WM-Tippspiel 2006
Endstand
(09.07.2006, 23:00h, nach 64 von 64 Spielen)
Unterhalb der Tabelle finden sich die Kommentare zu den Spieltagen.
(Einige Links im Text sind evtl. außer Funktion)
nn
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57
61
62
64
66
71
72
74
75
77
78
80
81
|
Martin Kordowski
Torben Wetzel
Annette Christoph
Roland Friedl-Schulz
Henning Bauch
Gerd-Dieter Höffmann
Ingo Bergmann
Claudia Didié
Klas Lackschewitz
Azzedine Ait Brahim
Ove Krüger
Winfried Hebold-Heitz
Frank Wiegel
Tobias Christoph
Moritz Kayma
Verena Dethlefs
Simon Pilates
Hiroshi Kawamura
Jochen Dreger
Matthias Schmitt
Thomas Müller-Lupp
Hanno Kinkel
Max Wislander
Michael Klages
Emanuil Antonow
Christian Rodde
Jan Petersen
Stephan Steinke
Markus Diesing
Frederik Dethlefs
Bernd Christoph
Lisa Christoph
Hardy Jacobsen
Gerd Unger-Schneeberg
Jan Scholten
Robert Spielhagen
Dieter Piepenburg
Jeroen Groeneveld
Jan-Malte Wolfsdorf
Tim Klages
Frank Schoster
Christoph Ruholl
Michaela Bessmann
Niels Noergaard-Pedersen
Dirk Dethleff
Martin Antonow
John Reijmer
Klaus Dittmers
Carolyn Wegner
Nicole Biebow
Jörn Geletneky
Dorothea Bauch
Sven Petersen
Johannes Göser
Alex Schimanski
Holger Dardzinski *
Nicolas Van Nieuwenhove
Jan Wegner
Stefan Wetzel
Felix Strenge *
Susanne Wetzel
Volker Sielaff *
Jendrik Städler
Jens Hölemann
Günter Riemenschneider
Jan Helmke
Martin Frank
Berthold Kayma
Christian Hass
Paul Schneeberg
Marian Rüffer
Rasmus Hilbig
Sven Geletneky
Borko Borkowski
André Kaiser *
Hannes Städler
Karen Volkmann-Lark
Jörg Geldmacher *
Norbert Dregger *
Knud Jacobsen
Brian Haley *
* keine Endrundentipps abgegeben |
114
112
111
110
108
108
108
105
102
101
101
101
101
101
100
100
100
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99
99
99
98
98
97
97
96
96
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95
95
95
95
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94
94
94
93
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92
92
92
92
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91
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90
90
90
90
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89
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86
86
86
86
85
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83
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81
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80
80
80
80
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75
75
74
73
73
72
68
68
64
60
|
WM-Kommentar vom 10.07.
Liebe Freunde,
Gratulazione, Italia! Italien ist Fußball-Weltmeister, und
zwar zu Recht. Buffon im Tor und die Viererkette aus massivem
Stahlbeton wurden im ganzen Turnier nicht ein einziges Mal vom
gegnerischen Angriff überwunden. Wir wissen ja: Offense wins
games, defense wins championships. Diese WM war das beste Beispiel.
Selbstverständlich brauchten auch die Italiener mitunter
Glück, um ihre Spiele zu gewinnen (1:0 gegen Australien 9 Sekunden
vor Schluss, Elfmeterschießen im Finale), aber war das z.B. bei
der deutschen Mannschaft 1990 in Italien anders? Eigentlich nicht,
obwohl man andererseits ein Elfmeterschießen im Halbfinale gegen
England auch nicht gerade als allergrößtes Problem für
eine deutsche Nationalmannschaft betrachten kann... :-)
Frankreich hat sich gestern selbst geschlagen, zum einen durch die
Hasenfuß-Wechseltaktik seines Trainers, und zum anderen durch den
Blackout von Zidane. Wer hatte eigentlich den in der ersten Hälfte
noch deutlich aktiveren Italienern Valium in den Pausentee getan? Die
schleppten sich ja nur noch mühsam über den Platz und
offensiv ging gar nichts mehr. Wenn der französische Trainer das
nicht bemerkt und weiterhin glaubt, mit einer Spitze den italienischen
Beton knacken zu können, dann darf er sich nicht wundern, dass
diese Dummheit mit Elfmeterschießen bestraft wird. Manch eine(r)
mag jetzt wieder über den neuen Weltmeister lästern und
behaupten, das sei nur unattraktiver Betonfußball. Wer das sagt,
hat die Philosophie des italienischen Fußballs nicht verstanden,
die der Effizienz einen höheren Stellenwert als der brotlosen
Kunst einräumt. Schneller Konterfußball hat durchaus seine
Reize, und das weiss man scheinbar paradoxerweise zu schätzen,
wenn man selber nicht mehr der Schnellste ist. Bei dieser Art
Fußball müssen Laufwege und Anspiele sehr gut aufeinander
abgestimmt sein, dann kommt es gar nicht mehr so sehr auf die
Grundschnelligkeit an. Mitunter reicht es, richtig zu stehen. Marcello
Lippi hat es geschafft, der reinen Betonstrategie von Trappatoni ein
ungemein flexibles und schnell umschaltendes Mittelfeld hinzu zu
fügen, das die Stürmer gezielt füttert. Das klappt
natürlich nicht immer, aber es hat gereicht, um Weltmeister zu
werden. Hinzu kommt: Nur die deutsche Mannschaft schoss mehr Tore als
die italienische. Die Taktik war also erstens nicht nur defensiv und
zweitens vor allem richtig. Darauf kommt es schließlich an.
Am Samstagabend wurde die deutsche Nationalmannschaft mit
Bronzemedaillen für ihren mutigen Offensivstil belohnt, der sie
über weite Strecken des Turniers ausgezeichnet hat. Das war ein
schönes Spiel mit viel Offensivfußball und einem dankbaren
Gegner, der vor allem in der zweiten Hälfte wohl irgendwie geistig
schon auf auf der Heimreise war. Klinsmann und sein Team haben in der
deutschen Nationalmannschaft eine neue Stimmung und eine Begeisterung
geschaffen, die jetzt nicht verloren gehen darf. Kleinliche
Berufsnörgler wie Breitner, Basler und Matthäus wurden Lugen
gestraft und wir haben jetzt wieder eine deutsche Mannschaft, bei der
das Zusehen Spaß macht. Das muss so bleiben, dann kann das ganze
Team in 2008 und 2010 noch allerhöchste Ziele erreichen.
Unser großes Fest ist nun zuende. Die Besatzungsmacht FIFA
mit ihrem Führer Blatter übergibt große Teile des
Landes wieder dem Staat, den Städten und den Vereinen. Deutsches
Bier darf wieder konsumiert werden, ohne dass man sich strafrechtlicher
Verfolgung ausgesetzt sehen muss. Dennoch: Wir haben eine fantastische
Weltmeisterschaft in Deutschland hinter uns, wie die meisten von uns
sie nie wieder erleben werden. Von diesem Ereignis und der Stimmung in
diesem Land können wir mit leuchtenden Augen noch unseren
Enkelkindern erzählen, und zwar mit Fug und Recht. Ich bin
glücklich, dass ich diese Weltmeisterschaft in Deutschland erleben
durfte. Alle Träume von einem fröhlichen, friedlichen Fest
sind in Erfüllung gegangen, es gab keine Gewalt in den Stadien und
drum herum, es gab keine politischen Störenfriede, die sich auf
die Bühne drängten, die ihnen nicht gehörte - ja, es war
sogar das Gegenteil der Fall. Die Freude an dem Fest im eigenen Land,
an der eigenen Gastgeberrolle, und am Erfolg der deutschen
Nationalmannschaft haben bei vielen Menschen zu einer neuen Einstellung
zu nationalen Symbolen wie Fahne und Nationalhymne geführt, die
absolut gar nichts mit Nationalismus zu tun hat, sondern viel mehr mit
Lebensfreude. Es bleibt zu hoffen, dass diese Einstellung erhalten
bleibt und dass jeder Versuch politisch rechter und reaktionärer
Kreise, diese nationalen Symbole in Zukunft für die eigenen Ziele
zu vereinbaren, einfach als blödsinnig verlacht wird.
Auch organisatorisch lief alles perfekt. Stadien, Spiele, Public
Viewing, Fanmeilen - wenn Depp Blatter von der „besten WM aller
Zeiten“ sprach, dann mag man es gern glauben. Vielleicht
hätten die Veranstalter vor Ort ein paar geplante Pannen einbauen
sollen, damit zukünftige Organisatoren nicht jetzt schon jeden
Morgen mit Komplexen aufwachen... :-)
Zum Schluss noch meine unvermeidliche Liste der
Merkwürdigkeiten dieser WM. Ob alles tatsächlich des Merkens
würdig ist, mag jede(r) selbst entscheiden.
Tolle Spiele...
... gab es leider selten. In der Vorrunde wurde manchmal richtig
schön Fußball gespielt (Argentinien, z.T. Spanien und
Deutschland) und oft aufopferungsvoll gekämpft (Australien,
Südkorea, Angola, Trinidad-Tobago), leider war aber
Mittelmaß die Regel. In der Hauptrunde gab es fast nur noch
Ergebnisfußball: Spannend, aber nicht schön.
Erfolgreiche Taktik...
... ist inzwischen das Spiel mit nur einem Stürmer. 3 von 4 Halbfinalisten bevorzugten dieses System.
Der Ball...
... macht das Spiel. Vom „Teamgeist“ profitieren die
Schützen aus der Zweiten Reihe. Oft war seine interne Dynamik die
Basis für
Die schönsten Tore
Philipp Lahms Eröffnungstor gegen Costa Rica - er zirkelte den Ball wunderbar mit dem Innenspann ins lange Toreck.
Esteban Cambiassos 2:0 gegen Serbien-Montenegro nach 26 Stationen und Hackenvorlage
Joe Coles 1:0 gegen Schweden - ein Heber aus ca. 30 m ins lange obere Toreck
Maxi Rodriguez' 2:1 gegen Mexiko - er stoppte einen langen hohen
Querpass mit der Brust und schlenzte den Ball von rechts mit links ins
lange obere Eck.
Brasilien
Grandiose Selbstüberschatzung und Arroganz, und vorn ein Deoroller als Denkmal. Mehr war da nicht.
Argentinien...
... hätte vor dem Auswechseln der besten Leute erst mal bei Gary Lineker nachfragen sollen.
Holland...
... wählte die falsche Sportart oder das falsche Land. Mit
Fußballspielen wären unsere lieben Nachbarn vermutlich bis
ins Halbfinale gekommen. Die Kung Fu-WM fand aber 2006 nicht in
Deutschland, sondern in Ungarn statt.
England...
... brachte angeblich die beste Mannschaft seit 40 Jahren zur WM,
produzierte aber nur Rührei und Schlagzeilen durch die WAGs. Darf
weiter fleißig Elfmeter üben.
Spanien
... erfüllte alle Erwartungen: Gut angefangen und dann stark nachgelassen. Eigentlich wie immer...
Schweiz
Ein kleines Land schickte eine Mannschaft mit großem Kämpferherz. Hopp, Schwiiz! Wir freuen uns auf die EM!
Serbien-Montenegro
Was wollten die eigentlich hier?
Die Afrikaner...
... spielen z.T. tollen Fußball, vergessen aber leider das Toreschießen.
Die Asiaten...
... konnten ihre Leistung von 2002 nicht bestätigen. Verdientes Vorrunden-Aus.
Die Superstars...
... fanden nicht statt. Ronaldinho, Ronaldo, Adriano, Ibrahimsson,
Nedved, Beckham, Totti, und Rooney schwankten meist zwischen
Enttäuschung und Lachnummer.
Der beste Spieler...
... war für mich Fabio Cannavaro. Ein nur 1,76 m großer
Innenverteidiger kommt fast ganz ohne Fouls aus und wird im 100.
Länderspiel Weltmeister. Besser geht's nicht.
Die Altstars...
... Figo und Zidane ließen noch mal ihr Können aufblitzen. Leider brannte dabei in Zidanes Kopf eine Sicherung durch.
Das Fernsehen...
... versorgte uns bestens mit allem, was wir sehen wollten. Leider sogar mit noch mehr...
Die Nervbolzen...
... waren die üblichen Verdächtigen. Steffen Simon
bastelte ständig an neuen leeren Worthülsen; Reinhold
Beckmann zerredete jedes Spiel und schwallte uns sogar noch angesichts
des fröhlich feiernden neuen Weltmeisters mit Informationen voll,
die wir gar nicht wissen wollten; Johannes Baldrian Kerner nahm seine
Grinsmaske nicht mal nach dem Last-Minute-Aus der Deutschen gegen
Italien ab, sondern moderierte fröhlich lächelnd weiter,
während wir zuhause schockiert nach den Notfalltropfen suchten.
Unfassbar!
Erfreulich...
... war Bela Rethy, der das Spiel in den Mittelpunkt stellt, nicht
ständig Statistiken vom Blatt abliest und auch mal längere
Zeit den Mund halten kann.
Erfrischend...
... war Jürgen Klopp, der die Begeisterung für den
Fußball in sich trägt und fachkundig auf interessante
Details aufmerksam machte, die uns sonst entgangen wären. Leider
trat er nur im Trio mit Schiedsrichter-Verteidiger Meyer und Grinsemax
Kerner auf.
Überraschend und ehrlich...
... war Pierre Littbarski als Ko-Kommentator bei RTL. Er
kritisierte schlampige Pässe und schlechtes Stellungsspiel so, als
ob er selbst mit auf dem Platz stünde. Das hat man selten so
authentisch gehört. Weitermachen!
Abgenutzt...
... hat sich die Masche von Detzer und Nelling, die inzwischen
allzu gezwungen wirkt. Netzers Fachkommentare zu den Spielen halten
aber das hohe Niveau.
Überflüssig wie ein Kropf...
.... waren Ingolf Lück & Co mit
„Nachgetreten“. Da bot Waldis WM-Club die bessere
Unterhaltung und nach Entfernen des Apostroph auch eine korrekte
Rechtschreibung (am Anfang hieß er noch „Waldi's
WM-Club“)
Einfallslos...
... war die Werbung zwischen den Spielübertragungen und in
den Pausen. Während vor der WM noch einige witzige Spots (z.B. von
Adidas, Holsten und Paulaner) zum Zusehen einluden, kam später nur
noch Einheitsbrei, der wirkungslos am Zuschauer abperlte. Ziel verfehlt!
Der Allergrößte...
... ist Franz Beckenbauer. Er hat uns dieses wunderbare
WM-Geschenk beschert, war scheinbar überall dabei und hat dabei
(Überraschung!) kaum genervt. Mit der WM ist der Kaiser zum echten
Souverän geworden. Hut ab und Danke, Franz!
Mit der WM endete auch das Tippspiel auf der Hebbelkickerseite.
Die Entscheidung fiel erst im Endspiel. Martin Kordowski hatte auf
Deutschland als torbestes Team gesetzt, überholte quasi in der
letzten Spielminute den ca. 2 Wochen lang führenden Torben Wetzel
und darf sich jetzt „Tipp-Weltmeister“ nennen. Den
passenden Pokal gibt's noch dazu. Sein Erfolg ist kein Zufall, denn
schon bei der letzten EM belegte er Platz 3. Roland Friedl-Schulz
konnte den 4.Platz von der EM souverän bestätigen. Vor ihn
schob sich noch Annette Christoph (EM-Platz 7). Platz 5 teilen sich
zwei Hebbelkicker (Ingo Bergmann und Henning Bauch) mit Dieter
Höffmann, einem echten Tippspiel-Veteranen. Mit meinem eigenen
Abschneiden kann ich nicht recht zufrieden sein; Platz 33 ist kein
Ruhmesblatt. Immerhin darf ich mir als Ausweis der Expertise ans Revers
heften, zu der Handvoll Experten (Jens Hölemann, Henning Bauch,
Klas Lackschewitz, Matthias Schmitt und ich) zu gehören, die schon
vor der WM den kommenden Weltmeister richtig getippt hatten. Wahre
Klasse setzt sich also am Ende durch... :-) Und bei der EM
2008 in Österreich und der Schweiz haben wir alle eine Chance, es
noch besser zu machen.
Bis dahin alles Gute wünscht
Robert
Kanal-WM-Highlights vom 10.07.2006
Mit dem Herz in der Hand und der Leidenschaft im Bein (Das ist
übrigens kein Werbesong der Fleischerinnungen.) stürmten die
Zeugen Klinsmanns bis ins Halbfinale dieser Weltmeisterschaft. Dann
platzte gegen Italien keine zwei Minuten vor dem Ende der
Verlängerung der große Traum vom vierten WM-Titel (für
Deutschland zumindest). Hut ab vor einer großen
Mannschaftsleistung. Diese Truppe hat endlich mal wieder Spaß
gemacht und man musste sich für deutsche Siege nicht – wie
früher schon passiert – entschuldigen. Am Ende hat man aber
gesehen, dass man an den ganz großen Kalibern des
Weltfußballs schwer zu tragen hatte. Gegen Argentinien half noch
das Publikum und der „deutsche Wettbewerb“
Elfmeterschießen. Im Spiel gegen Italien kam es (leider) gar
nicht mehr zu letzterem. Am Ende hat eine Prise mehr Cool- und
Cleverness bzw. eine geniale Kombination entschieden. Deutschland ist
wieder (fast) auf Augenhöhe mit den Großen. Jetzt gilt es,
dieses mit viel Aufwand und Energie erzielte Niveau über einen
längeren Zeitraum zu stabilisieren – mit oder ohne
Klinsmann. Der Vorteil besteht darin, dass die Mannschaft noch jung
genug ist, die nächsten großen Meisterschaften gemeinsam in
Angriff zu nehmen. Nach dem „falschen Endspiel“ gegen
Portugal baumelte am Ende wenigstens etwas Edelmetall am Halse.
Aus Sicht eines Kanalarbeiters habe ich – ganz subjektiv
– eine kleine Hitliste meiner persönlichen
WM-Höhepunkte positiver wie negativer Art zusammen gestellt. Diese
Aufzählung erhebt natürlich keinen Anspruch auf
Vollständigkeit und die Nummerierung ist völlig
willkürlich gewählt.
1. Die größte Ungerechtigkeit:
Englands Mittelfeldstar Frank Lampard nach dem 1:3 im
Elfmeterschießen gegen Portugal mit einer neuen Variante des
bekannten Lineker-Zitats: „Ich weiß einfach nicht, warum es
immer uns treffen muss. Dabei haben wir das Elfmeterschießen vor
diesem Spiel noch trainiert – stundenlang. Aber wir scheiden
trotzdem aus. Und die Deutschen gewinnen immer. Das ist
ungerecht.“
2. Der fieseste Tritt:
Rooneys mittelenglische Eierpresse gegen seinen Sportskollegen Carvalho im selben Spiel
3. Der einzige freie Sitzplatz:
Maradonas Platz im VIP-Bereich blieb während des ganzen Spieles im
Viertelfinale gegen die Deutschen frei. Diego auch noch als
Schwarzmarkthändler? Pfui Teufel!
4. Die meisten Tore:
... wurden diesmal nicht so ganz geschossen. Rechnet man die vielen
falschen Abseitspfiffe mit ein, hätten es aber durchaus 30-40
Treffer mehr sein können.
5. Die meisten Karten:
Wegen der allgemeinen Kartenknappheit in den Stadien taten sich die
Schiedsrichter zu einer solidarischen Aktion zusammen. Unter dem Motto
„Viele bunte Karten für die WM“ sorgten sie für
eine ungeahnte Ticketvermehrung. Auf dem Platz frei gewordene
Stehplätze konnten so mit bisher leer ausgegangenen Fans
aufgefüllt werden. Beim Schlusspfiff des Spiels Portugal gegen die
Niederlande standen am Ende mehr Fans als Spieler auf dem Platz.
Vorbildlich!
6. Die "besten" Scharfschützen:
- Tells Erben im Elfmeterschießen gegen die Ukraine (3 Treffer)
- Englands Übungsweltmeister im Elfmeterschießen gegen Portugal (3 Treffer)
- Argentiniens Möchtegernweltmeister im Elfmeterschießen gegen Deutschland (2 Treffer)
7. Die besten Brasilianer:
Pelé im ZDF-WM-Studio und Felipe Scolari auf der portugiesischen Bank
8. Die überflüssigste Sendung:
„Nachgetreten“ mit Ingolf Lücks Ansammlung alternder Spaßbremsen
9. Die besten Netzer-Dellings:
Jürgen Klopp und Urs Meyer im ZDF-WM-Studio
10. Die schönsten Spiele:
- Deutschland – Costa Rica (4:2)
- Deutschland – Ecuador (3:0)
- Deutschland – Polen (1:0)
- England – Schweden (2:2)
- Argentinien – Elfenbeinküste (2:1)
- Argentinien – Serbien & Montenegro (6:0)
- Tschechien – Ghana (0:2)
- Australien – Japan (3:1)
- Spanien – Ukraine (4:0)
- Deutschland – Schweden (2:0)
- Brasilien – Frankreich (0:1)
- Deutschland – Italien (0:2)
11. Die schlimmsten Kicks:
- England – Paraguay (1:0)
- England – Trinidad & Tobago (2:0)
- Niederlande – Argentinien (0:0)
- Mexiko – Angola (0:0)
- Japan – Kroatien (0:0)
- Saudi-Arabien – Spanien (0:1)
- Ukraine – Tunesien (1:0)
- Schweiz – Ukraine (0:3 n.E.)
- England – Portugal (1:3 n.E.)
12. Die besten Kung-Fu-Einlagen:
- Portugal – Niederlande (ganzes Spiel)
- Deutschland – Argentinien (zweite Verlängerung)
13. Die spätesten Tore:
Glückliches Italien: Tottis Elfmeter zum 1:0 neun Sekunden vor
Ende der 5-minütigen Nachspielzeit im Achtelfinale gegen
Australien und Grossos 1:0 in der 119. Minute im Halbfinale gegen
Deutschland. Del Piero setzte im gleichen Spiel mit seinem Tor zum 2:0
noch den finalen Schlusspunkt.
14. Die größten Pleiten:
- Das frühe Ausscheiden Tschechiens, Kroatiens und Polens in der Vorrunde
- Das Aus von Holland und Spanien im Achtelfinale
- Das Aus von Argentinien, England und Brasilien im Viertelfinale
15. Die Verkaufsschlager:
Deutschland-Auto-Flaggenhalter, Hawaii-Ketten in schwarz-rot-gold und sonstiger nationaler Krimskrams
16. Das schlimmste Liedgut:
Deutschland-Lied (erste Strophe laut gegrölt) und die „WM-Hymne“ von Herbemeyer
17. Das besten TV-Kommentatoren:
Fehlanzeige
18. Die beste Organisation:
Fußballverband von Togo
19. Der traurigste Animateur:
Oliver Kahn
20. Die beste Kilometerleistung:
Kaiser Franz Beckenbauer
21. Die schönste Hubschraubertrauung:
s.o. mit seiner „Weihnachtsfee“ Heidi
22. Das schlimmste Bier:
Die „Bud“-Plörre von Anheuser-Busch (USA) in den WM-Stadien
23. Das schlimmste Maskottchen:
Triebtäter „Goleo“ wird nach der WM wegen Erregung
öffentlichen Ärgernisses und exhibitionistischer Exzesse
für immer aus allen Kinderzimmern verbannt.
24. Der dickste Bauch:
Ronaldo nach dem zweiten Frühstück am 13.06.2006
25. Das glanzvollste Comeback:
Zinedine Zidane am 01.07.2006
26. Die größten Versager:
Beckham, Ronaldinho, Adriano, Roberto Carlos etc.
27. Der ewige Torrekord:
Großes dickes Ronaldo (15) übertrifft kleines dickes Müller (14)
28. Die größten Gewinner:
Zuschauer in den Stadien, Fan-Meilen und Biergärten
29. Die größten Experten:
Günter Netzer und Angela Merkel
30: Das beste Ein-Mann-Team:
Cristiano Ronaldo
Wir vom Kanal wünschen Euch noch schöne schoene
Fussball-freie Sommertage. Nochmals besten Dank an den
Tippspielorganisator Robert. Es hat wie immer viel Spaß gemacht.
Aber es dauert ja nicht mehr lange bis zur nächsten
Europameisterschaft bei unseren beiden gebirgigen Nachbarn im
Süden. Hoffen wir mal, dass sich unsere Kicker auch diesmal wieder
dafür qualifizieren können. Dann steht einer weiteren
spannenden Tippspielrunde in 2008 nichts mehr im Wege.
Bernd Christoph
WM-Kommentar vom 06.07.
Liebe Freunde,
die Finalteilnehmer stehen fest und das deutsche Team darf gegen
Portugal um die Bronzemedaille spielen. Das gestrige Halbfinale war
eines dieser von der Taktik bestimmten Spiele bei dieser WM, von denen
wir leider viel zu viele sehen mussten (zumindest wenn man stets am
Ball war). Gab es in der ersten Halbzeit noch einige sehenswerte
Situationen, die von Spielfreude und Spielkunst zeugten, so verkam das
Spiel in der zweiten Hälfte zum reinen Ergebnisfußball.
Frankreich wollte nicht und Portugal konnte offenbar nicht besser
spielen. Obwohl die Sportugiesen sicherlich auch gewinnen wollten,
kamen sie all zu selten direkt vor das gegnerische Tor, das von den
Froggies geschickt und mit Routine verteidigt wurde. Das war
früher die von den Gegnern so oft verfluchte klassische deutsche
Spielweise! Die Franzosen haben momentantan wohl das beste
klassisch-deutsche Team seit Griechenland 2004, als Rehakles mit seinen
Jungs ebenfalls mit deutscher Taktik Europameister wurde.
Freuen wir uns also auf ein spannendes Finale, das hoffentlich nicht
rein taktisch bestimmt sein wird. Vorher kann das deutsche Team mit
einem Sieg im "Kleinen Finale" noch einen richtig versöhnlichen
Abschluss dieser WM schaffen.
Sportsgruß, Robert
WM-Kommentar vom 05.07.
Liebe Freunde,
nun ist es also passiert: Der Höhenflug der deutschen
Mannschaft hat ein Ende gefunden, es reichte dann doch nicht zum
Finaleinzug. Die italienische Mannschaft war gestern besser, und das
hatte verschiedene Gründe:
1. Einige deutsche Spieler konnten nicht an ihre z.T. sehr guten
Leistungen aus den vorherigen Spielen anknüpfen. Schneider:
Gestern wenig durchsetzungsfähig und im Abschluss von der
Harmlosigkeit einer Stubenfliege. Podolski: Wurde zu wenig in Szene
gesetzt, konnte sich nur ein einziges Mal richtig durchsetzen und zum
Schuss kommen. Ballack: Was war mit dem Kaptitän los? Zeigt keine
Preasenz im Mittelfeld und spielte Alibipässe, wo mal ein
energisches Eindringen in den gegnerischen Strafraum oder ein beherzter
Schuss angebracht gewesen wären.
2. Das Umschalten von Abwehr auf Angriff lief viel zu langsam.
Auffällig viele Pässe waren schlampig gespielt, so dass
zusätzliche Laufarbeit gefragt war, die das deutsche Spiel
unnötig verzögerte. Von dem sicheren und schnellen Passspiel,
wie es noch gegen Schweden praktiziert wurde, war gestern bei der
deutschen Mannschaft nichts nichts zu sehen, wohl aber bei den Italienern.
3. Individuelle Klassenunterschiede wurden in der Offensive
deutlich, insbesondere im Kopfballspiel. Die Italiener gewannen
quasi ausnahmslos jedes Kopfballduell im eigenen Strafraum. 12:4 Ecken
zeigen deutlich auf, dass die Spagettis ihren Gegner erst gar nicht in
den Strafraum oder an die Grundlinie ließen, selbst aber immer
gefährlich vordringen konnten.
4. Marcello Lippi hatte die bessere Bankbesetzung und setzte sie
auch taktisch richtig ein. Sein Team schaltete in der Verlängerung
noch mal einen Gang hoch und kam sofort zu zwei dicken Chancen. Schon
hier hätten die Azzuri führen können. Die deutschen
Auswechselspieler blieben weitgehend wirkungslos. Wohl dem, der ein
taktisch so gut geschultes Team hat...
So weit die offensichtlichen Schwächen des deutschen Teamms
und die Vorteile der Italiener. Andererseits kann man mit Fug und Recht
mit dem Schiedsrichter hadern, dessen Laissez-faire-Einstellung die
Deutschen durchaus benachteiligte. Pirlos Oberarm und Schulter gingen
bei Ballacks Kopfballvorlage in der ersten Halbzeit eindeutig nach oben
und zum Ball (was hat Urs Meier da bloß gesehen? Ich empfehle den
Gang zum Optiker!). Das war ein klarer Elfmeter. Und die Szene, in der
Freistoß gepfiffen wurde, obwohl der hochspringende Podolski
einen Meter weit im Strafraum stand? Nun ja, ein besserer Schiri
hätte da wohl eher gar nichts gepfiffen... Es bleibt aber Pirlos
Oberarmspiel und die hypothetische Frage, wie das Spiel wohl naach
einem verwandelten Elfmeter weiter gelaufen wäre...
Trotz allem sollten wir nicht allzusehr mit dem Schicksal hadern.
Die deutsche Mannschaft hat besser gespielt als erwartet, befand sich
auf Augenhöhe mit Argentinien und hätte an einem besseren Tag
auch die Italiener vielleicht schlagen können. Das hat ganz sicher
zu der absolut positiven Stimmung beigetragen, die uns und fast ganz
Deutschland jetzt schon dreieinhalb Wochen durch das Turnier begleitet
und das ganze Ausland begeistert. Wenn unsere Jungs schon in der
Vorrunde gescheitert wären, dann wäre sicher auch die
Stimmung runter gegangen. Ergo: Danke auch an Klinsmann und die
deutsche Nationalmannschaft!
In unserem Tippspiel ist die Tabelle nun schon fast zementiert.
Mit der gestrigen Niederlage starben nicht nur die Finalträume des
deutschen Teams sondern auch die Punkteträume vieler
Mitspieler/innen. Meine "von Hand" gemachte Zusatzspalte der maximal
noch möglichen Punktgewinne hat mich beim letzten Mal etwas
getrogen, als ich fälschlicherweise Annette die
Tabellenführung bei einem Sieg der Italiener versprach. Ich
weiß auch nicht mehr, wie ich dazu gekommen war. Auf jeden Fall
wird der WM-Titel auch bei uns wohl erst am Sonntagabend vergeben.
Torben kann noch 3 Punkte holen, falls Portugal nicht nur Elfmeter
verwandelt, sondern auch kräftig Feldtore erzielt; Martin muss
hoffen, dass das deutsche Team die torbeste Mannschaft stellt und sich
nicht noch z.B. von den Italienern (beide derzeit 11 Treffer)
überholen lässt. Wahre Experten hatten den Spagettis
natürlich von Anfang an viel zugetraut: Bei ihrem letzten
WM-Triumph 1982 gab es bekanntlich ebenfalls zuhause einen
Betrugsskandal und einige eher schwache Vorrunden-Auftritte. Die
Geschichte erholt sich bekanntlich im Fußball erstaunlich oft...
Sportsgruß, Robert
Kanal-Kommentar vom 03.07.2006
Don’t cry for me, Maradona
Wie haben wir dich am Freitag nur vermisst. Alle Kameras waren schon
lange vor dem Spiel auf deinen Platz in der VIP-Loge des Berliner
WM-Stadions gerichtet. Er blieb zunächst leer. Wir hatten
Verständnis dafür. Du bist schließlich Genießer
und Raucher. Leider wird diese aussterbende Spezies zunehmend mehr an
den Rand der Gesellschaft gedrängt. Wir meinten, dich hinter einem
Lüftungsschacht, eingehüllt in dichtem Cohiba-Rauch, entdeckt
zu haben. Aber das war nur eine Wunschvorstellung. Spätestens beim
Abspielen der argentinischen Nationalhymne musstest du doch endlich ins
Bild kommen in deinem wunderbaren blau-weißen Trikot mit Stolz
geschwellter Brust. Wir wurden langsam unruhig, als du immer noch
fehltest. Hattest du wieder mal Krach mit den Offiziellen der FIFA, die
dich noch nie verstehen konnten? 1990 hatten sie den Schiedsrichter im
Endspiel bestochen und dir so den sicheren zweiten WM-Titel gestohlen.
Nun ging es wieder gegen Deutschland, den Gastgeber. Du hattest
völlig zu Recht von möglicher Manipulation gesprochen.
Deutschland sollte wieder ins Halbfinale gepfiffen werden. Alle waren
auch diesmal gegen Argentinien, nur weil sie Angst vor dir haben. Du
kämpfst seit Jahren Seite an Seite mit deinem Freund Fidel Castro
für die Rechte der Armen, Schwachen und Unterdrückten in der
Welt. Dein Gegner ist das Großkapital, die Weltbank, die WTO und
die FIFA. Sie fürchten dich, weil du aus dem Volk kommst und das
Volk auf deiner Seite hast. Du bist ein Genie und durch die „Hand
Gottes“ für uns alle unsterblich geworden.
Das Spiel begann und du warst immer noch unsichtbar für uns alle.
Wir konnten es nicht fassen. Deine Energie ging aber, für uns alle
spürbar, in Form eines unsichtbaren Kraftfeldes auf die Mannschaft
über. Deine Seele schwebte über dem Stadion.
„Argentina, Argentina“ schallte es überall auf den
Rängen. Aber auch in der Halbzeitpause blieb dein Platz leer.
Sicher warst du in der Kabine, um der Mannschaft den Sieg zu
erklären. Dieser Trainer Pekerman war leider nicht in der Lage
dazu. Das hast du in deiner famosen Fernsehshow schon seit Monaten
gesagt. Deine flammende Ansprache zeigte auf eine geradezu
phantastische Weise ihre Wirkung. Noch stärker als vorher kamen
die Albinocelesti in der zweiten Hälfte ins Spiel. Kurze Zeit
später folgte dieser Freistoß. Du hattest deinen Spielern
bis in alle Einzelheiten erläutert, wie sie es machen sollten. Sie
folgten exakt deinem weisen Rat und es stand völlig verdient 1:0.
Wer sollte Argentinien jetzt noch stoppen? Diese deutschen Panzer etwa?
Wir meinten, einen Heiligenschein über deinem leeren Platz
erkennen zu können. Dann folgte aber das Unfassbare zehn Minuten
vor Schluss. Deutschland glich aus zum 1:1. Wie konnte es dazu nur
kommen? Wieder war der Schiedsrichter Schuld. Er verhängte diesen
unseligen, vollkommen unberechtigten Einwurf für Deutschland, ohne
den das Tor niemals gefallen wäre. Das traf die Mannschaft bis ins
Mark. In der Verlängerung brauchte das Team deine Anfeuerung,
deinen ekstatischen Tanz in der Ehrenloge des verhassten
Establishments. Warum hast du ihnen nicht geholfen, als sie dich so
dringend brauchten? Ermattung setzte ein, wie ein lähmendes Gift
befiel es nach und nach deine Spieler. Man meinte, sie auf dem Platz
förmlich schrumpfen zu sehen. Als es zum Elfmeterschießen
kam, waren sie plötzlich nicht mehr zu sehen, waren einfach
verschwunden - wie du auch. Warum hast du uns das angetan? Deine
Tränen am Schluss hätten diesem unwürdigen Treiben noch
einen Hauch von Würde verliehen. Lasst die anderen nur jubeln,
lasst sie Argentinien nur betrügen! Ein weinender Maradona bleibt
in den Herzen der Menschen - für immer. Aber du warst ja diesmal
nicht da. Wir warten auf dich. Jetzt sind es nur noch vier Jahre ...
Bernd Christoph
WM-Kommentar vom 3.7.2006
Liebe Freunde,
Halbfinale! Ich weiß, ich weiß, einige von Euch haben
durch ihre Vorabtipps dokumentiert, dass sie es angeblich schon vorher
gewusst haben. Aber war da nicht vor allem eine Menge Wunschdenken
dabei? Zweckpessimisten wie ich sehen jetzt natürlich alt aus (was
sich übrigens auch in der Tippspieltabelle dokumentiert... ☺).
Das Spiel gegen Argentinien war gewiss nichts für
Fußballfeinschmecker. Viele Mittelfeldduelle, fast gar keine
Torraumszenen, aber eine enorme Spannung. Torsten Frings war für
mich der beste Mann auf dem Platz und sorgte dafür, dass die
gefährlichen Argentinier nur ganz selten bis in den Strafraum
kamen. Vorn lief zwar auch bei der deutschen Mannschaft nicht so viel
wie in den Spielen zuvor, aber das hatte wohl auch keiner gegen
Argentinien erwartet. Beim Elfmeterschießen fieberten dann 25
Fußballbegeisterte in Borkos und Ulrikes Wohnzimmer mit (nochmals
vielen Dank für den tollen Abend und die ganze Mühe!), wie
Neuville, Ballack, Podolski, Borowski und Lehmann die Nerven behielten
und ihre Mannschaft ins Halbfinale brachten. Zum Glück hatte
Argentiniens Trainer Pekerman noch den 1,90 m-Mann Julio Cruz
eingewechselt, so dass Klinsmann & Co jetzt mit Recht sagen
können: "Endlich wieder einen Großen geschlagen!" Die
anderen Argentinier waren ja alle kleiner als ihre deutschen
Gegenspieler...
Nach diesem Elfmeter-Krimi lief das zweite Viertelfinalspiel dann
erheblich weniger spannend ab. Die Italiener schossen ein schnelles Tor
und verteidigten diesen Vorsprung geschickt und mit etwas Glück
gegen die nur selten gefährlichen Ukrainer, bis mit den zwei Toren
von Tuca Loni die Entscheidung fiel. Business as usual bei den
Italienern, die aber auch ihre Stärken bestätigten: Sichere
Abwehr und schnelle, kombinationssichere Stürmer. Wenn dann noch
das Mittelfeld um Totii einen oder zwei Geniestreiche zeigt, wird es
für jeden Gegner schwer. Die deutsche Mannschaft hat aber mit den
altbewährten deutschen Tugenden "Kämpfen, Rennen, niemals
Aufgeben" den Schlüssel zum Finaleinzug selbst in der Hand. Unter
Druck produziert auch die italienische Mannschaft Fehler und wenn dann
bei den deutschen Jungs die neuen Tugenden "Schnelligkeit und
Angriffsschwung" aus dem Schweden-Spiel zurückkehren, dann sind
auch die Italiener schlagbar. Auf geht's, Jungs, wir machen die
Spagettis platt und drehen sie durch die Nudelmühle!
Vom Spiel England-Portugal hatten wir uns sicherlich mehr
versprochen als ein dramatisches Ende, aber beide Mannschaften
quälten uns erst einmal 120 Minuten lang, bevor es richtig spannen
wurde. Natürlich war auch schon in der normalen Spielzeit was los:
Wayne Rooney ging Ricardo Carvalho mächtig auf den Sack und
rooinierte mit seiner Hinausstellung den englischen Angriff. Trotzdem
waren die Engländer anschließend das spielbestimmende Team,
das aber mangels geeigneter Anspielstationen in der Spitze wirkungslos
blieb. Die Sportugiesen kombinierten fleißig, aber auch ihre
wenigen Chancen resultierten vor allem aus Weitschüssen. So musste
auch hier das Elfmeterschießen entscheiden. Vorsichtshalber hatte
Englands Coach Eriksson seinen Kapitän Beckham rechtzeitig vom
Platz geholt, so dass dieser keine Chance zum Fehlschuss erhlielt.
Schade eigentlich... Seine Kumpels machten es aber nicht besser. Ein
Elfmeterschießen zu vergeigen, in dem selbst der Gegner zweimal
versemmelt, das schaffen wirklich nur die Limies. Den Grund habe ich
inzwischen herausgefunden. Bei entsprechender Eingabe zeigt der
deutsch-englische Online-Übersetzungsdienst LEO
(http://dict.leo.org): "Die Suche nach "Nervenstärke"
lieferte keine Treffer". Damit ist über Fähigkeiten der
Engländer beim Elfmeterschießen wohl alles gesagt...
Sehr gut gefiel mir übrigens auch das heute gelesene Zitat
von Frank Lampard: "Ich weiß einfach nicht, warum es immer uns
treffen muss. Dabei haben wir das Elfmeterschießen vor diesem
Spiel noch trainiert. Stundenlang. Aber wir scheiden trotzdem aus. Und
die Deutschen gewinnen immer. Das ist ungerecht!". Dazu kann ich nur
sagen: Heul doch! Und üb schön weiter... Lampards
Kollege David Back-home ist ja gestern sogar vom Kapitänsamt
zurück getreten. Wirklich rührend...
Am Samstag abend gab es dann noch richtigen Fußball zu
sehen. Der Große Alte Mann des französischen Fußballs
zeigte all diesen von der Presse zu Superstars hochsterilisierten
brasilianischen Ballkünstlern wie man solche Spiele dirigiert,
nämlich nicht mit Ballschieberei und Übersteigern, sondern
mit Übersicht und dem richtigen Pass zur rechten Zeit. Glaubten
Parreira und Zagalo, dass Zidane schon früh die Luft ausgehen
würde, oder wareum ließen sie ihn sonst so frei im
Mittelfeld schalten und walten? Ideenlos und ohne Mumm stand den vor
allem in der zweiten Halbzeit entschlossen agierenden Franzosen eine
brasilianische Mannschaft gegenüber, die ob all der ihr
angedichteten Ballzauberei wohl das Kämpfen verlernt hatte.
Ronaldinho? Ohne Wirkung, Ronaldo? Nach der ersten Viertelstunde ein
Denkmal seiner selbst, Roberto Carlos? In der Offensive gewohnt
hirnlos. Adriano? Wer? Unfassbar diese Arroganz beim 1:0 der Franzosen:
Während Zidane den Freistoß auf das lange Eck schlug, band
sich Roberto Carlos seelenruhig die Schuhe zu. Prompt stand dort
– auf "seiner" Seite – Thierry Henry und schob den Ball ins
Netz... Die von den Brasilianern im Grunde schon über das ganze
Turnier gezeigte Arroganz des scheinbar unschlagbaren Weltmeisters
wurde von einem französischen Team bestraft, das sich zur echten
Turniermannschaft entwickelt hat. Chapeau, Zizou – die
Sportugiesen sind schlagbar, wir sehen uns hoffentlich im Endspiel!
In unserem Tippspiel haben sich zwar diie Positionen in der
Spitzengruppe nur geringfügig verschoben, aber Torbens ehemaliger
10 Punkte-Vorsprung ist bis auf einen Zähler geschmolzen. Ich habe
in die Tippspieltabelle eine vierte Spalte mit den jeweils noch
erreichbaren zusätzlichen Punkten eingefügt (Angaben ohne
Gewähr), die uns zeigt, dass die Verfolger z.T. noch erheblich
punkten können, während Torben nur noch 3 Zähler
schafft, falls Portugal die Torbeste Mannschaft wird (Tore aus den
Elfmeterschießen zählen für diese Wertung nicht!).
Kommt Deutschland ins Finale, so zieht Martin vorbei; gewinnt morgen
Italien, so liegt Annette vorn. Es bleibt also oben spannend,
während die Rote Laterne bereits jetzt an Knud Jacobsen fest
vergeben ist. Soll man dazu gratulieren? Wohl besser nicht...
Sportsgruß, Robert
WM-Kommentar vom 28.06.
Liebe Freunde,
...da waren's nur noch acht! Gestern wurde das Viertelfinale
komplettiert und kurioserweise hat es aus jeder Vorrundengruppe genau
eine Mannschaft bis in die Runde der letzten acht geschafft. Noch dabei
sind sieben Mannschaften, die man zu den "üblichen
Verdächtigen" zählen darf, und die Ukraine als sog.
"Geheimfavorit", der sich aber in Wirklichkeit bisher nur irgendwie
durchgemogelt hat, ohne positiv aufzufallen. Gestern muss
Schwarzafrika fast verzweifelt sein ob der vielen Torchancen, die die
Ghanaer gegen den noch amtierenden Weltmeister Brasilien vergaben. Zur
Halbzeit hätte Ghana führen müssen, aber
stattdessen stand es 0:2. Zugegeben, das 1:0 durch den dicken
Deoroller war eine feine Einzelleistung, aber die wurde durch die
moderne Auslegung des "passiven Abseits" extrem begünstigt.
Henning meinte, daß die Brasilianer diese Regelung vermutlich mit
voller Absicht ausnutzen, indem sie gern einen Spieler auf einem
Flügel im (passiven) Abseits stehen lassen und die zu
diesem Zweck aufrückende gegnerische Abwehr dann mit einem auf dem
anderen Flügel von hinten durchstoßenden Stürmer
überlaufen. Kann sein, daß das Absicht ist, und wenn die
Regeln das erlauben, so ist das ein guter und völlig legitimer
Trick. Ob die Regelauslegung des "passiven Abseits" für den
Fußball insgesamt gut und richtig ist, steht auf einem anderen
Blatt.
Unklar bleibt auch, was die Brasilianer tatsächlich drauf
haben. Über das gesamte Spiel gesehen war das gestern viel zu
wenig, gemessen an den großen Erwartungen der
Fußballwelt. Ein paar Tricks und eine erstaunliche Effizienz im
Abschluss – aber sonst? Manche Spieler laufen doch
anscheinend nur noch als Witzfiguren mit. Wieviele Tore hat Roberto
Carlos eigentlich in den letzten 4 Jahren aus den üblichen 35
Metern per Freistoß gemacht? Vermutlich ziemlich genauso viele
wie ich. Und wieso darf der trotzdem immer noch blind draufhalten?
Warum versteckt sich Ronaldinho eigentlich die meiste Zeit in einem
Mauseloch? Viel zu sehen ist nicht von ihm. Kocht der Weltmeister
absichtlich nur auf Sparflamme und dreht den Gashahn erst gegen einen
wirklich starken Gegner auf? Oder hat er einfach nicht mehr drauf? Wir
bleiben vorerst ratlos.
Die Franzosen sind vielleicht der richtige Test. Die heben sich
mit ihrem Minimalistenfußball zwar kaum noch von den Italienern
ab, aber sie verfügen über eine stabile Abwehr, die es
gestern gegen die Spanier schaffte, den Gegner fast 90 Minuten aus dem
eigenen Strafraum heraus zu halten. Die Szene vor dem Strafstoß
war eine echte Ausnahme, aber auch dabei war der Spanier schon wieder
auf dem Weg aus dem 16er heraus. Insgesamt eine enttäuschende
Leistung der vorher z.T. zu Recht so gelobten Spananier, die gestern
einen unverständlichen Angsthasenfußball praktizierten.
Gerade mit dem Rückenwind guter Vorrundenspiele war doch wirklich
mehr drin als das übliche frühe Ausscheiden. Angst vor
der eigenen Courage? Dann wird das auch in Zukunft nix mit dem
spanischen Fußball.
Auch in unserem Tippspiel ist das Achtelfinale gelaufen; and the
winner is..... Jan Petersen! Als einziger hat er in allen Achtelfinals
die richtigen Sieger getippt und kann im Rest des Turniers jetzt noch
voll punkten. Unter extrem günstigen Umständen ist für
ihn sogar noch ein Sprung in die Preisränge möglich.
Ansonsten blieb die Spitzengruppe weiter nahe beisammen. Am unteren Ende
streiten sich wohl nur noch Karen und Knud um die Rote Laterne. Ich
selbst muß leider erkennen, daß ich auch nicht besser
als die Holländer bin: Alle gesteckten Ziele habe ich verfehlt.
Niemals auch nur annähernd an den Preisrängen geschnuppert,
chancenlos hinter den besten Hebbelkicker Ingo liegend, und
schließlich auch noch weit hinter Ehefrau und Sohn zurück
gefallen.... Irgendwie ist diese WM ein Trauerspiel...
Sportsgruß,
Robert
P.S.: Was machen wir eigentlich heute abend?
Kanal-Kommentar vom 27.06.2006
Da war’n es nur noch 10
Zweieinhalb Wochen läuft nun schon die WM, oder sollte man sagen
erst? Erstaunlich, wie so eine Veranstaltung das alltägliche Leben
jedes einzelnen von uns verändern kann. Termine werden nur nach
dem aktuellen Spielplan vereinbart, in manchem Wohnzimmer prägen
Leinwand und Beamer statt des gewohnten Puschenkinos das Bild, Public
Viewing inmitten grölender Massen enthemmter Landsleute ist
plötzlich chic geworden, die Häufung beflaggter Automobile im
Straßenverkehr nimmt dramatisch zu. Keiner kann sich dem
entziehen. Selbst Fußballmuffel müssen irgendwie mitmachen,
denn der Anteil der WM-Bekloppten steigt jeden Tag. Tolles Sommerwetter
und die Kieler Woche tragen bzw. trugen dazu bei, die Stimmung auf neue
Euphoriehöchstwerte zu pushen. Na ja, und dann ist da noch eine
deutsche Mannschaft, die uns allen langsam unheimlich vorkommt. Was hat
Klinsmann denen nur verabreicht? Sein kalifornischer Wohnsitz
lässt Böses erahnen, Balco sei (Un)Dank. So was wollen wir
aber nicht mal denken. Vermutlich gab es nur eine DFB-konforme
Höchstdosis in Form von intensivem Fitness- und Motivationsdoping.
Im Endeffekt ist es uns auch allen egal, warum die deutsche Mannschaft
derzeit den attraktivsten Fußball von allen WM-Teilnehmern
spielt. Es ist eben (noch) so und wir sollten das genießen wie
das schöne Sommerwetter, denn der nächste Regen kommt
bestimmt.
Ansonsten bietet das WM-Teilnehmerfeld ein zwiespältiges Bild. Die
ganz großen Überraschungen sind leider ausgeblieben. Die
Asiaten haben sich in der Vorrunde verabschiedet. Mit Ghana ist nur
noch ein Vertreter des schwarzen Kontinents dabei. Australien hat
gestern die Italiener ein wenig geärgert, mehr aber auch nicht
(Warum haben die Pizzabäcker eigentlich immer so viel Glück,
oder wollte der Referee die vielen Fehler seines Kollegen anno 2002
gegen Südkorea mit dem einen Pfiff 9 Sekunden vor Schluss im
Nachhinein korrigieren.). Es haben sich letztendlich wieder die
großen Namen auf der internationalen Fußballbühne
durchgesetzt. Die Leistungen waren bei einigen wenigen Spielen
(Spanien, Argentinien, Deutschland, Brasilien nur phasenweise)
besonders sehenswert. Es herrschte bisweilen viel Mittelmaß
(Endland, Frankreich, Italien). Leider hat die Anzahl der kaum
erträglichen Kicks nicht abgenommen. Wer dachte, dass ab dem
Achtelfinale Fußball gezaubert würde, hat sich klar
getäuscht: Taktik und die Angst vor Gegentoren bestimmten das
Bild, bisweilen auch brutale Exzesse (Holland gegen Portugal). Tore
sind leider Mangelware: Drei Spiele endeten 1:0, Argentinien brauchte
eine Verlängerung und gestern zeigten die Schweiz und die Ukraine
Fußball zum Abgewöhnen. Erstmals bin ich bei einem WM-Spiel
aus Protest demonstrativ vor Spielschluss ins Bett gegangen. Keine
Angst: Im Schlafzimmer habe ich natürlich die Zweitglotze zum
Dämmerschlaf parallel laufen lassen und so noch das
11-Meterschießen mitbekommen.
Statt 32 sind jetzt nur noch 10 Mannschaften dabei. Heute Nachmittag
treten sogar mehr als die berühmten 10 kleinen Negerlein auf, wenn
Ghana den Weltmeister herausfordert. Am Abend spielen dann noch die
Rolling Stones zum Tanz auf, wenn es gegen hungrige Iberer geht. Ab
Freitag steigt dann das Viertelfinale. Wir hoffen dann wieder einmal,
dass die Attraktivität nicht nur aus der Spannung einer weiteren
K.O.-Runde resultiert, sondern vielleicht auch mal wieder in Form von
Tempo, Tricks und Toren. Die Hoffnung stirbt eben zuletzt.
Ansonsten wünschen wir vom Kanal euch viel Spaß bei den
letzten 10 Spielen dieser Weltmeisterschaft. Genießt sie, denn
bald ist hoffentlich alles vorbei.
Bernd Christoph
WM-Kommentar vom 27.06.
Liebe Freunde,
muss man die gestrigen Spiele noch intensiv kommentieren? Die Italiener
schafften es durch einen unberechtigten Elfer doch noch ohne
Verlängerung und Elfmeterschießen ins Viertelfinale, und
alle Welt regt sich über den dazugehörigen
Schiedsrichterpfiff auf. Sieht man die Sache aber realistisch, so muss
man anerkennen, dass die Spagettis in Vollbesetzung in der ersten
Hälfte mehrere wirklich gute Chancen herausgearbeitet hatten und
sich erst nach der ebenfalls unberechtigten Hinausstellung von Maserati
(o.ä.) so stark nach hinten drängen ließen. Wenn die Aussies
dann in Überzahl kein Tor schießen, ist das ja wohl nicht
den Italienern zum Vorwurf zu machen. Ich habe mit der ganzen Sache
kein Problem. Außerdem hatte ich 1:0 fuer Italien getippt... :-)
Wer sich abends das Spiel Ukraine-Schweiz ansah, tat
unterhaltungstechnisch einen echten Griff ins Klo. Ein solche
Ansammlung von Ideen- und Konzeptlosigkeit, schlecht gespielten
Pässen und ständigen Spielunterbrechungen hatten wir bei
dieser WM noch nicht gesehen. Kopfschüttelnd fiel ich kurz vor
Mitternacht ins Bett, noch immer verwirrt über die Frage, wie man
es schaffen kann, 3 Elfmeter hintereinander so dermaßen schwach
zu schießen wie die Schweizer. So etwas hatte ich zuletzt in
einem F-Jugendspiel gesehen...
Im Tippspiel rückte die Spitze weiter zusammen. Allzuviele Punkte
werden unsere Spitzenreiter aber auch nicht mehr machen, denn jede/r
hat sich schon mindestens einen Tippfehler im Achtelfinale geleistet.
Auf Platz 5 lauert Ingo, der als einziger aus der Spitzengruppe bisher
alle Achtelfinalspiele tendenziell richtig getippt hat. Das gelang
sonst nur Jan Petersen, Niels Nörgaard-Pedersen und Jörn
Geletneky. Wenn Ingo auch heute nicht schief liegt, hat er
allergrößte Chancen auf den WM-Titel, zumal auch seine drei
offenen Zusatztipps noch im Rennen sind.
Sportsgruß, Robert
WM-Kommentar vom 26.06.
Liebe Freunde,
wer hätte gedacht, dass die Schwedenhäppchen so leicht
verdaulich sein würden? Zwei schnelle Tore und das Ding war
gelaufen, zumal die Ikeassons alles mögliche taten, um
möglichst bald nach Hause fliegen zu dürfen. Insgesamt war
das aber dennoch eine imponierende Gesamtleistung der deutschen
Mannschaft, die dieses Spiel auch gegen 11 Schweden gewonnen
hätte. Hinten sicher gestanden, im Mittelfeld Angriff auf Angriff
nach vorn gerollt, und dort zwei Stürmer, die nahezu perfekt
harmonieren. Die Argentinier werden sich jetzt nicht allein auf Klose
konzentrieren (müssen), denn auch Poldi nähert sich seiner
Bestform. Vielleicht eine Parallele zum Gesamtzustand unseres Landes
– nach dem Motto: In der PISA-Studie ganz hinten, aber was
soll's: Dumm kickt gut!
Gut kicken können auch andere, z.B. die Argentinier. Leider
zeigten sie es uns am Samstagabend nur sporadisch, weil die Mexe
technisch und konditionell nicht viel schlechter waren und im
Kopfballspiel sogar überlegen. Da entscheiden dann individuelle
Fähigkeiten so ein Spiel, so wie diesmal der
phänomenale Schuss von Maxi Rodriguez. Wenn man als gegnerischer
Verteidiger staunend dasteht und so einen Ball mit dem Auge verfolgt
wie er im Winkel einschlägt, dann hat der Schuss eine doppelte
Wirkung. Zum Rückstand kommt noch die demotivierende Wirkung
dieses scheinbaren Zauberkunststücks. Damit war für die
Mexikaner dann auch Schluss. Der nächste deutsche Gegner ist
dennoch ein sehr starkes Team, das nicht nur exzellente
Einzelkönner besitzt, sondern auch den Ball perfekt hin und her
laufen lassen kann, bis der finale Pass in den Strafraum oder der
Schuss aus der Zweiten Reihe kommt. Nur mit einer weiteren
Steigerung hat das deutsche Team eine Chance.
Keine Chance darf man eigentlich den Engländern einräumen.
Das war ein dermaßen einfallsloser Kick gegen Ecuador, dass
eigentlich beide Teams nach Hause geschickt werden müssten. Zum
Glück war genug Erdbeertorte und Kaffee da, aber zum Eintickern
der Endrundentipps in mein Notebook hätte ich gern auch noch etwas
aufmunternde Fußballunterhaltung gehabt. Aber das war nur Murks.
Abends glaubte ich dann, ich sei versehentlich beim DSF gelandet,
denn übertragen wurde eine seltsame Mischung aus Kartenspiel und
Holzhacken. Seltsamerweise flog ab und zu auch ein Fußball durchs
Bild. Unfassbar, wie offen manche Spieler um Gelbe und Rote Karten
bettelten... Handspiel im Mittelfeld, Ellenbogencheck,
Blutgrätsche, gestrecktes Bein in den Gegner – das war ein
Gruselkabinett des Fußballs, bestens geeignet zum Abgewöhnen
und zum Vergraulen all derjeniger, die sich bisher zwar nicht
sonderlich für Fußball interessierten, die aber von der
allgemeinen Begeisterung irgendwie angezogen wurden.
Einen Sieger musste das Spiel dann auch noch haben und da die
Holländer vor allem in der ersten Halbzeit ihr Angriffsspiel viel
zu langsam und pomadig aufzogen und sich in der zweiten Hälfte von
der Hektik anstecken ließen, müssen sie nun nach Hause
fahren. Der Truppe von Gene Hackman ist dagegen auch das Halbfinale
zuzutrauen, denn mehr als die Käsköppe haben die Limies
garantiert nicht drauf.
In unserem Tippspiel haben einige Sportskameraden das Handtuch geworfen
und keine Endrundentipps mehr abgegeben. Pech gehabt – mit dieser
Unsportlichkeit seid Ihr auch im Kampf um die Rote Laterne
ausgeschieden, denn dieser plumpe Versuch, möglichst wenig Punkte
zu sammeln, wird selbstverständlich mit der Roten Karte bestraft.
Oben hat Torben einen Teil des zwischenzeitlich 10 Punkte betragenden
Vorsprungs durch falsche Achtelfinaltipps wieder abgeben müssen.
Annette und Roland hatten im "Kartenspiel" gestern abend die richtige
Nase und können daher in mindestens zwei Viertelfinals punkten,
während Torben und Martin die Holländer ins Viertel- bzw.
sogar Halbfinale tippten und jetzt auf Spielpaarungen sitzen bleiben,
die gar nicht zustande kommen. Der Kampf um den WM-Titel ist noch lange
nicht entschieden...
Sportsgruß, Robert
WM-Kommentar vom 23.06.
Liebe Freunde,
die Spreu trennt sich vom Weizen, und dabei bleibt auch die eine oder
andere höher eingeschätzte Mannschaft schon in der Vorrunde
hängen. Gestern erwischte es die Tschechen, deren "Goldene
Generation" ganz offensichtlich schon längst ihren Zenit
überschritten hat. Durch Verletzungen und Sprren weiter
geschwächt waren sie letztendlich gegen clevere Italiener
chancenlos. Die wenigen halbwegs guten Torschüsse kamen alle aus
der zweiten Reihe, denn im Strafraum ging gar nichts. Milan Baros blieb
völlig wirkungslos, von Poborsky war auch kaum was zu sehen und
allein Nedved zwang Buffon mit einigen Weitschüssen zu
schönen Paraden. Aber der "blonde Engel" nahm sich auch viele
Auszeiten, stand im Mittelfeld herum und wartete auf den Ball. Und
sonst? Hat das Ex-Lüdenscheider "Schnitzel" überhaupt
mitgespielt? Zu sehen war nix. Die Spagettis spielten ihren Part nach
der 1:0-Führung routiniert herunter, so wie wir es von ihnen
kennen. Nicht schön, aber effektiv. Totti zeigte sich als
Passgeber deutlich verbessert, brachte aber aus der 2. Reihe nur
Schüsschen zustande. Abwarten, das wird noch besser. Im
K.o.-System kommen die Stärken der Italiener erst richtig zur
Geltung. Die Kraftfußballer aus Australien sind vermutlich ein
guter Aufbaugegner.
Abends durften wir uns fast eine ganze Halbzeit fragen, mit welchem
Konzept die Brasilianer denn eigentlich gegen laufstarke und motivierte
japanische Nähmaschinen gewinnen wollten. Erst nach dem Ausgleich
durch Dickerchen Ronaldo, dem eine wunderschöne Kombination aus
Flankenball und Kopfballvorlage vorausging, zeigten die Zuckerhutkicker
uns ihre wahren Fähigkeiten. Plötzlich klappte das
Ballzirkilieren und auch die Anspiele in den Strafraum fanden
ihre Abnehmer. Die überforderten und demotivierten Japaner
mutierten zum Spielball, der schließlich mit dem 1:4 noch gut
bedient war. Auch wenn jetzt Käseblätter wie die "Kieler
Nachrichten" und der Möchtegern-Berufsjugendliche Laberhannes B.
Kerner die Brasilianer zum absoluten Topfavoriten hochsterilisieren
wollen, gieße ich gern mal Wasser in den Wein und behaupte, dass
die Brasilianer erst einen Teil der Fähigkeiten nachgewiesen
haben, die ein zukünftiger Weltmeister braucht. Toreschießen
können sie, aber gegen eine konzentrierte Abwehr tun sie sich
schwer, und die eigene Defensive ist immer für einen Aussetzer
gut. Das Dickerchen darf man natürlich nicht wie beim 1:1 alleine
vor dem Tor rumstehen lassen, denn das Schießen und Köpfen
hat er nicht verlernt. Die explosive Dynamik im Antritt ist aber weg,
und gerade die hat ihn in seiner besten Zeit ausgezeichnet. Trotzdem
ist ein 90 Kilo-Denkmal natürlich nicht so leicht umzuwerfen. Ich
freue mich auf das Spiel gegen Ghana, das kann ein wirklich munterer
Kick werden.
Im Tippspiel hat sich Torben jetzt bereits um 10 Punkte von Platz 2
abgesetzt. Ihm gelangen in den letzten 16 Spielen sechs Volltreffer (4
Punkte) und sieben Dreier. Nur zwei Mal lag er völlig daneben,
aber er sackte auch noch 3 Extrapunkte für den Tipp der einzigen
torlos gebliebenen Mannschaft des Turniers ein. Unglaublich! Dennoch
können auch Titelfavoriten bei der WM rasch abstürzen, wenn
ihnen 2-3 Achtelfinaltipps misslingen. Das Verfolgerfeld ist immer noch
sehr breit. Am hinteren Ende konnte Knud wieder Anschluss gewinnen. Ich
hoffe, dass auch dort der Ehrgeiz für die WM-Endrunde hoch bleibt,
denn ein letzter Platz im Tippspiel ist wahrhaftig kein Ehrentitel.
Ein schönes Achtelfinalwochenende wünscht mit Sportsgruß
Robert
WM-Kommentar vom 21.06.
Liebe Freunde,
das Minimalziel ist erreicht, "wir" sind im Achtelfinale. Heute morgen
hatte ich das Gefühl, dass noch mehr Autos mit schwarzrotgoldenen
Fähnchen rumfuhren als gestern; die Euphorie scheint unaufhaltbar.
Berechtigt? Ich meine: Jein! Gestern haben wir vom deutschen Team eine
ordentliche Leistung gesehen, mehr aber auch nicht. Die
Meerschweinchenbrater aus den Hochanden schickten eine leicht
verstärkte B-Elf auf den Platz, um sich eine wohl schon erwartete
Niederlage abzuholen und dann gut erholt gegen England anzutreten.
Keine schlechte Taktik, meine ich, denn was Becks & Co. gestern in
der zweiten Hälfte boten, war nicht gerade zum Fürchten. Und
das deutsche Team? Wir haben drei wirklich schöne und prima
vorbereitete Tore gesehen, aber dazwischen auch jede Menge Leerlauf.
Quasselstrippe Reinhold Beckmann wollte uns jeden halbwegs gut
gedachten, aber dann leider doch vom Gegner erlaufenen Pass als
"Weltklasse-Aktion" verkaufen. Manchmal habe ich den Eindruck, dass
Leute wie Beckmann diese Weltklasse gern herbeireden möchten. Das
hat aber im Fußball noch nie geklappt. Hat Poldi gestern ein
Superspiel gemacht, weil er einmal genau dorthin gelaufen ist, wo ein
Stürmer verdammt noch mal hinzulaufen hat, wenn sein Nebenmann
außen steil geht? Ist die deutsche Abwehr plötzlich richtig
sattelfest, bloß weil die Ecuadorianer gestern keinen
Mittelfeldspieler hatten, der den Ball mal (wie von Ballack gestern
vorbildlich demonstriert) im richtigen Moment in die Gasse schieben
kann? Die Lamazüchter hielten 3-4 mal aus der zweiten Reihe drauf,
das war's auch schon. Damit darf man dem defensiven Mittelfeld und der
Abwehr ein gut praktiziertes Forechecking bescheinigen, aber auch nicht
mehr. Ob Huth und Mertesacker den Laden auch "am Mann" dicht halten
können, war gestern nicht wirklich zu beurteilen. Ljundberg,
Ibrahimsson und Larsson sind da schon ein anderes Kaliber. Das durften
gestern auch die Limies erfahren, die nach der ersten Hälfte wohl
dachten, sie könnten das Ding locker nach Hause schaukeln. Die
Schweden veranstalteten einen richtigen Wirbel im und um den englischen
Strafraum, und die Engländer hatten verdammtes Glück, dass
sie ihr 2:1 genau dann erzielten, als die Schweden kurz Luft holten und
gerade zur endgültigen Erstürmung der englischen Festung
ansetzen wollten. Ob diese Schweden wirklich ein leichterer Gegner als
die ziemlich berechenbar erscheinenden Engländer sind, möchte
ich bezweifeln. Beide scheinen schlagbar für das deutsche Team,
aber es wäre keine echte Überraschung, wenn Ballack & Co.
am Samstagabend die Koffer packen müssten. Ob danach immer noch
halb Deutschland mit schwarzrotgoldenen Fähnchen rumfährt?
Ich will es hoffen, denn dann wären dies Fahnchen wirklich ein
Zeichen der Freude über das großartige Ereignis "WM in
Deutschland" und nicht bloß eine gefühlsduselige
Schwärmerei auf dem Niveau der Fans von "Tokio Bordell" (oder wie
die auch heißen mögen)…
In unserem Tippspiel platzten gestern abend um viertel vor 11 noch
einige Punkteträume (z.B. bei Frederik), als die Schweden doch
noch den verdienten Ausgleich erzielten. Weil Torben zusätzlich
noch 3 Punkte aus dem Tipp für die Toreminimalisten einsackte
(Tinibrago-Dingsbums blieb völlig torlos), konnte er mit Annette
gleich ziehen. Zu Platz 5 sind es jetzt schon 5 Punkte Abstand. Die
gilt es nun zu verteidigen. Auch die Rote Laterne hängt hinten
schon ziemlich einsam herum – da darf in der Endrunde ruhig etwas
besser getippt werden. Aber von wem sollen den die guten
Ratschläge kommen? Papa ist ja auch nur geringfügig
besser… :-))
Heute abend untersucht das bewährte Testerteam die WM-Tauglichkeit
diverser WM-Teilnehmerstände auf dem "Internationalen Markt" der
Kieler Woche. Es gibt daher nach 18:00h vorerst kein Update der
Punktetabelle, dafür aber voraussichtlich am Freitag das Ergebnis
unserer Untersuchungen.
Sportsgruß, Robert
Kanalkommentar vom 20. Juni 2006
Von Donkosaken und
Wüstensöhnen – Nachbericht vom WM-Spiel Saudi-Arabien
– Ukraine (19.06.2006 / 18:00 Uhr)
Heute sind wir tatsächlich live bei der WM dabei. Zwei Karten
für das Vorrundenspiel von Saudi-Arabien gegen die Ukraine in
Hamburg hat der gnädige FIFA-Computer uns nach mehrfachen
Fehlversuchen schließlich gegönnt. Es hätte vielleicht
eine attraktivere Begegnung sein können. Wir wollen aber nicht
meckern. Millionen andere haben bei der Ticketvergabe ganz in die
Röhre geguckt oder mussten sich diese bei öden Gewinnspielen
erkämpfen, auf passende Geburtstagsgeschenke hoffen bzw.
„schwarze Karten“ zu horrenden Preisen erstehen. Das ist
uns glücklicherweise erspart geblieben. Wir – das sind mein
Sohn Tobi und ich.
Die Aktion wird gründlich vorbereitet. Das sind wir uns als
Gastgeberland mit entsprechenden Tugenden schließlich schuldig.
Zunächst wird im Internet die beste Bahnverbindung erkundet. Es
gibt verschiedene Varianten ab verschiedenen Bahnhöfen mit
verschiedenen Umsteigemöglichkeiten. Alles recht kompliziert. Wir
beschließen, den ganzen Kram auszudrucken, mitzunehmen und uns
vor Ort auf die Intuition zu verlassen. Dann schauen wir kurz nach dem
Wetter. Die Prognose frisch vom Rechner ist nicht wirklich gut: 91 %
Regenwahrscheinlichkeit und 4 bis 10 Liter Regen werden bei eher
kühlen Temperaturen vorhergesagt. Also Windjacke und Jeans statt
T-Shirt und Shorts.
Am frühen Nachmittag starten wir bei trübem Himmel mit dem
Regionalzug vom Kieler Hauptbahnhof in Richtung Hamburg. Wir stellen
fest, dass noch einige andere vermutlich das gleiche Ziel haben. Im
Abteil feiert eine junge Truppe in Deutschland-Trikots mit
Partyfässchen das bevorstehende WM-Spiel. Weiter vorne entdecken
wir beim Gang zum Bord-WC eine größere Gruppe
männlicher Wesen mit roten UdSSR-Shirts. Die Stimmung ist auch
dort gut. Sie singen lautstark wie die Donkosaken. Kurz hinter
Neumünster reißt die Wolkendecke unerwarteter Weise auf und
die Sonne brennt durchs Fenster. Schnell erreichen wir im Abteil
Saunatemparaturen. Danke an den Wetterdienst! In Hamburg angekommen
orientieren wir uns auf dem Hauptbahnhof an den bunten WM-Schildern,
die uns zielsicher zur S-Bahnlinie 21 leiten. Auf dem Bahnsteig hat
sich hier ein bunter Tross von Fußballfans verschiedener
Nationalitäten eingefunden. Gemeinsam geht es per S-Bahn zum
Bahnhof Stellingen. Das Stadion ist nun nicht mehr weit. Im Bahnhof
werden wir mit einem Schlüsselband mit integrierter Trillerpfeife
in Form eines Fußballs beglückt. Vor dem Bahnhof dominieren
die Farben weiß und blau der ukrainischen Anhänger. Vor
einer Unterführung entdecken wir an einem Imbissstand die ersten
Scheichs. Diese entpuppen sich aber als dreiste Fälschungen, denn
welcher Saudi würde freiwillig in eine Bratwurst beißen?
Daneben kann man Fan-Schals aller WM-Teilnehmer käuflich erwerben.
Wir entscheiden uns für den weiß-roten der Eidgenossen mit
dem Schriftzug „Hopp Schwiiz!“ Ab jetzt gelten wir als
Schweizer. Wir durchqueren die dunkle Unterführung in einem
großen Tross erwartungsfroher Fußballfans. Wenige Meter
weiter warten die Shuttle-Busse zum Stadion schon. Wir quetschen uns in
eines der Fahrzeuge. Neben uns sehen wir eine Gruppe in gelb-blau mit
großer Ukraine-Fahne. Erstaunlicherweise sind das aber keine
Ukrainer, sondern trinkfreudige Schweden. Anscheinend gibt es eine
Farbpartnerschaft zwischen diesen beiden Ländern. Bietet sich ja
auch an.
Endlich sind wir nach kurzer Busfahrt am Ziel. Die WM-Arena Hamburg, so
heißt das Stadion in diesen Wochen, liegt in strahlendem
Sonnenschein vor uns. Die Temperaturen nähern sich der
30-Grad-Grenze bei hoher Luftfeuchtigkeit. T-Shirts und Shorts
wären jetzt schön gewesen. Nochmaliger Dank an den
Wetterdienst. Wir geraten in eine Gruppe lustiger Scheichs in
komplettem Wüstenlook. Für den richtigen Kopfschmuck wurden
Geschirrhandtücher gewählt. Sie tragen lustige Namensschilder
an ihren weißen Kitteln wie Mohammed Al-Kaida oder so
ähnlich. Wir werden von den Wüstensöhnen mit „Hopp
Schwiiz“ begrüßt und müssen gemeinsam auf ein
Foto. Wir können uns nicht dagegen wehren. Es stößt
noch ein fröhlicher Ukraine-Anhänger dazu, wir sind ja
schließlich multikulturell. In der benachbarten Color-Line Arena
läuft vor den Imbissständen auf verschiedenen Monitoren das
Spiel Schweiz gegen Togo. „Wir“ führen 1:0. Unser
Erscheinen wird dort mit anerkennendem Kopfnicken zur Kenntnis
genommen. Man ist schließlich wer, wenn man bei einer WM
führt. Nachdem ich im Schnelldurchgang die mitgebrachten
Biervorräte erledigt habe, suchen wir den richtigen Eingang
für den auf den Eintrittskarten vermerkten „blauen
Bereich“. Das verhilft uns zu einer wunderbaren Stadionrunde bei
sommerlicher Hitze. Danke an den Wetterdienst. Die Einlasskontrollen
gestalten sich ziemlich problemlos. Zunächst wird der Inhalt der
Jacken und des Rucksacks von einem sehr freundlichen jungen Mann in
Augenschein genommen. Die kurz vorher im Bahnhof erstandene
Trillerpfeife dürfen wir gleich in der Mülltonne versenken.
Wie gewonnen, so zerronnen! Teil zwei der Kontrollen folgt ein paar
Meter weiter. Wir müssen die Ticket an ein im Drehkreuz
eingebautes Lesegerät halten. Sesam öffne dich! Ohne
Ausweiskontrolle gelangen wir ins Stadion hinein. Was hatte man vorher
alles angekündigt...
Nach einer kleinen Erkundungstour nehmen wir unter dem Stadiondach in
der vorletzten Reihe unsere beiden Plätze ein. Die Aussicht auf
Spielfläche und Zuschauerränge ist wirklich Atem beraubend.
Auf der großen Video-Wall läuft immer noch das Spiel der
Schweizer. Diese schießen gerade das 2:0. Wir zeigen unseren
nagelneuen Schal. Kurze Zeit später ist die Partie beendet. Hopp
Schwiiz! Über dem Stadion braut sich derweil eine dunkle
Wolkensuppe zusammen. Man kann das aufziehende Gewitter fast
fühlen. Auf der Video-Wall quält uns Herbert Grönemeyer
mit seinem WM-Song: Zeit, dass er bald geht! Die Mannschaften werden
lautstark begrüßt und die Ränge füllen sich jetzt
nach und nach. Auf der Ehrentribüne entdecken wir per Fernglas
unseren Landeschef Peter Harry, wie er gerade Sepp Blatter
begrüßt. Uwe Seeler ist auch da, der Kaiser wird schmerzlich
vermisst. Die weiteren FIFA-Formalitäten sind allen WM-Guckern
bestens bekannt. Trotzdem stellt sich bei uns
Gänsehaut-Atmosphäre ein. Jetzt sind auch alle Fans auf den
Plätzen. Eine Kurve ganz in blau-gelb, die andere in grün.
Die Saudis machen mit ihrem Trommeln ordentlich Betrieb. Hinter uns
stehen trinkfeste Ukrainer, ganz in ihre Fahnen eingehüllt. Kurz
vor dem Spiel entlädt sich das Gewitter. Es regnet in
Strömen. Glückwunsch an den Wetterdienst. Endlich wird der
Platz einmal gut gewässert. Beim Abspielen der Nationalhymnen
singen alle mit, vorausgesetzt sie kennen die jeweiligen Texte.
Dann geht es endlich los: Anpfiff! Die Ukraine macht ordentlich Druck
und hat nach drei Minuten schon den ersten Eckball, wobei der saudische
Torwart keine gute Figur abgibt. Bei der zweiten Ecke ist es schon
passiert: 1:0. Hinter uns reißen die ukrainischen Fans das
Stadiondach ab. Die ersten „La Olas“ werden losgetreten und
branden durch das Stadion. It’s Partytime in Hamburg! Die
Zuschauer feiern die beiden Mannschaften, die WM, vor allem aber sich
selbst. Nach einer halben Stunde sitzt bei einem Weitschuss der
saudische Torwart auf dem Hosenboden. Keine gute Voraussetzung, um
einen Ball zu halten: 2:0. Der Anhang der Wüstensöhne
reagiert etwas gereizt. Jetzt enden immer die „La Olas“ im
grünen Block, was dann von den anderen Zuschauern jeweils mit
einem schallenden Pfeifkonzert begleitet wird. Spielverderber kommen in
Zeiten der allgemeinen WM-Euphorie eben nicht so gut an. Nach der
Halbzeitpause sind unsere ukrainischen Freunde noch nicht mal vom
Bierstand zurück, da fällt schon das 3:0 durch einen
schönen Kopfballtreffer von Superstar Andrej Schevchenko. Die
ukrainischen Fans sind außer sich vor Freude und stimmen muntere
Volkslieder an, die wir sicherlich alle gerne mitgesungen hätten.
Zehn Minuten vor dem Ende der Partie fällt auch noch das vierte
Tor der Ukrainer gegen einen in allen Belangen unterlegenen und
bisweilen überforderten Gegner. Es hätte auch noch das 5:0
fallen können. Dann hätte Tobi im Tippspiel die volle
Punktzahl erreicht. Aber auch so war es ein sehr unterhaltsames Spiel
und ein tolles Erlebnis für uns beide.
Nach dem Verlassen der riesigen Stadionschüssel eilen wir wieder
in Richtung Shuttle-Bus Richtung Stellingen. Vor uns gehen mehrere
enttäuschte Saudi-Fans, und zwar keine getürkten, sondern
wirklich echte. Die grüne Saudi-Flagge flattert zwischen diesen im
Wind. Ein schönes Bild gelebter Melancholie, das ich in diesem
Augenblick mit dem Fotoapparat gerne für die Nachwelt festhalten
will. In diesem Augenblick zieht einer der Fans sein
weiß-grünes Saudi-Trikot aus und wirft es in hohem Bogen
über den hohen Metallzaun in die Büsche der Grünanlagen.
Das ist Frust pur und wirklich großes Tennis. Wir verneigen uns
vor so viel Emotion. Tobi klettert über den Zaun und ergattert auf
diese Weise das teure Sammlerstück. Auf diese Weise wird uns die
WM noch lange Zeit in bester Erinnerung bleiben. Das bringt uns auch
die spontane Anerkennung einiger Deutschland-Fans. Diese
beglückwünschen uns zum 2:0-Sieg. Nach einem sehr netten
Smalltalk trennen sich unsere Wege. Der eine ruft uns noch zu:
„Solche Schweizer hab’ ich noch nicht erlebt. Ihr habt ja
nicht mal einen Akzent!“ Eine WM ist eben immer wieder für
Überraschungen gut.
Bernd Christoph
WM-Kommentar vom 20.06.
Liebe Freunde,
heute kann ich es kurz machen, denn der Bericht vom Spiel
Ukraine-Saudis wird vom Kanalkommentator nachgereicht, der gestern in
Hamburg live dabei war. Von den Schweizern habe ich gestern nur eine
Hälfte gesehen. Es muss wohl die obere gewesen sein, denn sie
haben schließlich gewonnen. Kein begeisternder Fußball,
nicht gerade hochklassig, aber immer mit großem Einsatz und viel
Begeisterung. Die Jungs wissen, dass sie jetzt schon in Vorleistung
für die EM im eigenen Land treten können und betreiben
dafür die bestmögliche Werbung. Man muss das Team ins
Verhältnis zur Größe und der eher dünnen
Fußballtradion der Schweiz stellen, um die Leistung der
Mannschaft zu würdigen. So gesehen ist der bisherige Erfolg
durchaus beachtlich, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Togo dagegen
wurde seiner Rolle als absoluter Außenseiter gerecht und hatte
dann auch noch Pech mit fragwürdigen Schiedsrichterentscheidungen.
Das Togowabohu um Prämienzahlungen und Trainerrücktritte tat
ein Übriges, um jeglichen Erfolg zu verhindern. Auf Wiedersehen
beim nächsten Mal!
Wiedersehen werden wir die Orangenzüchter aus Spananien auf jeden
Fall. Eine Energieleistung in der zweiten Halbzeit brachte den sicheren
und verdienten Sieg gegen die Tunanesier. Nun müssen noch 90
Minuten Torschusstraining absolviert werden (die FIFA nennt das "Spiel
gegen Saudi-Arabien") und es wartet im Achtelfinale ein allemal
schlagbarer Gegner aus Gruppe G. Im Viertelfinale kommt vermutlich
Brasilien, und dann müssen die Spanier alles zeigen, was sie drauf
haben. Gegen die Brasiliander der letzten zwei Spiele könnte man
noch optimistisch sein, allerdings muss man denen eine kontinuierliche
Steigerung zutrauen. Auch Brasilien war oft eine typische
Turniermannschaft, die erst zu sich finden muss, um die volle Leistung
abzurufen.
Damit sind wir natürlich auch beim klassischen Stichwort für
das deutsche Team. Wir werden heute sehen, ob die Hochanden mit dem
zuletzt gezeigten Hurrafußball zu stürmen sind oder ob die
konterstarken Ecuadorianer dem Druck standhalten. Ich möchte da
gern etwas auf die Euphoriebremse treten. Immerhin wurden im letzten
Spiel 92 Minuten gebraucht, um Polen zu besiegen. Das ging in der
Vergangenheit auch schon mal schneller... ;-) Und dann bedurfte es auch
noch eines Franzosen... ;-)
In der Tippspieltabelle ist es immer noch unglaublich eng. Gerade mal
10 Punkte trennen Platz 1 von Platz 19. Kein Wunder, dass es schon
wieder einen Führungswechsel gab. Etwas Glück ist
natürlich für viele auch dabei, die da vorne kräftig
punkten. Es gab bisher wenig Überraschungen und zwischen 4 oder
eben nur 2 Punkten liegen oft nur ein voreiliger Abseitspfiff oder ein
Pfostenschuss. Freund Jochen hat sich nach meiner Standpauke ordentlich
berappelt und mich inzwischen um 3 Punkte distanziert. Mein WM-Ziel
rückt in weite Ferne...
Sportsgruß, Robert
WM-Kommentar vom 19.06.
Liebe Freunde,
die zweiten Spiele der Vorrunde können in einigen Gruppen schon
die ersten Entscheidungen bringen und dementsprechend ging es manchmal
ordentlich zur Sache. Die Argentinier machten auch dem letzten Zweifler
klar, dass sie zu den ganz heißen Favoriten gezählt werden
müssen. Gut, die Gegenwehr der Balkankicker beschränkte sich
weitgehend auf Zuschauen und Staunen, aber auch sechs Tore wollen erst
mal geschossen sein... Als Schalkefan freut mich wenigstens, dass der
am Freitag um mindestens 5 Jahre gealterte Mladen Krstajic nun doch
noch zu ausreichendem Erholungsurlaub kommt.
Am frühen Abend mussten dann wieder unsere Nachbarn von hinterm
Deich ran. Wer zu dicht vor der Glotze saß, riskierte akuten
Augenkrebs, denn alle strahlten wieder in frisch nachgefärbten
Oranje. Der Trick des Zeugwarts: Gouda und Gen-Tomaten zum Trikot in
die Waschmaschine, dann klappt's auch mit der richtigen Farbmischung!
Die Qualitätsprüfung durch die Ivorer fiel dann durchaus
ernsthafter aus als durch die Cavapcici-Brater letzte Woche, wobei
Drogba mit dem Probegriff an die van Bommel in der Hose vielleicht
geringfügig übertrieb. Arjen Robben zeigte uns eine
wunderschöne Flugeinlage, die prompt mit Gelb honoriert wurde
– ach nein, enschuldige bitte, John: Das war natürlich ein
grobes Foul, war ja im Fernsehen deutlich zu sehen, oder? Wie war das
noch mit Klose?. In der zweiten Halbzeit hatten die Tomatenzüchter
das Glück eindeutig auf ihrer Seite und man sah, dass die Abwehr
durchaus ihre Wackler hat. Fast hätten die Afrikaner den Oranjes
noch die Hosen ausgezogen. Dieses Schicksal blieb Cocu & Co
erspart, nicht aber 1000 Holland-Fans, die in orangefarbenen Lederhosen
Eintritt begehrten. Wegen des Werbeaufdrucks einer Brauerei mussten sie
vor dem Stadion die Lederhosen ausziehen und in Unterhosen hinein...
Zu Mexiko-Angola brauche ich nichts zu sagen. Für fast alle von
uns entsprach der Punktgewinn der Torausbeute. Auch Kommentator Gerd
Gottlob glich sein Niveau dem des Spiels an und kam kaum über den
Wortschatz der Teletubbies hinaus: "...ein Riesen-Spiel..., eine
Riesensache..., ein Riesen-Erfolg..." Oh, oooohhhhhh.....
Das bringt mich zum neuen Lieblingsthema von Johannes "B wie
Blödmann" Kerner: Der Ball! Johannes ist tatsächlich
aufgefallen, dass bei dieser WM erstaunlich oft aus der Zweiten Reihe
geschossen wurde, und er fragt sich und jeden Sendetag aufs Neue auch
seine Studiogäste, ob das wohl am Ball liegen könnte. Olle
Kamellen! Statt uns mit immer dem selben Thema zu nerven, hätte er
bloß mal die Hebbelkicker fragen müssen, denn die spielen
bereits seit Mitte Dezember mit dem "Teamgeist" (siehe HIER). Wir können zwar nicht richtig tippen
(außer Ingo, der sich peu a peu an die Spitzengruppe rangepirscht
hat), aber mit dem Teamgeist kennen wir uns aus! Nun ja, Kerner ist ja
nicht allein: Thomas Wark machte seine ganz persönliche
Mannschaftsaufstellung. Ronaldinho durfte auf einmal bei den
Sportugiesen mitspielen. Egal, zumindest scheint die Gesichts-Operation
gelungen, auch wenn der Eigensinn mitunter übertrieben war ("der
Ball ist meiner und ich behalte ihn auch!"). Ansonsten war das eine
ordentliche Leistung der Iberer, nicht mehr und nicht weniger. Richtig
geprüft werden sie frühestens im Achtelfinale durch
Argentinien oder Holland.
In der Gruppe E gab es die erste fette Überraschung dieser WM. Die
Ghanaer rannten und spielten um ihr Leben, um drei Punkte und um einen
weiteren Starterplatz für Afrika in 2010. Den Tschechen muss fast
schwindelig geworden sein... Wenn die Afrikaner noch richtig das
Toreschießen lernen, dann kann richtig Schluss mit lustig sein
für offensichtlich überalterte europäische Mannschaften
wie Tschechien und Frankreich. Mein WM-Tipp Italien blamierten sich
abends dann kräftig gegen "elf kleine Amilein". Zwei
grätschten ihren Gegner um, da waren's nur noch neun – aber
auch die hätten das Spiel eigentlich gewinnen müssen, wenn
sie nur ein wenig konzentrierter ihre Chancen genutzt hätten. Der
Kampfgeist der US-Boys wurde nur zum Teil belohnt und Marcello Lippi
muss sich heute von der italienischen Presse fragen lassen, warum er
immer gleich 4-5 hochgelobte Abwehrspieler zur Bewachung eines einzigen
Stürmers abstellte.
Auch der gestrige Sonntag brachte uns viel Kampf und wenig guten
Fußball. Ähnliche Mühe wie die Italiener hatte der
WM-Favorit Brasilien gegen 11 bestens vorbereitete Australier. Es
wäre interessant zu sehen gewesen, was die Brasilianer drauf
haben, wenn sie einmal zurück liegen. Die Flucht nach vorn der
Aussies stürzte Lucio und seine Kollegen ein ums andere Mal in
Verwirrung. Vorne durfte der Deoroller erneut viel Standarbeit
verrichten, bevor ihn der Trainer wieder pünktlich nach 70 Minuten
erlöste. Denkmalpflege auf Brasilianisch! Es bleibt völlig
unklar, was von dieser Mannschaft zu halten ist. Ein Achtelfinale gegen
Italien könnte Aufschluss bringen. Das zweite Spiel der Gruppe F
zeigte uns, dass Kroatien und Japan wohl nur mittelmäßige
Mannschaften zur WM geschickt haben. Das "Endspiel"
Kroatien-Australien könnte wirklich interessant werden...
Gestern abend gab's dann wieder französischen
Beamtenfußball. Allein auf Henry dürfen sich die
Froschfresser einfach nicht verlassen, denn auch der trifft nicht
immer. Zu viele Denkmäler wurden jenseits des Rheins gepflegt -
und die sind bekanntlich nicht allzu beweglich in den Hüften. Das
Spiel wurde erst richtig gut, als die Koreander in der 80. Minute zum
ersten Mal aufs Tor schossen und direkt anschließend den
Ausgleich erzielten. Dann ging es endlich hin und her. Warum nicht
gleich so? Wenn die Schweizer heute gewinnen sollten, dann müssen
die Froggies gegen Togo gewinnen, um nicht eine ähnliche Blamage
wie in 2002 hinzulegen. Es bleibt spannend...
Spannend ist es auch in unserem Tippspiel. Ich bin es ja schon seit
2002 gewohnt, dass mein Sohn mich in der Tabelle gnadenlos
abhängt, aber dass er nun sogar ernsthaft ganz oben mitspielt,
erfüllt mich doch ein wenig mit Stolz. Sollte sich die Investition
in das Kicker-Abonnement am Ende tatsächlich auszahlen? Wir werden
sehen, heute abend ist erst Halbzeit bei der WM. Meine Ziele siedle ich
jetzt etwas tiefer an. "Bester Hebbelkicker", das wäre doch auch
schon was, aber dazu muss ich immerhin Ingo einholen, der sich Schritt
für Schritt an die Spitze herangearbeitet hat. Dort lauern u.a.
die "orange Gefahr" und ein echter (Handball)Weltmeister auf Fehler des
Spitzenreiters. Heute gibt es wieder 3 Spiele, 12 Punkte, viereinhalb
Stunden Fußball und mindestens 10 Einblendungen für
dämliche Gewinnspiele. Viel Spaß beim Glotzen!
Sportsgruß, Robert
Hannos Antwort an John (16.06.)
Geachte Prof. Reijmer, mon amis,
in
Anbetracht Deines Punktestandes müssen wir uns wirklich Gedanken um
Deinen Fussballverstand machen. Haben sie Dir was in Deine Boullabaisse
gekippt, der Klimawandel soll ja jede Menge gefährliche Tiere ins
Mittelmeer bringen, und da Ihr in Deiner neuen Wahlheimat (Grüsse an
die Froggies) ja alles verspeist, was aus dem Wasser kommt, mach' ich
mir ernsthaft Sorgen. Du solltest Dich wirklich auf die
Grundnahrungsmittel des Homo hollandicus wie Frikandel, Kroketten und
Sate-Spiesse beschränken, alles andere scheint mir gefährlich. Wir
wollen heute erst mal sehen, ob eine Robbe genug ist, um eine Herde
Elefanten zu erschrecken. Ich fürchte nicht, und bei dem gegenwärtigen
Zwischenstand der Gauchos geben die Euch dann den Rest. Dabei hätten
wir uns so auf Euch gefreut. Naja, solange Ihr Eure Caravanstellplätze
auch für den Rest der Hauptrunde behaltet, wollen wir es doch beim
Motto dieser WM belassen: Zu Gast bei Freunden - schön dass Ihr da wart.
Groetjes en tot de volgende keer (mischien hebben julie dan ook en beetje massel)
Hanno
WM-Kommentar vom 16.06.
Liebe Freunde,
ich war Weltmeisterschaft! Nein, besser: Wir sind Weltmeisterschaft!
Ach was, eigentlich noch besser: Deutschland ist Weltmeisterschaft! Ich
war live dabei und davon kann ich später noch meinen Enkeln
erzählen, denn es war klasse!
Mittags um halb eins geht es vom Büro meiner Fußballfreunde
in der Bergstraße los. Borko fragt nach und natürlich
(verdammt!): Ich hab' den Pass vergessen, dessen Nummer irgendwo in der
Elektronik eines modernen Fußballtickets versteckt ist. Lassen
die mich wohl auch mit dem Personalausweis rein? Keine Ahnung, also
schnell noch mal nach Klausdorf gedüst, den Pass aus der Schublade
gezogen, und ab auf die Autobahn. In Neumünster wird Markus
abgeholt, der inzwischen eine halbe Stunde gewartet hat. Zum Glück
war's warm und trocken... Gegen halb zwei erreichen wir problemlos die
S-Bahn-Haltestelle Stellingen und finden einen Parkplatz nur 50 m
entfernt. Prima! Ticket und Ausweispapiere eingesteckt und ab zur
Haltestelle. Dort ist es ordentlich voll, aber völlig friedlich
und relaxed. Polizisten überall, aber auch die spüren wohl,
dass hier alles ruhig abgeht. Rotgekleidete Costa Rica-Fans hier,
knallgelbe Ecuadorianer dort, aber die wollen alle nur eine große
Fiesta und ganz bestimmt keine Randale. Es geht viel entspannter zu als
bei HSV-Heimspielen, keine Glatzen in Kutte und Lederstiefeln, viel
mehr Frauen, und überall nur fröhliche Gesichter. Irgendwo
müssen die "Tricolores" Tausende von Panamahüten verteilt
haben (die bekanntlich nicht aus Panama, sondern aus Ecuador stammen!),
viele Deutsche haben so einen Hut auf - eine gelungene Werbeaktion! Die
"Ticos" kontern mit Unmengen von Bananen, deren Schalen einen lustigen
Berg um die Mülleimer bilden. Egal, heute ist Volksfest,
aufgeräumt wird hinterher.
Auf dem Weg zum Stadion wird klar: Ein Wunder ist geschehen! Die
grottenhaften Katakomben der Unterführung unter der S-Bahn haben
einen nagelneuen Anstrich und neue Verkleidungen erhalten und der
einstige Trampelpfad zur Arena ist einem bestens gepflegten und
Platten-belegten Fußweg gewichen. Unglaublich, dass ich das noch
erleben durfte...!
Am Stadion dann der erste Engpass. Vor der Leibesvisitation (absolut
keinerlei ess- oder trinkbare Mitbringsel dürfen ins Stadion) muss
man fast eine Viertelstunde anstehen, aber auch hier geht es friedlich
und entspannt ab. Dann noch zur Einlasskontrolle.
Selbstverständlich interessiert sich niemand für unsere
Ausweispapiere; das Ticket wird kurz vor einen Kartenleser gehalten,
dann dürfen wir durch. Schnell hinein in die Arena, es sind nur
noch 20 Minuten bis zum Anpfiff. Unsere Plätze sind in der
viertobersten Reihe hinter einem der Tore, fast direkt unterm Dach.
Dennoch ist die Sicht gut; die neuen, steilen Stadien sind schon ein
echter Fortschritt. Rechts neben uns liegt die Ecke mit den
rotgekleideten Costa Rica-Fans und die sind bester Laune. Schräg
gegenüber die Ecuadorianer, ebenfalls in guter Stimmung. Es riecht
nach Fiesta in Hamburg. Aber es ist trocken! Also wieder die steile
Treppe runter und zum Bierverkauf. Die Schlange ist erträglich und
nach wenigen Minuten darf ich meine Bestellung aufgeben: "Vier Bier
bitte!". Dumm gelaufen, die junge Dame erklärt mir freundlich und
mit Bedauern, dass nur 3 Bier pro Bestellung ausgegeben dürfen.
Ach ja, davon hatte ich gehört. Zum Glück hilft sie auch
gleich mit dem passenden Tipp aus: "Vielleicht kann jemand anderes
für Sie das vierte Bier...?" Schnell das Pärchen hinter mir
gefragt - kein Problem! Ich bezahle 4 Biere und nehme sie auch gleich
mit. Danke, so sieht Flexibilität aus!
Zurück am Platz sind die Fans der Ticos nicht zu
überhören: "Oleeee, ole, ole, oleeee, Ticoooos,
Ticoooos....." Das animiert zum Mitsingen. Dann der Anpfiff. Schnell
wird klar, dass die Costaricaner im Grunde fast gar nichts drauf haben
und dass in Sachen Fußballqualität in Südamerika hinter
Argentinien und Brasilien eine Lücke klafft, die mindestens so
breit ist wie der Atlantik. Nun gut, in über 2000 Metern Höhe
spielt man Fußball wahrscheinlich etwas langsamer. Dennoch gehen
die Ecuadorianer rasch in Führung, weil Abwehrarbeit wohl nicht
gerade die Stärke der Ticos ist. Die Stimmung im Block nebenan ist
arg eingetrübt. Schade, das waren eben noch alles freundlich
lächelnde Menschen. Zum Glück hält die Trübsal
nicht lange an: "Oleeee, ole, ole, oleeee, Ticoooos, Ticoooos.....".
Die Stimmung steigt wieder, aber das Spielniveau sinkt ins
Unterirdische, es entwickeln sich alle Anzeichen eines Grottenkicks.
Ungenaue Pässe, zu kurz, zu lang, oder gleich ins Nichts. Keine
Laufbereitschaft bei den Ticos, kein Spiel über die Flügel,
alles geht durch die Mitte, aber dort stehen die Tricolores ganz
geschickt und sicher. Die beschränken sich auf wenige Konter; was
soll's, sie führen ja und Costa Rica muss kommen. Es kommt aber
fast nichts. Nach 35 Minuten der erste Torschuss der Ticos, aber auch
der ist völlig ungefährlich. Wo jedes Bundesligapublikum aber
längst zu einem gellenden Pfeifkonzert angesetzt hätte, wird
hier jeder halbwegs gelungene Pass beklatscht. Alles nach dem Motto:
Wenn wir schon ein WM-Spiel sehen, dann wollen wir auch Spaß
haben! Galgenhumor macht sich breit, vor allem unter den deutschen
Zuschauern. Das Spiel bleibt auf unterirdischem Niveau, jedes
Bezirksligaspiel hat mehr Action und Dramatik. Aber dies ist die
Weltmeisterschaft und das lassen wir uns nicht vermiesen!
In der zweiten Halbzeit wird kaum etwas besser auf dem Feld, aber die
Stimmung auf den Rängen bleibt gut. Immer wieder rollt La Ola
durchs Stadion, es macht Spaß dabei zu sein. Das Gurkenspiel der
Costaricaner (immer durch die Mitte!) geht weiter und treibt Borko fast
in den Wahnsinn. Ständig ruft er taktische Anweisungen hinunter,
aber die Akteure dort unten wollen ihn einfach nicht verstehen... Das
ist aber auch zu ärgerlich! Immerhin macht Ecuador noch ein
schönes Tor und Ingo freut sich über seinen gelungenen
2:0-Tipp. Vier Punkte im Tippspiel, das könnte in der Tabelle der
ersehnte Sprung nach vorn sein! Immer wieder wälzen sich
Ecuadorianer nach Fouls minutenlang auf dem Rasen; es sieht nach
Schauspielerei aus, was dann doch die ersten Pfeifkonzerte bewirkt.
Später sah ich im Fernsehen, dass zumindest einmal ein
übelstes Foul vorlag (auf den liegenden Gegner draufgetreten),
aber um das zu erkennen, sind wir doch zu weit weg. Schließlich
fällt in der Nachspielzeit noch das 3:0 für Ecuador und Ingo
flucht laut vor sich hin. Ade, Du schöner Tipp...
Dann der Abpfiff. Wir bleiben noch einige Minuten sitzen und schauen
den Ecuadorianern beim Feiern zu. Achtelfinale - wer hätte das
gedacht? Wir gönnen es ihne gern. Dann raus aus der Arena. Die
Fans der Ticos finden rasch ihr Lächeln wieder, die Farben sind
bunt gemischt und alles ist und bleibt friedlich und freundlich. Ein
toller Anblick und ein schönes Erlebnis!
Wir marschienen zurück zur S-Bahn-Haltestelle, das Wetter ist
immer noch prima, sogar die Sonne kommt jetzt durch. Das kann noch
nicht alles für uns gewesen sein, also schnell vier Dosen Bier
gekauft, ab in die S-Bahn und auf zum "Public Viewing" auf dem
Heiligengeistfeld neben dem Millerntorstadion. Wieder Einlasskontrolle:
Keine Getränke, kein Essen! Die riesige freie Fläche ist mit
ein paar Getränke- und Fressalienbuden bestückt und auf
höchst angenehme Weise mit ca. 10.000 Menschen gefüllt. Am
Vortag sollen es noch 65.000 gewesen sein... Wir stärken uns mit
Pizza und Chinanudeln zu moderaten Preisen und setzen uns in der
Halbzeit des Spiels England gegen Trinidad-Tobago mit dem Bier in der
Hand auf eine der aufgebauten Tribünen. Das Spiel ist nur wenig
besser als "unseres" und die Engländer neben uns stöhnen
immer wieder entsetzt auf, wenn die Limies den Ball vergeigen.
Fünf Männer in Lederhosen tauchen vor dem
Tribünenkomplex auf und werden mit fröhlichen Gesängen
begrüßt: "Zieht den Bayern die Lederhosen aus...!" Die
Lederhosen freuen sich. Ich glaube aber, das waren Engländer...
Rooney kommt ins Spiel, aber nichts wird besser. Trotzdem fallen noch 2
Tore für die Limies, begleitet von lautem Jubel auf der
Tribüne und in der Menschenmasse vor der Leinwand. Dann ist das
Spiel aus, und wir beschließen zu gehen. Zum Abschied noch ein
netter Plausch mit den Engländern von nebenan. Deren Optimismus
für den Rest des Turniers ist eher mäßig, aber sie lassen
sich den Spaß nicht verderben. Gegenseitiges Schulterklopfen, ein
"See you in the next round!" und als Antwort das unvermeidliche
Lineker-Zitat beschließen das Gespräch.
Völkerfreundschaft live! Beim Verlassen des Heiligengeistfeldes
kommen uns viele gelb-blau bekleidete und bemalte schwedische Fans
entgegen. Die Party geht weiter...
In der S-Bahn nach Stellingen stehen wir neben zwei Schweizer Fans, die
auf ein fröhliches "Hopp Schwiiz!" mit breitem Lächeln
reagieren. Es entspinnt sich ein Gespräch über die vergebenen
Chancen im Spiel gegen Frankreich und die Aussichten der noch jungen
Schweizer Mannschaft beim Turnier im eigenen Land. Die Jungs sind mit
gutem Grund optimistisch. Auf meine Meinung, dass so eine
Europameisterschaft 2008 im eigenen Land (und in Österreich)
bestimmt eine tolle Sache werde, antworten sie zweifelnd und in Bezug
auf das bestens vorbereitete "Public Viewing": "Aber ob wir sowas
Tolles hinbekommen....?" Eine solche Aussage von den
Organisationsweltmeistern aus der Schweiz... - ich bin sprachlos....
Insgesamt war das ein toller WM-Nachmittag in Hamburg. Wenn dieses
fröhliche Fest so weiter geht, mit hoffentlich weiterhin gutem
Wetter, mit vielen lächelnden Gesichtern bei Gastgebern und
Gästen, mit einer gelösten Stimmung, die unabhängig
bleiben möge von Siegen und Niederlagen, und hoffentlich ohne
Gewalt von wem auch immer, dann haben alle gewonnen. Der gestrige Tag
hat mir Hoffnung gemacht, dass die Weltmeisterschaft in Deutschland
womöglich wirklich das Bild von Deutschland in der Welt positiv
verändern kann. Wir können alle in den Begegnungen mit
unseren Gästen dazu beitragen, ob in Hamburg, Kiel oder sonstwo.
Wir sind Weltmeisterschaft!
Bezüglich unseres Tippspiels muss ich mir langsam ernsthaft Sorgen
über die Verteilung der Fußballkompetenz im eigenen Hause
machen. Meine fußballerisch eigentlich eher desinteressierte
Liebste hat die Führung übernommen, der 12jährige Sohn
liegt auf Platz 3, und mir selber bleibt nur das Niemandsland des
Mittelfeldes. Das verstört mich doch ein wenig...
Sportsgruß, Robert
Johns Meinung zum Kanalkommentar vom 15.06.
Damen und Herren,
der Kanal-Kommentar von 15.06.2006 könnte auch der Kommentar zum Deutschland-Polen-Spiel sein.
Einfallsloses Herumspielen. 5 Millionen-Euro-pro-Jahr-Mann Ballsack hat
seinen Winterschlaf angefangen und bringt wirklich nichts zustande. Hat
Chelsea noch eine Rückgabe-Garantie vereinbart? Klose lässt
sich wieder fallen und dieses unsportliches Verhalten hat als Resultat,
dass ein Gegner vom Platz muss statt Komödiant
Klößchen. Schweins hat sich jetzt eine Frisur anmessen
lassen, die übereinstimmt mit seinem Nachnamen. Nur Lahm und
Schneider zeigen Einsatz und spielen Fußball wie es sich gehoert.
So kommt ihr nicht weit. Ihr habt wahrscheinlich wieder Glück und
trefft auf die Engländer oder Schweden. Wer hat das so geplant??
Herr Mafia oder Herr Beckenbauer???
Vive La France und die Niederlande wird Weltmeister.
John
Kanal-Kommentar vom 15.06.2006
Von der Leidensfähigkeit eines Zuschauers
Komme nach einem ziemlich durchwachsenen
Arbeitstag etwas angesäuert gegen halb sechs nach Hause. Heute
will ich mal eine WM-Pause einlegen. Kaum trete ich durch die Tür,
höre ich schon den Fernseher im Wohnzimmer: Vorbericht vom Spiel
England gegen Trinidad & Tobago. Muss man sich denn jedes
Scheißspiel reintun, nur weil man fünf Taler
für’n Tippspiel investiert hat? Ich meine nein und
fühle mich richtig gut nach dieser klaren Entscheidung. Die
Familie soll auch mal zu ihrem Recht kommen. Wo ist die eigentlich? Aus
einem der oberen Zimmer höre ich lautstarke Diskussionen über
mathematische Formeln. Wenn Sohn und Ehefrau so bei der Sache sind,
sollte man nicht weiter stören. Bildung hat ganz klar Vorrang. Von
der Tochter ist weit und breit nichts zu sehen. Im Flur stehen etwa 20
Weinkartons, die heute frisch vom Winzer aus dem Frankenland angelandet
wurden. Spontan denke ich an Nürnberg, da findet auch das heutige
Spiel statt. Das nennt man wohl Duplizität der Ereignisse. Warum
läuft der Fernseher eigentlich noch? Jeden Tag eine gute Tat. Ich
schleppe den Wein in den Keller, Karton für Karton. Als ich dort
alle aufgestapelt habe, ist der kleine Lagerraum unter der Treppe mehr
als voll. Wie kommt das? Haben wir diesmal zu viel bestellt? Egal
– ich bin von der Aktion völlig zerschossen und setze mich
erst mal in den Fernsehsessel. Der steht mitten im Raum in Richtung
Fernseher. Warum muss der so stehen? Als ich drin sitze, merke ich,
dass die Glotze immer noch läuft. Wo ist die verdammte
Fernbedienung? Das Spiel hat gerade begonnen. Die ersten fünf
Minuten will ich noch ertragen, dann vielleicht Zeitung lesen oder ein
gutes Buch. Oben liegen drei Stück davon, die ich irgendwann mal
angefangen habe. Welches soll ich jetzt weiter lesen? Zu kompliziert
das Ganze, zumindest für heute.
Das Spiel läuft nun schon zehn
Minuten: 0:0. Die Engländer werden es schon richten, denken sie.
Trinidad verteidigt und Tobago drückt derweil die Daumen für
die bevorstehende Abwehrschlacht. In welcher Ecke der Karibik liegen
diese beiden Inseln eigentlich? Da kommt doch dieser weiße Rum
her. Ich denke an diese Mädels aus der Bacardi-Werbung. Vor acht
Uhr gibt es kein Bier, beschließe ich spontan.
Nach zwanzig Minuten steht es 0:0. Die
Engländer sind noch alle auf dem Platz, bewegen sich aber kaum
noch. Ich werde langsam müde. Die Fernbedienung ist immer noch
nicht aufgetaucht. Vorne in der Mitte stakst bei den Engländern so
eine traurige Gestalt umher. Hat Volker Zerbe jetzt auf Fußball
umgesattelt und warum spielt er für England?
Eine halbe Stunde sind gespielt. Es steht
0:0 und England hat das stärkste Mittelfeld der Welt, sagt der
Reporter: Lampard, Gerrard und Beckham haben einen Marktwert, der
wahrscheinlich höher ist als alle Etats der ganzen Bundesliga
zusammen. Meine Tochter kommt von irgendwo her. „Hallo Papa,
schon wieder Fußball?“ Bevor ich noch sagen kann, dass ich
eigentlich gar nicht schauen wollte und nur zufällig in diese
blöde Situation geraten bin, resigniere ich. Man muss nicht immer
das letzte Wort haben.
Kurz vor der Halbzeit: Es steht 0:0 und
England muss einen Kopfball der Kariben von der Torlinie kratzen. Ich
bin plötzlich wieder hellwach und bekomme Hunger. In der
Halbzeitpause will ich mich stärken. Dann ist endlich Schluss mit
Fußball!
Nach dem gemeinsamen Abendbrot bin ich
plötzlich wieder alleine. Die WM macht irgendwie einsam. Der
Fernseher läuft immer noch. Ich beschließe aber, mich auf
den Teppich vor dem Fernsehsessel zu legen. Das sieht zum einen
sportlicher aus und ist zum anderen deutlich bequemer. Ich werde
zunehmend müder.
In der fünfzigsten Minute macht sich
Rooney warm. Der will mit gebrochenem Fuß spielen. Es steht 0:0.
Die Engländer stehen jetzt fast alle herum. Trinidad hat weniger
Einwohner als Stockholm und England hat auch einen schwedischen
Trainer. Ich versuche, diese Fakten in einen logischen Zusammenhang zu
bringen. Es gelingt mir nicht. Die Luft ist stickig im Raum. Ich
öffne die Terrassentür.
Nach sechzig Minuten wird ein ganzer
Schwarm frischer Engländer eingewechselt, darunter auch Rooney.
Der verliert gleich ein Laufduell gegen Dwight Yorke. Letzterer hat mal
mit Beckham in Manchester zusammen gespielt und könnte mit seinen
36 Jahren glatt Rooneys Vater sein. Wenn das wirklich stimmen sollte,
wie gnadenlos hässlich muss denn wohl Rooneys Mutter aussehen.
Fish & Chips geben neben fettiger Körperfülle eine
ungesunde Gesichtshaut. Die Fans sehen auch alle so aus. Ich
beschließe, auch in den nächsten Jahren nicht nach England
zu reisen.
Nach siebzig Minuten ist immer noch nichts
passiert. Es steht 0:0. Die Kariben kommen gar nicht aus der Karibik,
erfahren wir vom Reporter, sondern aus Wrexham, Luton oder Watford.
Dritte und vierte Liga gegen kommende Weltmeister. Warum wehren die
sich eigentlich so? Denkt vielleicht einer von denen mal an die
Zuschauer? Ich werde noch müder auf dem Teppich und die Augen
fallen mir zu. Wer erlöst mich endlich von dem Spiel, das ich
eigentlich gar nicht sehe, sondern eher wie in Trance fühle?
Achtzig Minuten gespielt. Der lange Crouch
hat vorher schon eine dicke Kopfballchance versemmelt. Er tut mir Leid,
so wie er traurig auf dem Platz herum steht. Ob der wohl jemals eine
Freundin abbekommen wird? Aber die Engländer sind ja nicht so
wählerisch, mit Ausnahme von Beckham. Dessen schwerst aufgemotzte
Frau sitzt auch im Nürnberger Stadion und man blendet sie mehrfach
ein. Das ändert aber nichts am Spielstand. Es bleibt beim 0:0.
Es rumort in mir, ich habe das Spiel doch
schlechter verkraftet als erwartet. Auf der Toilette geht es mir dann
schon gleich besser. Da mache ich eine unerwartete Entdeckung: Auf dem
Toilettenpapier stehen witzige Fußballfragen drauf. Das motiviert
nicht gerade zum sparsamen Umgang damit, erweitert aber spätestens
beim dreißigsten Blatt den Horizont. Ich rolle das nicht benutzte
Klopapier notdürftig zusammen. Es sieht grauenvoll aus. Als ich
wieder im Wohnzimmer eintreffe, steht es gar nicht mehr 0:0. Die
englischen Fans feiern gerade ihre großartige Mannschaft. Es sind
wohl doch noch zwei Tore gefallen. Eines hat dieser lange Crouch
geköpft. Jetzt freut er sich und sieht in diesem Moment gar nicht
mehr so hässlich aus. Das sind wohl die großen Momente einer
WM. Meine Enttäuschung hält sich in Grenzen. Ich hätte
auch auf dem Teppich einschlafen können und dann die beiden Tore
auch verpasst. Wieder ist ein Spiel vorbei. Ich beschließe
spontan, mir heute das Abendspiel in jedem Fall zu ersparen. Der Sessel
steht immer noch mitten im Wohnzimmer. Im Fernsehen läuft eine
Rückschau auf das Spiel. Ob die wohl noch mal die Tore zeigen? Wo
ist eigentlich diese verdammte Fernbedienung …?
Bernd Christoph
Hannos Exkurs in die Fußballwissenschaft (15.06.)
Liebe Sportsfreunde,
da kommt man morgens leicht verkatert ins
Büro, noch immer glücklich, dass Neustadt doch noch das Runde ins
Eckige gebracht hat, leicht verwundert über Kloses neue Frisur (schade
eigentlich um den letzten Mittelscheitel-VoKuHiLa), die mit Sicherheit
Einfluss auf sein Kopfballverhalten hatte, und gibt sich den üblichen
Donnerstagmorgen-Ritualen hin. Kaffeekochen, Smalltalk und mal sehen,
was in der "BILD für Wissenschaftler" steht. Und dann das: Fußball. Da
muss den Engländern das Herz stehen bleiben, auch noch mit 'nem Bild
unserer Helden. Doch worum geht es da eigentlich? Aha, Statistik. Da
haben ein paar als Mathemathiker und Physiker getarnte
Fußballwahnsinnige 22000 Bundesligaspiele
(Ost/West/Vereint/Frauen/Männer) und 3400 WM-Spiele ausgewertet. Kurzer
Rede gar kein Sinn, offensichtlich beflügelt das Toreschießen zu
weiterem Toreschießen, ansonsten ließe sich die ungerade Verteilung von
Ergebnissen und das statistisch viel zu häufige Auftreten von hohen
Ergebnissen nicht erklären (Artikel liegen bei). Offensichtlich hatte
Jogi Löw schon einen Vorabdruck ergattert (was bei seiner Akribie nicht
verwundert) und entsprechend das Einstürzen des polnischen Kartenhauses
nach dem ersten Treffer prophezeit. Schade nur, dass nach dem ersten
Treffer so wenig Zeit war, auch die Theorie zu überprüfen, aber was
soll's - Hauptsache gewonnen, meine Kicker-Steckfahne hab' ich schon
mal ins Achtelfinale gesteckt, und so wie das Westfalenstadion gestern
gesungen hat, habe ich nicht mal Angst vor den Tommies und es tröstet
mich über denn Verlust des ersten Platzes.
Mit sportlichem Gruss
Platz 10
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Preprint des
Originalartikels
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WM-Kommentar vom 15.06.
Liebe Freunde,
heute nur ein Kurzkommentar, denn schon mittags geht's ab nach Hamburg
zum Topspiel Ecuador-Costa Rica. Daher gibt es heute voraussichtlich
auch keine Aktualisierungen der Tippspieltabelle vor 23 Uhr.
Tja, lange, lange mussten wir warten, bis endlich Neuville den Ball im
polnischen Tor unterbrachte. Am Ende war der Sieg glücklich, aber
hochverdient gegen eine kämpferisch ebenbürtige polnische
Mannschaft. Die müssen sich doch täglich vor Ärger in
den Hintern beißen, dass sie das Spiel gegen Ecuador so
leichtfertig und kampflos weggeschenkt haben. Aber ist das unser
Problem? Nein.Richtig große Probleme hatte das deutsche Team aber
gestern mit den Polen auch wieder nicht. Nun ja, Arne Friedrich muss
wohl noch ein paar Jahre üben, bis er mal wieder mit seinen
Flankenversuchen den Kopf eines Mitspielers trifft, und Miro Klose hat
unverständlicherweise eine Sperre im Kopf – ähhh...-
ich meinte: beim Kopfball. Ansonsten war das gestern eine brauchbare
Vorstellung einer hochmotivierten deutschen Mannschaft, die mit vollem
Einsatz und hohem Tempo den Gegner mürbe rennen und kämpfen
wollte. Gut gemacht, der Bundestrainer hat erkannt, wo die Stärken
seines Teams liegen: Rennen, Kämpfen und niemals Aufgeben. Das
sind (leider!) noch immer die Primärtugenden des deutschen
Fußballs. Grinsmann hat immer von attraktivem
Angriffsfußball gesprochen, den er von seinen Spielern fordert,
aber auch er musste schließlich zur Erkenntnis kommen, dass mit
dem vorhandenen und in seinen spielerischen Fähigkeiten begrenzten
Spielermaterial der Erfolg nur über die Primärtugenden kommen
kann. Vielleicht ist das noch immer zu wenig, vielleichtt kann man aber
(wie früher) mit diesen Tugenden, mit den Fans im Rücken und
dem Schub der ersten Erfolge am Ende mehr erreichen als manch einer
(auch ich) gedacht hat. Der Knackpunkt wird das Achtelfinale werden, da
bin ich sicher.
Am Nachmittag gab es die zweite WM-Überraschung, denn die Ukrainer
sahen gegen die Spananier dermaßen alt aus, dass man sich fragen
muss, wie sie es schaffen konnten, sich so deutlich als erste
europäische Mannschaft zu qualifizieren. Die Spanier waren
spielfreudig, dominant und sicher im Abschluss, und gelegentlich
konnten sie (z.B. vor dem wunderbaren 4:0) sogar richtig
kämpferischen Einsatz zeigen. Allerdings haben wir in den letzten
Jahrzehnten zu oft gesehen, dass die zuerst hoch gelobten Iberer dann
hoffnungslos untergingen, wenn es in den entscheidenden Spielen um die
Chimborazo-Wurst (oder wie das heißt) ging.
Am frühen Abend kam dann noch das Spiel "Not gegen Elend". Die
beiden Mannschaften, die aufgrund ihrer Herkunft die geringsten
Probleme mit der Hitze haben sollten, lieferten das bisher schlechteste
WM-Spiel ab. Immerhin gab es vier Tore. Keins der beiden Tea ms werden
wir im Achtelfinale wiedersehen.
In unserem Tippspiel wurde der führende Hanno locker vom Thron
gestürzt. Die neuen Favoriten punkteten zwar z.T. erst in
allerletzter Minute, aber auch die gehört bekanntlich dazu.
Extrapunkte gab es für alle, die Ballack als ersten deutschen
Geldsünder getippt hatten. Heute gibt es wieder 9 Punkte zu
verteilen und morgen kommt der Bericht von meiner ersten und einzigen
WM-Teilnahme. Wir sind Weltmeisterschaft!
Sportsgruß, Robert
WM-Kommentar vom 14.06.
Liebe Freunde,
der Dienstag war ein Tag der Enttäuschungen bei dieser WM. Am
Nachmittag bemühten sich koreanische Nähmaschinen redlich,
gegen teilweise recht unkonventionell spielende Togolesen einen Sieg
herauszulaufen. Das klappte aber erst, nachdem ein Togolese nach einer
Notbremse vom Platz geflogen war. Nicht ganz unerwartet kam diese
(gelb)rote Karte, hatten die Afrikaner doch schon in der ersten
Halbzeit kräftig rumgeholzt. Andererseits waren bei ihnen Technik,
Athletik und Angriffsspiel z.T. auf recht hohem Niveau, was sich in dem
wirklich schönen Schuss zum 1:0 dokumentierte. Ein Schewtschenko
oder Henry hätte das nicht besser machen können. Wie
vorauszusehen war, hielten die Koreander dann aber in der zweiten
Hälfte ihr gar nicht mal sonderlich hohes Tempo, während Togo
– zusätzlich durch den Platzverweis geschwächt - immer
mehr abbaute. Die Enttäuschung stand Otto Pfister ins Gesicht
geschrieben: Erstes Spiel und eigentlich ist schon alles vorbei. Wohl
nicht nur "eigentlich" – ein Teil der Verbandsspitze will ihn
loswerden. Macht nix, bei der nächsten WM ist er bestimmt wieder
dabei. Bald verlassen werden uns vermutlich auch die Ostasiaten.
Südkorea überzeugte ebenso wenig wie Japan, scheint aber
konstitutionell besser drauf zu sein. Mal sehen, was im nächsten
Spiel gegen die Froschfresser geht...
Die Franzen waren gestern die nächste Enttäuschung. Das
war Beamtenfußball der einfallslosesten europäischen Sorte:
Keiner bewegte sich freiwillig. Es mag je heiß gewesen sein in
Stuttgart, aber das allein kann doch nicht der Grund für diese Art
von Standfußball gewesen sein. Wenn einer den Ball nach vorn
trieb, bewegte sich bestenfalls der ihm am nächsten befindliche
Mitspieler, der Rest hielt es mit des Kaisers Motto: Schau'n mer mal...
In den letzten 20 Minuten habe ich mal intensiv darauf geachtet, was
passierte, wenn ein Franzose 20 Meter in der gegnerischen Hälfte
nahe der Seitenauslinie den Ball hatte: In exakt 100% aller Fälle
wurde nicht etwa der direkte Weg zur Torauslinie gesucht, nein:
Jedesmal, wirklich jedesmal zog der Angreifer nach innen, machte die
Räume eng und es den Schweizern relativ leicht, den Angriff
abzuwehren. Ja guuut, den einen oder anderen halbwegs gefährlichen
Angriff der Blauen gab es natürlich, aber genauso gefährlich
waren auch die Schweizer auf der anderen Seite. Noch haben sich die
jungen Schweizer aber nicht so richtig getraut, die Ex-Weltmeister vom
hohen Favoritenross zu schießen. Schade eigentlich, gegönnt
hätte ich es ihnen gestern. Die alten Säcke von westlich des
Rheins werden Mühe haben, ihre seit dem Finale 1998 anhaltende
WM-Torflaute abzublasen. Ein Sieg gegen Togo ist wohl drin, aber ob das
für das Achtelfinale reicht?
Die dritte und letzte Enttäuschung bereitete uns der noch
amtierende Weltmeister. Das sah gestern wahrhaftig nicht nach
Titelverteidigung aus; mit ein wenig mehr Glück und Zutrauen in
die eigenen Fähigkeiten hätten die Kroaten das Spiel
mindestens unentschieden gestalten können. Ein wenig Zauberei von
Ronaldinho hier, die unvermeidlichen, aber seit ca. 5 Jahren
völlig erfolglosen Fernschussgranaten von "Carlos Roberto" (O-Ton
Beckmann) dort – viel mehr war da von der hochgelobten
Fußballkunst nicht zu sehen. Die Ausnahme war Kaka, der nicht nur
ein sehr schönes Tor schoss, sondern auch in anderen Szenen den
Willen zum Erfolg zeigte, den die meisten seiner Kollegen wohl gern
durch Ballschieberei und Tricks herbeigezaubert hätten. Ronaldo
durfte einmal aus gut 20 Metern abziehen, ansonsten stand er auf dem
Platz herum und sah aus, als ob man ihn mit vorgehaltener Pistole zum
Mitspielen gezwungen hätte. Unglaublich, dass der Trainer ihn
nicht nur 70 Minuten auf dem Feld ließ, sondern ganz
offensichtlich diese Art von Denkmalpflege auch im nächsten Spiel
fortführen will. Die Kroaten waren stark und agierten leider in
einigen Szenen nur zu überhastet, um die Brasilianer in Gefahr zu
bringen. Zwei schöne Torschüsse aus guter Position landeten
leider direkt in den Armen des aufmerksamen Dida. Mit etwas mehr
Abgeklärtheit war mindestens ein Punkt drin. Schade.
In unserem Tippspiel ist es oben jetzt ganz eng geworden. Vier
Mitspieler auf Platz eins und dahinter lauert eine ganze Meute auf
Fehler. Selten war es in den letzten Jahren so spannend. Am
Tabellenende hat sich Jochen meine Worte zu Herzen genommen und die
Rote Laterne abgegeben. Gut so! Jetzt wollen wir gleich mal sehen, ob
die Spananier ihre Serie erfolgloser WM-Auftritte fortsetzen. Der
Geheimfavorit Ukraine ist gleich ein harter Brocken und bietet
dafür beste Voraussetzungen...
Sportsgruß, Robert
Hannos Entgegnung auf Jochens Kommentar
Liebe Sportsfreunde,
Die
Kommentare von Platz 81 können wir so nicht im Raum stehen lassen,
da fühlen wir uns in unserer Wissenschaftlerseele gekränkt:
1. Die italienische Wettmafia ist ein
Phänomen, das sich aus der frühen menschlichen Beeinflussung
des Klimas und der Vegetation im Mittelmeerraum ableiten lässt.
Hätten die alten Römer ein paar Bäume stehen gelassen,
sähe deren Welt heute anders aus und sie könnten sich mit
Holzhandel beschäftigen. Da dieses Phänomen also mindestens
2000 Jahre alt ist, hätte es einem Nichtverkopften auch auffallen
müssen.
2. Temperatureinfluss auf den Fußball: Es
gibt einen eindeutigen Zusammenhang zwischen der Elastizität und
der Temperatur, sprich: Die Luft im warmen Ball dehnt sich aus und
macht die Umsetzung der Einschlagsgeschwindigkeit auf die Reichweite
und Schnelligkeit des Balls höher. Heißt also: Die lahmen
Krücken, die es kaum in den 16er schaffen, könnten mal
gepflegt von hinten draufhalten. Wie das geht, haben die Herren Lahm,
Frings und Kaká gezeigt.
Also: Mit ein bisschen Grips hätte man das alles vorhersehen können
Gruss, Platz 1
Detailierte Informationen:
Temperature can affect a couple of different variables in a ball
to alter the distance it will travel from an impact. For inflated
balls, the temperature can change the air pressure inside the ball
giving an over inflated effect if it was warmed, or and under inflated
effect if it was cold. (Have you ever tried dribbling a basketball
without enough air in it?) The amount of air pressure then is directly
proportional to the temperature of the air inside.
For solid core balls, like baseballs, golf balls etc…
temperature has a similar effect on the ball but the mechanics are a
bit different. Here the characteristics of the material inside the ball
are responsible for the bounciness of the ball.
A ball’s bounciness is dependent on the elasticity of its
constructed materials. The property of elasticity allows the ball to
retain kinetic energy during a collision by having the ability to flex
without breaking and then return to its original shape. This measure of
a material’s elasticity is called its coefficient of restitution.
An object with a low coefficient of restitution will lose a great deal
of its kinetic energy in a collision through breaking or deforming, or
through the generation of sound or heat. Compare the kinetic energy
transmission through steel balls suspended on strings as they bounce
back and forth in an example of a high coefficient of restitution. Now
consider a lump of clay or a piece of glass in a collision, both
materials having very low restitutional values – they simply do
not transfer energy well because they are not as elastic.
How does all this tie back into the temperature of materials?
Temperature can also affect elasticity – the colder a material
gets, the less elastic it can be. Under cold conditions, the material
can actually become more of an 'energy sink' – absorbing energy
rather than transferring it.
Both inflated and solid core balls rely on the principle of coefficient
of restitution. A warmed, (over inflated) ball is more elastic than a
cold, (under inflated) ball just as a solid core ball that is warm has
more elasticity than an identical ball that is cold.
Jochens Antwort zum WM-Kommentar vom 13.06.
Lieber Robert,
also in Bezug auf meine prognostischen
Fähigkeiten täuscht Du Dich natürlich gewaltig. Meine
Tipps sind eigentlich exzellent, aber leider sind die Ergebnisse die
allerletzte Scheiße. Dafür gibt es 2 plausible
Erklärungen:
1. Die italienische Wett-Mafia
oder
2. Die irregulären Temperaturen in
den Stadien. Es müsste doch gerade den verkopften
Wissenschaftlern von GEOMAR und ähnlichen Fakultäten bekannt
sein, dass naturwissenschaftliche Abläufe (also auch
Fußballspiele) nur in einer definierten Temperaturspanne
prognostizierbar und reproduzierbar sind. Bei Temperaturen von mehr als
30°C in den Stadien müssen die Ergebnisse als nicht valide und
somit irregulär gewertet werden. Ich beantrage deshalb, die
Ergebnisse sämtlicher 15:00- und 18:00-Uhr-Spiele der letzten Tage
aus der Tipp-Wertung zu nehmen!
Sollte dieser Antrag trotz der
schlüssigen Argumentation wider Erwarten abgelehnt werden,
beantrage ich eine Änderung der Geschäftsordnung: ALLES GELD
FÜR PLATZ 81!!
Es grüßt PLATZ 81
WM-Kommentar vom 13.06.
Liebe Freunde,
vier Spieltage liegen hinter uns, und noch immer gilt: Wir sind
Weltmeisterschaft! Zwei der sogenannten "Kleinen" im Weltfußball
(die es ja bekanntlich gar nicht mehr gibt) haben uns gestern ein recht
ansehnliches Spielchen mit einem am Ende noch überraschenden
Ausgang beschert. Hut ab vor den Aussies, die bei glühender Hitze
lange einem Rückstand hinterherliefen, der auch noch regelwidrig
zustande gekommen war. Ihr Fußballspiel war zwar nur von der
alten englischen Sorte und weit werden sie damit nicht kommen, aber es
ist immer noch ansehnlicher als manch taktisches Ballgeschiebe
hochgelobter Favoriten. Den japanischen Nähmaschinen, die
normalerweise mit nie nachlassender Drehzahl laufen, laufen und laufen,
ging am Ende bei dieser Hitze wohl doch der Schmierstoff aus. Ist aber
auch egal, im Achtelfinale hat keine der beiden Mannschaften etwas zu
suchen.
Vom Spiel am frühen Abend kann ich nur berichten, dass es
unglaublich heiß und trocken auf dem Spielfeld war. Kaum
Schatten, und dennoch ein recht ansprechendes Spielchen, das am Ende
einen verdienten Sieger fand. Die Rede ist hier zwar vom gestrigen
Hebbelkick, aber nach allem, was ich vom Spiel USA-Tschechien gesehen
habe, war es da ganz ähnlich. Da spielten zwar die Nummern 5 und 2
der FIFA-Weltrangliste (Deutschland steht auf Platz 19!), getrennt nur
durch magere 18 von 772 Punkten, aber dennoch war recht schnell klar,
wer hier als Sieger vom Platz gehen würde. Das Spiel der US-Boys
ist zwar bemüht und z.T. durchaus ansprechend im Spielaufbau, aber
heutzutage entscheidet eben oft die Klasse einiger weniger
Spitzenspieler so eine Begegnung. Sorry, Brian, that was not enough to
make it to the next round!
Nach dem Hebbelkick wurde den Spielern zur Vermeidung von
Ausfallerscheinungen vom Mannschaftsarzt die Einnahme von isotonischen
Getränken verordnet. Glücklicherweise befand sich die
Versorgungsstation in unmittelbarer Nähe zu einer
Großbildleinwand, auf der wir die erste Hälfte des Spiels
Italien-Ghana verfolgen konnten. Das Ganze wird zur Nachahmung
empfohlen, mit dem Hinweis, dass es in der "Forstbaumschule" nicht
einmal übermäßig voll war. Mein Weltmeistertipp spielte
die Begegnung gestern routiniert herunter, stand hinten meist sicher
(im ganzen Spiel musste Buffon nur einen einzigen halbwegs
gefährlichen Schuss halten!), versuchte die schnell
offensichtlichen Schwächen bei hohen Bällen des
Fliegenfängers im Tor der Ghanaer auszunutzen, und setzte mit
gutem Kombinationsspiel immer wieder gefährliche Konter. Meist
fehlte zwar noch ein Tick an Präzision, sonst hätten die
Afrikaner noch einige weitere Dinger kassiert, aber insgesamt
präsentierten sich die Azzuri gut vorbereitet auf eine
erfolgreiche WM. Ein sicherer, aber nicht begeisternder Sieg; mit den
Italienern muss man rechnen.
In unserem Tippspiel haben Jan Wegner und Ex-Europameister Hiroshi
dicht zum weiter führenden Hanno aufgeschlossen, während Alex
etwas zurück fiel. Am Tabellenende sind jetzt alle im
zweistelligen Bereich, doch macht es mir Sorgen, dass es mit den
prognostischen Fähigkeiten meines Hausarztes offenbar nicht
allzuweit her ist. Na, egal, solange es nur um Fußballitis geht,
wird Jochen schon das richtige Hausmittel wissen, denke ich. Zum
Beispiel jetzt gleich das Spiel "Togowabohu gegen die
Südkoreander"...
Sportsgruß,
Robert
Die Westufer-Reaktion auf den WM-Kommentar vom 12.06.
Da war sie wieder die Überheblichkeit und Arroganz der Ostufer-Mafiosi. Ihr mögt da drüben ja Excellence in Science haben,
aber leider scheint da die Bodenhaftung verloren gegangen zu sein.
Vielleicht sieht die Welt ja aus dem Tauchboot anders aus, aber wir
vertreten hier noch die gute alte Schule, da ist die Welt so rund wie
ein Fußball, Spiele gehen, wie eine gepflegte Vorlesung, 90 Minuten,
und die Dozenten haben immer recht, deswegen stimmen auch die
Tippergebnisse. Falls ihr mal wieder wissen wollt, wie das Leben so
spielt, werden Alex und ich ein kleines Nachhilfe-Tutorium "Neue
Aspekte der Erdgeschichte: Warum 2006 Deutschland Weltmeister wird"
anbieten.
Mit sportlichem Gruß (54, 74, 90, 2006)
Hanno
WM-Kommentar vom 12.06.
Liebe Freunde,
die Welt ist zu Gast bei uns. Bei uns? Ja, und wir sind nicht nur
Papst. Nein, viel besser: Wir sind Weltmeisterschaft! Deutschland zeigt
sich als perfekt vorbereitetet Gastgeber: Um technische Pannen wie die
Sturzbäche in Frankfurt beim letztjährigen Konfetticup-Finale
zu vermeiden, wurde allerbestes Sommerwetter organisiert. Weiter so, da
macht dank DVB-T das Fussballgucken auf der heimischen Terrasse erst
richtig Spaß.
Erfreulich war auch das Eröffnungsspiel. Sechs Tore zum Auftakt
– wann hat es das zuletzt gegeben? Grinsmann macht gute Miene zum
bösen Abwehrspiel des deutschen Teams und hofft tatsächlich
darauf, dass Klose & Co die Torfabrik am Laufen halten. Das kann
klappen, eventuell aber auch schon gegen Polen und Ecuador fatal enden.
Die werden sich unsere Deckungsschwächen genau angesehen haben und
versuchen, mit vertikalem Spiel die deutsche Abwehr zu durchbrechen.
Früher war mal von den "deutschen Panzern" die Rede, heute kann
sich der Gegner leider oft genug darauf verlassen, dass hinten noch ein
letzter Horchposten steht, der aber den Schuss nicht gehört hat
und dann das Abseits aufhebt. Den Polen duerfte vor den "deutschen
Panzern" jedenfalls nicht besonders bang sein, allerdings müssen
sie ihr reichlich einfallsloses Gekicke vom Ecuadorspiel deutlich
besser strukturieren. Das war bisher gar nix und den Tricolores reichte
eine mäßige Leistung für einen ungefährdeten Sieg.
Der Trainer sah zwar aus wie ein Drogenbaron im Maßanzug, aber er
hat da ein gut vorbereitetes Team zusammen gestellt, dem durchaus der
Gruppensieg zuzutrauen ist. In ein paar Tagen kann ich mir selbst ein
Bild machen: Da am Freitag einige wahrhaft "Gute Frrreunde" bei mir zu
Gast waren und mir ein wirklich völlig unerwartetes Geschenk
gemacht haben, darf ich mir tatsächlich am Donnerstag das Spiel
Ecuador-Costa Rica in Hamburg live im Stadion ansehen. Toll! Ich bin WM!
Am Samstag ging es eher verhalten los. Die Limies stellten gegen
Paraguay nach ein paar Minuten das Fußballspielen weitgehend ein
und schaukelten den glücklich zustande gekommenen 1:0-Vorsprung
über die Runden. Angeblich war es zu heiss in Frankfurt... Seit
wann ist das eine Ausrede für Profis, die sonst z.T. in Spanien
spielen? Die Hebbelkicker mussten am Sonntag schließlich auch bei
glühender Mittagshitze in Schönwohld antreten und holten
dennoch fast den Turniersieg!
Eins ist nach dem kläglichen Unentschieden gegen Tonidad-Tribago
klar: Die Schweden sind keine Überflieger – ausgenommen
vielleicht Wilhelmsson, aber der machte das auch eher unfreiwillig...
Selbst als sein "Starthelfer" vom Platz geflogen war, schafften sie es
nicht, die karibische Abwehr wirklich überzeugend zu durchspielen.
Von Ljungberg und Ibrahimsson hatte ich wirklich mehr erwartet, die
sind noch nicht bei der WM angekommen. Wenn dann von den
Aussenverteidigern kein zusätzlicher Druck auf den Gegner
ausgeübt wird, hat der es relativ leicht. Dennoch traue ich den
Schweden gegen spielstarke Gegner durchaus eine Überraschung zu.
Abends gab es dann das bisher beste Spiel der WM. Argentinien spielte
ball- und kombinationssicher, cool und routiniert einen 2:1-Sieg gegen
die Ivorer heraus, die in dieser "Todesgruppe" womöglich das beste
Team der WM darstellen, das schon in der Vorrunde scheitert. Kleinste
Unsicherheiten in der Abwehr werden eben von den Gauchos gnadenlos
bestraft; das ist schon eine Klassemannschaft, die hier auftritt. Aber
die schwarzen Männer von der Elfenbeinküste bauten zum
Schluss doch gehörig Druck auf und hatten zumindest das eine Tor
von Drogba – erzielt in bester Gerd-Müller-Manier –
redlich verdient. Die Holländer werden es am Freitag nicht einfach
haben...
Die Tomatenzüchter machten es dann bei ca. 30 Grad in
Lüdenscheid ähnlich wie die Engländer am Tag zuvor: Ein
schnelles Tor durch den quirligen Robben und dann auf den Schlusspfiff
warten. Effizienzfussball höchster Güte war das, aber wir
können bisher noch wenig darüber sagen, was unsere Nachbarn
wirklich draufhaben, ausser einem Linksaußen in Topform.
Am späten Nachmittag zeigten uns dann zwei Hitze-gewohnte Teams
ein munteres Spielchen mit vier Toren. Die angeblich "beste
Mannschaft aller Zeiten" des Iran hatte aber ab der Halbzeit nichts
mehr zu melden und versuchte es mit Befreiungsschlägen und
Betonfußball. Die Sombreros brauchten dann mit ihrem z.T. recht
ansehnlichen klassischen Angriffspiel mit zwei echten
Aussenstürmern zwar eine halbe Stunde, bis der verdiente Sieg
gesichert war, und können nun schon ziemlich sicher für das
Achtelfinale planen. Bei diesem gewiss nicht schlechten Spiel stand der
beste Mann aber nicht auf dem Platz, sondern am RTL-Mikrofon. Unser
WM-Held Litti sprach immer wieder bei gelungenen oder
mißglückten Aktionen Klartext aus der Sicht eines echten
Fußballers und damit genau das aus, was man als interessierter
Zuschauer auch selber gerade dachte. Da verzeihe ich auch gern das eine
und andere "Ähhh" und so manchen verunglückten Halbsatz.
Weiter so, RTL!
Abends hatte ich dann einen deutlichen Sieg der Sportugiesen gegen ihre
ehemalige Kolonie erwartet, wurde aber wie viele andere ziemlich
enttäuscht. Wieder gab es hier eine schnelle Führung des
überlegenen Teams, vorbereitet von einem unglaublich sprinstarken
Figo, aber dann fehlte einfach der letzte Wille und Einsatz, um den im
Grunde harmlosen Angolanern die Hütte vollzuschiessen. Die Pfiffe
der Zuschauer fällten ein eindeutiges Urteil.
In unserem Tippspiel hat sich auf wundersame Weise ein Duo vom IfG an
die Spitze gesetzt. Das heißt nach erst einem Achtel der Spiele
natürlich noch gar nichts, zumal ein extrem breites Mittelfeld
bereit steht, schon heute ganz oben alles durcheinander zu wirbeln. Wie
man es allerdings als angeblicher Fussballexperte schaffen kann, nach 8
Spielen noch im einstelligen Punktebereich rumzukrebsen, bleibt mir
ein Rätsel...
Heute gibt es das zweite Tabellen-Update erst nach dem letzten Spiel,
da ich während des Spiels USA-Tschechien selbst gegen den Ball
trete. Übrigens: Wenn jemand wünscht, dass seine/ihre
Email-Zweitadresse ebenfalls in den Verteiler aufgenommen wird,
möge er/sie mir das bitte mitteilen.
Sportsgruss, Robert
Kanal-Kommentar vom 11.06.2006
Von der Leichtigkeit des Unwissens
Die Tippspielzeit ist die Leidenszeit der vermeintlich Wissenden.
Mit großem Aufwand werden Fußballstatistiken ausgewertet,
aktuelle Meldungen rund um die WM analysiert und stundenlang zumeist
todlangweilige Testspiele aller WM-Teilnehmer im Fernsehen verfolgt.
Manch einer legt sich spezielle Datenbanken an oder verfasst
tägliche Memoranden, um die aktuelle WM-Form der Mannschaften
akribisch zu dokumentieren. Selbstverständlich werden besondere
Faktoren wie zum Beispiel der Vorteil Ecuadors in heimischer Höhe
oder die Angst der Engländer und Holländer vorm Elfmeter in
die abschließenden Bewertungen einbezogen. Auch gewisse
Wahrscheinlichkeiten wie der offensichtliche Vorteil der Heimmannschaft
oder die Tatsache, dass zumeist Mannschaften auf dem jeweils eigenen
Kontinent erfolgreich waren, gilt es zu berücksichtigen. Am Ende
ist es dann aber wie immer: Favoriten straucheln, Außenseiter
siegen – leider aber immer die Mannschaften, denen man das vorher
so nicht zugetraut hatte. Der nachfolgende Tipp-Frust lässt sich
dann frei nach Goethes Faust zusammenfassen: „Ich seh’,
dass wir nichts wissen können, das will mir schier das Herz
verbrennen.“
Psychologen haben übrigens kürzlich das Tippverhalten
von Sportwettern wissenschaftlich untersucht und festgestellt, dass zu
viel Wissen und eine zu lange Vorbereitung dem Tipperfolg absolut
abträglich ist. Am besten sind spontane Bauchentscheidungen auf
der Grundlage intuitiver Erfahrungen. Also besser schnell mal die Tipps
aller WM-Spiele wie in Trance herunter geschrieben und fertig!
Zumindest das Verhältnis zwischen miserablen Tippergebnissen und
dem dafür erforderlichen Aufwand ließe sich dann in Grenzen
halten.
Wir wollten uns denn diesmal aber doch nicht so recht nur auf
unseren mehr oder weniger gesunden WM-Bauch verlassen. Als ersten
Ansatz wählten wir also die so genannte FIFA-Weltrangliste. Kein
Mensch außer Sepp Blatter weiß zwar, wie diese
Kicker-Hitparade zu Stande kommt, aber sie steht nun mal im Internet
und wird ständig aktualisiert. Nach diesem Ranking müsste es
bei dieser WM eigentlich zu folgenden Viertelfinalspielen kommen:
Schweden – Niederlande
Tschechien – Frankreich
England – Mexiko
Brasilien – Spanien
Mexiko und Spanien im Viertelfinale? Deutschland schon im
Achtelfinale draußen? Und die Amis wären als FIFA-Sechster
nur deshalb nicht im Viertelfinale, weil sie im Achtelfinale gegen
Brasilien spielen müssten. So ein Blödsinn!
Dieses doch recht unerfreuliche Ergebnis wollten wir
natürlich keinesfalls zur Grundlage unserer WM-Tipps machen. Also
wählten wir diesmal einen ganz anderen Ansatz, nämlich in
Form eines „Gottesurteils“ einer nachgespielten WM-Runde am
Kickertisch. Im Mai wurde im Kieler Einkaufszentrum
„Sophienhof“ genau das durchgeführt. Wir selbst
wollten natürlich dem Schicksal etwas auf die Sprünge helfen
und nahmen an dieser Tischfußball-WM als „Team
Frankreich“ teil. „Allez les bleus“ hallte es von den
Zuschauerrängen, als wir die Shopping-Mall betraten. Auch uns kam
in diesem Moment die Gänsehaut hoch. Nach dem Aufwärmtraining
wurden die Konkurrenten kritisch auf ihren Leistungsstand hin
gemustert. Erster Gegner der Franzosen war bekanntlich die Schweiz, ein
äußerst schwer zu spielender Gegner. Nach hartem Kampf wurde
zwischenzeitlich ein klarer 3-Tore-Vorsprung für die Blauen heraus
gespielt. Am Ende setzen sich jedoch leider die größeren
Kraftreserven der Eidgenossen durch und das Spiel wurde denkbar knapp
in den letzten Sekunden noch verloren. Das war wirklich Schweizer
Käse und eine kalte Dusche für den Stolz Frankreichs. Hatte
Zinedine Zidane seinen Zenit vielleicht doch schon überschritten?
Zwickte vielleicht seine Wade und er wagte nicht, diese seinem Trainer
zu outen? Wir wissen es nicht. Im zweiten Gruppenspiel gegen Togo
keimte noch einmal Hoffnung für den Weltmeister von 1998 auf. Im
Schlussspurt wurden die Afrikaner noch einmal knapp in die Schranken
gewiesen. Der erste Dreier machte wieder Hoffnung fürs
Achtelfinale. Dann folgte das Schlüsselspiel gegen Südkorea.
Anscheinend hatten sich die Asiaten körperlich und mental ganz
besonders auf diese WM vorbereitet. Mit Atem beraubenden Kombinationen
überrollten sie die Blauen mit einer wahren Torflut. Damit hatte
nun wirklich keiner gerechnet. Statt Achtelfinale hieß es
für Thierry, Henry & Co. diesmal, wie in 2002 auch schon,
erneut vorzeitig die Heimreise anzutreten. Das war aber nicht die
einzige Sensation des Turniers. Auch England, Schweden, Portugal,
Tschechien und Spanien mussten schon in der Vorrunde die schlaffen
Segel streichen. Am schlimmsten erwischte es in Gruppe F Turnierfavorit
Brasilien. Mit drei Niederlagen wurden die Jungs vom Zuckerhut sogar
nur Gruppenletzter. Im Achtelfinale erwischte es dann auch noch
völlig unerwartet die Niederlande, Deutschland und Argentinien.
Das Favoritenmassensterben war damit komplett. Enttäuschte Fans
dieser Länder verbrannten spontan ihre Fahnen. Rauchmelder
grölten, der „Sophienhof“ musste kurzfristig
geräumt werden. Nachdem die Kieler Berufsfeuerwehr die Situation
wieder im Griff hatte, kam es zu folgenden Viertelfinalbegegnungen:
Ecuador – Angola
Paraguay – Iran
Ghana – Südkorea
Italien – Saudi-Arabien
Als letzter WM-Favorit strauchelten auch noch die Italiener.
Angola, Ghana, der Iran und Saudi-Arabien zogen ins Halbfinale ein, in
dem sich die beiden letztgenannten Mannschaften durchsetzen konnten. In
einem dramatischen Endspiel siegte dann Saudi-Arabien gegen den Iran
und wurde völlig verdient zum ersten Mal Weltmeister. An diesem
Tag wurde wahrlich WM-Geschichte geschrieben.
Abschließend betrachtet können wir mit den Ergebnissen
dieser WM-Simulation sehr zufrieden sein, denn sie entspricht exakt den
Vorgaben der FIFA an die Schiedsrichter, wegen künftig besserer
globaler Vermarktungsmöglichkeiten auch Außenseitern eine
realistische Chance zu geben. In jedem Fall hatten wir mit diesem
Ausgang eine grundsolide Basis für unsere WM-Tipps gelegt. Also
bitte nicht wundern, wenn die Kanaltipper diesmal ganz vorne landen
sollten. Mit Ecuador hat immerhin schon ein getippter Viertelfinalist
kräftig gegen Polen zugeschlagen. Die anderen Außenseiter
werden bestimmt noch folgen. Das kann eine wundervolle WM werden. So
hoffen wir jedenfalls alle am Kanal.
Bernd Christoph
06.06.2006
Prolog vom Kanal zum WM-Tippspiel 2006
Endlich ist es vorbei!
Bevor es losgeht, ist eigentlich schon alles gesagt und getan – mehrfach, wiederholt, gnadenlos.
Seit über einem Jahr wurden bei jeder passenden und unpassenden
Gelegenheit die Tage rückwärts gezählt, als gelte es,
das Datum eines möglichen (Welt-)Untergangs nur ja nicht zu
verpassen. Im Lande wird Fröhlichkeit eingefordert und
natürlich Geschäftssinn. Es geht um Erfolge und Schotter, vor
allem auch um zigtausend (Teilzeit-)Arbeitsplätze. Die WM ist der
Hoffnungsschimmer für ein zweifelndes Land. Der Kaiser hat sie uns
geholt. Ewige Dankbarkeit! Schön, dass es damit endlich vorbei ist!
Was haben wir früher auf
Weltmeisterschaften hingefiebert, fleißig Fußballbilder
gesammelt und stapelweise den „Kicker“ gekauft. Heute
brauchen wir das alles nicht mehr. Denn der Fan steht im Mittelpunkt
und da leider immer wieder im Wege. Die FIFA hat das endlich klar
erkannt und brennt über unsere Köpfe hinweg ein
unentrinnbares Marketingfeuerwerk ab: Deutsches Bier fliegt aus den
Stadien, Arenen werden zwischenzeitig mit viel Aufwand umbenannt und
widerborstige Firmen systematisch abgemahnt. Kontrolle ist wichtig. Es
geht um Milliardenumsätze. Dafür muss der Sport, dafür
müssen wir alle einfach Verständnis haben.
Fußball ist weltumspannend und
besitzt daher einen hohen (Unterhaltungs-)Wert. Um den Preis für
diese Ware hoch zu halten, muss diese knapp gehalten werden. Tickets
werden nicht einfach nur zu Freudenhauspreisen an interessierte Fans
teuer verkauft. Nein, man inszeniert ein beispielsloses
Bewerbungsszenario und schert sich dabei einen Scheißdreck um den
Datenschutz. Transparenz und Sicherheit wird uns vorgeheuchelt. Dabei
geht es nur um die Schaffung von Begehrlichkeiten und Knappheiten. Die
meisten Tickets sind schon lange vorher an Sponsorenfirmen und Medien
verschachert worden. Letztgenannte traktieren uns dank Dauergrinsern
wie Pilawa, Geißen & Co. nun schon seit Monaten mit so
genannten Fußballshows, die eigentlich keiner braucht, geschweige
denn sehen will. Die Quote erreicht man aber mit Verlosungsaktionen.
Der Zuschauer braucht nur eine auf der Mattscheibe eingeblendete Nummer
auf den Cayman Islands anzuwählen und die Frage zu beantworten, ob
Ballack nun Fußballer, Wasserballer oder ein Rostschutzmittel
ist. Für verzweifelte Fußballfans ist das aber die einzige
Chance, auf legalem Wege noch an Tickets zu kommen. Schön, dass es
damit endlich vorbei ist!
Die Werbemaschinerie rollt seit vielen
Monaten wie geschmiert. Kaum ein Spot im TV und Rundfunk, kaum eine
Anzeige in Zeitung oder Magazin, die nicht in irgendeiner Art und Weise
König(-Pilsener) Fußball thematisiert. Grinsende Logos,
enthoste Maskottchen und dicke Fans in zu knappen Trikots. Wie
originell! Dadurch gelingt es diesen Firmen eindrucksvoll, ein
völliges Alleinstellungsmerkmal für sich zu reklamieren,
nämlich eine allein stehende Dämlichkeit. Die Rechnung geht
aber trotzdem auf: Der dauerberieselte Zuschauer hat kurz vor seinem
Hörsturz ganz sicher diese jaulende Melodie von James Blunt im
Ohr, die als akustischer Flokati über eine Deutschlandtrikot
tragende Menschenkette gelegt wurde. Bei nächster Gelegenheit wird
er sich in Notwehr in den nächsten Telekom-Laden stürzen, um
endlich den gewünschten Knebelvertrag für sein neues Handy
unterschreiben zu dürfen. Schön, dass es damit endlich vorbei
ist!
Auch sonst verpassen Politiker,
Verbände oder sonstige Institutionen keine Gelegenheit, um
(Eigen-)Kapital aus der allgemeinen WM-Massenhysterie zu schlagen.
Hausbackene kommunale Volksvertreter werden dafür mit VIP-Tickets
belohnt. Eine Verbrauchertestzeitung riet uns kürzlich vom Kauf
von Fußballstadien ab. Danke für diesen unglaublichen
Rat! Schön, dass es damit endlich vorbei ist!
Kommen wir nun zum Sportlichen. Auch das
ist kaum noch vom Wirtschaftlichen zu trennen. Wer zählt noch die
Werbeverträge von Köpke, Bierhoff, Löw und diesem
blonden Schwabenengel mit dem Decknamen Jay Goppingen? Die mediale
Dauerpräsenz sollte vermutlich von seiner kalifornischen
Dauerabstinenz ablenken. Dabei meckern darüber nur die ewig
Gestrigen wie Beckenbauer oder BILD. Heutzutage kann man doch alles per
Email regeln. Entscheidend ist nicht mehr auf’m Platz sondern
auf’m Läpptopp. So kann man auch schwierigen
Personalentscheidungen oder Charakteren elegant aus dem Wege gehen.
Einfach die Löschtaste bedienen und – schwupps – schon
sind bärbeißige Torwarttrainer, nörgelnde Torleute oder
hüftsteife Angreifer aufs virtuelle Abstellgleis befördert.
Aber brauchen wir Meier, Kahn oder Kuranyi wirklich? Der Bessere ist
der Feind des Guten, wenn man denn überhaupt welche hat. Alles
Weitere wird von den Gummiband schwingenden amerikanischen
Bundesfitnesstrainern geregelt. Zum Glück ist es bald aber endlich
vorbei mit den Nerv tötenden Testspielen, in denen wir seit zwei
Jahren die technischtaktischkonditionellen Fortschritte unserer Kicker
als Reality Soap hautnah miterleben durften. Selbst beim Konfetticup im
letzten Jahr konnte kein Blumentopf, geschweige denn ein richtiger
Pokal gewonnen werden. Insofern möge uns der Fußballgott den
WM-Titel ersparen. Denn dann ginge das bis 2010 munter so weiter unter
dem Motto „The torture never stops“.
Ansonsten läuft aber eigentlich alles
ziemlich optimal im Lande. Unser Team kann wirklich Großes
erreichen. Kritiker kommen jetzt sicher wieder mit dem
blödsinnigen Argument, wir hätten seit 20 Jahren oder so
keinen der „Großen“ geschlagen. Dabei weiß
jeder (Wer hat das eigentlich zuerst gesagt: Beckenbauer, Vogts,
Ribbeck oder Völler?), dass es keine „Kleinen“ mehr
gibt. Also sind letztendlich alle fast gleich groß und schon
hätten wir dieses Problem per Definition bereits vorab
gelöst. Die Italiener haben uns sogar vorgeworfen, Lothar
Matthäus hätte bei der Gruppenauslosung so lustlos im Topf
herum gestochert, dass Deutschland wieder mal nur lahme Luschen als
Gegner bekommen hätte. Es wird dabei aber vergessen, dass Don
Berlusconi und Konsorten im Mauscheln weltweit sowieso absolut
konkurrenzlos sind und dass der Loddar abseits des Platzes noch nie
irgendwas absichtlich so richtig gewuppt hat.
Jetzt so kurz vor dem WM-Start freuen wir
uns aber gnadenlos auf die Welt, die ja bei uns zu Gast bei Freunden
sein wird. Welche Freunde sind damit eigentlich gemeint? Ich habe im
Freundeskreis schon einmal herum gefragt, es hat sich dort aber noch
nicht ein Gast aus dieser Welt angemeldet. Entweder sind die Gäste
noch nicht da oder ich habe die falschen Freunde. Vielleicht sollte ich
bei Waldi und Harry noch mal nachfragen. Die haben während der WM
bestimmt ganz tolle Gäste im Studio.
Aber sicherlich wird bald alles gut und
garantiert sogar noch viel besser, wenn das Warten auf den Anpfiff
endlich vorbei ist und der neue WM-Ball über den grünen
Rollrasen rollt. Wie sagte es doch unser derzeit (noch) aktueller
Bundesklinsi am 19. Januar 2006 passend zum Jahr der Vogelgrippe vor
laufenden Kameras so schön: „WM 2006 – Da kommt einem
die Gänsehaut hoch!“
In diesem Sinne wünschen wir euch
kanalseits eine wundervolle Weltmeisterschaft mit vielen interessanten
Spielen in diesem unserem Lande. Mahlzeit und prost allerseits!
Bernd Christoph
P.S.: Ich gehöre übrigens zum
glücklichen Club derer, die tatsächlich WM-Karten ergattern
konnten (normales Verfahren, nix mit Firmensponsoring oder
Gewinnspiel). Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass ich das
Vergabeverfahren generell hochgradig bescheuert finde. Mein Sohn Tobi
und ich haben die besondere Ehre, dem ultimativen WM-Klassiker Ukraine
gegen Saudi-Arabien in Hamburg beiwohnen zu dürfen. Sportlich
vielleicht gar nicht mal so uninteressant, versprechen die Saudis doch
immer viele schöne (Gegen-)Tore. Mal sehn, wie sich Shevchenko,
Voronin & Co. gegen die Wüstensöhne so anstellen.
Darüber hinaus dürfte die Sicherheit wohl gewährleistet
sein. Glaube nämlich kaum, dass Sportsfreund Bin-Laden seine
nächsten Verwandten in die gute hanseatische Luft blasen wird.
Werde dann zu gegebener Zeit in einem kleinen Beitrag von diesem Spiel
und den dort gemachten Eindrücken noch berichten.