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EM2008

Endstand im Tippspiel

(11.07.2010, 23:00h, nach 64 von 64 Spielen)


Aktuelle Kommentare zu den Spielen findet Ihr unter der Tabelle!

Platz           Name          Punkte
nn
1
2
3
4
5
6
7

9

11

13
14

16
17
18

20


23




28
29

31
32



36


39

41



45
46

48
49


52




57


60
61
62

64
65
66

68
69



73


76

78





84
85

87
88
89


92
93
94
95
96
Roland Friedl-Schulz
Paul Schneeberg
Imke Scheel
Kirsten Fahl
Jens Hölemann
David Poggemann
Tim Klages
Jan Scholten
Jan Petersen
Nicolas van Nieuwenhove
Sven Geletneky
Dorothea Bauch
Kristina Heilemann
Klas Lackschewitz
Lisa Christoph
Matthias Gröger
Bastian Engelke
John Reijmer
Christoph Wagner
Jochen Dreger
Marian Rüffer
Martin Kordowski
Dieter Piepenburg
Achim Pfüller
Ruediger Stein
Hanno Kinkel
Helen Dethlefs
Michael Berger
Mikkel Dethleff
Lotte Borkowski
Borko Borkowski
Christoph Ruholl
Jan-Malte Wolfsdorf
Karen Volkmann-Lark
Sven Roth
Christian Rodde
Marcus Regenberg
Karen Strehlow
Michaela Bessmann
Jörn Geletneky
Jörg Geldmacher
Hardy Jacobsen
Heiko Hanß
Bernd Christoph
Winfried Hebold-Heitz
Philip Scholten
Frank Wiegel
Robert Spielhagen
Simon Pilates
Stefan Wetzel
Edgar Borkowski
Jan Helmke
Sven Petersen
Dieter Höffmann
Annette Christoph
Björn Hoffmann
André Kaiser
Azzedin Ait Brahim
K.Werner+C.Wegner
Sebastian Meier
Jeroen Groeneveld
Torben Struve
Michael Klages
Katharina Friederich
Frederik Dethlefs*
Ingo Bergmann
Christina Kayma
Ed Hathorne
Johann Klages
Nicole Biebow
Claudia Didié
Melissa+Nick Gabler
Günter Riemenschneider
Henning Weisbarth
Hiroshi Kawamura
Dirk Dethleff
Sönke Bock
Knud Jacobsen
Daniel Mirgorodsky*
Christian Hass
Moritz Kayma
Verena Dethlefs
Torben Stichel
Axel Wagner
Sabine Lange
Henning Bauch
Tobias Christoph
Gerd Unger-Schneeberg
Norbert Dregger*
Ove Krüger*
Klaus Dittmers
Sven Nielsen*
Martin Frank
Jonathan Lackschewitz*
Sascha Lehmenhecker*
Holger Dardzinski*

143
139
138
133
131
130
127
127
126
126
124
124
123
122
122
121
119
118
118
117
117
117
116
116
116
116
116
115
114
114
112
111
111
111
111
110
110
110
109
109
107
107
107
107
106
105
105
104
103
103
103
102
102
102
102
102
101
101
101
100
99
98
98
97
96
95
95
94
93
93
93
93
92
92
92
91
91
90
90
90
90
90
90
89
88
88
87
85
80
80
80
79
78
76
73
70

* Keine Endrunden-Tipps abgegeben (keine Berücksichtigung für die Rote Laterne-Wertung)
Fettgedruckte MitspielerInnen haben die Gewinnausschüttungsränge erreicht



WM-Gärtner Zulu aus dem deutschen Hauptquartier

Teil 9 (Freitag, 9. Juli 2010)

WM-Finale im Hotel „Velmore Grande“: Die deutschen Koffer sind gepackt. Mehr als vier Wochen durfte ich als Gärtner und persönlicher Mannschaftsbetreuer mit dabei sein. Es war mir eine große Freude und Ehre. Viele der Spieler und ganz besonders Chef-Master Jogi sind mir dabei eng ans Herz gewachsen. Deshalb tat es mir in der Seele weh, wie die Deutschen vorgestern im halben Finale 90 Minuten so erfolglos hinter Ball und Gegner her laufen mussten, als hätten sie sich vorher Valium-Pillen eingeworfen. Ich hatte zuerst sogar Medizinmann Tsonga Tsonga aus dem Nachbardorf in Verdacht, dem schon manchmal ein vermeintlicher Wundertrank komplett misslungen war. Aber der versicherte mir Stein auf Bein, dass er diesmal gar keinen Auftrag vom DFB erhalten hätte. Das muss ich dem alten Quacksalber wohl so abnehmen.

Jetzt spielen die Deutschen morgen noch ihr zweites halbes Finale gegen Uruguay, können aber angeblich trotzdem nicht mehr Weltmeister werden. Diese komischen FIFA-Regeln werde ich in diesem Leben wohl nicht mehr verstehen. Aber ich bin ja auch nur der Gärtner. Heute heißt es also, Abschied zu nehmen, bevor der DFB-Tross unser Hotel in Richtung Port Elizabeth verlässt. Dann wird es wieder richtig ruhig hier draußen in der Steppe. Wir vom Personal haben uns schon ein paar Abschiedsgeschenke überlegt. Big Master Zwanziger, der uns immer so großzügig mit Trinkgeld versorgt hatte, bekommt eine schöne lebensgroße Strohpuppe mit pechschwarzen Haaren, damit er Chef-Master Jogi auch bei der nächsten WM immer mit dabei haben kann. Master Neuer schenken wir ein zum WM-Pokal umgebautes Nutella-Glas. Master Klose erhält einen Gutschein für das noch fehlende WM-Rekord-Tor. Master Lahm schenken wir eine bunte Armbinde, damit er seine notfalls  Alt-Master Ballack vor die Füße werfen kann. Master Gomez bekommt von Medizinmann Tsonga Tsonga eine Magnum-Flasche mit Zielwasser. Das funktioniert im Leben nicht! Allen anderen Spielern schenken wir jeweils eine Kette aus echten Löwenzähnen aus Respekt für ihr großes Herz und ihren Mut. Und Alt-Master Seeler kriegt endlich seine eigene Vuvuzela.

Für Chef-Master Jogi ist mir leider überhaupt nichts Passendes eingefallen. Ich konnte ihm ja schlecht unseren Treckerrasenmäher schenken, da hätte ich wohl bösen Ärger mit meinem dicken weißen Chef bekommen. Ich hatte auch schon an praktische Haustiere wie Wasserbüffel oder Leoparden gedacht. Aber die würde man bei der Lufthansa wohl nicht in die Business-Class setzen dürfen. Dann aber ist tatsächlich Chef-Master Jogi gekommen und hat mir etwas geschenkt. „Beschter Herr Schulu“, sagte er zu mir, „danke für allesch. Sie habe’ es sich verdient!“ Dann sind mir die Tränen übers Gesicht gelaufen, als ich diesen schönen blauen Kaschmir-Pullover in der Hand hielt. Den werde ich für immer in Ehren halten und in diesem Winter jeden Tag bei der Gartenarbeit tragen. Ich fühle mich reich beschenkt. Diese WM bei uns in Afrika werde ich nie vergessen – für die Zukunft wünsche ich den jungen deutschen Löwen bei ihrer erneuten Sternejagd viel Glück!


Euer WM-Gärtner Benjamin Zulu



WM-Report vom 08.07.2010

Tröt.

Aus. Aus und vorbei der Traum vom vierten Stern. Und eigentlich ist es ein Glück, dass wir unumwunden zugeben können: Die Spanier waren einfach besser. Eigentlich... Aber „eigentlich“ ist eigentlich eine Einschränkung. Wenn Toni Kroos beim Stand von (noch) 0:0 die Pille besser erwischt hätte.... – doch leider trägt im Fußball der Konjunktiv keine Rückennummer. Cassillas hielt, kurz danach fiel das 1:0 für Spanien, und auch wenn die Deutschen dann noch versuchten, in der spanischen Hälfte Druck aufzubauen, so kam doch nichts Gefährliches mehr heraus. Viel zu oft fehlte dem deutschen Team auch die – hlchchchchch – högschte Konzentration beim schnellen Aufbau von Konterversuchen. Und wenn man den Spaniern nicht auf den Füßen steht, lassen sie halt den Ball laufen. Im Grunde war die Niederlage schon nach wenigen Minuten absehbar. Spanien hatte nicht nur ein tolles Mittelfeld, sondern auch eine 1a Abwehr, die selbst in den letzten Minuten kein bisschen wackelte. Hut ab, die Spanier haben sich nach dem Fehlstart gegen die Schweiz gefangen und sind wieder auf dem Niveau von 2008. Wenn sie am Sonntag diese Leistung wiederholen können, dann ist kaum vorstellbar, dass sie das Finale verlieren.

Die deutsche Mannschaft hat 3 supertolle Spiele gezeigt, einmal unglücklich verloren (Serbien), einmal verkrampft gewonnen (Ghana) und nun verdient verloren. Das ist gewiss keine schlechte Bilanz für so ein junges Team. Dennoch kann ich dieses Gequatsche im Fernsehen nicht mehr hören, die Mannschaft könne vielleicht mehr aus der Niederlage gegen Spanien lernen als wenn sie gewonnen hätte. Was für ein gequirlter Dünnschiss! Die wollten alle gewinnen und hätten sicher liebend gern auf diese Erfahrung einer Halbfinalniederlage verzichtet. Die Jungs sind jetzt schwer enttäuscht und das ist o.k. so. Bastian Schweinsteiger hat das hinterher auch klar zum Ausdruck gebracht. Der Blödsinn von Erkenntnisgewinn und Lerneffekt ist bestimmt das letzte was er und seine Kameraden hören wollen. Verschont sie und uns damit. Fußball ist ein emotionales Spiel und soll es auch bleiben. Wer nach Niederlagen gleich zur Erkenntnistheorie greift, sollte vielleicht lieber über Schachturniere berichten.

Im Finale spielt Spanien nun gegen die Käseroller von nebenan. Die hatten mit aufopferungsvoll kämpfenden Urus ihre liebe Mühe. Erst ein irreguläres Tor zum 2:1 machte den Weg ins Finale frei – van Persie zog zwar im Abseit beim Schuss von Snijder den Fuß weg, aber  das irritiert jeden Torwart – so etwas muss ein Schiri sehen. Schade für die Urus, die mit ihrem Auftreten ihr Image als Tretertruppe abgelegt haben und (Reporterdeutsch:) ganz, ganz großen Kampf und sehr, sehr viel Einsatz gezeigt haben (Merke: Ohne Verdopplung geht hier gar nichts!). Diego Forlan präsentierte mal nicht der Damenwelt seinen Sixpack, sondern tolle Weitschüsse, große Übersicht und enormen Kampfgeist. Klasse! Dennoch gewann am Ende mit Holland das etwas bessere Team. So ist Fußball. Nicht immer, aber oft.

Im Tippspiel haben Roland und Imke jetzt David überholt und stehen gemeinsam an der Spitze. Roland ist der neue Favorit auf den WM-Pokal, er hat auf Spanien gesetzt, kann noch 18 Punkte machen und bleibt nur dann punktgleich mit Imke, wenn Uruguay und Holland beide ihre Spiele gewinnen. Ganz unten hat Martin die Rote Laterne sicher, er wird keinen Punkt mehr machen. Wie man allerdings mit den Tipps dermaßen daneben liegen kann (und z.B. USA, Paraguay und Argentinien ins Halbfinale tippt!), ist mir schier unbegreiflich...

Banana, Banana!
Robert



WM-Report vom 05.07.2010

Töröööööööööööööööt!!!!!!!!!!

Weggeblasen, weggehauen, weggehämmert – egal wie man es nennen will: Das war eine Fußballdemonstration, ein echtes So-macht-man-das! Argentinien war chancenlos gegen 11 deutsche Spieler, die Argentinien so fassungslos machten, dass Mario Adorf am Spielfeldrand nicht einmal mehr die Tränen kamen. Es ist ja wohl bezeichnend für diesen Möchtegern-Trainer und Spielermotivator, dass nach seinen eigenen Worten das gesamte Gaucho-Konzept durch ein Gegentor in der 3. Minute über den Haufen geworfen wurde. Ehrlichkeit hin oder her, diese Aussage ist peinlich und zeugt von höchster Arroganz. Maradona hat den Deutschen wohl kein Tor zugetraut und folglich fehlte ihm jedes Konzept nach dem frühen Rückstand. Ich bin gespannt, welche Fußballoperette jetzt in Argentinien zu seiner Entlassung aufgeführt wird. Das Volk hat ihm bei der Rückkehr begeistert zugejubelt, aber im Verband haben sie doch wohl hoffentlich ein paar Leute mit Fußballsachverstand. Oder sind das alles Maradonas Koksbrüder?

Für Herrn Schweinsteiger und seine Getreuen geht es jetzt also gegen Spananien. Müssen wir Angst haben? Das (Sonn)Abendspiel gab wenig Anlass. Nach ungefähr einer knappen Stunde dachte ich nur: Die Spanier kombinieren sich noch zu Tode, die können bis Mitternacht weiterspielen und nix passiert. Vermutlich wäre es auch so gekommen. Das Spiel plätscherte mehr oder weniger belanglos dahin, Paraguay wollte wohl gern, aber konnte nicht so richtig, die Spanier schoben den Ball vor, zur Seite, zurück, wieder vor usw.. Langeweile kam auf, die ersten Zuschauer – von der Klasse des Nachmittagsspiels noch ganz hin und weg – begannen einzuschlafen, Sponsoren drohten abzuspringen, die FIFA wurde nervös. Was tun? Maßnahme 1: Depp Blatter änderte die Spielregeln und das eigentlich erst eine Stunde später angesetzte Elfmeterschießen wurde vorgezogen. Selbstverständlich gab es keinen Sieger, es musste anschließend ja noch weitergespielt werden. Immerhin waren alle wieder wach, aber das Spiel wurde nicht besser. So folgte der Griff zu Maßnahme 2: Wechsel der  Sportart. Das half, im Dreibandbilliard waren die Spanier tatsächlich überlegen. Villa lochte ein und brachte sein Team schmucklos ins Halbfinale – immerhin der größte WM-Erfolg aller Zeiten für Spanien. Damit sollten sie es dann auch bewenden lassen, finde ich.

Der Rückblick auf die Freitagsspiele kann kurz ausfallen. Die oranje verkleideten Deutschen gewannen gegen Brasilien mit typisch deutschem Fußball und mit 2 typisch deutschen Toren nach Standardsituationen. Das war ein seltsames Spiel, die Brasiliander hatten in Halbzeit 1 alles im Griff und waren nach dem Rückstand genauso hilflos wie am Samstag ihre Nachbarn aus Argentinien. Aber Angst haben muss man auch vor den Käserollern nicht. Der sonst so viel gerühmte holländische Angriffsfußball fand quasi nicht statt, Robben wurde effektiv gedoppelt und 2 Standards mussten zum Sieg verhelfen. So werden normalerweise nur deutsche Mannschaften Weltmeister. Sag ich ja...

Am Freitagabend endete schließlich noch der afrikanische Traum. Die schwarzen Afghanen mühten sich redlich gegen defensive Urugayos, blieben aber leider weitgehend wirkungslos. Nachdem in der letzten Minute der Verlängerung auch die allergrößte Chance per Elfmeter verschenkt wurde, war das Versagen im Shootout vorprogrammiert. Schade, Afrika, aber für einen Turniererfolg braucht man mehr als einen Haufen guter Einzelspieler.

Im Tippspiel hat David seinen Vorsprung eingebüßt, aber seine Chancen auf den Gesamtsieg sind dennoch sehr gut. Wird Deutschland Weltmeister, so hat David doppelten Grund zum Feiern, gemeinsam mit Dorothea und dem WM-Titelverteidiger Martin Kordowski. Vom spanischen Erfolg abhängig sind aus dem Bereich der jetzigen Top-10 vor allem Imke, Paul, Jens  und ganz besonders Roland, der noch 26 Punkte machen kann (Rekordwert!). Sollte es am Ende ein Fest in Oranje geben, kann auch John doppelt jubeln – zum Gesamtsieg im Tippspiel müssen dann aber auch die Resultate exakt passen. Noch ist also gar nichts entschieden – wie in Südafrika bleibt es auch im Tippspiel vermutlich bis zum Finale hochspannend.

Banana, Banana!
Robert




Fussball und Dosenbier - oder wie Svinsteiger die Gauchos auf den Grill legte


Freitag war es dann so weit, pünktlich um 8 standen 26 wissbegierige Studenten am ehrwürdigen Institut für Geowissenschaften bereit, um mit Dr. Nielsen und Dr. Kinkel die Geheimnisse der Kreide Dänemarks zu ergründen und an einem legendären Seminar teilzunehmen.

Wie so oft wurden die Turbobachelor gleich am Start von ihren Dozenten ausgebremst. Diese hatten - Donnerstag ist Stammtisch (wir gehen nur auf eins....) - kleine Startschwierigkeiten, die aber innerhalb des akademischen Viertels vertretbar waren. Die Fahrt nach Fehmarn dauerte länger als gedacht, wir hatten seit Jahren mal wieder eine Bundeswehrkolonne auf der Straße, dabei hatte ich gedacht, bei der verkürzten Wehrpflicht finden die den Weg zum Kasernentor nicht. An der Fähre angekommen musste ich die erste gelbe Karte wegen Zeitspiels geben, der Partybus hatte doch glatt auf der Strecke eine Pinkelpause eingelegt, wodurch wir noch die Heckklappe der Fähre runtergehen sahen. Egal, in der Hochsaison kommt alle halbe Stunde eine. Zeit genug darauf hinzuweisen, dass man erst in den Bordshop geht und sich mit einem Koffer Dosenbier ausrüstet, bevor man die Überfahrt geniesst, da aus irgendwelchen Schwachsinnsgründen der Laden mitten im Fehmarnbelt den Verkauf einstellt. Gut bepackt rollten wir also von der Fähre Richtung Møn, stiefelten brav die fünfhundertundeinpaarzerquetschten Stufen zum Kliff hinab und wurden schneeblind. Julisonne und Kreidefelsen sind gut für Kopfschmerzen.

Nachdem wir uns tatkräftig an der Ersosion des Kliffs beteiligt hatten, ging die Fahrt weiter nach Seeland. Da der Empfang der deutschen Radiostationen immer schlechter wurde, musste also dänisches her. Die labern sich einen Wolf, aber so war zumindest zu verstehen, dass Brasilien verdient mit 1:0 in Führung lag. So ein Mist, mein Traumfinale schien zu platzen, also Radio aus und auf die Strasse konzentrieren, oder die Choreographie der ersten Reihe im Partybus vor mir bewundern. In Storre Heddinge angekommen dann die Überraschung: Die Oranjes haben das Ding noch gedreht, also das Finale ist noch möglich. Da sich die Ausgabe des Abendessens um 1 Stunde verzögerte, haben wir schon mal begonnen, die Dosenkoffer etwas zu inspizieren.
Etwas nervös wurde ich schon, als ich versuchte, das 2. Viertelfinale in der dänischen Glotze zu finden, aber da war nix. Egal, dann halt weiter ohne Fussball aber mit Dosenbier...

Der nächste Morgen begann viel zu früh, da die Dosenbierinspektion zur Folge hatte, dass der liebe Kollege Nielsen den Wecker 1 Stunde zu früh schrillen lies. Und bis im morgendlichen Nebel die Situation geklärt war, war es auch zu spät zum Umdrehen. Na ja, die Sonne stach schon früh vom Himmel und deutete auf schweißtreibende Geländearbeit hin und das auch noch unter dem Zeitdruck, bis 16:00h fertig zu sein. Wenigstens beruhigte mich die gute Seele von Herbergsmutter - das mit dem Fernsehen sollte kein Problem sein. Der Tag im Gelände verlief auch ohne grössere Probleme, und wir hatten auch noch Zeit ein kühles Bad vor der Kreide-Paläogen Grenze in der Ostsee zu nehmen. Im Anschluss war ich mir nicht ganz so sicherh was der Sicherheitsbeauftragte zu jungen Damen in Wanderschuhen, Bikini, Hammer und Helm im Gelände sagen würde, aber uns hat es (überwiegend) gefallen.

Langsam wurde jedoch die Zeit knapp und wir mussten noch das größte Loch Dänemarks aufsuchen, um das Wunder des Faxekalkes zu ergründen. Der Marsch in die Grube wurde von Dr. Nielsen und Dr. Kinkel mit dem Antritt Phillip Lahms von hinten rechts angegangen, und siehe da: Der Trupp zog mit. Mit kurzen schnellen Hämmern wurden Bryozoen und Korallen zerlegt wie die Limies am letzten Sonntag, so dass auch hier ein Sprung ins kühle Nass möglich war. Die gefühlten Temperaturen lagen jenseits der 40 Grad, was weiterhin eine nicht ganz korrekte Bekleidung der Truppe zur Folge hatte und mein Deutschlandtrikot war schon durchgeschwitzt. Aber so soll das ja sein, wenn man ordentlich aufgewärmt in die Schlacht geht.

Relativ dämlich war der Versuch, Dosenbier bei diesem Wetter im Auto zu lassen: Schmeckt nicht wirklich, aber geht. Pünktlich zum Einlaufen saß die Truppe in Storre Heddinge vor der Glotze und dank des hohen Frauenanteils waren Fahnen und Schminke vorhanden, so dass wir als deutscher Block ganz gut zu erkennen waren. Den Rest unseres Landes schien das nicht zu interessieren und die Smørrebrøds waren nirgends zu sehen - bis auf eine kleine Truppe der Jugendherberge, die das Festbankett in der Küche vorbereitete.
 

Selbstverständlich haben wir ein kleines Tippspiel organisiert - auch wenn es Diskssionen darüber gab, ob man das Ergebnis nach 90 Minuten oder zum Schluss angeben musste, aber dank meiner Autorität war rechtzeitig der Spielhagen-Modus erklärt. Die Tipps waren 50:50 zwischen Jogis Jungs und Diegos Truppe verteilt. Die glorreiche Ausnahme machte Adrian S., der auf einen 5:0 Sieg für uns tippte. Man muss erwähnen, dass Herr S. deutscher Meister im Surfen ist und daher berufsbedingt ein Brett vor dem Kopf hat. Auf gut Deutsch - wir haben ihn ausgelacht. Doch unser Lachen blieb uns nicht im Halse stecken, sondern wandelte sich schon nach 2 Minuten in lautes Gröhlen, da Müller die erste Chance ins Netz machte. Die Schlagzahl war ja noch höher als unser Sturm auf das grösste Loch Dänemarks - ich machte mir ernsthaft Gedanken, ob die langsam abkühlenden Dosen reichen würden. Das Spiel war ein Traum, der dänische Kommentar war sehr angenehm - wir verstanden nix - was aber bei der klaren Angelegenheit, die sich auf dem Platz entwickelte, auch kein Problem war. Hatte der dänische Kommentator in der 1. Halbzeit immer noch von Svinsteiger gesprochen, trug der Einspruch des deutschen Botschafters bei Königin Magarete in der Halbzeit Früchte und jeder Däne weiß seit Samstag das ein Svin gefälligst Schwein heißt - genügend, Gelegenheiten die Aussprache zu verbessern, gab´s ja.

Spätestens als Arne Friedrich - der Absteiger aus Berlin - das 3. Ding gemacht hatte, war ich ein Freund von warmen Dosenbier und sah dem Rest der Veranstaltun gelassen entgegen. Keine Verlängerung, kein Elfmeterschießen - jetzt zum Bankett. Hatten wir noch aus Spass am Abend vorher angefragt, ob es wohl argentinische Steaks zum Abendessen geben würde, wurden wir im Hof vom Geruch eines angehenden Grills begrüßt. Die argentinischen Steaks waren zwar nicht zu finden, aber dänische Steaks, Spare-Ribs (mit mehr Fett als Ribs) und Würste lagen bereit. Dass dänisches Fleisch nun wirklich nicht mit argentinischen Steaks mithalten kann, ist eigentlich unwichtig, denn zur Kompensation gab es immer noch Dosenbier und zum Verdauen Dr. Nielsens Bitter.

Trotz eindringlicher Warnung, sich nicht in der regulären Spielzeit die Wampe mit Grillgut vollzuhauen, da die Herbergsmutter eine Weltmeisterin im Basteln unglaublicher Nachtischkreationen ist, hingen alle ziemlich voll (vom Essen) an der Tafel, als Annette (die Herbergsmutter) mit der einzigen Hiobsbotschaft des Abends aufwarten musste. Sie hatte zur Feier des Tages - und in Erwartung eines Sieges - eine schwarz-rot-goldene Nachspeise kreiert, die aber von irgendeinem ihrer dänischen Angestellten, dessen Wikingerblut auf einem Raubzug sich mit spanischen gemischt haben musste, sabotiert wurde. Sie hat sich relativ geschickt mit einer Portion Fürst Pückler aus der Affäre gezogen, und wir hoffen sie vergisst das Rezept in den nächsten 4 Jahren nicht.

Die immer größer werdende Zahl von leeren Dosen wurden zu immer tolleren Pyramiden und Türmen gestapelt. Zwischendurch wurden alle Tore und Spielzüge auf dem Bolzplatz nachgestellt. Ich weiß nicht, ob es zu viel Dosenbier oder meine restliche Vernunft waren - den Klosesalto hab ich in letzter Sekunde in einen gepflegten Diver umgewandelt und werde die Grasflecken bis zum Finale nicht rauswaschen. Dass Spanien in der Zwischenzeit sich irgendwie zu uns ins Halbfinale gestochert hatte, interessierte wirklich niemanden. Adrian S. bekam aufgrund seines kühnen Tips trotzdem 4 Punkte zugesprochen, da er mit Abstand am nächsten an der Wirklichkeit dran war.

Gott sei dank hatte die einzige Disko in Storre Heddinge in dieser Nacht die Pforten geschlossen, so dass irgendwann auch Ruhe einkehrte und wir auch den nächsten Tag mit Geologie im Gelände verbringen konnten. Zur Krönung stand auf der Rückfahrt ein grimmig dreinschauender holländischer Biker mit Lederkluft neben meinem Bus. Auf meine Frage (Ben je al bang voor Duitsland - hast du schon Angst vor Deutschland) hat sich der harte Rocker in die Lederkombi gepinkelt - ich nehme mal an, John geht es nicht anders.

Gruss, Hanno



WM-Gärtner Zulu aus dem deutschen Hauptquartier


Teil 8 (Montag, 5. Juli 2010)

Welch glücklicher Tag im „Velmore Grande“ – jetzt können unsere deutschen WM-Gäste tatsächlich bis zum Ende bleiben. Das ganze Hotelpersonal hat am Samstag vor dem Fernseher mitgezittert. Unser dicker weißer Chef hat sich während des Spiels gegen Argentinien fast alle Fingernägel abgekaut. Gegen Ende entspannte sich aber alles und wir jubelten nach dem 4:0 so laut, als wären unsere Bafana Bafana ins halbe Finale eingezogen. Jetzt haben wir wieder eine Woche unsere Ruhe. Beim Ausscheiden der Deutschen hätte unser dicker weißer Chef mit Sicherheit tagelang miese Laune geschoben, denn wie soll er hier in the middle of nowhere auch seine Zimmer vermieten? Manchmal verirren sich ein paar Touristen zu uns, denen das Navi abgestürzt ist oder ein paar Geschäftsleute auf der Flucht vor der Steuerfahndung. Wir hatten auch schon überlegt, ob wir hier im Hotel Esoterik-Kurse unter Anleitung von Medizinmann Tsonga Tsonga aus dem Nachbardorf anbieten sollen. Das bleibt uns jetzt zum Glück fürs Erste erspart.

Am späten Samstagabend trudelten dann die fröhlichen Sieger im DFB-Mannschaftsbus wieder bei uns ein. Wir hatten draußen am Hoteltor extra ein Spalier gebildet und uns wie üblich folkloristisch verkleidet. Die Männer trugen schicke Leopardenfelle und die Frauen knappe Baströckchen. Das muss anscheinend so sein – wir sind schließlich in Afrika und nicht zum Spaß hier. Dann knallten die vier Raketen und es dröhnten die schwarz-rot-goldenen Vuvuzelas. Unser dicker weißer Chef war leider wieder mal nicht zu bremsen und schickte sich an, nacheinander alle Spieler abzuknutschen. Das erinnerte dann Big Master Zwanziger wohl zu sehr an diesen lustigen kleinen Trainer der Argentiner, den wir immer im Fernsehen bewundern konnten. Deshalb schob er unseren Chef erstmal rückwärts aus dem Bus. Außerdem hatten die Deutschen ja ihre Kanzlerin mitgebracht und das hätte dann überhaupt nicht mehr gepasst. Big Mama Merkel hatte in der Mannschaftskabine nach dem Spiel zunächst ihre Regierungserklärung verkündet und sich dann schwer einen gezwitschert. Danach ist sie in Kapstadt mit ihrem besten Kumpel Master Schweinsteiger einfach in den Flieger gestiegen. Während des Fluges hatte sie anscheinend weiter gebechert. Jedenfalls musste Mama Merkel von vier Spielern aus dem Bus getragen werden. Nach ein paar Minuten hatte sie sich aber wieder etwas berappelt und sang mit uns allen zusammen „Patta Patta“. Das sind wirklich die besonderen Momente bei einer WM. Ich wurde danach vom dicken weißen Chef mit der persönlichen Betreuung der Kanzlerin beauftragt, weil der Angst hatte, dass sie noch in den großen Hotelteich fällt. Da schwimmen zwar zurzeit nur noch ein paar senile Krokodile herum, aber man muss ja keine unnötigen Risiken eingehen. Leider sprach mich Mama Merkel zwischendurch immer mit „Guido – warum bist du so schwarz im Gesicht?“ an und wurde dann plötzlich ganz böse zu mir. Keine Ahnung, was das bedeuten sollte. Dabei hat sie doch so ein großes Herz. Big Master Zwanziger erzählte mir hinterher, dass sie sogar einem gewissen Master Maradona nach dem Spiel in den Stadion-Katakomben dessen Tränen mit ihrem Taschentuch abgetrocknet hatte. Als sie ihn aber noch auf den Arm nehmen wollte, hat der spontan die Flucht in Richtung Argentinien ergriffen.

Die Siegerparty ging dann noch bis in die frühen Morgenstunden. Jeder Spieler musste mit Mama Merkel zu Marianne Rosenbergs „Er gehört nicht zu mir“ eine ganze Runde Disco-Fox drehen. Big Master Zwanziger wollte dann die Chance ergreifen und hat Chef-Master Jogi zum Tanz aufgefordert. Der hat ihn aber wieder abblitzen lassen. Es war ja schließlich Damenwahl angesagt. Anschließend wurden die kompletten Getränkevorräte vernichtet. Der Barkeeper hatte dabei wohl den schwersten Job, denn er musste den Spielern immer wieder neue Drinks mit Nutella drin mixen. Was für ein fürchterliches Gesöff! Die Stimmung erreichte dann den Höhepunkt, als unser dicker weißer Chef verkündete, dass die Spieler für den Rest der Zeit nicht mehr ihre Zimmer selbst sauber machen müssen. Das sorgte für Jubel wie nach dem WM-Gewinn. Ich dachte, ich höre nicht richtig. Was das bedeutet, ist uns natürlich klar: Noch mehr Überstunden fürs Personal. Das Leben ist wirklich kein Wunschkonzert. Eine Frage habe ich aber noch: Was ist eigentlich ein halbes Finale?  

Euer WM-Gärtner Benjamin Zulu


WM-Gärtner Zulu aus dem deutschen Hauptquartier

Teil 7 (Donnerstag, 1. Juli 2010)

Die Spannung steigt im deutschen WM-Lager. Zwei Tage vor dem Argentinien-Spiel kommt bei einigen sogar so etwas wie Hektik auf. Big Master Zwanziger läuft schon seit Tagen wie ein aufgescheuchtes Steppenhuhn durchs Quartier. Chef-Master Jogi hat nämlich dessen Angebot auf Vertragsverlängerung immer noch nicht unterschrieben. Dabei hat der Big DFB-Master schon so gut wie alles versucht. Er hat Master Jogi angebettelt, er hat mit Bündeln von Euroscheinen gewedelt, er hat geweint, er hat ihm das „Du“ angeboten und er hat schließlich sogar Medizinmann Tsonga Tsonga aus dem Nachbardorf eingeschaltet. Der hat Master Jogi dann einen angeblichen Entspannungstee aufgeschwatzt. Dabei war das die volle Nirwana-Droge aus dem afrikanischen Busch. Captain-Master Lahm und Master „Rudolf“ Schweinsteiger mussten den Chef-Master anschließend oben vom Hoteldach holen, weil der dachte, er sei der Original-Bundesadler. Das wäre fast in die Hose bzw. ziemlich abwärts gegangen. Als dann alles ’rauskam, hat Master Jogi den Big DFB-Master nicht mehr mit dem Arsch angeguckt. Jetzt erzählt er jeden Tag von angeblich fetten Angeboten vom französischen, italienischen und englischen Fußball-Verband. Das bringt Old Zwanziger ziemlich auf die südafrikanische Palme – aber er hat ja selbst Schuld!

Dann ist jetzt zu allem Übel auch noch dieser Master Ballack bei uns im „Velmore Grande“ eingetroffen. Der meinte tatsächlich, er täte der Mannschaft mit seinem Besuch was richtig Gutes. Was für ein Spinner! Der ist bei unseren Nachwuchs-Kickern in etwa so beliebt wie die alte Ost-Schabracke Désirée Nick kurz vor ihrem Rausschmiss aus dem Dschungel-Camp. Na ja – jetzt wo er in Leverkusen unterschrieben hat, gönnt er sich eben ein paar Tage Luxus-Urlaub auf DFB-Kosten – typisch Ossi! Es hätte nur noch gefehlt, dass der seine ganze damalige Sippschaft aus der Plattenbausiedlung „Rote Fahne“ mitbringt. Es wäre eigentlich gar nicht so schlimm, wenn der unsere Jungs nicht so schrecklich mit seinen alten Geschichten langweilen würde, als er ganz in blau und in kurzen Hosen bei den „Jungen Pionieren“ in Görlitz und später in der Kinder- und Jugendsportschule von Karl-Marx-Stadt exerzierte. Nur wegen der blauen Trikots ist der Volldepp übrigens damals zu Chelsea gegangen. Und dann hat er als Motivations-Knüller auch noch diese Asbach-CD vom Bruder Naidoo mitgebracht, die sie 2006 immer vor den Spielen gedudelt hatten. Die DFB-Jungspunde stehen jetzt aber nur noch auf Hardcore-Hip-Hop-Mucke von Bruder Bushido – das haben sie ihm gleich gesagt. Da hat Master Ballack dann erstmal ziemlich zickig wie ’ne beleidigte Leberwurst reagiert. Gleichzeitig hat er aber nicht locker gelassen. Ich musste für ihn dann extra einen Lautsprecherwagen organisieren, den sie hier manchmal im benachbarten Löwenpark zur Abschreckung der Geier einsetzen. Dann brüllte beim letzten Training „Dieser Weg wird kein leichter sein“ mit maximaler Phon-Zahl über den Platz. Anschließend gab es als Zugabe noch ein paar schmissige DDR-Schlager von Frank Schöbel. Einige DFB-Kicker haben darauf sofort mit Durchfall reagiert. Bruder Boateng ist sogar völlig weiß im Gesicht geworden. Der sieht jetzt aus wie Michael Jackson in der Endphase – wie will man den jetzt noch im nächsten Spiel gegen die Gauchos bringen? Daraufhin bekam Master Ballack dann endlich Lagerverbot für den Rest der WM. Es hätte nur noch gefehlt, wenn sie auch noch Alt-Master Klinsmann als Hilfs-Animateur – „Du Arne, der muss deinen Atem spüren! Die Argentinier sind reif!“ – aus dem Vorruhestand geholt hätten. Ich halte jedenfalls nichts von diesen alten Zöpfen. Bei uns in Afrika gibt es ein Sprichwort: Wenn junge Löwen hungrig sind, dann lässt man sie zum Jagen aus dem Käfig – vor allem, wenn es als Beute leckere argentinische Steaks gibt. Dazu brauchen die weder einen fußkranken Alt-Capitano noch einen emeritierten Ex-Chef-Animateur. Als innovativer Gärtner muss man eben mit der Zeit gehen. Das ist jedenfalls meine Meinung. Alles muss blühen!

Euer WM-Gärtner Benjamin Zulu




WM-Report vom 30.06.2010

Tröööööt.....?

Was jetzt? Ein schwarzes Loch tut sich vor uns auf: Kein Fußball heute! Und morgen auch nicht! Da bleibt Zeit, sich um die wirklich wichtigen Dinge zu kümmern: Bier, Chips und Grillwürste für Samstagnachmittag kaufen. Grillkohle nicht vergessen. Ich werde auch mal nachgucken, ob die Ehefrau noch da ist oder wegen Dauerfußball-Gucken längst ausgezogen ist. In den letzten Tagen war es doch irgendwie merkwürdig ruhig zuhause. Hmmm......

Recht merkwürdig waren auch die letzten Achtelfinalspiele. Die Käseroller beherrschten Spiel und Gegner scheinbar nach Belieben, aber vergaßen das Toreschießen. Langweile kam auf, die Regie spielte zur Zuschauerbelustigung zwischendurch sogar mal ein Filmchen mit einem schönen Robbentor aus der Bundesliga (oder war’s Champions League?) ein, nach dem Motto: So kann’s gehen! Das ganze wurde zum Zeitlupen-Spiel. Vittek hatte völlig losgelöst von allen Gegenspielern allein vor dem holländischen Torwart gefühlte 2 Minuten Zeit zum Ball-Annehmen, Ball-Vorlegen, Gucken-wo-der-Torwart-steht, Kurz-überlegen-wohin-er-denn-schießen-will, und dann...  schob er das Ding dem Keeper in die Arme...
Irgendwie fiel nach einen Torwartfehler sogar noch das 2:0, ich freute mich über meinen 4 Punkte-Tipp, bis ein dämliches Foul der Käsköppe in der holländischen Abwehr den Slowaken noch ein Elfmetertor schenkte. Mist!

Abends hofften wir dann auf brasilianischen Zauberfußball. Den gab es aber weder beim Kick auf der Hebbelwiese noch im Fernsehen. Gut gefiel mir dennoch die Viertelstunde vor der Halbzeit – vor allem das kalte Weizenbier in der Forstbaumschule. O.k., zwei Tore gab’s noch dazu auf der Leinwand, bei allerbesten Biergartenwetter. In der Hoffnung auf eine Fortsetzung fuhr ich in der Halbzeit nach Hause, doch leider klappte die Fortsetzung nur in Bezug auf das Weizenbier. Die Brasiliander spielten Verwaltungsfußball auf gehobenem Niveau, schosssen ein drittes Tor und liessen die armen Chilenen ein bisschen laufen. Wenig aufschlussreich das Ganze, noch immer wissen wir nicht, was Dungas Truppe wirklich drauf hat.

Dienstag nachmittag dann die niveautechnische Untertunnelung der bisherigen WM-Spiele. Ein schier unterirdischer Grottenkick zwischen Japan und Papua-Neuguinea oder so, gedehnt auf 120 Minuten. Einfach gruselig! Los Paranoias gewannen im Elfmeterschiessen und alle waren froh, als es endlich vorbei war. Puuuuh!

Abends wurde es zumindest für Taktikfreunde interessant. Spanien zelebrierte mal wieder sein typisches Wir-haben-den-Ball-und-Ihr-leider-nicht-Bäääh!, die Sportugiesen guckten eine Weile beeindruckt von den Zinnen ihrer Abwehrmauer aus zu und schossen dann gelegentlich den einen oder anderen Konterpfeil ab. Aber ein mitreißendes Spiel entwickelte sich nicht, dazu war der Atlantikwall zu fest gefügt, und dazu kannten sich die Spieler wohl alle auch zu gut aus der spanischen Liga [kleine Frage am Spielfeldrand: Sollte im Fall eines deutsch-holländischen Finales nicht Lahm gegen Robben antreten?]. Ein Abseitstor entschied die Partie, aber viel mehr als über die Referrees müssen sich die Sportugiesen wohl innerlich über ihre arrogante Diva mit der Nummer 7 aufgeregt haben – obwohl das natürlich keiner zeigte... War Cristiano Ronaldo in der zweiten Hälfte überhaupt noch mal am Ball? Insgesamt war das eine absolut lächerliche Vorstellung eines angeblichen Weltfußballers. Spielerisch wirkungslos, bei Berührung eines Gegners von akuter Fallsucht ergriffen und stets beleidigt, weil der Schiri nur freundlich lächelte und weiterspielen ließ – ein klassischer Poser, eine Operettendiva, ein Testosteron-Cowboy mit Platzpatronen. Hätten sich nicht seine Mitspieler in der Abwehr  – allen voran der exzellente Torhüter Eduardo – so mannhaft gegen eine höhere Niederlage gestemmt, so hätte man diesem Fußballstar-Darsteller eine richtige Packung gewünscht. So kam er billig davon und wird dieses Spiel in seiner eigenen Denke vermutlich noch als ungerechte Niederlage abbuchen. Wir wissen es besser!

Fußballpause hin oder her – alle denken jetzt schon an Samstag. Ich auch. Und ich will Euch Hannos Gedanken dazu nicht vorenthalten: "Argentinien wird 'ne harte Nuss. Ich fürchte aber, die Gauchos haben das Problem, dass sich früher oder später der zugekokste Maradona selbst einwechselt und damit  Argentinien für 20 Jahre gesperrt wird."
Möge es so kommen.

Banana, Banana!
Robert





Fodbold: VM - kvartfinale, direkte

Prolog eines Ausflugs zum Fernsehen bei unseren Nachbarn


Alle Jahre wieder zieht es uns mit einer mehr oder weniger großen Horde an Studierenden zu unseren lieben Nachbarn nach Dänemark, damit die armen Kieler Schlickstudenten auch mal echte Geologie zu sehen bekommen. Mutter Natur hat es eingerichtet, dass an den Küsten Seelands und Møns mächtige Profile aus der Kreide zu bewundern sind, die in der tristen Norddeutschen Tiefebene und dem hügeligen Schleswig-Holstein unter tausend Metern von Was-auch-immer begraben sind. Da Peter Harry der Meinung ist, jeder Mensch solle in den Genuss eines Studienplatzes kommen, sehen wir uns seit 2 Jahren dem logistischen Anspruch ausgesetzt, ca. 80 Studenten in den Genuss kreideverschmierter Klamotten und einer Handvoll Fossilien gelangen zu lassen. Teil 1 des Unternehmens haben wir bereits an Pfingsten hinter uns gebracht und die ersten 50 Kandidaten abgefertigt. Der Vorteil einer solchen Massenveranstaltung ist, dass man mit einem Reisebus anreisen muss. Das schönste an so einer Busreise ist, man muss selber nicht fahren.

Obendrein hatten die Exkursionsleiter einen reservierten Platz in der ersten Reihe. Der hat aber den Nachteil, dass man beim Bremsen als erster an der Scheibe hängt.  Und dem Kollegen Meier waren die Sitze zu unbequem - der hat Rücken. Zum Ausgleich hatte der gute Geist und Fahrer Ecki dafür gesorgt, dass in dem Kühlschrank zu unseren Füßen immer ein kaltes Pils griffbereit lag. Davon musste nach jedem Aufschluss Gebrauch gemacht werden.

Die zweite Tour hatten wir ohne Hintergedanken auf den 2.-4. Juli gelegt, bloß um festzustellen, dass das ja mit einem potentiellen Viertelfinale kollidiert. Schon zu spät, doch da fiel mir ein, dass wir diese Konstellation ja schon mal hatten. Das Viertelfinale gegen die Gauchos 2006 haben wir ebenfalls in einer dänischen Jugendherberge gefeiert. Die Herbergsleitung hatte ernsthafte Bedenken ob die deutschen Geologie-Hooligans, bewaffnet mit Hämmern und den praktischen Dosenbierkoffern, die man auf der Fähre erstehen kann, ihre Hütte stehen lassen würden. Daher hatte ich versucht, in diplomatischer Mission vor dem Spiel für gute Stimmung zu sorgen, was allerdings von unserem damaligen Fahrer Heiner Eberle, der mit laut grölenden "LUKAAAAS POOOOODOLSKI"-Schlachtrufen hinter mir das Etablissemnt enterte, binnen Sekunden ad absurdum geführt wurde. Sehr gut entsinne ich mich auch noch an die Logistik-Diskussion, wann denn das Abendessen gereicht werden sollte - als ob das irgendjemand vor dem Spiel interessiert hätte. Aber der Herbergsvater hatte das Problem erkannt. Anstoß war damals 17:00h, worauf ich entgegnete, er könne dann das Festbankett um 18:45h servieren. Als schlauer Bedenkenträger warf er ein, das es bei solchen Spielen ja gelegentlich Verlängerung und gar Elfmeterschiessen geben könnte, was wir in unserem schwarz-rot-goldenen Sommerfieber schon komplett verdrängt hatten. Wir einigten uns auf ein schnelles Smørrebrød in der Halbzeitpause - und er sollte recht behalten. Natürlich bin ich froh, dass der Blatter Sepp meinem Antrag zugestimmt hat, 2010 das Viertelfinale gegen die Gauchos schon um 16:00h anzupfeifen. Wir sollten also unter allen Umständen in der Lage sein, unser Festbankett spärestens um 19:00h antreten zu können, wenn wir überhaupt noch gehen können.

Damit wir in Zeiten von Prüfungswahn, ECTS-Punkten und geänderten Hausordnungen an der CAU - wir dürfen hier nix mehr trinken - auch keinen Ärger bekommen, haben wir für 16:00h kurzerhand ein Seminar angesetzt:


SEMINAR:

Besondere Ereignisse in der Erdgeschichte: Plattentektonische Verschiebungen zwischen Südamerika und Mitteleuropa
Samstag 3. Juli 2010, 16:00h
Jugendherberge Storre Heddinge, DK

Bei erfolgreicher Teilnahme werden jedem Teilnehmer 5 FIFA-Punkte angerechnet.

Alle Teilnehmer an dem Seminar werden gebeten, sich entsprechend auf die Vorträge vorzubereiten


Anmerkung: Es gab in der Tat Studenten und Kollegen, die nicht verstanden haben, was damit gemeint ist. Sollte sich irgend ein Tippfreund ins schöne Dänemark verirrt haben, ist er herzlich eingeladen, sich an dem Seminar zu beteiligen.
Nach Ablauf der Veranstaltung werde ich einen Bericht über den Ausgang der Diskussion abgeben.

Glück auf,

Hanno




WM-Report vom 28.06.2010

Boah!

Achtelfinale – jetzt geht die WM erst richtig los (Standardsatz, kommt alle 2 Jahre). Waren die ersten beiden K.o.-Begegnungen noch eher ein Warmlaufen, so gab es gestern ganz großes Kino. Tolle Tore und Nicht-Tore, und eine Dramaturgie wie in den John Ford-Filmen der 50er: Die Guten (weil technisch deutlich besser und ideenreicher) zeigen uns, wie schön die (Fußball-)Welt sein kann, wenn man sie nur regieren lässt. Dann stören die Nichtsoguten (weil technisch unterlegen, langsam und ohne Inspiration) diese heile Welt, ja sie bedrohen sie sogar so stark, dass man Angst um die Guten haben muss. Aber durch (Fußball-)Gottes Hilfe gewinnen die Guten schließlich doch die Oberhand und feiern am Ende ein rauschendes Fest, bei dem sich alle lieb haben. Fanfaren, Abspann, Aus. Zugegeben, in den letzten Minuten war die Spannung ein wenig raus aus dem Film, aber ergreifend war er trotzdem, und alle gingen glücklich und zufrieden nach Hause. Na ja, zumindest hier bei uns. Hätte der unsägliche Steffen Simon nicht ständig einen Wortbrei von Belanglosigkeiten und irrelevanten Information über uns ausgeschüttet, dann hätte das ein 100% gelungener Nachmittag sein können. Und wer heute mal die Webseiten der englischen Zeitungen durchguckt, liest zwar vom Ärger über die blinden Referrees, aber auch von der Anerkennung für eine großartige, weitgehend überlegene deutsche Mannschaft. Fairplay – okay.

Nach dem erfolglosen Auftritt des tätowierten Prolls im Anzug auf der Bank der Engländer, erfreute uns am Abend dann der zweite Dressman dieser WM wieder mit herzerweichenden Jubelszenen. Von Maradona wird einfach jeder abgeknutscht, der nicht bei "3" auf der Tribüne ist. Großartig! Weniger toll war der Auftritt der Gauchokicker, die nur phasenweise zeigten, wozu sie imstande sind. Wer zuerst Glück hat (bei gefährlichen Schüssen der Mexikaner) und dann durch einen krassen Linienrichterfehler und einen Blackout eines Gegenspielers 2:0 in Führung geht, der hat es leicht. Argentinien ist eine Wundertüte und man weiß nie genau, was der Fußballgott demnächst rausholt. Kapitale Böcke in der Abwehr oder phantastische Torschüsse wie Tevez' 3:0? Die Unberechenbarkeit macht Argentinien stark. Mal ist Messi der Dreh- und Angelpunkt, mal bleibt er eher blass und seine Sturmkameraden machen die Tore. Vielleicht ist Eigeninitiative das einzige Gegenmittel – der Bundesschalträger hat genug Zeit zum Grübeln.

Gleich geht es weiter mit dem Achtelfinale, aber eins dürfen wir nicht unkommentiert lassen: Italien ist raus. Nicht einmal Tomaten und faule Eier wurden beim Empfang in Rom geworfen – Italien ignoriert die Verlierer. Haben sie das verdient?  Was die Spielkunst betrifft: Ganz sicher. Die spannende Schlussviertelstunde plus 5 Minuten Nachspielzeit gegen die Slowakei war alte Klasse, aber vorher? Langsames Ballgeschiebe ohne Ideen – Italien war leichter zu schlagen als ich vermutet hatte. Sollten wir uns freuen, dass die Italiener jetzt zugucken müssen? Viele werden Ja sagen. Wie oft haben wir schließlich die Spielweise dieser Italiener verflucht – langsam, defensiv, bei eigener Führung mit vielen kleinen Fouls und großer Theatralik, wenn sie selbst mal getroffen wurden. Aber da waren auch Spieler wie Gennaro Gattuso (die Wiedergeburt des Terriers), Andrea Pirlo (der mit den oft scheinbar so traurigen Augen, aber dem genialen Blick für die Lücke, in die der Ball gespielt werden muss) oder Fabio Cannavaro (kam 2006 mit nur 173 cm Länge als Innenverteidiger quasi ohne Fouls aus und wurde zum besten Spieler des Turniers gewählt). Sie werden uns jetzt und in den nächsten Jahren fehlen – als große Fußballer und als Typen. Von Verletzungen geplagt (Pirlo, Gattuso), vom Alter unvermeidlich eingeholt (Cannavaro) – hier treten nach Inzaghi, Totti, del Piero und Nesta nun endgültig auch die letzten einer großen italienischen Generation von der ganz großen Bühne ab. Ein wenig Wehmut umfing den Fußballkenner beim Bild, als Gennaro Gattuso und Gigi Buffon am Spielfeldrand dem Grauen ins Auge sehen mussten. Als Weltmeister in der Vorrunde ausgeschieden – eine Blamage und das Ende einer großen Mannschaft.

So, wir laufen uns jetzt schon mal für das Nachmittagsspiel warm. Wundert Euch übrigens nicht, wenn Ihr heute die Mannschaftsaufstellung der Slowaken im Spiel gegen die Käseroller seht und einige Namen womöglich leicht verändert sind: Nach dem begeisternden Spiel der Slowakei gegen Italien sollen sich die finnischen Nationalspieler Aaro Kootilaiinen und Saalo Läättimäki spontan bereit gefunden haben, den beiden Slowaken Martin Skrtel und Zdono Strba mit ein paar Vokalen auszuhelfen. Gut so, das ist wahrer Sportsgeist!

Banana, Banana!
Robert




WM-Gärtner Zulu aus dem deutschen Hauptquartier

Teil 6 (Montag, 28. Juni 2010)

Ich liebe diese Montage. Alles ist so schön still und friedlich hier im Camp und Hotel. Unser dicker weißer Chef schläft seinen Wochenendrausch aus und kommt nicht vor Zwölf auf die Anlage. So kann ich in aller Ruhe nach dem Rechten schauen und noch mal die Blumenbeete direkt vor dem „Velmore Grande“ auf Vordermann bringen. Die haben es heute auch wirklich nötig – das reinste Schlachtfeld. Denn gestern Abend ging es heiß her nach der Rückkehr der Deutschen aus Bloemfontein. Die DFB-Burschen waren etwas übermütig und hatten noch so viel Kraft, dass sie die wichtigsten Torszenen vom Spiel mitten in den Blumenrabatten mit einer leeren Cola-Dose nachspielen mussten. Master Neuer warf sich dabei mächtig ins Getümmel. Als die Dose von der Teppichklopfstange abprallend hinter ihm nach unten fiel, brüllte er immer wieder „Kein Tor – kein Tor!“. Wir mussten ihn danach regelrecht ruhig stellen. Die anderen haben dann noch kurz die beiden Kontertore in der zweiten Halbzeit nachgespielt und pflügten sich derart durch die Botanik, bis alle Tulpen, Rosen und Nelken leblos am Boden lagen. Mir kamen danach fast die Tränen. Vielleicht hätten wir doch lieber die Holländer im Quartier aufnehmen sollen.

Aber wir sind ja nicht zum Spaß hier. „Über allesch steht der Erfolg“, pflegt Master Jogi immer zu sagen. Und der ist momentan eindeutig auf deutscher Seite. Man sollte den 4:1-Sieg gegen die Altherrenkicker von der Insel aber nicht überbewerten. Die Engländer haben immerhin Fassung bewahrt und als erste Fußballmannschaft überhaupt einen echten Dressman mit Seidenanzug auf der Bank sitzen gehabt. Das hat mir auch vor dem Fernseher richtig imponiert. Genutzt hat es ihnen letztlich aber nichts. Eigentlich wollten sie die Deutschen ja im Elfmeterschießen schlagen. Deshalb hatten sie sogar als englische Hooligans getarnte Spione eingesetzt. Die lungerten tagelang mit Feldstecher und Laptop bewaffnet draußen vor unserem Hotelzaun ’rum. Als Master Jogi das mitbekam, wurde kurzerhand die Aufstellung auf dem Trainingsplatz geändert. Big Master Zwanziger durfte ins Tor. Die fünf von Master Jogi ausgewählten Schützen waren dann Presse-Master Stenger, Medizinmann Müller-Wohlfarth, der DFB-Busfahrer, der DFB-Koch und Master Seeler, der hier immer noch jeden Tag wegen der Aberkennung seines Ehrenspielführertitels protestiert. Master Gomez wurde wieder mal nicht nominiert und Master Seeler war der einzige, der überhaupt das Tor traf. Na ja – er zwiebelte Big Master Zwanziger die Kirsche mitten auf die Zwölf. Wenn das keine Absicht war... Jedenfalls sind die Engländer dadurch nicht wesentlich schlauer geworden und haben dann anscheinend die Flinte ganz ins Korn geworfen. Dieses Psychospiel haben wir eindeutig gewonnen. Ich bin mal gespannt, ob das den Argentiniern am nächsten Samstag auch so ergeht. Sicherheitshalber musste ich schon mal Notizzettel in der richtigen Größe besorgen, die man hinter die Schienbeinschützer von Master Neuer schieben kann. Die letzten hatte Altmaster Lehmann vor vier Jahren gegen die Argentinier verbraucht. Das nennt man dann wohl Duplizität der Ereignisse. Für die Argentinier habe ich den Zettel mit den fünf deutschen Schützen sogar schon fertig ausgefüllt: Als erster stolpert Master Mertesacker den Ball in Richtung Mitte Tor. Master Badstuber schiebt danach knapp links am Pfosten vorbei. Bruder Boateng und Master Kießling jagen das Ding beide an die Querlatte. Abschließend knallt dann Master Gomez das Leder in den Abendhimmel von Kapstadt. Jetzt muss ich diesen blöden Zettel nur noch Altmaster Maradona irgendwie unterjubeln. Aber kann der überhaupt lesen?

Euer WM-Gärtner Benjamin Zulu



WM-Report vom 24.06.2010
Tröööööt!

Es tönen die Fanfaren, denn es ist vollbracht. Drei mühsam erkämpfte Punkte reichen zum Gruppensieg und zum Duell mit dem alten Rivalen England. "Job done... Now for the Hun" titelt der Daily Star. Nichts leichter als England, könnte man von deutscher Seite erwidern. Wann haben wir zuletzt bei einer WM gegen England verloren? Richtig: Eigentlich noch nie, denn 1966 wurden wir von Linienrichter Tofik Bachramov betrogen – das zählt nicht! Auch gegen Slowenien haben die Limies gestern nicht überzeugt, und im Grunde müssen wir ja nur 120 Minuten überstehen, damit Terry &Co mal wieder Gelegenheit haben, klassisch und kläglich zu versagen. Klingt einfach, ist es aber gewiss nicht. Mit einem Mertesacker in der Form von gestern sind Gegentore eigentlich vorprogrammiert. Wie kann man so lang und doch so schlecht im Kopfballspiel sein? Und was hat so ein Stolpervogel in der Abwehr der deutschen Nationalmannschaft zu suchen? Wieso darf ein Boateng als Außenverteidiger ran, der sich entweder simpel austanzen läßt (gestern) oder (wie in früheren Spielen) stets für ein Foul im Strafraum oder eine Rote Karte gut ist? Die Abwehr bleibt das ganz große Sorgenkind, das hat man ja schon im Testspiel gegen Argentinien gesehen. Messi & Co sind übrigens ein durchaus realistischer Viertelfinalgegner, falls wir die nächste Runde überstehen...
Im Parallelspiel – live auf Eins-Festival und problemlos  mit Zattoo auf dem Laptop zu gucken – steigerten sich die Aussies noch einmal gegenüber dem Ghana-Spiel und hauten den Serben zwei schöne Dinger in den Kasten. Wir können von Glück sagen, dass wir gleich im ersten Spiel auf die Socceroos getroffen sind, ein 4:0 wäre jetzt wohl nicht mehr so leicht möglich. Eigentlich schade, dass genau dieses 0:4 die Aussies nun die Achtelfinalteilnahme kostete, aber so ist Fußball eben.

Am Nachmittag qualifizierten sich auch die Amis für die nächste Runde – zwar erst in quasi letzter Minute, aber wer fragt schon danach... Ich vermute, es war die Angst der US-Boys vor ihrem Coach, die sie immer weiter anrennen ließ. Ex-Marines-Sergeant Bob Bradley hat angeblich vor seiner Tätigkeit beim US Soccer Team als Chefausbilder in einem Boot Camp straffällig gewordene Jugendliche mit Waldläufen und Liegestützen (alles natürlich mit 20 kg-Rucksack!) wieder auf den Pfad der Tugend geführt. Hab' ich zumindest so gehört.

So jetzt geht's für die Spagettikocher um den Einzug in die nächste Runde. Mein Tipp: Die schaffen das. Schliesslich brauchen wir weiter eine Truppe zum Ablästern, nachdem die Froschfresser schon längst zuhause sind.

Banana, Banana!
Robert




WM-Gärtner Zulu aus dem deutschen Hauptquartier

Teil 5 (Donnerstag, 24. Juni 2010)

Es bleibt lebendig hier bei uns im Lager! Einige von uns hatten vor dem Spiel gegen unsere schwarzen Brüder aus Ghana schon mit dem Schlimmsten gerechnet – das DFB-Team übrigens in gewisser Weise auch. Big Master Zwanziger gab vor der Abfahrt mit dem Bus nach Johannesburg an alle Kicker die Order, die Koffer zu packen, die Betten abzuziehen und die Zimmer besenrein aufzuräumen. Die Abnahme hat er dann persönlich gemacht. Das war für einige der Burschen Stress pur. Zu Hause haben sie vermutlich ihre Mutti oder ’ne Putzfee dafür – hier bei uns gibt’s so was nicht. Die Putzkolonnen haben schon vor ein paar Wochen wegen ausbleibender Gehälter die Segel gestrichen. Unserem dicken weißen Chef war das alles viel zu teuer. Jetzt sah man Master Poldi, Master Klose und die anderen schwer mit Wischmob, Staubsauger und Müllsäcken hantieren. Hat sich aber gelohnt: Am Ende sah alles fast wie geleckt aus, als der Bus vom Hof fuhr – deutsche Gründlichkeit eben. We love it!

Abends wurde bei uns im Camp Daumen gedrückt. Allen war klar: Wenn die Deutschen verlieren, dann gibt’s kein üppiges Trinkgeld mehr von Master „more than twenty“ Zwanziger – übrigens das einzige Bargeld, das wir in den letzten Wochen gesehen haben. Demnächst ist deshalb wohl Streik bei uns angesagt. Aber eins nach dem anderen. Es schien beim Spiel zunächst so, als hätte die DFB-Mannschaft ihre Kräfte komplett beim Hausputz verpulvert. Der schwarze Trauerdress machte die Sache auch nicht viel attraktiver. Zum Glück konnten sie sich auf die schusstechnische Unfähigkeit unserer Brüder aus Ghana verlassen. Am Ende fragt aber kein Mensch, wie das 1:0 zu Stande gekommen ist – nicht mal unser dicker weißer Chef. Der reibt sich jetzt die Hände und hat seinen Protz-Schuppen zumindest bis zum nächsten Sonntag voll belegt. Deshalb organisierte er eine kleine Konfetti-Parade beim Eintreffen des deutschen Teams am späten Abend. Ich brauche ja wohl nicht erzählen, wer die Konfettis zusammen schneiden musste. Das war vielleicht eine trübe Sache, vor allem, wenn man kein ausreichendes Papier dafür hat. Das Klopapier durften wir nicht nehmen. Die Steuerakten hat unser Chef schon vor Jahren verschwinden lassen. Deshalb sind wir auf die Zimmer und haben uns die Panini-Sammelalben von unseren jungen deutschen Freunden geholt. Pro Album brachte das bestimmt einen großen Beutel Konfetti-Schnipsel. Ob das wohl Ärger gibt? Egal – diese Feier hat sich die Mannschaft wirklich verdient. Zu essen gab es zu Ehren von Master Mesut übrigens Döner satt und hinterher Raki bis zum Abwinken.

Nach dem Spiel ist vor dem Spiel. Diesen Spruch habe ich hier irgendwie von irgendjemand aufgeschnappt. Jetzt geht es am Sonntag gegen die Engländer. Die ersten Hooligans von denen haben wir übrigens schon heute Morgen am großen Elektrozaun entdeckt, mit dem das ganze Gelände hermetisch abgeriegelt ist. Die wollten wohl ein bisschen Einschüchterung oder wahlweise Werkspionage betreiben. Der Schuss ging aber ziemlich nach hinten los. Erst haben sie tierisch einen gewischt gekriegt, danach sind noch ein paar hungrige Löwen auf sie losgegangen. Einen von den vierbeinigen Freunden sah ich später mit einem Three-Lions-Shirt zwischen den Zähnen. Das war schon mal ein kleiner Vorgeschmack auf die große Schlacht im Achtelfinale. Ich bin aber optimistisch. Master Klose übrigens auch. Der ist ab sofort wieder von seiner Gartenarbeit befreit und voll ins Mannschaftstraining eingestiegen. Ob das was bringt? Jetzt müssen wir nur noch Master „Rudolf“ Schweinsteiger fit bekommen. Medizinmann Müller-Wohlfarth hat die ganze Nacht über seinen Oberschenkel bearbeitet. Ich habe ihm dafür noch ein paar frische Antilopenfladen als Kompressen gegeben. Ein fieses Zeug – das ganze Quartier hat gestunken wie die Pest. Master Schweini ist danach freiwillig wieder aufgestanden. Das wird also was! Die Mannschaft hat ihm spontan zugejubelt und gesungen „Wir woll’n Rooney heulen seh’n“. Das ist echter Team-Spirit – so soll es sein!

Euer WM-Gärtner Benjamin Zulu


WM-Report vom 23.06.2010

Blöööööd!


Ja, es ist wirklich zu blöd, dass diese zusammengewürfelte, gelangweilte Möchtegernrevolzzer-Truppe aus unserem westlichen Nachbarland von der FIFA überhaupt zur WM-Teilnahme zugelassen wurde. Die Irländer (O-Ton Ballack) hätten uns sicher mehr Freude bereitet und sich nicht so kläglich aus Südafrika verabschiedet – von "sang- und klanglos" kann man ja schlecht sprechen, geknallt hat es ja genug im Lager der gallischen Streithähne. Der neue Nationaltrainer Laurent Blanc, ein intelligenter und strategisch denkender Mann, wird durchaus Mühe haben, aus dem Scherbenhaufen des WM-Grüppchens eine schlagfähige Mannschaft zu formen, die die EM-Qualifikation erfolgreich bestreiten kann. Außer Torwart Lloris (trotz des Fehlers gegen Südafrika ein richtig Guter!) und dem bedauernswerten, weil stets kämpferischen Franck Ribery fällt einem kaum jemand ein. Ein fast kompletter Neuaufbau ist vonnöten. So etwas kann klappen – Dunga hat in Brasilien auch die alten Superstars rausgekickt und trotzdem Erfolg. Aber hat Frankreich einen ausreichend großen Pool an Nachwuchsspielern? Die Aussicht auf die EM 2016 im eigenen Land wird es Blanc erleichtern, einmal richtig aufzuräumen. Und dann sehen wir weiter.

Mit Südafrika hat sich zum ersten Mal in der WM-Geschichte ein Gastgeber bereits in der Vorrunde verabschiedet. Schade, dass die bunten Vögel gegen Uruguay dermaßen gegen die Wand flogen – ein Punkt hätte schließlich gereicht. Die Urus sind zwar gut organisiert und haben einige richtig gute Einzelspieler, aber wirklich Angst haben muss man vor ihnen auch nicht. Vielleicht werden sie einfach unterschätzt, und die Gegner lassen sich irgendwann so lange in Zweikämpfe verwickeln und einlullen, bis plötzlich das Spiel vorbei ist. Fragt die Mexe, die wissen jetzt Bescheid. Andere Mittelklassemannschaften schleichen sich auf ähnliche Weise in die Hauptrunde. Chile fuhr mit viel Laufarbeit gegen dezimierte Schweizer 3 Punkte ein, und Südkorea brauchte viel Glück, um gegen Nigeria nicht zu verlieren. Wenige Minuten vor Schluss war ich gestern noch zuversichtlich, in der Punktetabelle den ganz großen Sprung zu machen. Aber die Nigerianer waren einfach unfähig, aus dem gefühlten Dutzend an Großchancen in der letzten Viertelstunde wenigstens ein Tor zu machen. Nicht zu fassen, wie man all diese Bälle am Tor vorbeischieben kann! Haben die das trainiert? Und Ottos Betonabwehr kassierte schliesslich in letzter Minute noch ein zweites Ding. Schade, 11 Punkte hätten mich echt voran gebracht. So wurden es nur vier...

Recht mäßig waren auch die Punktgewinne der Tipper in den Spielen unserer zuletzt doch arg kriselnden iberischen EU-Partner. Sportugal schoss sich mit sieben Toren gegen am Ende desolate Nordkoreander vorerst aus dem Loch. Spaniens Doppelscorer David Villa dagegen kommt womöglich nach einer Sperre wegen Tätlichkeit gleich wieder abhanden. Wer soll dann bloß die Tore schiessen? Ein Unentschieden reicht gegen Chile vermutlich nicht, dafür werden der entzauberte Gottmar und seine Eidgenossen gegen Honduras schon sorgen. Der allerletzte Vorrunden-Spieltag verspricht Hochspannung!

Im Tippspiel hat Jan Petersen richtig abgeräumt und einen soliden 5 Punkte-Vorsprung heraus gearbeitet. Dahinter drängelt sich ein Verfolgerfeld, in dem sich Marian zurück gemeldet hat. Am Tabellenende zieht Gerd jetzt schon seit Tagen seine Kreise, während Verena sich anschickt, mich auch noch zu überholen. Der letzte Platz in der Familientabelle droht – das wäre ja unterirdisch! Apropos unter- bzw. mittelerdisch: auch dort wird es jetzt nervig laut :-)

Trööööööt, bzw. Banana, Banana!

Robert



WM-Report vom 21.06.2010
Tröööööt!

Langsam verstummen die Uweseelers, denn um Afrikas Fußball steht es nicht gut. Nigeria ist raus, Südafrika, Kamerun und Algerien haben nur wenig Hoffnung, und für Ghana und die Elfenbeinküste hängt alles an einem Erfolg im letzten Spiel. So sehr wir Afrika auch mal wieder einen Achtungserfolg gönnen würden – für die deutsche Mannschaft geht es selber um die Bratwurst, da ist Sentimentalität fehl am Platze. Nach der, na, sagen wir mal "interessanten" Schiedsrichterleistung am Freitag ist nur zu hoffen, das das deutsche Endspiel nicht vom Pfeifenmann entschieden wird. Nachdem ich in erster Erregung dem spanischen Schiri den Hauptgrund für die Niederlage am Freitag geben wollte, habe ich mich schließlich doch beruhigt. Da haben noch andere auf deutscher Seite ins Klo gegriffen, nicht nur Klo-se mit seinem schlechten Zweikampf-Timing und Poldi mit seiner etwas zu unbekümmerten Einstellung vor dem Elfmeter ("Ischdenk nischnach. Machisch nie! Ischhau dat Ding einfach rein!"). Der ewig Kiefer-malmende Titan brachte es auf den Punkt: Wenn man schon so systemversessen ist wie Joghurt Löw, warum wurde dann durch die Auswechslungen das System verändert? Warum wurde nicht auf Dreierkette umgestellt und mit Cacau ein Ersatz für Klose gebracht? Dann hätte man weiter machen können wie im Australienspiel, ohne eine Systemumstellung, die eine durch Rückstand und verschossenen Elfmeter verunsicherte junge Mannschaft offensichtlich überfordert hat. Hinterher sind wir natürlich schlauer... Aber verloren ist noch nix, denn Ghana hat keine Übermannschaft, wie wir im Spiel gegen die Aussies sehen konnten. Mit einem Mann weniger waren diese am Ende näher am Sieg als die Afrikaner. Noch nie ist eine deutsche Mannschaft in einer WM-Vorrunde ausgeschieden – diese Statistik gilt es zu bestätigen.

Wenn das deutsche Team den Einzug in die Hauptrunde tatsächlich schaffen sollte, dann droht ... – nein, das wäre zu viel der Ehre für diese Wurstelmannschaft – also sage ich lieber: dann winkt im Achtelfinale womöglich England als nächster Gegner. Einfallslos, konzeptlos, drucklos – so traten die Limies gegen die Weltfußballgroßmacht Algerien auf und gerieten an den Rand einer Niederlage. Rooney & Co wirken wie das klassische, seit 1966 nie eingelöste Versprechen auf die Renaissance des englischen Fußballs. Hohe Erwartungen, dürftiges Ergebnis. Noch schlimmer steht es um Italien und Frankreich – ehemalige Fußballgroßmächte im Niedergang. Überalterte Mannschaften, vom Umbau überforderte Trainer, an Selbstüberschätzung leidende angebliche Weltstars, zynische Kommentare der heimatlichen Presse – beide Verbände sollten sich über ein Vorrundenaus freuen, denn nur dann kann richtig aufgeräumt werden. Beim französischen Aufgebot an Spielern und Betreuern geht das ja schon los, die zerfleischen sich gerade vor aller Augen. Die Mannschaft streikt, es gibt Streitereien vor laufenden Kameras, ein zurückbleibender Fitnesstrainer schmeisst seine Uhr in die Büsche und eine sowieso aufgebender Trainer verliest stoisch das Bulletin der Spieler – das ist ganz großes Kino. Aber bei einer WM hat das nix zu suchen.

Andere Mannschaften arbeiten in aller Stille und sind damit erfolgreicher. Paraguay ist schon fast in der Hauptrunde und die Dänen haben nach dem Sieg über Kamerun ebenfalls gute Chancen. Afrika runter – Südamerika hoch, so sieht der bisherige Trend dieser WM aus, denn die ABC-Länder und Paraguay haben noch kein Spiel verloren. Brasilien zauberte gestern nur in wenigen Momenten, aber das reichte jederzeit für die Spielkontrolle und einen im Grunde ungefährdeten Sieg gegen erneut nicht überzeugende Ivorer. Afrika hat viele erstklassige Einzelspieler, aber offenbar keine guten Mannschaften. Wenn sich daran nichts ändert, wird das nie was mit dem afrikanischen Fußball.
Fehlt noch was? Die Holländer? Sind die überhaupt dabei? Das war doch schon wieder eine deutsche Mannschaft in Oranje, die da mühevoll gewann, diesmal gegen nimmermüde Japaner. Tut das den Käserollern von nebenan nicht weh, wenn sie jetzt teutonischen Zweckfußball in orangen Trikots sehen müssen? Na ja, zumindest gewonnen und eine Runde weiter. So haben deutsche Mannschaften schon drei mal den Titel geholt. Vielleicht sind ja diesmal die Holländer dran.

Im Tippspiel steht jetzt der doppelte Hebbelkickernachwuchs an der Spitze. Marian hat ein paar mal mit seinen Tipps daneben gelegen und ist auf Platz 10 abgerutscht – so schnell geht das. Unten hat Verena mit 2 Volltreffern am Wochenende die Rote Laterne abgegeben und freut sich. Das hat auch sein Gutes – meine Dauerguckerei wird leichter toleriert... :-)

Banana, Banana!
Robert



WM-Gärtner Zulu aus dem deutschen Hauptquartier

Teil 4 (Sonntag, 20. Juni 2010)

Welcome to reality! Keine Angst – bei uns im „Velmore Grande“ geht es immer weiter. Das sagte damals schon Master Kahn und der hat ja immer Recht. Gestern kam der deutsche WM-Tross etwas müde und reichlich frustriert aus Port Elizabeth zurück. Da war nach dem 0:1 gegen Serbien erstmal Aufbauarbeit angesagt. Zum Glück hat sich diesmal unser dicker weißer Chef nicht blicken lassen. Mit „Losern“ wollte der nämlich nichts zu tun haben und so hatte er sich in seinem Arbeitszimmer vergraben, als der DFB-Bus auf den Hof rollte. Ich bekam von ihm dann die ehrenvolle Aufgabe übertragen, die armen deutschen Kicker in Empfang zu nehmen. Am traurigsten sahen Master Klose und Master Poldi aus. Zwei Häufchen Elend – uns kamen fast die Tränen. Doch schon kurze Zeit später besserte sich die Stimmung wieder. Es gab vom Küchenchef ’ne Extraportion Langnese-Eis und Nutella-Brote satt. Außerdem hatten wir in der Hotel-Lobby den spanischen Schiedsrichter in Originalgröße in zweifacher Version aufgestellt. Den Pappkameraden konnte man mit Dart-Pfeilen abschießen und den Sandsack mit Boxhandschuhen kräftig bearbeiten. Master Jogi hat sich als erster die Handschuhe angezogen. Nach einer halben Stunde war diese ungeplante Trainingseinheit zu Ende. Die Reste des völlig durchlöcherten Pappkameraden und des zerfledderten Sandsacks haben wir anschließend hinter den Wellblechgaragen verbrannt. Medizinmann Tsonga Tsonga ließ dann noch anfragen, ob er sicherheitshalber noch eine Voodoo-Puppe mit Schiedsrichterdress und lange Stopfnadeln organisieren solle. Big Master Zwanziger – das Personal nennt ihn wegen des großzügigen Trinkgelds jetzt immer „Mister more than twenty“ – hat das wegen moralischer Verwerflichkeit aber abgelehnt. Ein wirklich herzensguter Mensch!

Die Nacht haben die deutschen Jungs zwecks Frustabbau mit Jägermeister und Stripp-Poker ganz gut über die Runden gebracht. Heute Morgen am Sonntag ist dann Master Jogi zu mir gekommen. „Beschter Herr Schulu“, sagte er zu mir, „Schie habe’ a ganz wichtige Aufgabe. Esch geht jetsch um allesch!“ Dann erläuterte er mir den „Sonderauftrag Miro & Poldi“. Die beiden Burschen müssen endlich den Kopf wieder frei bekommen für „auf’m Platz“. Zunächst habe ich mir Master Klose gegriffen. Der hat ja jetzt erstmal ein Spiel Sonderurlaub und so habe ich ihn zum Unkraut jäten hinter dem Trainingsplatz eingeteilt. Auf diese Weise hat er weiterhin engen Kontakt zur Mannschaft, ist an der frischen Luft und hat seine Erfolgserlebnisse. Schnell hat er richtig Freude an seiner Arbeit gefunden. Unkrautstecher und Spaten wirbelten nur so durch die Luft. Ich musste ihn sogar etwas in seinem Tatendrang bremsen, vor allem als er ’ne komplette Reihe blühender Rhododendronsträucher aus der Erde buddelte. Alte Gärtnerweisheit: Nicht alles, was so aussieht, ist in Wirklichkeit Unkraut. Bei Master Poldi kamen meine alten Dachlatten zum Einsatz, die schon vor ein paar Tagen bei Master Klose gute Dienste geleistet hatten. So wurden die Tore auf vier mal sechs Meter vergrößert. Dazu gab es noch einen Sonderlehrgang von einem gewissen Uli Hoeneß unter dem Motto „Die Angst des Schützen vor’m Elfmeter“. Und ich sag’ euch: Beides hat gewirkt. Plötzlich versenkte Master Poldi jeden Elfmeter. Es war die reine Freude. Morgen steigern wir das Ganze und stellen vielleicht noch einen Torwart ’rein. Ich denke da an Master Marin. Der ist nicht so richtig groß. Da hätte Master Poldi ganz gute Chancen. Wir sind auf dem richtigen Weg, denn ab dem Achtelfinale gibt es nur noch Elfmeterschießen.

Jetzt schauen aber alle erstmal hoffnungsfroh auf Mittwoch. Das wird ein richtig schönes Familientreffen. Bruder Jerome freut sich schon tierisch auf das Wiedersehen mit seinen Bruder, wie eigentlich das ganze Team. Bruder Kevin Prince hat uns mit seiner Aktion damals im FA-Cup-Finale den chronisch nörgeligen Master Ballack erspart. Der war seit der letzten EM sogar dem guten Master Jogi ziemlich auf den Wecker gefallen. Natürlich weinten ihm nach seinem WM-Ausfall alle bittere Krokodilstränen hinterher. In Wirklichkeit gab es abends eine zünftige Feier im engen Mannschaftskreis. Früher nannte man das wohl den „Geiz vom Spieß“, weil der alte Herberger immer so knickerig mit dem Grillgut gewesen sein soll. Das ist aber Asbach uralt. Hier und heute ist die Stimmung bei uns im Lager auf jeden Fall reif für den WM-Titel – mindestens! Zumindest gegen unsere schwarzen Brüder aus Ghana sollte es wohl reichen. Ansonsten würde es schon sehr bald ziemlich einsam werden hier im Camp. Welch’ finstere Gedanken! Mir wird jetzt plötzlich ganz mulmig. Ich glaube, ich muss doch noch mal ganz schnell rüber ins Nachbardorf zu Medizinmann Tsonga Tsonga …

Euer WM-Gärtner Benjamin Zulu



WM-Report vom 18.06.2010

Trööööööt!


Deutschland wartet gespannt auf das Mittagessen. Serbische Bohnensuppe steht auf dem Plan und keiner weiß, wie sie uns schmecken wird. Kann die deutsche Mannschaft die Leistung vom Australienspiel bestätigen und sich als Mitfavorit etablieren? In wenigen Stunden sind wir schlauer.

Die meisten sogenannten Favoriten lieferten bisher nur Hausmannskost ab oder versagten komplett. Allein die argentinischen Steaks waren bissfest und schmackhaft, sie werden bei diesem Turnier sicher noch länger auf dem Speiseplan stehen. Der spanischen Paella dagegen fehlte die entscheidende Würze, Iniesta & Co. blieben hilflos im eigenen schematischen Spielsystem hängen. Ballbesitz wurde zum Selbstzweck, aber er ist kein hohes Gut an sich, genauso wenig wie gefühlte 100:3 Torschüsse, Flanken, in den Strafraum gespitzelte Bälle und ähnliche Zutaten. Man muss auch das Tor treffen, so einfach ist das. Der Schweizer Chefkoch hatte das richtige Gegenrezept, seine Gehilfen waren aufmerksam, reaktionsschnell, laufwillig und nimmermüde. Hausmannskost mundet eben doch besser als ein missglücktes 5 Sterne-Menü. Oder auf Fußball-Deutsch: Form schlägt Klasse.

Besonderer Klasse bedurften die Tortillabrater gestern abend nicht einmal, um den Vizeweltmeister an den Rand des Turnieraus zu bringen. Phlegmatisch, satt, lauffaul, unaufmerksam und vor allem vollständig konzeptlos ergaben sich die Froschfresser in ihre Niederlage. Das Vorrundenaus käme nur zu Recht. Eigentlich hätten sie sowieso nicht dabei sein dürfen und niemand wird mir widersprechen wenn ich behaupte, die Iren hätten gestern abend mit Sicherheit mehr Kampfgeist gegen Mexiko gezeigt. Die Mittelamerikaner haben wieder einmal eine gelungene Mischung aus jungen und erfahrenen Spielern zu einer Mannschaft geformt, die nicht nur kämpfen, sondern auch spielen kann. Es hat Spaß gemacht, ihnen zuzuschauen. Frankreich dagegen befindet sich momentan offenbar in einer Situation wie Deutschland 2000 unter Erich Ribbeck. Es wird Jahre dauern, bis sie aus diesem Loch wieder herauskommen.

Mit den Siegen von Uruguay und Chile haben zwei weitere Mannschaften aufhorchen lassen, die zumindest im Achtelfinale eine echte Renaissance des lateinamerikanischen Fußballs ermöglichen könnten. Einsatz und Technik waren schon immer vorhanden, aber mit der Erfahrung aus den europäischen Spitzenligen kommt jetzt auch bei einigen Spielern die Klasse hinzu, die die Ländermannschaften zum (Teil-)Erfolg führen kann. Damit wurden die Spiele auch für den neutralen Zuschauer ansehnlicher – das Gegurke der meisten ersten Begegnungen wurde nun zumindest phasenweise von Laufbereitschaft und einigen schönen Spielzügen abgelöst. Gut so!

Zum Schluss noch ein Wort zu König Otto: Ich traute meinen Augen kaum als ich sah, wie seine Griechen plötzlich zum Angriff gegen offenbar ebenfalls überraschte Nigerianer übergingen. Selten wurde ein Spiel durch einen Platzverweis dermaßen gedreht. Otto hat vorerst seinen Kopf aus der Schlinge gezogen, die ihm die griechische Presse schon umgelegt hatte. Um die Nachhaltigkeit des Erfolgs muss man sich aber Sorgen machen. Ein Punktgewinn gegen Argentinien? – Kaum vorstellbar. Den fleißigen Südkoreandern dagegen ist gegen die enttäuschten und enttäuschenden Nigerianer durchaus ein Sieg zuzutrauen. Und damit wäre Otto draußen.

Im Tippspiel verteidigt Marian erfolgreich seine Tabellenführung, aber der Hebbelkickernachwuchs bleibt ihm auf den Fersen. Erwähnt werden muss, dass allein das HOVAG-Projekt den Schweizern einen Sieg gegen den Europameister zutraute – allerdings nicht die Antragsteller, sondern der wissenschaftliche Nachwuchs in Form von Kirstin und Axel. Ich ziehe meine Narrenkappe vor so viel Sachverstand!

Banana, Banana!

Robert


WM-Report vom 16.06.2010

Tröööööööööööt!

Die Uweseelers nerven uns immer noch. Nicht einmal die brasilianischen Fans haben es geschafft, diesen Insektenschwarm zu übertönen. Mitunter dachte ich schon an den Einsatz von DDT, habe das aber doch wieder verworfen. Sollen sich die Stadionbesucher doch weiterhin das Hirn aus der Birne blasen, ich ignoriere das großmütig, kapiere aber immer noch nicht den Sinn dieser Tröterei. Die Fußball-WM ist doch angeblich das Fest der weltumspannenden Verständigung – aber bei diesem Lärm versteht man nicht mal das eigene Wort. Na ja, bei manchem Fernsehkommentator ist das vielleicht ganz gut so.

Viel Gutes zu berichten haben die Herren am Mikrofon ja sowieso nicht. Ein Gurkenspiel reiht sich an das andere, als Topspiele apostrophierte Begegnungen geraten zum Langweiler, die Begegnungen zweier Außenseiter zum Schlafmittel-Ersatz. Sommerfußball von der schlimmsten Sorte, und das mitten im südafrikanischen Winter! Beispiele gefällig? Das Spiel von Danbo gegen Gouda war echt Käse. Wenn jetzt sogar schon die Holländer so spielen wie früher die Deutschen (zum Glück auch umgekehrt! :-), wo soll das bloß hinführen? Ohne das unglückliche  Eigentor der Nordländer würden unsere Lieblings-Fußball-Nachbarn noch heute das Loch im dänischen Käsebollwerk suchen – vermutlich erfolglos. Mit konsequentem Forechecking kann man die Oranjes zur Verzweiflung treiben, eine Lehre, die alle künftigen Gegner gezogen haben dürften. Vielleicht läuft es besser, wenn Robben dabei ist – wir werden sehen. Das Nachmittagsspiel Japan-Kamerun war dann der vorläufige Tiefpunkt dieser so Höhepunkt-armen WM. Die Japaner können eigentlich gar nichts und die "unbezähmbaren Löwen" waren zahn- und harmlos. Das ganze Spiel war von Anfang bis Ende kläglich und qualvoll für jeden Zuschauer. Da wünscht man sich gelegentlich wieder eine Verkleinerung des WM-Turniers, damit man ein solches Gegurke nicht sehen muss. Und komme mir jetzt keiner mit "selber Schuld, warum schaltest Du nicht ab?". Solche blöden Einwürfe sind kein Argument, schliesslich ist Weltmeisterschaft und alles muss weggeguckt werden! Jawohl!

Am Abend kam dann der Weltmeister. Auch dieses Spiel war nicht wirklich gut, es war wie so viele mit italienischer Beteiligung phasenweise statisch und wenig inspiriert. Aber der neutrale Beobachter muss anerkennen, dass Italien spielerisch doch überlegen war, dass die Papagaios ihre einzige Möglichkeit konsequent nutzten und sonst nur wenig Konstruktives zustande brachten, und dass die Italiener nach dem Rückstand tatsächlich um den Ausgleich kämpften. Ein typisch italienisches Auftaktspiel also, aber die Azzuri werden dennoch zufrieden sein. Fazit: Dem noch amtierenden Weltmeister fällt es vielleicht schwer, aus eigener Spielinitiative seine Spiele zu gewinnen, aber die Italiener werden auch schwer zu schlagen sein. Also alles wie gehabt.

Dienstag ging es mit der Gurkerei weiter. Okay, Neuseeland-Slowakei war auch nicht gerade das Topspiel, aber ich hatte von den Slowaken doch mehr erwartet gegen diesen bemühten, aber technisch arg limitierten Gegner. Das Gesicht des slowakischen Trainer nach dem Ausgleich der Kiwis in der Nachspielzeit sprach Bände: Er hatte den 1:0-Sieg fest eingeplant. Ich übrigens auch :-(

Mit Hoffnung auf technische anspruchsvollen Angriffsfußball saß ich dann am Nachmittag vor der Wand mit dem Beamerbild und wurde bitter enttäuscht. Der portugiesische Testosteron-Cowboy Ronaldo knallte den Ball nach einer knappen Viertelstunde an den Pfosten und verabschiedete sich dann aus dem Spiel, die Ivorer wollten vielleicht sogar gewinnen, aber richtig zielorientiert wirkte ihr Auftritt nicht. Wenn schon mal jemand in die Gasse läuft, dann muss er auch den Ball zugespielt bekommen – hat denn keiner der Sportugiesen und Ivorer das Spiel der deutschen Mannschaft gesehen? Es klingt schon seltsam, wenn man hochbezahlten Stars diese Grundregeln erklären muss. Richtig erschreckend war auch, wie viele Pässe einfach schlampig gespielt wurden, wieviele Bälle anscheinend grundlos versprangen und wie immer wieder planlos der Weg durch die Mitte gesucht wurde. Spiel über die Außen? Fehlanzeige! Vor allem den Ivorern hatte ich mehr zugetraut. Na ja, vielleicht wird's noch...

Im Abendspiel gab's dann immerhin einige ganz große Kinomomente. Ein vor Glück heulender Nordkoreander beim Abspielen der Nationalhymne, ein tolles Tor aus allerspitzestem Winkel durch Maicon, ein durch schönen Pass in die Gasse eingeleitetes 2:0 und staunende Brasilander beim Gegentor in vorletzter Minute – das war insgesamt schon mehr Unterhaltung als bei beiden Nachmittagsspielen zusammen. Dazwischen gab's allerdings vom fünffachen Weltmeister auch viel einfallsloses Ballgeschiebe. Rasenschach vor dem Strafraum des Gegner, immer mal wieder ein reingespitzelter Ball, aber keine echten Torchancen außer durch Weitschüsse. Eine Betonabwehr kann man am besten durch schnelles Kombinationsspiel knacken, möglichst über die Flügel. Aber dafür muss man laufen, und das wollten sich die Brasilianer wohl ersparen. Es reichte am Ende auch so und wir wollen mal annehmen, dass es um ihre Motivation gegen Sportugal und die Elfenbeinküste besser bestellt sein wird. Den großen Mitfavoriten um den Weltpokal haben wir gestern jedenfalls noch nicht gesehen.

In unserem Tippspiel hat sich der Hebbelkicker-Fußballsachverstand jetzt an die Spitze gesetzt. Vier Hebbelkicker in den Top-10, dazu noch vier mal Nachwuchs bzw. Anhang – das sieht schon ganz gut aus! Mit meiner eigenen Position in der Tabelle kann ich als amtierender (Mit-)Europameister natürlich nicht zufrieden sein. An meinen Tipps liegt das allerdings weniger, die sind völlig o.k. Nur die Spielergebnisse sind leider oft falsch...

Banana, Banana!
Robert



WM-Gärtner Zulu aus dem deutschen Hauptquartier

Teil 3 (Mittwoch, 16. Juni 2010)

Am Montag früh kehrten unsere deutschen WM-Helden nach ihrem grandiosen Sieg gegen Australien aus Durban zurück. Unser dicker weißer Chef hat es sich nicht nehmen lassen, alle persönlich am Eingangstor zum Hotel-Gelände zu begrüßen. Das war wieder mal ziemlich peinlich. Es gab schwere Marschmusik und er kroch erstmal in den DFB-Bus rein. Jeder, der sich nicht wehren konnte, wurde von dem schwitzenden Fleischberg fies umarmt und abgeknutscht – mit Ausnahme von Bruder Cacau, Bruder Boateng und Bruder Aogo. Dann sprach er gegenüber Master Jogi in Endlosschleife vom „Wonderful Blitzkrieg“ der „Fucking young Krauts“. Dabei grinste er breit über alle Backen und haute dem Trainer immer wieder aufs schmale Kreuz. Master Jogi wurde schon ganz blass im Gesicht. Deshalb war Big Master Zwanziger kurz davor, die kräftigen Boys von der Security zu holen, um den aufdringlichen Kerl entfernen zu lassen. Aber dann hatte unser dicker weißer Chef wohl ein Einsehen und so konnten die müden Krieger nach etwa einer Stunde endlich aus dem Bus klettern. Es waren zum Glück alle mit dabei. Keiner ist unterwegs im Dunkeln verloren gegangen. Das ist bei uns in Südafrika durchaus keine Selbstverständlichkeit.

Am Dienstag wurde erstmal ausgeschlafen und relaxt. Da konnten wir Hotelangestellte es endlich auch mal ruhig angehen lassen. Ich habe mich offiziell zum Rosen schneiden abgemeldet und mich inoffiziell in die Büsche neben dem Trainingsplatz zum Nickerchen verabschiedet. Leider wurde ich dann kurze Zeit später von Master „Rudolf“ Schweinsteiger geweckt, der seine einsamen Runden um den Platz drehte. Wegen der vielen Fouls am Vorabend war der eigentlich von Medizinmann „Winnetou“ Müller-Wohlfarth vom Sport- und Außendienst befreit worden. Master „Rudolf“ hat sich aber in kurzer Zeit vom „Kumpel Schweini“ zum absoluten Super-Streber entwickelt. Darüber hat sich Master Poldi schon mehrfach bei mir ausgeweint. Jetzt musste ich sogar meinen Gesundheitsschlaf unterbrechen,  um für ihn seine Runden zu zählen, während die Mannschaftskollegen noch süß in den Hotelbetten schlummerten. Die spinnen wirklich, die Deutschen – einige jedenfalls.

Die Tage nach dem Spiel waren dann doch leider ziemlich hektisch. Immer wieder trabte Uwe Seeler bei der Hotelrezeption an, um sich bei Big Master Zwanziger wegen der Aberkennung seines Ehrenspielführertitels zu beschweren. Der ließ sich aber von uns verleugnen. Offiziell verlautbarte der DFB dann über Presse-Master Stenger „Wir kennen keinen Vuvu Zela“. Das nenne ich konsequente Öffentlichkeitsarbeit. Die stand bei mir auch im Mittelpunkt statt Gartenarbeit. Ich musste hunderte von ausländischen Journalisten draußen am Hotelzaun mit falschen Informationen aus dem DFB-Lager versorgen. Wir befinden uns schließlich im Krieg. Das meinte jedenfalls unser dicker weißer Chef. Ich habe denen dann gesagt, dass sich die Australier vor dem Spiel einen bösen Zauber gefangen hätten und die Deutschen eigentlich gar nicht so stark seien. Außerdem wären nach dem brutalen Kick so gut wie alle Spieler verletzt. Master Jogi hätte sogar schon Master Kevin in seinem russischen Exil angerufen, damit er sich bereit hielte. Keine Ahnung, ob die mir diesen Unsinn abgenommen haben. Dann gab es aber doch noch Ärger im deutschen Lager wegen eines Presseartikels. Im Sportteil der komischen „FAZ“ stand am heutigen Mittwoch in fetten Buchstaben „Özil ist unser Messi“. Der sonst eher ruhige Master Özil ist danach völlig ausgerastet, weil er meinte, dass irgendein Mannschaftskamerad ihn verpetzt hätte. Dann rief er in die Mannschaftsrunde mit roter Birne: „Ich räume mein Zimmer immer auf! Bei mir gibt’s keine Müllberge! Guckt mal in Poldis Bude rein! Da liegen seine stinkenden Sportsocken mitten in den Kartoffelchips – einfach widerlich!“ Danach wurde es munter und es gab eine wüste Keilerei zwischen den beiden Streithähnen. Master Poldi machte einen auf Kung Fu und brüllte „Scheiß-Türke“. Master Özil wehrte sich mit türkischer Ringertechnik nach Kräften und brüllte „Scheiß-Pole“ zurück. Beide waren also in etwa so aktiv wie neulich auf dem Fußballplatz in Durban. Es ist schön, wenn Multikulti letztlich so gut funktioniert – fast so gut wie bei uns in Südafrika. Der Unterschied ist nur, dass bei uns noch die Löwen, Krokodile und Kaffernbüffel ordentlich mitmischen.

Harmonie ist eben alles. Das meinte auch Big Master Zwanziger nach diesem kleinen Zwischenfall heute zu mir. Er will jetzt doch den Vertrag mit Master Jogi um zwanzig Jahre – nomen est omen – verlängern. Er hätte ihn deswegen schon mehrfach angesprochen und wäre sogar vor ihm auf die Knie gegangen – leider ohne jeden Erfolg. Jetzt soll ich Medizinmann Tsonga Tsonga aktivieren, damit er Master Jogi irgendwas in den Tee rührt. Mal sehen, was ich machen kann. Manchmal ist Gärtner wirklich ein schwieriger Beruf.

Euer WM-Gärtner Benjamin Zulu



WM-Report vom 14.06.2010

Tröööööööööööööt!


Es ist nicht zu überhören: Die WM ist eröffnet. Hummelschwärme von Uweseelers sind über die Zuschauer in den Stadien und vor den Fernsehern hergefallen, Fangesänge werden konsequent weggetrötet, die Fernsehzuschauer sind genervt, Theo Fuffziger stellt sich taub, die Ohrenärzte freuen sich. Insgesamt ist das ein großartiger PR-Coup, denn kritsche Nebenthemen wie Kriminalität, halbleere Stadien und Verkehrs-Chaos finden keinen Platz in den Medien und Depp Blatter kann seine afrikanische WM problemlos genießen. Hut ab, auf die Idee mit den Uweseelers muss man erst mal kommen...

Apropos Ideen: Das ist ja wohl bisher das Top-Thema dieser WM. Mit der Verteilung hapert es nämlich ganz gewaltig und nur wenige Mannschaften haben ordentlich was abbekommen. Das deutsche Team darf sich nicht beschweren: Dort lief der Ball so flott durch die eigenen Reihen, dass es eine Freude war. Früher war das nicht anders, aber leider nur in der eigenen Hälfte: Rückpass, Querpass, Vorwärtspass, Querpass, Rückpass usw.... Jetzt liegt die Betonung auf "Vorwärtsspass" (korrekt nur mit 4 "s"!). Keine Mannschaft liess Ball und Gegner so gut laufen wie die deutsche und nur der beim Torschuss glücklose, aber ansonsten geniale Özil und der Chancentod Klose (mindestens drei 100%ige versiebt!) verhinderten ein zweistelliges Debakel für die tapferen, aber chancenlosen Aussies. Weiter so, Jungs!

Andere Mitfavoriten taten sich deutlich schwerer. Argentinien lebt allein von Messi, seinem schnellen Antritt und seinen Ideen. Solange der Mario Adorf auf der argentinischen Bank seinem Superstar alle Freiheiten lässt, können die Gauchos vielleicht erfolgreich sein. Aber wenn Messi mal vom Gegner ausgeschaltet wird (geht das? Keine Ahnung, wir werden sehen!), dürften die Argentinier ähnliche Probleme bekommen wie so viele andere Mannschaften auch, z.B.: Frankreich und England. Meine Güte, was war das für ein gequälter Altherrenkick vom Vizeweltmeister! Die hätten bis Mitternacht weiterspielen können, ohne Torerfolg allerdings. Die Limies dagegen begannen immerhin druckvoll und auch erfolgreich, liessen sich dann aber von den bekannt kampfstarken Amis die Spielinitiative abnehmen und agierten planlos und träge. Andere Mannschaften würden dann das 1:0 wenigstens über die Zeit bringen, aber so etwas verhindert bei Albion natürlich der unvermeidliche Traumahüter, egal ob er nun David Seaman, Calamity James, oder Robert Greenhorn heisst. Die Süddeutsche Zeitung schlug schon vor, die Engländer sollten sich doch mal auf deutschen Ersatzbänken und in der 2. Liga umschauen: Spieler wie Dennis Islehoff, Gerry Tremmel, Mark Proll oder Matthew Hain könnten doch vielleicht das Problem beheben... Einer von den Genannten darf dann an die Algerier weitergereicht werden, die ihre Niederlage dem geistigen Bruder von Robert Greenhorn verdanken, und natürlich der Dämlichkeit von Abdelkader Ghezzal, der als Einwechselspieler zwar einen präzisen Haarschnitt aber wenig Regelkenntnis ins Spiel brachte und innerhalb einer Viertelstunde mit zwei Gelben Karten gleich wieder in der Kabine verschwand. Ein weiterer Kandidat für den Trottelpreis ist der Serbe Kuzmanovic, dessen blödsinniges Handspiel kurz vor Schluss den tapfer kämpfenden und besser spielenden Ghanaern den Sieg und mich um 3 Punkte brachte. Ärgerlich!

Gibt's noch was zu sagen zu den ersten Spielen? Man sollte die südkoreanischen Nähmaschinen nicht unterschätzen, nun wissen es auch Otto und seine Altherrenriege. Griechenland ist abgebrannt -- das gilt auch für Ottos Zeit in der Ägäis. Er sollte sich ganz auf seine Rolle als Denkmal konzentrieren, auf dem Sockel stehen und genießen, den griechischen Fußball aber lieber jemand anderem überlassen. Und wie war das Eröffnungsspiel? Laut, vor allem laut. Das Unentschieden dank eines tollen Tores von Schalalalalala (oder so ähnlich) war für Südafrika etwas glücklich, aber gut für das Turnier.

Im Tippspiel hat sich der Experte aus Australien vorerst an die Spitze gesetzt, aber das Verfolgerfeld ist noch dicht. Mal sehen, wie es nach dem ersten Nachmittagsspiel aussieht -- momentan sind die Pølser noch heiss...

Banana, Banana!

Robert



WM-Gärtner Zulu aus dem deutschen Hauptquartier


Teil 2 (Montag, 14. Juni 2010)

Das WM-Fieber hat jetzt endlich auch unseren trüben Hotel-Schuppen „in the middle of nowhere“ erfasst. Bis Ende letzter Woche wurde ja noch an allen Ecken und Enden gewerkelt und geschraubt. Da hatten wir gar keine Zeit für – Stress pur! Auf den letzten Drücker musste ich auf Wunsch der Deutschen noch ein Billy-Regal für die Attrappe des WM-Pokals zusammenzimmern und den Rollrasen auf den trüben Trainingsacker hinter den Wellblechgaragen ausbringen – und das ganz alleine! Na ja – so ganz solo war ich bei der Plackerei denn doch nicht. Wir hatten als Sonderservice für unsere deutschen Freunde Medizinmann Tsonga Tsonga aus dem Nachbardorf für kleines Geld engagiert. Der hat vor jedem der beiden Tore schnell noch fünf Hühnerköpfe und drei Affenschwänze vergraben. Das soll angeblich Glück bringen und der deutschen Abwehr die nötige Stabilität fürs WM-Turnier verleihen. Ob das was bringt? Keine Ahnung, jedenfalls stank das Zeugs erstmal wie die Pest. Unser dicker weißer Chef hat sich beinahe übergeben. Und das will schon was heißen. Der alte Rassist ist beileibe kein Weichei.

Nach dem Eintreffen der Deutschen am letzten Montag hat sich das Leben bei uns doch so einigermaßen eingespielt. Zuerst gab es noch etwas Meckerei wegen der kalten Duschen auf den Zimmern und wegen ein paar verstopfter Klos. Besonders Master Klose hat darunter gelitten. Der trug ja selbst eine schwere innere Verstopfung mit sich herum. Wir sagen bei uns immer: Das Leben ist wie Löwenschiss – alles muss raus. Kein Wunder, dass Master Klose nicht mal mehr ein Scheunentor treffen konnte. Beim ersten Training am Dienstag musste ich deshalb mit Hilfe von ein paar Dachlatten sogar ein Spezialtor für ihn bauen. Das war einen Meter höher und zwei Meter breiter als normal. Nach zehn Fehlschüssen hat er das dann endlich mal getroffen. Master Jogi ist ein Stein vom Herzen gefallen. Er meinte dann, wenn das jetzt noch mit der Verdauung bei ihm klappen würde, dann wäre er wieder ganz der Alte. Da habe ich dann zur Sicherheit, diesmal auf DFB-Kosten, Bruder Tsonga Tsonga zum zweiten Mal gebucht. Der hat Master Klose dann einen Tee aus marinierten Heuschrecken und gesalzenen Leopardenmilben verabreicht. Das war ein furchtbarer Anblick. Master Klose ist ganz grün geworden im Gesicht. Er sah danach noch viel trauriger aus als sonst schon. Einen Tag später konnte er aber schon wieder etwas sprechen. Bis zum ersten Salto wird es wohl noch ein wenig dauern.

Ansonsten verstehe ich mich wirklich gut mit den Jungs, am besten natürlich mit Bruder Cacau, Bruder Boateng und Bruder Aogo. Die anderen ziehen uns manchmal auf und rufen „Wer hat Angst vor’m schwarzen Mann?“. Da stehen wir aber voll drüber. Dafür haben sich die meisten Weißen schon einen fetten Sonnenbrand eingefangen. Master Schweinsteiger rennt jetzt mit ’ner knallroten Nase herum. Wir Schwarzen haben ihn deshalb „Rudolf“ getauft. Das bringt ihn ziemlich auf die Palme. Und davon stehen hier eine ganze Menge herum. Auch Master Wiese ist meistens stinkig drauf. Der wollte im Flieger letzte Woche die dralle Shakira anbaggern. Das ist aber ziemlich in die Hose gegangen. Sie hat ihn brutal abblitzen lassen und ihm am Ende noch gesteckt, dass sie Neuer und Butt nicht nur im Tor viel besser findet. Jetzt schmollt er erstmal und telefoniert stundenlang mit Alt-Master Kahn. Am Freitag war dann erstmal Ruhe angesagt. Der deutsche Tross verabschiedete sich für ein paar Tage nach Durban zum ersten Gruppenspiel. Da war dann bei der Abreise wieder unser voller Einsatz gefordert. Das ganze Hotelpersonal musste sich am Hoteltor versammeln und „Muss i denn zum Städtele hinaus“ auf der Vuvuzela blasen. Das war gar nicht so einfach. Es klang eher wie ein Rudel rülpsender Kaffernbüffel in der Brunftzeit. Big DFB-Master Zwanziger hat davon leider einen Hörsturz bekommen und wurde gleich zu Medizinmann Müller-Wohlfahrth auf Station gebracht. Der musste ihm mehrfach die Hörmuschel durchspülen und entkalken. Der Big Master fragte uns dann hinterher, wie die Scheiß-Dinger eigentlich heißen. Wir haben ihm laut und deutlich „Vuvuzela“  gesagt, aber er hat wohl leider wieder nur Uwe Seeler verstanden. Jetzt will er Alt-Master Seeler deswegen angeblich den Ehrenspielführertitel wieder aberkennen lassen. Manchmal spinnen die Deutschen wirklich. Zum Glück wurde es nach deren Abreise etwas ruhiger. Nachmittags haben wir dann alle zusammen in der Hotel-Lobby das Eröffnungsspiel unserer Bafana Bafana gegen Mexiko geguckt. Davon haben wir dem dicken weißen Chef aber nichts erzählt. Beim ersten Tor haben wir aber so viel Lärm gemacht, dass der große Kronleuchter von der Decke fiel. Das kommt davon, wenn man Billigdübel verwendet. Es gab dann wieder mal viel Ärger und anschließend Strafarbeit für alle. Kein Wunder, dass deshalb noch der Ausgleich fiel. Ich glaube nicht an Zufälle. Wahrscheinlich sollten wir beim nächsten Mal gleich Bruder Tsonga Tsonga holen.

Gestern Abend hatte unser dicker weißer Chef aber schon wieder bessere Laune. Deshalb durften wir uns das erste deutsche Spiel gegen Australien angucken. Wir haben sie alle auf dem Bildschirm wieder erkannt: Master Jogi, Master Bierhoff, Master Poldi, Master Klose und den Rest der DFB-Truppe. Ich muss sagen, Bruder Tsonga Tsonga hat wirklich ganze Arbeit geleistet. Die Abwehr stand fast wie ’ne Eins und Master Klose hat nach einigen Fehlversuchen – wie auch immer – endlich das Scheunentor getroffen. Am meisten hab’ ich mich natürlich für Bruder Cacau gefreut. Und Master „Rudolf“ hat ordentlich eins auf die Socken bekommen – geschieht ihm ganz recht. 4:0 – das war wirklich ein perfekter Fußball-Abend! So kann es eigentlich weiter gehen.

Euer WM-Gärtner Benjamin Zulu



WM-Gärtner Zulu aus dem deutschen Hauptquartier


Teil 1 (Dienstag, 8. Juni 2010)

Mein Name ist Zulu – genauer gesagt Benjamin Zulu. Ich bin Südafrikaner und Gärtner, beides mit Leidenschaft. Na ja, ein wenig deutsch bin ich auch. Vor ’zig Jahren hab’ ich mal an der „Dessauer Hochschule für angewandte sozialistische Gärtnereitechnik“ studiert und nebenbei in Nebentätigkeit den Wörlitzer Park auf Vordermann gebracht. Damals war ich wohl der erste offizielle Schwarzarbeiter in der DDR. Ziemlich blöde Sprüche musste ich mir damals anhören. Irgendwann hatte ich davon dann die Schnauze voll. Erstaunliche Feststellungen „He, Bimbo – du schwarz!“ beantwortete ich damals immer mit „Danke Boana, ich weiß!“. Noch vor der Wende bin ich wieder in meine Heimat nach Südafrika abgehauen.

Aber auch hier bei uns hat sich ’ne Menge getan. Unsere Politiker sind jetzt fast alle schwarz – so wie ich. Aber das mit dem Wohlstand für alle wird wohl noch ein ganzes Weilchen dauern. Das ist so ähnlich wie bei euch mit dem dicken Kohl. Der hatte doch allen blühende Landschaften versprochen. Ich nehme an, dass der auch in Dessau Gartenbau studiert hat. Bei uns gibt es wie bei euch ziemlich viele Ossis, obwohl die nicht so heißen. Die leben auch nicht alle im Osten, sondern überall im Lande verstreut in unseren Townships. Das sind allerdings keine Traumschiffe für Städtereisen wie die „M.S. Deutschland“, sondern ziemlich viele bunte Bretterbuden. Ich wohne auch in so einer. Meine habe ich übrigens passend zur WM in schwarz-rot-gold gestrichen. Morgens fahre ich immer mit dem Bus 20 Kilometer zur Arbeit, denn seit einem Jahr bin ich Gärtner im Hotel „Velmore Grande“ bei Pretoria. Wir haben nämlich die WM nach Afrika bekommen. Und meine Arbeitsstätte ist das Mannschaftsquartier der Deutschen. Und da ich so gut deutsch kann, werde ich nebenbei noch als Dolmetscher, Reiseleiter und Mädchen für alles eingesetzt. In Deutschland würde man dazu „Neger“ sagen. Diese Bezeichnung hilft bei uns aber nicht wirklich weiter. Man muss halt sehen, wie man über die Runden kommt. Der Kunde ist schließlich König. Schade übrigens, dass der Kaiser nicht mehr Teamchef bei euch ist. Den hätte ich gerne über unseren Golfplatz geführt.

Meine Aufgabe ist auch das Sichten der deutschen Pressemeldungen über unseren vermeintlichen Nobel-Schuppen. Gestern hat sich unser Chef, ein ziemlich dicker Weißer, furchtbar über eure „FAZ“ aufgeregt. Die Überschrift lautete dort „Mit dem Charme eines Luftschutzbunkers“. Darunter stand dann ebenfalls in fetten Lettern „Außen kitschig, innen düster: Das „Velmore“ ist vermutlich das ungastlichste Hotel, das sich der DFB aussuchen konnte“. Mann, hat unser Chef vielleicht geflucht. Gerade hatte er doch die nachträgliche Baugenehmigung und die Betriebserlaubnis für’n paar gefälschte Diamantenklunker bei den Behörden erschlichen. Und nun so was. Na ja – so richtig prickelnd sieht das noch nicht bei uns aus. Irgendwann während der Bauphase ist dem Chef das Geld ausgegangen und wir mussten dann immer mit dem Landrover zum nächsten Baumarkt in Pretoria, um neues Material zu holen. Das haben wir aber von anderen Baustellen abgezweigt und das Geld für uns eingesackt. Manchmal hat sich der Chef schon gewundert, was wir alles so angeschleppt haben. Aber es wurde alles tapfer verbaut. So sieht die Hütte jetzt von außen betrachtet aus wie eine Kombination aus Schwarzwaldklinik und Alhambra. Innen ist es wirklich so dunkel wie meine Haut und wirkt in etwa so einladend wie Führers Bunker Wolfsschanze im tiefsten Winter. Vielleicht hat sich unser dicker Chef davon inspirieren lassen. Auf Adolf Hitler lässt der nämlich nichts kommen. Ich musste ihn erstmal aufklären, dass er beim Eintreffen der Deutschen gestern nicht seine Hakenkreuzfahne hisst. Der hatte nämlich gar nicht mitbekommen, dass sie bei euch wieder schwarz-rot-gold eingeführt haben. Damit konnte er aber nichts anfangen. Das ist für ihn alles Kommunismus. Wir haben uns dann auf die Bayern-Flagge vom letzten Oktoberfest geeinigt und den Defiliermarsch vom Band eingespielt. Das hat Master Jogi und Master Bierhoff übrigens schwer beeindruckt. 

Ja – gestern sind wirklich alle DFB-Deutschen bei uns angekommen. Das ganze Personal war mit Kind und Kegel anwesend. Wir mussten dann einen auf Buschneger machen, wegen der Folklore oder so. Die Deutschen waren übrigens etwas überrascht, wie abgelegen das hier ist. Nebenan in 15 Kilometer Entfernung ist nur noch ein stinkender Fluss und ’ne schäbige Käsefabrik. Ringsherum ist dann aber erstmal gar nichts bis auf ein paar Autowracks, jede Menge Rinderskelette und dutzende von Müllbergen. Absolutes touristisches Highlight ist im nächsten Dorf nur noch der wöchentliche Altkleidermarkt. Das ist so was wie der Polenmarkt bei euch. Insofern müssten sich eure Kicker Master Poldi, Master Klose und Master Trochowski doch fast wie zu Hause fühlen. Ich habe übrigens vom dicken Chef den Sonderauftrag bekommen, unseren Gästen jeden Wunsch von den Lippen abzulesen, bloß damit die den Preis wegen der tausend Baumängel nicht drücken. Master Bierhoff rannte gestern Abend schon mit der Handykamera ’rum und hat alle Türen ohne Drücker und den Schimmel in den Duschen fotografiert. Ich glaube, das wird noch richtig lustig in den nächsten Wochen. Aber wenn die am Ende Weltmeister werden, ist doch eigentlich alles ziemlich bafana bafana, oder?


Euer WM-Gärtner Benjamin Zulu



Prolog vom Kanal zur WM 2010

Ich hatte eine WM in Afrika

Nun geht es endlich wieder los. In genau einer Woche ist die schrecklich lange WM-lose Zeit zu Ende. Am 11. Juni 2010 trifft Gastgeber Südafrika um exakt 16:00 Uhr im Eröffnungsspiel auf Mexiko. Am 11. Juli 2010 findet um 20:30 Uhr das Finale statt. Danach wissen wir, wer neuer Weltmeister ist. Dazwischen liegen für die Teilnehmer der diesjährigen Tipprunde unzählige Spiele, die wir sicherlich gebannt verfolgen werden. Spielkultur und Kabinettstückchen zählen dann nur am Rande. Wichtig ist nur das richtige Tipp-Ergebnis. Das bringt uns dem Kern dieser Sportart einen wesentlichen Schritt näher. Beim Tippen hat jeder seine Chance. Aber leider sind schon oft Hoffnungen auf das richtige Ergebnis in den langen Minuten der Nachspielzeit jäh zerplatzt. Mit diesen Enttäuschungen muss man als WM-Tipper wohl leben. Da nützt auch keine noch so ausgefeilte Vorbereitung via Datenbanken, Internet, Kicker-Sonderheft oder Spielerberater. Aber vielleicht helfen Euch meine nachfolgenden Betrachtungen, den WM-Nebel der Ungewissheit etwas zu lüften.

Mit den legendären Worten „Ich hatte eine WM in Afrika“ beginnt der Fußballromancier J. Blatter seinen jüngsten Weltbestseller „Jenseits von Adidas“. Er versetzt uns mit seinem Spätwerk in eine für uns fremde und exotische Welt. Kleine Jungs kicken auf harter roter Erde mit runden Stoffballen umher, während im Hintergrund stolze Mütter mit jeweils 6-8 Kindern an der Hand dem munteren Treiben ihrer Sprösslinge unter einem Schatten spendenden Affenbrotbaum zuschauen. Jeder hat so seine Vorstellungen vom Fußball auf dem „Schwarzen Kontinent“. Einige denken sicherlich an die WM 1990, als Kameruns Löwen mit Roger Milla an der Spitze die Engländer im Viertelfinale um ein Haar aus dem Turnier tanzten. Oder vier Jahre später in Amerika, als Nigerias Muskelprotze im Achtelfinale fast die Italiener zerlegten und äußerst unglücklich durch ein spätes Baggio-Tor ausschieden. Ich denke dann natürlich immer noch an dieses Traumtor von J.J. Okocha in der Bundesliga für Eintracht Frankfurt, als der Nigerianer hinter einander erst gefühlte neun Gegenspieler, dann den Schiedsrichter, anschließend die Eckfahne und abschließend den Torwart schwindelig spielte. Auch die Damenwelt ist ganz verzückt, wenn Chelseas Didier Drogba beim Torjubel sein Trikot lüftet und der Ivorer seinen schwarzen Sixpack präsentiert. Jetzt wurde auch noch bekannt, dass Nelson Mandela mit seinen alten Kämpfern jahrelang in der ersten afrikanischen Gefangenenliga auf Robben Island erfolgreich gekickt hat. Afrika und Fußball – das passt anscheinend richtig gut zusammen.

Trotzdem sitze ich hier im hohen Norden und schreibe diese Zeilen für unser WM-Tippspiel. Warum zog es mich nicht in den Süden Afrikas? Hatte ich Angst vor dem langen Flug wie Paolo Guerrero? Oder wollte ich den nordischen Sommer nicht mit dem afrikanischen Winter tauschen? Oder wollte ich nicht irgendwo in Johannesburg von einer Straßengang ausgeraubt werden? Oder war ich einfach nur zu geizig, um 10.000 Euro für ein bis zwei WM-Wochen auszugeben? Es gibt viele gute Gründe, auch mal etwas nicht zu tun. Der wahre Fußball-Fan wird das nicht verstehen. Und ich verstehe auch nicht immer, was Fußball-Fans so alles treiben. Aber muss man denn immer alles verstehen?

Ich weiß nicht, ob mir dieser Einstieg in den WM-Prolog sonderlich gelungen ist. Vielleicht ist es auch ein wenig Ratlosigkeit, die mich befallen hat, ob das mit der WM diesmal alles so klappen wird. Sicherlich: Die Stadien sind rechtzeitig fertig geworden, aber trauen wir den Afrikanern auch so ein zünftiges Sommermärchen wie 2006 bei uns zu? Von der Begeisterung her hätte ich sicherlich keine Bedenken. Mit der langen Plastiktröte, die es seit Monaten an jeder Tankstelle bei uns zu kaufen gibt, haben die Südafrikaner ja schon einen echten Exportknüller erfunden. Vermutlich wurde der Versand dieser Höllenteile vom Verband der Ohrenärzte und Hörgeräteakustiker gesponsort. Mit Hilfe dieser Tröten wird jedes noch so miese Nullzunullspiel zu einem echten Klang-Ereignis werden. Das ist doch zumindest schon einmal ein guter Anfang. Wir tröten uns also in WM-Stimmung bzw. ab 5:30 Uhr wird zurück getrötet.

Aber Ihr fragt mich jetzt völlig zu Recht: Was soll das ganze Eingangsprologsgeschwafel? Wer wird denn nun Fußballweltmeister? Welche Mannschaften kommen ins Achtel-, Viertel- und Halbfinale? Welcher „Kleine“ haut einen „Großen“ aus dem Wettbewerb? Diese Fragen sind logisch und folgerichtig, aber sie machen mich richtig krank. Dieser Verantwortung fühle ich mich als einfacher WM-Mittipper nicht gewachsen. Aber ich möchte auch nicht kneifen und fange einfach mal an.


1. Wer wird mit Sicherheit nicht Weltmeister?

Beginnen wir mal mit einer Negativauslese. Insgesamt 32 Teams haben sich für diese WM nach schier endlosen Quali-Spielen, Relegationen und mit Hilfe sonstiger unlauterer Mittel wie Blutdoping oder Bestechung qualifiziert. Auf der Strecke sind Länder geblieben, die wir auch diesmal sehr gerne gesehen hätten. Keiner davon wird 2010 Weltmeister werden. Das ist Fakt. Die Bulgaren und Kroaten können uns nicht wie 1994 und 1998 im Viertelfinale ein Bein stellen. Die Russen dürfen nicht wie bei der letzten EM so wunderschön zaubern. Die Tschechen dürfen diesmal von früheren Erfolgen träumen, genau so wie die Schweden. Auch die Rumänen (Robert muss sich jetzt ein neues Wortspiel ausdenken) und die Türken haben uns mit so manchem Kabinettstückchen bei früheren Turnieren beglückt. Dass auch Kolumbien draußen ist, hat man bei uns in Europa gar nicht so richtig mitbekommen. Ist deren Torwart René Higuita eigentlich noch aktiv, der die gegnerischen Torschüsse auf der Linie immer mit so einer Art Beinschleuder hielt? Die Ungarn haben sich anscheinend immer noch nicht von ihrem Trauma 1954 erholt – das dauert eben. Sicherlich werden uns auch die Norweger, Schotten und Iren fehlen. Letztere ganz besonders. Sollte man Thierry Henry nicht nachträglich für das laufende Turnier ausschließen und am besten gleich ganz Frankreich eliminieren? Die Iren sind für mich die Weltmeister der Herzen. Das hilft Euch aber für das Tippspiel immer noch nicht richtig weiter, auch nicht, dass Ryan Giggs ebenfalls nicht dabei ist. Der ist ja bekanntlich Waliser und Manchesters Marathon-Mann wie Methusalem in einer Person. So einer gehört einfach zu einer richtigen WM dazu. Ich plädiere daher dafür, bei dieser WM nachträglich folgendes All-Star-Team an Stelle der Schummel-Franzosen in die Gruppe A aufzunehmen:

Tor:                                            Cech
Abwehr:       Hyypiä - van Buyten - Kaladze - Schwarzenbeck
Mittelfeld:                 Giggs - Arshavin - Tymoshchuk
Angriff:                 Dzeko - Ibrahimovic - Olic - Pizarro

In obiger Aufstellung hat sich ein kleiner Fehler eingeschlichen. Wer ihn findet, darf den falschen Spieler gerne ausschneiden und ins nagelneue WM-Panini-Album einkleben. Weitere Vorschläge für den WM-Kader der All-Stars werden gerne von der BILD-Zeitung entgegen genommen. Im Trainer-Casting bei RTL setzte sich übrigens Udo Lattek knapp vor Dragoslav Stepanovic („Lebbe gett weida“) durch.

Ein weiterer verhinderter Weltmeister stammt leider aus Deutschland, genauer gesagt aus Karl-Marx-Stadt. Der brutale Tritt eines schwarzen Prinzen mit deutscher Vergangenheit sorgt nun dafür, dass Capitano Ballack bei dieser WM nicht einmal mehr „Vize“ werden kann. Für ihn ist die Saison vorbei. Er wird die Spiele zu Hause am Bildschirm verfolgen wie wir alle.

Na ja – und dann fehlt auf deutscher Seite noch einer, den wir in den letzten Jahren fest in unser Herz geschlossen hatten. Auch Kevin wird diesmal kein Weltmeister werden können. Traurig zieht es ihn nun mit seinem Tagebuch in sein russisches Exil kurz vor Sibirien. Was ist da wieder schief gelaufen? Ich denke, es war eine fiese Intrige. Erst flog Kevin aus der Nutella-Werbung raus und musste Platz machen für irgendwelche DFB-Nachwuchskicker. Das muss dann einer dem Löw gesteckt haben. Jetzt ist alles vorbei und Kevins WM-Tagebuch bleibt leer. Unser Mitgefühl gilt Schalke 04 und seinen Angehörigen.


2. Wer hatte bei der Gruppen-Auslosung den meisten Dusel?

Nach der WM-Gruppenauslosung im Dezember tönten wieder alle über das vermeintliche Losglück der Deutschen. Die Namen der Gruppengegner, also Australien, Serbien und Ghana wurden geradezu verächtlich wie Freilose vorgelesen. Diese Fehleinschätzung könnte sich noch bitter rächen und wird von mathematisch-statistischer Seite voll unterstrichen.

Nimmt man die so genannte FIFA-Coca-Cola-Weltrangliste zur Hilfe – die heißt übrigens wirklich so – dann kann man allen WM-Teilnehmern ihren jeweiligen Ranglistenplatz zuordnen. Ich hatte auf diese streng wissenschaftliche Methodik schon in meinem Prolog zur EM 2008 hingewiesen. Die Quersumme der Weltranglistenplätze gibt dann einen klaren Hinweis auf die Spielstärke in der jeweiligen WM-Gruppe und zur Qualität der jeweiligen Gegner. Je niedriger dieser Wert ist, desto höher ist die statistische Spielstärke innerhalb dieser WM-Gruppe.

Bekanntlich haben wir acht WM-Gruppen, die bei der FIFA ziemlich langweilig nach dem Alphabet von A bis H bezeichnet sind. Schöner fände ich zum Beispiel eine „Maradona-Gruppe“ oder eine „Beckenbauer Group“. Hier wären noch sinnvolle Verbesserungen möglich. Bewertet man alle Mannschaften in diesen acht Gruppen nach obigem Verfahren, dann kommt man zu folgendem Ergebnis:

1. Gruppe D: 75 Punkte
2. Gruppe E: 76 Punkte
3. Gruppe H: 83 Punkte
4. Gruppe B: 86 Punkte
5. Gruppe E: 103 Punkte
6. Gruppe A: 135 Punkte
7. Gruppe G: 137 Punkte
8. Gruppe E: 151 Punkte

Nun ratet mal, wer in Gruppe D und in Gruppe E ist. Wir Deutsche (Nr. 6) kämpfen gegen Großmächte wie Serbien (Nr. 16), Australien (Nr. 21) und Ghana (Nr. 32) um unsere fußballerische Existenz, während Italien (Nr. 5) sich mit Paraguay (Nr. 30), der Slowakei (Nr. 38) und Neuseeland (Nr. 78) vergnügen darf. Unsere Gruppe ist also statistisch gesehen etwa doppelt so schwer wie die der Italiener. Wo bleibt da das angebliche Losglück?

Ich möchte nicht in die alte „Alle-Gegner-sind-schwer-Diskussion“ einsteigen. Das hatten Waldi Hartmann und Rudi Völler ja seinerzeit schon ausgiebig beim Weizenbier auf Island besprochen. Ich möchte auch nicht einem frühzeitigem WM-Aus in der Gruppenphase das Wort reden, wenngleich man nun die besten Argumente für diesen tragischen Unglücksfall hätte. Danach würde es dann vermutlich wieder eine wundersame Trainerfindungskommission des DFB geben und der verbleibende Sommer wäre auch ohne WM gerettet. Aber das möchten wir Jogi Löw und seinen Mannen natürlich nicht wünschen. Fakt ist aber: Von allen vorher als stark eingeschätzten WM-Teams haben wir nun einmal die eindeutig schwerste Gruppe erwischt.


3. Wie hoch sind die Chancen der deutschen Mannschaft?

Zunächst einmal sind die Chancen Deutschlands immer hoch. Nur wir besitzen die deutschen Tugenden und haben für diese ein Patent angemeldet. Wer auch sonst? Nur wir sind eine echte Turniermannschaft. Wer auch sonst? Es gibt da so ein Lied von irgendwelchen stillen Sportsfreunden, und da heißt es, dass wir diesmal wirklich Weltmeister werden. Wer auch sonst?

Das dachte ich bis vor kurzem auch, bis unser Jogi seinen vorläufigen WM-Kader öffentlich verkündete. War das nun der Offenbarungseid oder nur eine geschickte Vernebelungstaktik? Insgesamt 27 Spielernamen wurden präsentiert. Davon haben 15 Kicker weniger als zehn Länderspiele und diese Jungspunde zusammen gut 50 Spiele auf dem Buckel. Nur sieben Spieler haben bisher jeweils mehr als 50 Mal für Deutschland gespielt. Das sind die „Glorreichen Sieben“ oder die „Sieben Zwerge“. Sieben ist eine mythische Zahl. Jogi, der alte Fuchs, weiß das. Das war ein wichtiger Grund, warum Poldi und Klose, unsere Sleeper-Stürmer, wieder mit dabei sind. Nach dem Ausfall Ballacks geht diese Rechnung nun aber nicht mehr auf. Vermutlich wird Jogi deshalb noch einen Alt-Internationalen wie unseren Loddar nachnominieren. Der könnte dann als zuschauender Kapitän das deutsche Spiel dann wortreich von der Ersatzbank aus lenken.

Außerdem wird Jogi alles genau planen. In den langen Trainingslagern in Sizilien, am Gardasee oder sonst wo wird er unsere Spieler zunächst einmal resetten. Er drückt bei allen also auf die persönliche Reset-Taste und stellt sie gewisser Maßen zunächst auf Null. Das ist übrigens der zweite Grund, warum Poldi und Klose wieder mit dabei sind. Die waren schon lange vorher auf Null resettet, das spart Jogi somit viel Arbeit. Nach dieser Grundjustierung fängt Jogi bei allen ganz von vorne an: Umziehen, Schuhe zubinden, Ball aufpumpen, Passspiel, reklamieren, Toter Mann spielen, Torschuss und Torjubel. Am Ende stehen 23 Terminatoren, um die uns die ganze Fußballwelt beneiden wird. Viele sind der internationalen Fachwelt allerdings mangels Länderspielerfahrung noch gänzlich unbekannt. Das ist ein riesiger taktischer Vorteil gegenüber anderen Mannschaften mit vermeintlichen Weltstars in ihren Reihen. Bei uns ist die Mannschaft der Star, bis auf Jogi natürlich. Der sitzt ganz alleine am Regiepult und wird das schon richten. Ist ja auch seine letzte WM. Danach geht er als Fußballexperte zum Südwestfunk und macht Werbung für „Schwarzkopf“. Aber vorher werden wir noch Weltmeister. Wer auch sonst?


4. Wie verläuft die WM-Endrunde und wer kommt ins Finale?

Früher war eine WM eine Angelegenheit zwischen mehr oder weniger ehrgeizigen Fußballern in kurzen Hosen. Das bessere Team besiegte das schlechtere und die Allerbesten oder Zähesten wurden am Ende Weltmeister. Heute ist das alles viel komplizierter. Die Globalisierung von Wirtschaft, Umweltgiften und Klima sorgt für ziemlich komplexe Zusammenhänge, die den Ausgang einer WM maßgeblich beeinflussen können. In diesem Jahr seien hierzu genannt: Finanzkrise, Vulkanaschewolke und Ölteppich.

Folgendes Szenario erscheint mir dabei ziemlich realistisch: Vermutlich aufgrund der Nicht-Teilnahme Islands wird der dortige Vulkan Öysfjödursdottirsson weiterhin schwerstens Rotz und Asche spucken. Das wird den Flugverkehr noch vor der Anreise der Teams für den Rest des Jahres weltweit komplett lahm legen. Die europäischen Teams schließen sich in Zeiten der Finanzkrise zu Fahrgemeinschaften zusammen und mieten die „M.S. Europa“. Griechenland wird schon vorher vom IWF wegen desolater Staatsfinanzen für die nächsten 10 Weltmeisterschaften ausgeschlossen, um weitere Kosten zu sparen. Otto Rehhagel wird daraufhin einstimmig zum griechischen Finanzminister gewählt. Das Traumschiff startet in Genua, fährt dann durch den Suez-Kanal und den Persischen Golf. Am Horn von Afrika wird der Luxusliner erwartungsgemäß von somalischen Piraten gekapert. Da niemand Lösegeld für über hundert Fußballmillionäre zahlen will, fallen diese 12 europäischen Teams für die WM diesmal leider aus. Auch Deutschland ist mit dabei. Poldi beschließt seine internationale Fußballerkarriere im Liegestuhl auf dem Oberdeck und Ballack bedankt sich noch einmal bei Prinz Boateng, der ihm mit seinem fiesen Tritt diese Strapazen erspart hat.

Auch den amerikanischen Mannschaften geht es diesmal nicht besser. Für das Abschöpfen des Ölteppichs auf dem Golf von Mexiko wird jede Hand gebraucht. Umwelteinsatz statt Fußball: Messi, Kaka und Co. sammeln nicht nur klebriges Öl ein, sondern auch jede Menge Pluspunkte bei Obama und den Amis. Damit fehlen allerdings auch die acht Teams aus Nord-, Mittel- und Südamerika bei dieser WM. Maradona hält nichts vom Ölteppich, weil man den nicht schnupfen kann, tritt als argentinischer Nationalcoach zurück und geht ins kubanisches Exil zu seinem Freund Fidel Castro. Als er vor Ort erfährt, dass der schon lange tot ist, verklagt er den amerikanischen CIA beim Sportgerichtshof CAS.

Die beiden ozeanischen Mannschaften aus Australien und Neuseeland mieten sich gemeinsam einen schmucken Katamaran, landen irrtümlich auf Tahiti und gründen mit vielen netten Mädels neue Familien in der Südsee zur Förderung des Fußballs vor Ort. Auch für sie fällt die WM somit flach. Süd- und Nordkorea können sich über die Art der Anreise per Bahn, Bus oder Lastenkamel nicht einigen. Nordkorea droht mit dem Einsatz von Atomwaffen und versenkt angeblich versehentlich sowohl eine südkoreanische Fregatte als auch ein japanisches U-Boot mit den beiden WM-Teams an Bord. Dieser unfreundliche Akt wird von der UNO schriftlich kritisiert. Per Dschunke gelingt es den Nordkoreanern aber als einziger Mannschaft, Südafrika auf dem Seeweg zu erreichen.

Algerien scheitert mit seiner WM-Karawane kläglich in der Sahara. Es bleiben somit zunächst nur noch die vier Länder Nigeria, Ghana, Kamerun und die Elfenbeinküste übrig. Wegen angeblich fehlender Visa-Unterlagen werden die WM-Fahrer dieser Länder aber von ihren südafrikanischen Brüdern nicht ins gelobte WM-Land gelassen. Das sorgt auch bei J. Blatter für eine gewisse Verstimmung. Zum ersten Mal in der WM-Geschichte ist das Eröffnungsspiel somit gleichzeitig auch das Finale. Südafrika gegen Nordkorea hatten nicht viele erwartet, nicht mal die chinesische Wettmafia. Alle Mittipper nun aufgepasst: Das Spiel endet 7:0 für Südafrika. Afrika holt endlich seinen ersten WM-Titel! Bafana Bafana!

Es kann – muss aber nicht – so kommen. In diesem Sinne wünsche ich vom Kanal allen Mitspielern überwiegend treffsichere Tipps und natürlich viel Fußballspaß bei der WM.

Bernd Christoph