppenspiel. Da war dann
bei der Abreise wieder unser voller Einsatz gefordert. Das ganze
Hotelpersonal musste sich am Hoteltor versammeln und „Muss i denn
zum Städtele hinaus“ auf der Vuvuzela blasen. Das war gar
nicht so einfach. Es klang eher wie ein Rudel rülpsender
Kaffernbüffel in der Brunftzeit. Big DFB-Master Zwanziger hat
davon leider einen Hörsturz bekommen und wurde gleich zu
Medizinmann Müller-Wohlfahrth auf Station gebracht. Der musste ihm
mehrfach die Hörmuschel durchspülen und entkalken. Der Big
Master fragte uns dann hinterher, wie die Scheiß-Dinger
eigentlich heißen. Wir haben ihm laut und deutlich
„Vuvuzela“ gesagt, aber er hat wohl leider wieder nur
Uwe Seeler verstanden. Jetzt will er Alt-Master Seeler deswegen
angeblich den Ehrenspielführertitel wieder aberkennen lassen.
Manchmal spinnen die Deutschen wirklich. Zum Glück wurde es nach
deren Abreise etwas ruhiger. Nachmittags haben wir dann alle zusammen
in der Hotel-Lobby das Eröffnungsspiel unserer Bafana Bafana gegen
Mexiko geguckt. Davon haben wir dem dicken weißen Chef aber
nichts erzählt. Beim ersten Tor haben wir aber so viel Lärm
gemacht, dass der große Kronleuchter von der Decke fiel. Das
kommt davon, wenn man Billigdübel verwendet. Es gab dann wieder
mal viel Ärger und anschließend Strafarbeit für alle.
Kein Wunder, dass deshalb noch der Ausgleich fiel. Ich glaube nicht an
Zufälle. Wahrscheinlich sollten wir beim nächsten Mal gleich
Bruder Tsonga Tsonga holen.
Gestern Abend hatte unser dicker weißer Chef aber schon wieder
bessere Laune. Deshalb durften wir uns das erste deutsche Spiel gegen
Australien angucken. Wir haben sie alle auf dem Bildschirm wieder
erkannt: Master Jogi, Master Bierhoff, Master Poldi, Master Klose und
den Rest der DFB-Truppe. Ich muss sagen, Bruder Tsonga Tsonga hat
wirklich ganze Arbeit geleistet. Die Abwehr stand fast wie ’ne
Eins und Master Klose hat nach einigen Fehlversuchen – wie auch
immer – endlich das Scheunentor getroffen. Am meisten hab’
ich mich natürlich für Bruder Cacau gefreut. Und Master
„Rudolf“ hat ordentlich eins auf die Socken bekommen
– geschieht ihm ganz recht. 4:0 – das war wirklich ein
perfekter Fußball-Abend! So kann es eigentlich weiter gehen.
Euer WM-Gärtner Benjamin Zulu
WM-Gärtner Zulu aus dem deutschen Hauptquartier
Teil 1 (Dienstag, 8. Juni 2010)
Mein Name ist Zulu – genauer
gesagt Benjamin Zulu. Ich bin Südafrikaner und Gärtner,
beides mit Leidenschaft. Na ja, ein wenig deutsch bin ich auch. Vor
’zig Jahren hab’ ich mal an der „Dessauer Hochschule
für angewandte sozialistische Gärtnereitechnik“
studiert und nebenbei in Nebentätigkeit den Wörlitzer Park
auf Vordermann gebracht. Damals war ich wohl der erste offizielle
Schwarzarbeiter in der DDR. Ziemlich blöde Sprüche musste ich
mir damals anhören. Irgendwann hatte ich davon dann die Schnauze
voll. Erstaunliche Feststellungen „He, Bimbo – du
schwarz!“ beantwortete ich damals immer mit „Danke Boana,
ich weiß!“. Noch vor der Wende bin ich wieder in meine
Heimat nach Südafrika abgehauen.
Aber auch hier bei uns hat sich ’ne Menge getan. Unsere Politiker
sind jetzt fast alle schwarz – so wie ich. Aber das mit dem
Wohlstand für alle wird wohl noch ein ganzes Weilchen dauern. Das
ist so ähnlich wie bei euch mit dem dicken Kohl. Der hatte doch
allen blühende Landschaften versprochen. Ich nehme an, dass der
auch in Dessau Gartenbau studiert hat. Bei uns gibt es wie bei euch
ziemlich viele Ossis, obwohl die nicht so heißen. Die leben auch
nicht alle im Osten, sondern überall im Lande verstreut in unseren
Townships. Das sind allerdings keine Traumschiffe für
Städtereisen wie die „M.S. Deutschland“, sondern
ziemlich viele bunte Bretterbuden. Ich wohne auch in so einer. Meine
habe ich übrigens passend zur WM in schwarz-rot-gold gestrichen.
Morgens fahre ich immer mit dem Bus 20 Kilometer zur Arbeit, denn seit
einem Jahr bin ich Gärtner im Hotel „Velmore Grande“
bei Pretoria. Wir haben nämlich die WM nach Afrika bekommen. Und
meine Arbeitsstätte ist das Mannschaftsquartier der Deutschen. Und
da ich so gut deutsch kann, werde ich nebenbei noch als Dolmetscher,
Reiseleiter und Mädchen für alles eingesetzt. In Deutschland
würde man dazu „Neger“ sagen. Diese Bezeichnung hilft
bei uns aber nicht wirklich weiter. Man muss halt sehen, wie man
über die Runden kommt. Der Kunde ist schließlich König.
Schade übrigens, dass der Kaiser nicht mehr Teamchef bei euch ist.
Den hätte ich gerne über unseren Golfplatz geführt.
Meine Aufgabe ist auch das Sichten der deutschen Pressemeldungen
über unseren vermeintlichen Nobel-Schuppen. Gestern hat sich unser
Chef, ein ziemlich dicker Weißer, furchtbar über eure
„FAZ“ aufgeregt. Die Überschrift lautete dort
„Mit dem Charme eines Luftschutzbunkers“. Darunter stand
dann ebenfalls in fetten Lettern „Außen kitschig, innen
düster: Das „Velmore“ ist vermutlich das ungastlichste
Hotel, das sich der DFB aussuchen konnte“. Mann, hat unser Chef
vielleicht geflucht. Gerade hatte er doch die nachträgliche
Baugenehmigung und die Betriebserlaubnis für’n paar
gefälschte Diamantenklunker bei den Behörden erschlichen. Und
nun so was. Na ja – so richtig prickelnd sieht das noch nicht bei
uns aus. Irgendwann während der Bauphase ist dem Chef das Geld
ausgegangen und wir mussten dann immer mit dem Landrover zum
nächsten Baumarkt in Pretoria, um neues Material zu holen. Das
haben wir aber von anderen Baustellen abgezweigt und das Geld für
uns eingesackt. Manchmal hat sich der Chef schon gewundert, was wir
alles so angeschleppt haben. Aber es wurde alles tapfer verbaut. So
sieht die Hütte jetzt von außen betrachtet aus wie eine
Kombination aus Schwarzwaldklinik und Alhambra. Innen ist es wirklich
so dunkel wie meine Haut und wirkt in etwa so einladend wie
Führers Bunker Wolfsschanze im tiefsten Winter. Vielleicht hat
sich unser dicker Chef davon inspirieren lassen. Auf Adolf Hitler
lässt der nämlich nichts kommen. Ich musste ihn erstmal
aufklären, dass er beim Eintreffen der Deutschen gestern nicht
seine Hakenkreuzfahne hisst. Der hatte nämlich gar nicht
mitbekommen, dass sie bei euch wieder schwarz-rot-gold eingeführt
haben. Damit konnte er aber nichts anfangen. Das ist für ihn alles
Kommunismus. Wir haben uns dann auf die Bayern-Flagge vom letzten
Oktoberfest geeinigt und den Defiliermarsch vom Band eingespielt. Das
hat Master Jogi und Master Bierhoff übrigens schwer
beeindruckt.
Ja – gestern sind wirklich alle DFB-Deutschen bei uns angekommen.
Das ganze Personal war mit Kind und Kegel anwesend. Wir mussten dann
einen auf Buschneger machen, wegen der Folklore oder so. Die Deutschen
waren übrigens etwas überrascht, wie abgelegen das hier ist.
Nebenan in 15 Kilometer Entfernung ist nur noch ein stinkender Fluss
und ’ne schäbige Käsefabrik. Ringsherum ist dann aber
erstmal gar nichts bis auf ein paar Autowracks, jede Menge
Rinderskelette und dutzende von Müllbergen. Absolutes
touristisches Highlight ist im nächsten Dorf nur noch der
wöchentliche Altkleidermarkt. Das ist so was wie der Polenmarkt
bei euch. Insofern müssten sich eure Kicker Master Poldi, Master
Klose und Master Trochowski doch fast wie zu Hause fühlen. Ich
habe übrigens vom dicken Chef den Sonderauftrag bekommen, unseren
Gästen jeden Wunsch von den Lippen abzulesen, bloß damit die
den Preis wegen der tausend Baumängel nicht drücken. Master
Bierhoff rannte gestern Abend schon mit der Handykamera ’rum und
hat alle Türen ohne Drücker und den Schimmel in den Duschen
fotografiert. Ich glaube, das wird noch richtig lustig in den
nächsten Wochen. Aber wenn die am Ende Weltmeister werden, ist
doch eigentlich alles ziemlich bafana bafana, oder?
Euer WM-Gärtner Benjamin Zulu
Prolog vom Kanal zur WM 2010
Ich hatte eine WM in Afrika
Nun
geht es endlich wieder los. In genau einer Woche ist die schrecklich
lange WM-lose Zeit zu Ende. Am 11. Juni 2010 trifft Gastgeber Südafrika
um exakt 16:00 Uhr im Eröffnungsspiel auf Mexiko. Am 11. Juli 2010
findet um 20:30 Uhr das Finale statt. Danach wissen wir, wer neuer
Weltmeister ist. Dazwischen liegen für die Teilnehmer der diesjährigen
Tipprunde unzählige Spiele, die wir sicherlich gebannt verfolgen
werden. Spielkultur und Kabinettstückchen zählen dann nur am Rande.
Wichtig ist nur das richtige Tipp-Ergebnis. Das bringt uns dem Kern
dieser Sportart einen wesentlichen Schritt näher. Beim Tippen hat jeder
seine Chance. Aber leider sind schon oft Hoffnungen auf das richtige
Ergebnis in den langen Minuten der Nachspielzeit jäh zerplatzt. Mit
diesen Enttäuschungen muss man als WM-Tipper wohl leben. Da nützt auch
keine noch so ausgefeilte Vorbereitung via Datenbanken, Internet,
Kicker-Sonderheft oder Spielerberater. Aber vielleicht helfen Euch
meine nachfolgenden Betrachtungen, den WM-Nebel der Ungewissheit etwas
zu lüften.
Mit den legendären Worten „Ich hatte eine WM in
Afrika“ beginnt der Fußballromancier J. Blatter seinen jüngsten
Weltbestseller „Jenseits von Adidas“. Er versetzt uns mit seinem
Spätwerk in eine für uns fremde und exotische Welt. Kleine Jungs kicken
auf harter roter Erde mit runden Stoffballen umher, während im
Hintergrund stolze Mütter mit jeweils 6-8 Kindern an der Hand dem
munteren Treiben ihrer Sprösslinge unter einem Schatten spendenden
Affenbrotbaum zuschauen. Jeder hat so seine Vorstellungen vom Fußball
auf dem „Schwarzen Kontinent“. Einige denken sicherlich an die WM 1990,
als Kameruns Löwen mit Roger Milla an der Spitze die Engländer im
Viertelfinale um ein Haar aus dem Turnier tanzten. Oder vier Jahre
später in Amerika, als Nigerias Muskelprotze im Achtelfinale fast die
Italiener zerlegten und äußerst unglücklich durch ein spätes Baggio-Tor
ausschieden. Ich denke dann natürlich immer noch an dieses Traumtor von
J.J. Okocha in der Bundesliga für Eintracht Frankfurt, als der
Nigerianer hinter einander erst gefühlte neun Gegenspieler, dann den
Schiedsrichter, anschließend die Eckfahne und abschließend den Torwart
schwindelig spielte. Auch die Damenwelt ist ganz verzückt, wenn
Chelseas Didier Drogba beim Torjubel sein Trikot lüftet und der Ivorer
seinen schwarzen Sixpack präsentiert. Jetzt wurde auch noch bekannt,
dass Nelson Mandela mit seinen alten Kämpfern jahrelang in der ersten
afrikanischen Gefangenenliga auf Robben Island erfolgreich gekickt hat.
Afrika und Fußball – das passt anscheinend richtig gut zusammen.
Trotzdem
sitze ich hier im hohen Norden und schreibe diese Zeilen für unser
WM-Tippspiel. Warum zog es mich nicht in den Süden Afrikas? Hatte ich
Angst vor dem langen Flug wie Paolo Guerrero? Oder wollte ich den
nordischen Sommer nicht mit dem afrikanischen Winter tauschen? Oder
wollte ich nicht irgendwo in Johannesburg von einer Straßengang
ausgeraubt werden? Oder war ich einfach nur zu geizig, um 10.000 Euro
für ein bis zwei WM-Wochen auszugeben? Es gibt viele gute Gründe, auch
mal etwas nicht zu tun. Der wahre Fußball-Fan wird das nicht verstehen.
Und ich verstehe auch nicht immer, was Fußball-Fans so alles treiben.
Aber muss man denn immer alles verstehen?
Ich weiß nicht, ob mir
dieser Einstieg in den WM-Prolog sonderlich gelungen ist. Vielleicht
ist es auch ein wenig Ratlosigkeit, die mich befallen hat, ob das mit
der WM diesmal alles so klappen wird. Sicherlich: Die Stadien sind
rechtzeitig fertig geworden, aber trauen wir den Afrikanern auch so ein
zünftiges Sommermärchen wie 2006 bei uns zu? Von der Begeisterung her
hätte ich sicherlich keine Bedenken. Mit der langen Plastiktröte, die
es seit Monaten an jeder Tankstelle bei uns zu kaufen gibt, haben die
Südafrikaner ja schon einen echten Exportknüller erfunden. Vermutlich
wurde der Versand dieser Höllenteile vom Verband der Ohrenärzte und
Hörgeräteakustiker gesponsort. Mit Hilfe dieser Tröten wird jedes noch
so miese Nullzunullspiel zu einem echten Klang-Ereignis werden. Das ist
doch zumindest schon einmal ein guter Anfang. Wir tröten uns also in
WM-Stimmung bzw. ab 5:30 Uhr wird zurück getrötet.
Aber Ihr
fragt mich jetzt völlig zu Recht: Was soll das ganze
Eingangsprologsgeschwafel? Wer wird denn nun Fußballweltmeister? Welche
Mannschaften kommen ins Achtel-, Viertel- und Halbfinale? Welcher
„Kleine“ haut einen „Großen“ aus dem Wettbewerb? Diese Fragen sind
logisch und folgerichtig, aber sie machen mich richtig krank. Dieser
Verantwortung fühle ich mich als einfacher WM-Mittipper nicht
gewachsen. Aber ich möchte auch nicht kneifen und fange einfach mal an.
1. Wer wird mit Sicherheit nicht Weltmeister?
Beginnen
wir mal mit einer Negativauslese. Insgesamt 32 Teams haben sich für
diese WM nach schier endlosen Quali-Spielen, Relegationen und mit Hilfe
sonstiger unlauterer Mittel wie Blutdoping oder Bestechung
qualifiziert. Auf der Strecke sind Länder geblieben, die wir auch
diesmal sehr gerne gesehen hätten. Keiner davon wird 2010 Weltmeister
werden. Das ist Fakt. Die Bulgaren und Kroaten können uns nicht wie
1994 und 1998 im Viertelfinale ein Bein stellen. Die Russen dürfen
nicht wie bei der letzten EM so wunderschön zaubern. Die Tschechen
dürfen diesmal von früheren Erfolgen träumen, genau so wie die
Schweden. Auch die Rumänen (Robert muss sich jetzt ein neues Wortspiel
ausdenken) und die Türken haben uns mit so manchem Kabinettstückchen
bei früheren Turnieren beglückt. Dass auch Kolumbien draußen ist, hat
man bei uns in Europa gar nicht so richtig mitbekommen. Ist deren
Torwart René Higuita eigentlich noch aktiv, der die gegnerischen
Torschüsse auf der Linie immer mit so einer Art
Beinschleuder
hielt? Die Ungarn haben sich anscheinend immer noch nicht von ihrem
Trauma 1954 erholt – das dauert eben. Sicherlich werden uns auch die
Norweger, Schotten und Iren fehlen. Letztere ganz besonders. Sollte man
Thierry Henry
nicht nachträglich für das laufende Turnier ausschließen und am besten
gleich ganz Frankreich eliminieren? Die Iren sind für mich die
Weltmeister der Herzen. Das hilft Euch aber für das Tippspiel immer
noch nicht richtig weiter, auch nicht, dass Ryan Giggs ebenfalls nicht
dabei ist. Der ist ja bekanntlich Waliser und Manchesters Marathon-Mann
wie Methusalem in einer Person. So einer gehört einfach zu einer
richtigen WM dazu. Ich plädiere daher dafür, bei dieser WM nachträglich
folgendes All-Star-Team an Stelle der Schummel-Franzosen in die Gruppe
A aufzunehmen:
Tor:
Cech
Abwehr: Hyypiä - van Buyten - Kaladze - Schwarzenbeck
Mittelfeld: Giggs - Arshavin - Tymoshchuk
Angriff: Dzeko - Ibrahimovic - Olic - Pizarro
In
obiger Aufstellung hat sich ein kleiner Fehler eingeschlichen. Wer ihn
findet, darf den falschen Spieler gerne ausschneiden und ins nagelneue
WM-Panini-Album einkleben. Weitere Vorschläge für den WM-Kader der
All-Stars werden gerne von der BILD-Zeitung entgegen genommen. Im
Trainer-Casting bei RTL setzte sich übrigens Udo Lattek knapp vor
Dragoslav Stepanovic („Lebbe gett weida“) durch.
Ein weiterer
verhinderter Weltmeister stammt leider aus Deutschland, genauer gesagt
aus Karl-Marx-Stadt. Der brutale Tritt eines schwarzen Prinzen mit
deutscher Vergangenheit sorgt nun dafür, dass Capitano Ballack bei
dieser WM nicht einmal mehr „Vize“ werden kann. Für ihn ist die Saison
vorbei. Er wird die Spiele zu Hause am Bildschirm verfolgen wie wir
alle.
Na ja – und dann fehlt auf deutscher Seite noch einer,
den wir in den letzten Jahren fest in unser Herz geschlossen hatten.
Auch Kevin wird diesmal kein Weltmeister werden können. Traurig zieht
es ihn nun mit seinem Tagebuch in sein russisches Exil kurz vor
Sibirien. Was ist da wieder schief gelaufen? Ich denke, es war eine
fiese Intrige. Erst flog Kevin aus der Nutella-Werbung raus und musste
Platz machen für irgendwelche DFB-Nachwuchskicker. Das muss dann einer
dem Löw gesteckt haben. Jetzt ist alles vorbei und Kevins WM-Tagebuch
bleibt leer. Unser Mitgefühl gilt Schalke 04 und seinen Angehörigen.
2. Wer hatte bei der Gruppen-Auslosung den meisten Dusel?
Nach
der WM-Gruppenauslosung im Dezember tönten wieder alle über das
vermeintliche Losglück der Deutschen. Die Namen der Gruppengegner, also
Australien, Serbien und Ghana wurden geradezu verächtlich wie Freilose
vorgelesen. Diese Fehleinschätzung könnte sich noch bitter rächen und
wird von mathematisch-statistischer Seite voll unterstrichen.
Nimmt
man die so genannte FIFA-Coca-Cola-Weltrangliste zur Hilfe – die heißt
übrigens wirklich so – dann kann man allen WM-Teilnehmern ihren
jeweiligen Ranglistenplatz zuordnen. Ich hatte auf diese streng
wissenschaftliche Methodik schon in meinem Prolog zur EM 2008
hingewiesen. Die Quersumme der Weltranglistenplätze gibt dann einen
klaren Hinweis auf die Spielstärke in der jeweiligen WM-Gruppe und zur
Qualität der jeweiligen Gegner. Je niedriger dieser Wert ist, desto
höher ist die statistische Spielstärke innerhalb dieser WM-Gruppe.
Bekanntlich
haben wir acht WM-Gruppen, die bei der FIFA ziemlich langweilig nach
dem Alphabet von A bis H bezeichnet sind. Schöner fände ich zum
Beispiel eine „Maradona-Gruppe“ oder eine „Beckenbauer Group“. Hier
wären noch sinnvolle Verbesserungen möglich. Bewertet man alle
Mannschaften in diesen acht Gruppen nach obigem Verfahren, dann kommt
man zu folgendem Ergebnis:
1. Gruppe D: 75 Punkte
2. Gruppe E: 76 Punkte
3. Gruppe H: 83 Punkte
4. Gruppe B: 86 Punkte
5. Gruppe E: 103 Punkte
6. Gruppe A: 135 Punkte
7. Gruppe G: 137 Punkte
8. Gruppe E: 151 Punkte
Nun
ratet mal, wer in Gruppe D und in Gruppe E ist. Wir Deutsche (Nr. 6)
kämpfen gegen Großmächte wie Serbien (Nr. 16), Australien (Nr. 21) und
Ghana (Nr. 32) um unsere fußballerische Existenz, während Italien (Nr.
5) sich mit Paraguay (Nr. 30), der Slowakei (Nr. 38) und Neuseeland
(Nr. 78) vergnügen darf. Unsere Gruppe ist also statistisch gesehen
etwa doppelt so schwer wie die der Italiener. Wo bleibt da das
angebliche Losglück?
Ich möchte nicht in die alte
„Alle-Gegner-sind-schwer-Diskussion“ einsteigen. Das hatten Waldi
Hartmann und Rudi Völler ja seinerzeit schon ausgiebig beim Weizenbier
auf Island besprochen. Ich möchte auch nicht einem frühzeitigem WM-Aus
in der Gruppenphase das Wort reden, wenngleich man nun die besten
Argumente für diesen tragischen Unglücksfall hätte. Danach würde es
dann vermutlich wieder eine wundersame Trainerfindungskommission des
DFB geben und der verbleibende Sommer wäre auch ohne WM gerettet. Aber
das möchten wir Jogi Löw und seinen Mannen natürlich nicht wünschen.
Fakt ist aber: Von allen vorher als stark eingeschätzten WM-Teams haben
wir nun einmal die eindeutig schwerste Gruppe erwischt.
3. Wie hoch sind die Chancen der deutschen Mannschaft?
Zunächst
einmal sind die Chancen Deutschlands immer hoch. Nur wir besitzen die
deutschen Tugenden und haben für diese ein Patent angemeldet. Wer auch
sonst? Nur wir sind eine echte Turniermannschaft. Wer auch sonst? Es
gibt da so ein Lied von irgendwelchen stillen Sportsfreunden, und da
heißt es, dass wir diesmal wirklich Weltmeister werden. Wer auch sonst?
Das
dachte ich bis vor kurzem auch, bis unser Jogi seinen vorläufigen
WM-Kader öffentlich verkündete. War das nun der Offenbarungseid oder
nur eine geschickte Vernebelungstaktik? Insgesamt 27 Spielernamen
wurden präsentiert. Davon haben 15 Kicker weniger als zehn Länderspiele
und diese Jungspunde zusammen gut 50 Spiele auf dem Buckel. Nur sieben
Spieler haben bisher jeweils mehr als 50 Mal für Deutschland gespielt.
Das sind die „Glorreichen Sieben“ oder die „Sieben Zwerge“. Sieben ist
eine mythische Zahl. Jogi, der alte Fuchs, weiß das. Das war ein
wichtiger Grund, warum Poldi und Klose, unsere Sleeper-Stürmer, wieder
mit dabei sind. Nach dem Ausfall Ballacks geht diese Rechnung nun aber
nicht mehr auf. Vermutlich wird Jogi deshalb noch einen
Alt-Internationalen wie unseren Loddar nachnominieren. Der könnte dann
als zuschauender Kapitän das deutsche Spiel dann wortreich von der
Ersatzbank aus lenken.
Außerdem wird Jogi alles genau planen. In
den langen Trainingslagern in Sizilien, am Gardasee oder sonst wo wird
er unsere Spieler zunächst einmal resetten. Er drückt bei allen also
auf die persönliche Reset-Taste und stellt sie gewisser Maßen zunächst
auf Null. Das ist übrigens der zweite Grund, warum Poldi und Klose
wieder mit dabei sind. Die waren schon lange vorher auf Null resettet,
das spart Jogi somit viel Arbeit. Nach dieser Grundjustierung fängt
Jogi bei allen ganz von vorne an: Umziehen, Schuhe zubinden, Ball
aufpumpen, Passspiel, reklamieren, Toter Mann spielen, Torschuss und
Torjubel. Am Ende stehen 23 Terminatoren, um die uns die ganze
Fußballwelt beneiden wird. Viele sind der internationalen Fachwelt
allerdings mangels Länderspielerfahrung noch gänzlich unbekannt. Das
ist ein riesiger taktischer Vorteil gegenüber anderen Mannschaften mit
vermeintlichen Weltstars in ihren Reihen. Bei uns ist die Mannschaft
der Star, bis auf Jogi natürlich. Der sitzt ganz alleine am Regiepult
und wird das schon richten. Ist ja auch seine letzte WM. Danach geht er
als Fußballexperte zum Südwestfunk und macht Werbung für „Schwarzkopf“.
Aber vorher werden wir noch Weltmeister. Wer auch sonst?
4. Wie verläuft die WM-Endrunde und wer kommt ins Finale?
Früher
war eine WM eine Angelegenheit zwischen mehr oder weniger ehrgeizigen
Fußballern in kurzen Hosen. Das bessere Team besiegte das schlechtere
und die Allerbesten oder Zähesten wurden am Ende Weltmeister. Heute ist
das alles viel komplizierter. Die Globalisierung von Wirtschaft,
Umweltgiften und Klima sorgt für ziemlich komplexe Zusammenhänge, die
den Ausgang einer WM maßgeblich beeinflussen können. In diesem Jahr
seien hierzu genannt: Finanzkrise, Vulkanaschewolke und Ölteppich.
Folgendes
Szenario erscheint mir dabei ziemlich realistisch: Vermutlich aufgrund
der Nicht-Teilnahme Islands wird der dortige Vulkan
Öysfjödursdottirsson weiterhin schwerstens Rotz und Asche spucken. Das
wird den Flugverkehr noch vor der Anreise der Teams für den Rest des
Jahres weltweit komplett lahm legen. Die europäischen Teams schließen
sich in Zeiten der Finanzkrise zu Fahrgemeinschaften zusammen und
mieten die „M.S. Europa“. Griechenland wird schon vorher vom IWF wegen
desolater Staatsfinanzen für die nächsten 10 Weltmeisterschaften
ausgeschlossen, um weitere Kosten zu sparen. Otto Rehhagel wird
daraufhin einstimmig zum griechischen Finanzminister gewählt. Das
Traumschiff startet in Genua, fährt dann durch den Suez-Kanal und den
Persischen Golf. Am Horn von Afrika wird der Luxusliner erwartungsgemäß
von somalischen Piraten gekapert. Da niemand Lösegeld für über hundert
Fußballmillionäre zahlen will, fallen diese 12 europäischen Teams für
die WM diesmal leider aus. Auch Deutschland ist mit dabei. Poldi
beschließt seine internationale Fußballerkarriere im Liegestuhl auf dem
Oberdeck und Ballack bedankt sich noch einmal bei Prinz Boateng, der
ihm mit seinem fiesen Tritt diese Strapazen erspart hat.
Auch
den amerikanischen Mannschaften geht es diesmal nicht besser. Für das
Abschöpfen des Ölteppichs auf dem Golf von Mexiko wird jede Hand
gebraucht. Umwelteinsatz statt Fußball: Messi, Kaka und Co. sammeln
nicht nur klebriges Öl ein, sondern auch jede Menge Pluspunkte bei
Obama und den Amis. Damit fehlen allerdings auch die acht Teams aus
Nord-, Mittel- und Südamerika bei dieser WM. Maradona hält nichts vom
Ölteppich, weil man den nicht schnupfen kann, tritt als argentinischer
Nationalcoach zurück und geht ins kubanisches Exil zu seinem Freund
Fidel Castro. Als er vor Ort erfährt, dass der schon lange tot ist,
verklagt er den amerikanischen CIA beim Sportgerichtshof CAS.
Die
beiden ozeanischen Mannschaften aus Australien und Neuseeland mieten
sich gemeinsam einen schmucken Katamaran, landen irrtümlich auf Tahiti
und gründen mit vielen netten Mädels neue Familien in der Südsee zur
Förderung des Fußballs vor Ort. Auch für sie fällt die WM somit flach.
Süd- und Nordkorea können sich über die Art der Anreise per Bahn, Bus
oder Lastenkamel nicht einigen. Nordkorea droht mit dem Einsatz von
Atomwaffen und versenkt angeblich versehentlich sowohl eine
südkoreanische Fregatte als auch ein japanisches U-Boot mit den beiden
WM-Teams an Bord. Dieser unfreundliche Akt wird von der UNO schriftlich
kritisiert. Per Dschunke gelingt es den Nordkoreanern aber als einziger
Mannschaft, Südafrika auf dem Seeweg zu erreichen.
Algerien
scheitert mit seiner WM-Karawane kläglich in der Sahara. Es bleiben
somit zunächst nur noch die vier Länder Nigeria, Ghana, Kamerun und die
Elfenbeinküste übrig. Wegen angeblich fehlender Visa-Unterlagen werden
die WM-Fahrer dieser Länder aber von ihren südafrikanischen Brüdern
nicht ins gelobte WM-Land gelassen. Das sorgt auch bei J. Blatter für
eine gewisse Verstimmung. Zum ersten Mal in der WM-Geschichte ist das
Eröffnungsspiel somit gleichzeitig auch das Finale. Südafrika gegen
Nordkorea hatten nicht viele erwartet, nicht mal die chinesische
Wettmafia. Alle Mittipper nun aufgepasst: Das Spiel endet 7:0 für
Südafrika. Afrika holt endlich seinen ersten WM-Titel! Bafana Bafana!
Es
kann – muss aber nicht – so kommen. In diesem Sinne wünsche ich vom
Kanal allen Mitspielern überwiegend treffsichere Tipps und natürlich
viel Fußballspaß bei der WM.
Bernd Christoph