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Endstand im Tippspiel

nach dem EM-Finale am 14.07.2024

Platz           Name          Punkte
 
1
2
3

5


8



12

14
15


18
19

21
22
23
24

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29

31




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62

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80

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86
87

89
Robert Spielhagen
David Wangner
Annette Christoph
Borko Borkowski
Michael Güpner
Imke Bergmann
Jörn Geletneky

Frederik Dethlefs
Emanuel Söding
Tim Stobbe
Bernd Christoph
H. Dethlefs/E. Vollertsen
Andreas Schramm
Stephanie Stamm
Jeroen Groeneveld
Martin Frank
Olaf Schuldt
Ingo Bergmann
Markus Diesing
Kirsten Fahl
Sven Petersen
Micha Schlundt
Lisa Christoph
Paul Schneeberg
Dirk Staats
Hardy Jacobsen
Klas  Lackschewitz
Claudia Didié
Stefan Wetzel
Georg Schwamborn
Nicolas van Nieuwenhove
Jörg Geldmacher
Simon Pilates
Moritz Kayma
Henriette Kolling
Tim Klages
Niklas Menke
Hanno Kinkel
Johannes Göser
Gerd Unger-Schneeberg
Timm Schoening
Anna-Lena Stein
Johann Klages
Christina Kayma
Dieter Höffmann
Ralph Hansen
Jonathan Lackschewitz
ChatGPT 4o (*)
Olaf Ohms
IfG Paläozeanographie
Nicole Biebow
Norbert Dregger
Maurice Kuzsza
Lukas Wernicke
Marc Zehnich
K. & S. Taldenkov(a)
Jan Scholten
Nils Stein
Sven Geletneky
Roland Friedl-Schulz
Boyke Feddersen
Sabine Lange
Michaela Bessmann
Azzedin Ait Brahim
Tristan Bauch
Karen Volkmann-Lark
Kai Didié
Henning Bauch
Imanuel Humm
Michel Stobbe
Martin Zander
Karl Heger
Ruediger Stein
Merle Techritz
Tobias Christoph
Martin Kordowski
Christoph Gaedicke
Alex Schimanski
Gerhard Kuhn
Christoph Vogt
Anastasia Zhuravleva
Michael Klages
Marcus Gutjahr
Mette Geletneky
Gregor Börner
Jan-Malte Wolfsdorf
John Reijmer
Bent Stobbe
Torben Struve
128
122
116
116
114
114
114

111
111
111
111
110
110
108
106
106
106
105
104
104
103
102
101
99
99
98
98
98
97
97
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96
96
96
96
95
95
95
94
94
94
94
94
93
93
93
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91
91
91
90
90
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88
87
87
87
87
86
86
85
85
84
84
82
82
82
82
81
81
81
81
80
80
80
79
78
75
73
73
72
72
72
70
68
67
67
60

(*) Teilnahme außer Konkurrenz




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EM-Abschlusskommentar vom 18. Juli 2024

Liebe Tippgemeinde,

 

Spanien ist Fußballeuropameister und zwar absolut verdient, daran herrscht kein Zweifel. Alle Spiele gewonnen, nur einmal in die Verlängerung gegangen, so sieht eine insgesamt makellose Bilanz aus. Genau wie bei der letzten EM mit Italien gewann auch diesmal die Mannschaft, die das schöne, inspirierte Spiel präsentierte. Verwaltungsfußball haben wir genug gesehen... -  gut dass die favorisierten Franzosen und Engländer für ihr weitgehend unattraktives, langweiliges Ballgeschiebe bestraft wurden. Es ist eine gute Nachricht auch für den Weltfußball, dass sich bei den letzten drei Turnieren in Europa und Katar jeweils das Team den Titel holte, das den Zuschauern nicht nur Siege, sondern auch schönen Sport zeigte. Das ist in Hinblick auf die nächste WM hoffentlich allen Verbänden eine Lehre, und man fragt sich, warum diese Erkenntnis erst am Ende des Turniers steht. Wann immer Frankreich und England mal ihr Quergeschiebe aufgaben oder wegen eines Rückstandes aufgeben mussten, wurde es interessant, dann konnten sie auf einmal tatsächlich nach vorn spielen und Chancen erarbeiten. Beide Teams brachten sogar den späteren Europameister Spanien zumindest phasenweise in Schwierigkeiten, im Finale geriet dessen Defensive gegen aggressivere Engländer vor deren Ausgleich eine Viertelstunde lang geradezu ins Schwimmen. Man fragte sich: Warum nicht gleich so? Warum vorher so defensiv? Für die 1,5 Milliarden-Pfund-Truppe von der Insel sollte der Nachfolger von Gareth Southgate eher auf Offensive setzen als auf Ballgeschiebe. Das ist doch angeblich auch die Faszination des Premier League-Fußballs - wieso setzte der Nationaltrainer dann bei der EM auf eine Spielweise, die die Spieler aus der eigenen Liga gar nicht kennen? Talente sind genug da und vielleicht kommt bei den nächsten Turnieren mit offensiverer Taktik endlich der ersehnte Erfolg. Bei den Spaniern konnte man den Entwicklungsprozess schon bei den letzten Turnieren beobachten. Der Lohn für die Geduld ist jetzt der EM-Pokal. Das Team ist jung, wird bis zur nächsten WM noch reifen und muss schon jetzt als einer der Topfavoriten gelten, zumindest meiner Meinung nach. Aber was verstehe ich schon von Fußball?

 

Was die Taktik bei dieser EM angeht, so wurde oben schon das Wichtigste gesagt. Der Verwaltungsfußball scheint veraltet, nach vorn gerichtete Kombinationen sind wieder in. Flanken in den Strafraum lohnen sich nur, wenn dort ein geeigneter Zielspieler steht oder die gegnerische Abwehr allgemein eher schwächlich ist. Der Europameister schlug gegen potenziell starke Mannschaften wie Kroatien, Frankreich und Deutschland jeweils deutlich weniger hohe Bälle in den Strafraum als der Gegner und holte sich den Sieg lieber über Passsicherheit gepaart mit Kombinationsfreude. Außer beim Gruppenauftakt gegen Kroatien hatten die Spanier stets eine höhere Passquote (% angekommene Pässe) als der Gegner. Es wird für die anderen Teams sicher nicht ganz leicht, den Vorsprung des Europameisters auf diesem Gebiet aufzuholen.

 

Wie schlugen sich die sog. Geheimfavoriten? Portugal beeindruckte in einigen Partien mit einer Spielfreude, die fast an die Spanier heranreichte. Aber gegen Georgien enttäuschte die von Ronaldo verstärkte (oder durch ihn geschwächte?) B-Elf der Iberer doch erheblich. Das Aus im Elfmeterschießen im Viertelfinale gegen Frankreich war zwar unglücklich, aber tollen Fußball hatten die Sportguiesen in den 120 Minuten zuvor auch nicht gerade gezeigt.

Die Niederländer spielten eine eher mäßige Gruppenphase und verloren dort sogar verdient gegen Österreich. Das 3:0 gegen Rumänien im Achtelfinale ließ die Erwartungen hochschnellen, das Viertelfinale gegen die Türken war ein hartes Stück Arbeit und das Ausscheiden in der Nachspielzeit im Halbfinale gegen England auch ein wenig Pech. Immerhin wieder unter den letzten 4, der holländische Fußball ist vorn dabei und mit den vielen jungen Spielern, die jetzt Turniererfahrung sammeln konnten, können unsere Nachbarn optimistisch auf die kommende WM gucken.

Das deutsche Team schlug sich mehr als wacker, und das ist nach den traurigen letzten Turnieren schon ein Erfolg. Das vom Fußballgott zugesprochene Glück war nach dem späten Ausgleich gegen die Schweiz, dem geschenkten Handelfmeter gegen Dänemark und dem erneut erst kurz vor Schluss erzielten Ausgleich gegen Spanien aber wohl im Viertelfinale nach 90 Minuten aufgebraucht. Handelfmeter hin, mögliches Gelb-Rot gegen Kroos her - am Ende verlor man gegen den späteren Europameister und doch war man ihm als einzige Mannschaft ebenbürtig. Davon kann man sich hinterher nichts kaufen, aber es macht Mut und gibt die Hoffnung, dass der von mir bisher unterschätzte Bundestrainer Nagelsmann zur WM 2026 ein konkurrenzfähiges Team mitbringt. Der Mann hat bei mir ordentlich Pluspunkte gesammelt, auch und gerade mit seinen Statements zur gesellschaftlichen Rolle des Fußballs in diesem Land. Hut ab!

 

Und sonst? Wo war eigentlich Philip Lahm? Der Turnierdirektor blieb unsichtbar und keiner weiß warum..

 

Die Tops der EM

 

Ganz oben auf der Liste: Das Turnier lief von Anfang bis Ende friedlich ab. So etwas ist in Zeiten allgegenwärtiger Bedrohungen durch Terrorismus und irrsinnige Einzeltäter keine Selbstverständlichkeit. Auch Ausschreitungen unter den Fangruppen scheint es nicht gegeben zu haben. Zumindest das Sicherheitskonzept dieser EM ist offenbar aufgegangen.

 

Die spanische Mannschaft und das spanische Spiel. Aber dazu wurde schon genug geschrieben.

 

Kleine Länder mit großem Einsatz. Albanien, Georgien und Slowenien schafften es ins Achtelfinale der Europameisterschaft, obwohl keines dieser Länder mehr Einwohner hat als Berlin. Und das gelang nicht mit ermauerten 0:0 in Serie, sondern mit dem Bemühen um erfrischenden Angriffsfußball. Das 1:3 der Georgier gegen die Türkei war eines der drei aufregendsten Spieler der EM - wer hätte das gedacht?

 

Die Jungstars im Angriff: Lamine Yamal, Nico Williams, Jamal Musiala, Florian Wirtz, Xavi Simons... - da wächst eine neue Generation von Offensivkräften in Europa heran, die uns hoffentlich noch lange Freude bereitet.

 

Die Türkei und Österreich. Die Kicker aus dem Alpenland kamen mit einem klaren Plan zur EM und setzten ihn auch um. Das 0:1 gegen Frankreich durch ein Eigentor war denkbar unglücklich, der 3:2-Sieg gegen die Niederlande dagegen hochverdient. Der Lohn war der erste Gruppensieg überhaupt bei einer EM und ein Achtelfinale gegen anscheinend schlagbare Türken. Aber die Männer vom Bosporus steigerten sich nach dem eher kläglichen 0:3 im Gruppenspiel gegen Portugal und gewannen gegen die von Ralf Rangnick trainerten Österreicher nach großem Kampf mit 2:1. Auch im Viertelfinale gegen die Niederländer konnten die Türken lange mithalten. Nach den eher kläglichen Auftritten der letzten Jahre gehörte das türkische Team jetzt zu den positiven Überraschungen. Leider waren einige Begleitumstände nicht dementsprechend.

 

Die Schiedsrichter und neue Regeln. Von Ausnahmen abgesehen, waren die Schiedsrichterleistungen bei der EM gut. Der VAR entschied sich meist schneller als z.B. in der Bundesliga üblich und die Nachspielzeiten konnten deutlich kürzer gehalten werden als bei der letzten WM. Auch die neue Regel gegen Rudelbildungen erwies sich als Volltreffer.

 

Ausländische Fans. Eigentlich unbegreiflich, wie es z.B. die Holländer schafften, das halbe Stadion in Orange zu tauchen. Woher hatten die bloß so viele Tickets? Ein großartiger Anblick! Die schottische Tartan Army, die friedlichste Armee der Welt, ein Phänomen, das Hunderttausende Deutsche eine Petition für regelmäßige deutsch-schottische Länderspiele unterzeichnen ließ... - phantastisch! Freundliche Menschen, fröhliche Stimmung, kalte Getränke und gute Laune - wenn der Fußball die Europäer auf diese Art vereinen kann, dann ist der Kontinent noch nicht verloren.

 

Viele schöne Weitschusstore. Diese EM bot ein Festival an kunstvoll neben den Pfosten oder gar ins Dreieck gezwirbelten Bällen aus der Distanz. Der Höhepunkt war sicherlich Lamine Yamals Zaubertor für Spanien im Halbfinale gegen Frankreich. Aber es gab noch viele weitere. Eine persönliche Liste der schönsten Treffer folgt noch.


Christoph Kramer im ZDF. Wie schon bei den letzten Turnieren der beste Mann im TV, gleichzeitig Fußball-Experte und Fußball-Fan. Er redet nicht gestelzt daher, sondern sagt, was Sache ist, aus beiden Perspektiven und ohne pseudo-psychologische Spekulationen. Schönstes Beispiel sein Gespräch mit Katrin Müller-Hohenstein (KMH), nachdem Lukaku (Belgien) zum dritten Mal bei dieser EM ein Tor aberkannt wurde.
KMH: "Was macht das psychisch mit Dir, wie geht der jetzt in das nächste Spiel?"
Kramer: "Genau gleich, das macht gar nix mit dem. Ist halt trotzdem Scheiße!".
KMH: "Ja, ja, in der Tat.".

 

 

Die Flops der EM

 

Die vermeintlichen Superstars. Ronaldo steht dem Erfolg des eigenen Teams nur noch im Weg, zumindest sieht es so aus. Bisher traute sich leider kein Nationaltrainer, ihn auch mal gegen stärkere Gegner auf die Bank zu setzen. Mbappé wirkte nach dem Nasenbeinbruch im ersten Spiel in der Folge eingeschränkt und war nicht mehr der herausragende Mann wie noch bei der letzten WM. Ob Frankreich mit einem gesunden Mbappé wohl besser gespielt hätte? Harry Kane, Jude Bellingham, Phil Foden... - sie alle schienen im engen taktischen Konzept des Garath Southgate in ihrer Kreativität eingeschränkt. Kane hatte in der 1. Halbzeit gegen Serbien genau 2 Ballkontakte. Und das war nicht mal seine Schuld...

 

Dämliche deutsche Zuschauer in München (Halbfinale) und Berlin (Finale), die den Spanier Cucurella auspfiffen, obwohl der ja nun wirklich nix dafür konnte, dass der Schiri sein Handspiel im Viertelfinale nicht mit Elfmeter geahndet hatte. Peinlich und beschämend. Die Welt zu Gast bei schlechten Verlierern. Reporter Oliver Schmidt war das aber im Halbfinale keinen Kommentar wert.

 

Kroatien und Italien. Neben den Langweilern England und Frankreich, die es aber immerhin ins Finale bzw. Halbfinale schafften, waren dies die größten Enttäuschungen. Die kroatische Mannschaft scheint überaltert und über den Zenit hinaus. Vielleicht kommen neue Spieler nach, vielleicht geht es den Kroaten aber auch wie den Tschechen, die mal eine europäische Fußballmacht waren. Kleine Länder haben es halt nicht leicht. Und den Italienern fehlte es an Ideen für ein kreatives Angriffsspiel, wie sie es noch beim Titelgewinn 2021 vorgeführt hatten. Hier besteht kein Grund zur Sorge, der Calcio Italiano hat sich bisher noch immer wie von selbst runderneuert.

 

Nervige Ko-Kommentatoren im TV. Mir saßen da zu viele Exprofis mit am Mikrofon, denen offenbar nicht klar war, dass der Blick aus der Reporterloge nicht unbedingt das Gleiche ist wie das gesendete TV-Bild. Immer wieder wurde uns erklärt, dass gerade von 4-1-3-2 auf 5-2-1-2 umgestellt worden ist, oder so ähnlich. Wer im Stadion sitzt, hat gut reden, der erkennt womöglich tatsächlich, dass sich die Reihen jetzt anders anordnen. Aber im Fernsehen sieht man meist nur einen Ausschnitt des Spielfeldes und taktische Formationen kann man bestenfalls erahnen. Da sind erklärungsfrei hineingeworfene Zahlenreihen meist wertlos, sollen aber wohl suggerieren, dass da ein ganz besonders Schlauer am Mikro sitzt.

 

Die Fans der türkischen Mannschaft. Laute Unterstützung für das eigene Lieblingsteam ist selbstverständlich erwünscht und die türkische Mannschaft hatte daher in Deutschland ausschließlich Heimspiele. Aber das gegnerische Team über die gesamte Spielzeit kontinuierlich auszupfeifen, sobald dessen Spieler am Ball waren, das war ganz schlechter Stil und gehört sich nicht. Ganz übel waren dann noch diejenigen "Fans", die mittels "Wolfsgruß" ihre rechtsradikale Gesinnung und Sympathie für Herrenmenschentum ausdrücken mussten. Der türkische Verteidiger Demiral mit seinem doppelten Wolfsgruß vor den eigenen Fans nach dem Sieg gegen Österreich war da ein ganz schlechtes Vorbild. Zum Glück griff die UEFA schnell durch und sperrte den Fehlgeleiteten für 2 Spiele. Es gab wohl auch bei anderen Spielen nationalistische Grenzüberschreitungen, speziell wenn Balkanländer beteiligt waren. Das wurde aber nicht so thematisiert wie der Fall Demiral, vermutlich weil sich alles nur auf den Tribünen und nicht auf dem Rasen abspielte.

 

Das Tippspiel

 

Wie bei der letzten Europameisterschaft fiel die Entscheidung über den Gesamtsieg erst ganz zum Ende des Finales. Lange hatten David und Imke den Spitzenplatz belegt, aber mit dem Endspielergebnis werden halt noch jede Menge Zusatzpunkte verteilt und so reichte ein unerschütterliches Vertrauen in die Fähigkeiten des spanischen Teams im Schlussspurt für Platz 1. Mehrere aus den Top-10 der letzten EM konnten sich auch diesmal gut platzieren: David belegte als EM-Titelverteidiger nun Platz 2, Vize-Europameister Borko wurde Dritter, Imke schaffte nach ihrem 4. Platz diesmal die 5. Position, Frederik fiel von Platz 7 auf den 8. Rang zurück. Da gibt es offenbar Spezialist*innen für die Fußball-Europameisterschaften, die aber alle bei der WM in Katar nicht reüssieren konnten. Torben dagegen, der Träger der Roten Laterne 2024, war bei der Wüsten-WM noch im oberen Drittel der Liste gelandet. Sein Trostpreis ist (wie immer) eine Flasche Rotkäppchen-Sekt. Auch diesmal werden die Tippspieleinsätze komplett ausgeschüttet. Wer jetzt noch den üblichen Rückblick auf die schönsten Tore der EM vermisst, wird auf die nahe Zukunft vertröstet und sollte gelegentlich wieder auf der Tippspielseite vorbeischauen.

 

Jetzt heißt es Abschied nehmen von unserer Heim-EM. Im Sommer 2026 trifft sich die Tippspielgemeinde virtuell in Kanada, den USA und Mexico. Sollte sich bei Euch die Email-Adresse ändern, so lasst es mich wissen, damit Ihr dann wieder eingeladen werdet. Oder Ihr geht vor der WM auf https://www.hebbelkicker.de. Immer eine gute Wahl!

 

Bleibt gesund und habt viel Freude, nicht nur am Fußball!

Robert

 


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EM-Kommentar vom 11. Juli 2024

Liebe Tippgemeinde,

 

die Fußball-EM geht in die letzte Runde und unser Tippspiel ebenfalls. In beiden Wettbewerben wird die Entscheidung erst gefallen sein, wenn eine Mannschaft den Sieg bejubeln kann. Wie bei der letzten Euro, als David sich mit den korrekten Europameistertipps am Ende noch nach oben katapultieren konnte, werden diese Vorabtipps entscheidend sein. So bleibt es spannend bis zu Schluss. Eins ist jedoch jetzt schon klar: Die Rote Laterne ist Torben nicht mehr zu nehmen. In der Abschlusstabelle nicht einmal halb so viele Punkte wie der Sieger... - lieber Torben, hättest Du damals bei uns in Geb. 4 in der Kaffeerunde bei den Fußballdiskussionen besser aufgepasst, dann hättest

Du vielleicht... - aber, hmmm ... wer weiß das schon?

 

Die Wege des Fußballs sind halt sonderbar und mitunter nur mit Glück und Würfeln richtig vorherzusagen. Aber nicht nur die des Fußballs, wie zwei Orientierungsexperten schon vor 18 Jahren im wahrsten Sinne des Wortes erfahren mussten: https://www.youtube.com/watch?v=0lDIKZYxMWk. Doch zurück zur EM. Wer vor dem Turnier auf ein Finale zwischen Spanien und England getippt hätte, wäre sicher nicht ausgelacht, sondern als Kenner des europäischen Fußballs mit wohlwollendem Kopfnicken bedacht worden. Zwei Teams mit ausgezeichneten Kickern... - warum sollten die es nicht ins Endspiel schaffen, selbst wenn da vorher noch hochklassige Konkurrenz aus dem Weg geräumt werden müsste. Nach Ende der Vorrunde sah es allerdings völlig anders aus: Die Spanier als einziges Team mit 9 Punkten durch die Gruppenphase marschiert, die Engländer mit destruktivem Sicherheitsfußball und ohne irgendeine Spielidee zwar ebenfalls im Achtelfinale, aber zum Gespött der heimischen Presse und des gesamten Kontinents geworden. Doch nun stehen beide Teams im Endspiel, und das durchaus zu Recht. Die Spanier drehten nicht nur innerhalb von 3 Minuten das 1:0 der Franzosen in eine eigene Führung um, durch zwei wunderbare Tore von Yamal und Olmo. Nein, sie schafften es auch, den Franzosen in Halbzeit 2 durch geschicktes Kombinationsspiel kaum eine Chance zum Ausgleich zu geben, von einigen geradezu verzweifelt wirkenden Weitschüssen mal abgesehen, die aber keine wirkliche Gefahr darstellten. Da zirkulierte der Ball in den eigenen Reihen, dass es eine Freude war, mit größter Ballsicherheit, selbst am Rande des eigenen Strafraumes. Zugegeben, Mbappé war nach seiner Gesichtsverletzung wohl noch immer nicht bei 100% und schaffte dennoch einige gute Aktionen. Aber mal abgesehen vom 1:0 entstand dabei nie eine große Gefahr für das spanische Tor. So stand am Ende ein verdienter 2:1-Sieg für die Iberer, die nun nach 5 Siegen in Folge als Favorit ins Finale gehen. Die Franzosen werden sich Gedanken darüber machen müssen, ob ihr Verwaltungsfußball, gelegentlich aufgepeppt durch schnelle Konter, noch zeitgemäß und zukunftsträchtig ist.

 

Das zweite Halbfinale stand unter anderen Vorzeichen. Den in Achtel- und Viertelfinale wieder erstarkten Holländern war durchaus ein Sieg gegen die bisher so planlos agierenden Engländer zuzutrauen gewesen. Doch es kam anders, und auch hier scheint mir der Sieg nicht unverdient. Von Beginn an wollten die Limies zielgerichteter und mit mehr Tempo nach vorn spielen, und das tat der gesamten Begegnung richtig gut. Die Egalisierung der holländischen Führung, erzielt mit einem wunderschönen Treffer von Xavi, gelang recht schnell durch einen von Kane schnörkellos in Old School-Manier verwandelten Strafstoß. So mag ich Elfmeter: Keine Lewandowski-Mätzchen vor dem Schuss, einfach angelaufen und präzise unten links neben den Pfosten reingeschossen - unhaltbar! Ja, der Elfer war umstritten, zumindest bei fast allen, die es mit den Oranjes hielten und halten. Aber, hallo!... Dumfries trifft Kane eindeutig, nachdem der Ball Kanes Fuß verlassen hatte. Und solange der Ball noch im Feld ist, ist sowas ein Foul, und dafür gibt es Strafstoß, wenn es im 16er passiert. Ende der Diskussion, zumindest für mich. Die Engländer spielten anschließend weiter variabel nach vorn und wirkten deutlich druckvoller als die Niederländer, die nur noch einen guten Kopfball von Dumfries zustande brachten. Alle Zuschauenden fragten sich: Wieso erst jetzt im Halbfinale? Warum dieses quälende Ballgeschiebe in den vorherigen Spielen der Engländer? Fodens Schuss in der 32. Minute war eine Kopie des Treffers von Yamal vom Vortag, nur ging er leider nicht rein. Dennoch war das eine bemerkenswert interessante erste Hälfte. Im 2. Durchgang ging es weniger aufregend zu, die Holländer standen besser und konnten weitere Großchancen der Engländer verhindern, das ganze Spiel wirkte ausgeglichener. Doch gerade während ich in der Nachspielzeit zu Mitgucker David irgendwas von Verlängerung faselte und noch zwei Biere holen wollte, schoss Watkins von rechts am Verteidigerbein vorbei den Ball aus spitzem Winkel ins lange Eck. Aus und vorbei für den Traum vom oranje-roten Finale - die Engländer stehen nun im Endspiel, und das nicht unverdient. So viel zu Fußballprophezeiungen. Der Fußball geht seltsame Wege.

 

Mit Spannung auf das Finale freut sich

Robert

 

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Kanalpolemik zur EURO vom 08. Juli 2024

von Bernd Christoph

Heute fand ich überraschender Weise einen Brief in meinem Postkasten, der gar nicht an mich adressiert war. Ob nun jemand bei der Deutschen Post AG oder bei der NordBrief GmbH geschlampt hat, tut hier nichts zur Sache. Man sollte grundsätzlich dankbar dafür sein, dass sich überhaupt Menschen für die Verteilung und Zustellung solcher Schriftstücke finden lassen. Es war aber zumindest keine Rechnung, das bemerkte ich durchaus erfreut nach dem Öffnen des Kuverts. Absender, Adressaten und Inhalt des Schreibens waren aber erstaunlich. Ich gebe ihn daher nachfolgend zur Kenntnis.

 

Cher Monsieur Deschamps, dear Mister Southgate,

zunächst einmal möchte ich ihnen beiden sowie natürlich auch ihren Mannschaften zum Erreichen des Halbfinales bei der EURO 2024 herzlich gratulieren. Sie alle haben es absolut verdient. Bilden sie sich aber bitte nichts darauf ein, das sage ich jedes Mal so. Mir ist zudem bewusst, dass es gewisse Stimmen von außerhalb gibt, die diesen großen Erfolg Frankreichs und Englands kritisch hinterfragen. Es wird zum Beispiel auf die Spielweise abgehoben oder auf die Tatsache, dass so wenige eigene Tore erzielt worden sind. Grämen sie sich bitte deshalb nicht, denn das ist alles Merde bzw. Bullshit! Ich erlaube mir an dieser Stelle, zwei Vergleiche aus dem Straßenverkehr und aus der Kunst heranzuziehen. Es ist weder verboten noch verwerflich, mit einem Porsche Carrera in gemütlicher Reisegeschwindigkeit von sechzig Stundenkilometern auf der Autobahn spazieren zu fahren. Und einem begnadeten Maler ist es genauso gestattet, seine Muse minimalistisch als schwarzes Quadrat auf der Leinwand darzustellen und dieses Bild dann „Nachts kam die Nachtschwester“ zu nennen. Ihre großartigen Fußballer, die einen unglaublichen Marktwert in Milliardenhöhe auf sich vereinigen, sind aus meiner Sicht wahlweise ebensolche Hochleistungsmaschinen oder Künstler. Sie sind damit über jede Kritik erhaben. Vielmehr konzentrieren sie sich auf das absolut Notwendige. Und das ist echte Größe.

Monsieur Deschamps, Ihre „Equipe Tricolore“ hat bisher nur einen Gegentreffer kassiert, und der resultierte aus einem läppischen Elfmeter. Viermal stand hinten die Null. Irgendwelche nörgelnden Fußballexperten und ahnungslose Laien merkten an, dass ihre Mannschaft in bisher fünf Partien gleich dreimal Unentschieden (davon zweimal 0:0) spielte und die beiden 1:0-Siege nur durch zwei Eigentore zustande kamen. Das ist der Neid der Besitzlosen. Wenn Sie es für richtig halten, die Spiele von ihrer Mannschaft ressourcenschonend ohne größeren Offensivaufwand sicher nach Hause kontrollieren zu lassen, dann ist das völlig legitim. Die Italiener haben das früher auch so gemacht und sind dafür bewundert worden. Und wenn Sie abseits der Stadien ausschließlich Standards und Elfmeterschießen trainieren lassen, dann sage ich nur: Chapeau – weniger ist manchmal durchaus mehr!

Mister Southgate, Ihre „Three Lions“ beeindrucken mich immer wieder. Diese Mannschaft spielt tatsächlich ohne jegliche Inspiration oder Konzept ihren Fußballstiefel herunter und schläfert auf diese Weise jeden Gegner irgendwann vollständig ein. Und dann kommt die Heilige Dreifaltigkeit zum Tragen, bestehend aus Hoffnung, Jude & Harry. Die Rettung folgt entweder in der Nachspielzeit oder im Elfmeterschießen. Letzteres klappt zwar leider nicht immer, aber zumindest immer öfter. Auch Ihre bisherige Bilanz ist beeindruckend: drei Unentschieden und zwei klare Siege mit 1:0 und 2:1!

Meine Herren, mit Zufall hat das alles nichts zu tun. Machen sie bitte gerne weiter so, dann steht einem großen Finale ihrer beiden Teams nichts mehr im Wege. Ich werde mir die beiden Halbfinalspiele in aller Ruhe und mit dem nötigen Abstand von ganz oben anschauen. Aber vielleicht verspüre ich ja doch noch die subversive Lust darauf, einem ihrer Schützen beim nächsten Elfmeterschießen den Floh ins Ohr zu setzen, seinen Ball entweder sauber an den Pfosten zu schieben oder mit Schmackes übers Gebälk zu jagen. Verlassen sie sich also besser nicht auf das Spielglück und vor allem nicht auf mich. Denn ich bin lediglich ein rastloser Geist!

Mit sportlichen Grüßen

Ihr Fußballgott

 

Dem ist wirklich nicht viel hinzuzufügen. Noch gibt es offensichtlich ein klein wenig Hoffnung für Spanien, die Niederlande und für neutrale, dem Fußball zugewandte Fans, die es nicht so mit den pragmatischen Franzosen und Engländern halten. Aber vielleicht schummeln sich Letztere doch irgendwie am Fußballgott vorbei in ein möglicherweise 120-minütiges Finale der Trostlosigkeit. Allen ausgeschiedenen Mannschaften inklusive deren traurigen Fans und allen in die Niederungen der Tippspiel-Tabelle Durchgereichten rufe ich daher folgende in Liedform gegossene Lebensweisheit zu: „Erst wenn alles scheißegal ist, macht das Leben wieder Spaß!“ („Delmenhorst“ / Element of Crime, 2005).

 



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EM-Kommentar vom 08. Juli 2024

Liebe Tippgemeinde,

 

raus mit Applaus! Es ist immer ein wenig traurig, wenn das Heimteam ausscheidet, aber vor ein paar Monaten waren das alles nur Versager, denen man gar nichts zugetraut hätte. Nagelsmann ist nicht so wirklich der Typ, mit dem ich gern in den Urlaub fahren würde, doch muss ich seine Leistung anerkennen: Er hat er nach einer Probierphase ein Mannschaftsgerüst gefunden, das auf gehobenem europäischem Niveau mitspielen kann. Die zuerst schwer hinterfragte Konsequenz bei der Mannschaftsaufstellung gab dem Team ein gewisse Sicherheit, das war wohl wichtig. Und Toni Kroos zum Nationalmannschafts-Comeback zu überreden, war sicher auch keine schlechte Idee. Aber nun ist Toni, der letzte deutsche Fußballnationalspieler, der noch in der DDR geboren wurde, in Rente. Auch Nagelsmann hat Fehler gemacht, die Mittelfeld-Aufstellung in der 1. Halbzeit gegen Spanien hatte was von Jogi Löw 2012 gegen Italien, da hat er sich ebenfalls vercoached. Aber er hat Glück gehabt, dass das ohne Folgen blieb, und er hat die Aufstellung mit der Hereinnahme von Wirtz und Andrich für Sané und Can schnell korrigiert. Er wird daraus gelernt haben und dann ist es gut.  Überhaupt war die Leistung der deutschen Mannschaft bei dieser EM insgesamt "gut" (Schulnote 2). Wer es schafft, gegen Spanien mehr und bessere Torchancen herauszuarbeiten als der Gegner (xGoals 2 : 1,5), kann mit erhobenem Haupt vom Platz gehen. Aufgezeigt wird damit aber auch das Dilemma auf der Mittelstürmerposition, denn weder Havertz noch Füllkrug konnten ihre guten Chancen nutzen. Havertz wird sicher auch in 2 Jahren bei der WM dabei sein, aber irgendwie muss Nagelsmann sich da was einfallen lassen, um ihm mehr Räume zu verschaffen. Ein System mit leicht zurückgezogener zweiter Spitze vielleicht? Julsi & Sandro werden darüber nachdenken. Nagelsmanns Auftritte bei den Pressekonferenzen nach dem Ausscheiden haben gezeigt: Er ist der richtige Mann am richtigen Ort. Weitermachen!

 

Ein wenig ist nun die Luft raus aus dieser Europameisterschaft. Das Spiel am Freitagabend im Volksparkstadion ließ uns auch nicht gerade extrem euphorisiert den Heimweg antreten. Es war schon ein Erlebnis, mal so EM-Spiel live im Stadion verfolgen zu können, dazu noch mit Weltstars wie Mbappé, Griezmann und Ronaldo. Und tatsächlich ließen beide Mannschaften immer mal wieder kurzfristig ihr Können aufblitzen, ein feiner Steckpass, ein Sprint in die Gasse, ein gefährlicher Torschuss. Doch dann verfiel das Spiel auch wieder in den Rasenschach-Modus, der Ball wurde quer geschoben, hin und zurück, hin und zurück. Das war mitunter quälend, auch weil das Salz in der Suppe fehlte, die Tore. Ein einziger Treffer hätte das Spiel vermutlich richtig angezündet, dann hätte die andere Mannschaft offensiver agieren müssen, es entstünden Konterchancen usw. usw. Aber so war zu viel Vorsicht dabei. Dennoch gab es lt. kicker insgesamt 35 Torschüsse, und auch die 15 Minuten-Zusammenfassung in der Mediathek machte aus dem vielfach langweiligen Geschiebe ein spannendes Spiel. Am Ende stand die Entscheidung nach Elfmeterschießen, mit 9 sehr gut geschossenen Elfern, bei denen der Keeper jeweils keine Chance hatte. Aber einer landete halt am Pfosten und so jubelten schließlich nur Les Bleus in unserer Kurve, die vorher nach meinem Empfinden gegenüber den Portugal-Fans eher weniger lautstark waren. 100 Euro für einen Platz in der zweitobersten Reihe der Nordkurve, direkt unterm Dach, und dann ein Kick, der sportlich nicht wirklich im Gedächtnis bleiben wird. Nun ja, das war sicher mein letztes großes Turnier, das ich in Deutschland erleben durfte, vielleicht verklärt sich in einigen Jahren die Erinnerung daran, wenn ich davon erzähle...

 

Die Spiele vom Samstag wurden fachmännisch von Boyke, David und meiner Wenigkeit in der Wangner-Arena in der Feldstraße begutachtet, parallel zu einer Verkostung hochklassiger Double Dry Hopped Hazy IPAs ("Eierlikör mit Schlagobers", von anderen als "Dosenbier" geschmäht). Es wurde ein vergnüglicher Abend, was aber nur zum Teil den dargebotenen Fußballleistungen geschuldet war. England begann überraschend offensiv gegen die Schweiz, verfiel aber irgendwann doch wieder in das gewohnte langsame Aufbauspiel mit vielen Querpässen. Die Eidgenossen wollten wieder ihr erfrischendes Angriffsspiel aufziehen, mit dem schon Italien überrascht wurde, kamen aber kaum zu Torschüssen. So entwickelte sich ein ausgeglichenes Fußballspiel, das lange kaum echte Höhepunkte aufwies. Auch die Führung der Schweizer änderte daran nicht viel, denn der Ausgleich gelang durch einen schönen Schuss von Saka bereits 5 Minuten später. Dann die Verlängerung, die ganz zum Ende noch 2 fette Chancen für die Schweizer bereit hielt, aber der Ball ging nicht rein... - schade! So kam es auch hier zum Elfmeterschießen, das überraschenderweise zugunsten der Engländer ausging. Hatten die das etwa geübt? Nach Frankreich schon die zweite Mannschaft im Halbfinale, die extrem defensiv orientiert ist. Schade für die mutigen Schweizer!

 

Fast ohne Pause schloss sich das letzte Viertelfinale an, ein vergleichsweise munterer Kick, in dem sich unsere lieben holländischen Nachbarn mit viel Mühe, aber auch großem Einsatz nach Rückstand doch noch in der regulären Spielzeit gegen ein türkisches Team durchsetzten, das eindeutig zu den fußballerischen Gewinnern dieser Europameisterschaft gehörte. Der Sieg der Oranjes war am Ende nicht unverdient, wenn auch glücklich. Und so sehen wir Halbfinals, in denen der alte europäische Fußball-Adel wieder mal unter sich ist. Deutschland guckt zwar nur zu, aber diese Rolle kennen wir ja schon aus den letzten Jahren.

 

Im Tippspiel ist die lange führende Imke zurückgefallen und David steht wieder auf Platz 1. Ein bisschen stolz macht es mich schon, dass nun mein Ältester der ärgste Verfolger ist. Bei der letzten Euro hat meine Tochter erst im Elfmeterschießen des Finales den Gesamtsieg verloren, diesmal ist der beste Fußballer in der Familie weit vorn dabei. Das zaubert mir ein Grinsen ins Gesicht. Ganz unten hat Mette auf einmal wieder mit dem Punkten begonnen und inzwischen sogar Torben auf den letzten Platz verwiesen. Oben wie unten ist also noch nichts entschieden, es bleibt ebenso spannend wie der Ausgang dieser EM.

 

Vergesst nicht, Eure Halbfinal- und Finaltipps abzugeben!

Viel Spaß bei den letzten 3 Spielen wünscht

Robert  


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Ganz persönliche Kanalgedanken
zu den Gegnern der deutschen Nationalmannschaft bei der EURO 2024


von Bernd Christoph

Folge 5: Spanien

(Viertelfinalspiel am 05. Juli 2024 in Stuttgart )

Folgende zehn Dinge assoziiere ich spontan mit Spanien: Andalusien, Katalonien, Alhambra, Picasso, Flamenco, Torero, Real & Barca, Paella, Tapas und Rioja. 

Spanien hat zwar wesentlich mehr zu bieten als nur Sonne und Strände, aber ohne beides würde definitiv etwas ganz Wichtiges fehlen. Die Küsten der iberischen Halbinsel, die Balearen oder die Kanaren zählen nicht ohne Grund zu den beliebtesten Destinationen, wenn man entspannte Urlaubstage unter südlicher Sonne verbringen möchte. Meine erste Berührung mit Land und Leuten hatte ich im Spätsommer 1979. Mit einem guten Freund reiste ich damals, Interrail sei Dank, vier Wochen lang auf Schienen durch Europa. Eigentlich war Marokko das Ziel unserer Wahl. Die Fahrt dorthin endete aber leider etwas abrupt schon auf dem Hauptbahnhof in Barcelona, weil der Bahnschaffner uns offensichtlich nicht im Zug nach Cadiz haben wollte und kurzerhand mit geübtem Schwung unsere beiden Rucksäcke aus dem Fenster feuerte. Da wir auf unsere mageren Besitztümer nun doch nicht ganz verzichten wollten, verließen wir den „Waggon des Schreckens“, sammelten unsere Siebensachen vom Bahnsteig auf und schauten dem abfahrenden Zug reichlich erstaunt hinterher. Erst später wurden wir darüber aufgeklärt, dass man in Spanien für Fahrten in Fernzügen trotz Interrail-Pass zusätzlich noch Einzeltickets für die entsprechende Strecke benötigte, die am Bahnhofsschalter für den Preis von sage und schreibe null Peseten ausgegeben wurden. Wir lernten daraus, dass es sinnbefreite Bürokratie offensichtlich nicht nur in Deutschland gab. Nachfolgend änderten wir kurzfristig unsere Marokko-Pläne. Auf Empfehlung eines Mitreisenden verlebten wir stattdessen ein paar wunderbare Tage auf einem Campingplatz in der Nähe der katalonischen Küstenstadt Tarragona. Dieser hieß übrigens Los Alfaques und erlangte ein gutes Jahr zuvor am 11. Juli 1978 traurige Berühmtheit. Ein mit Flüssiggas beladener Tanklaster kam seinerzeit mit hoher Geschwindigkeit genau auf Höhe des Campingplatzes von der Nationalstraße N-340 ab, raste die Böschung herunter, durchbrach eine Mauer und raste ungebremst auf das Gelände. Dort kam es zu einer verheerenden Explosion, die sage und schreibe 217 Menschen das Leben kostete. Weitere 400 wurden zum Teil schwer verletzt. Von dieser schlimmen Tragödie haben wir tatsächlich erst in abendlichen Gesprächen mit den Kellnerinnen und Kellnern des Campingplatz-Bistros erfahren. Diese konnten sich übrigens viel Zeit für die wenigen Gäste nehmen, weil das Ende der anstrengenden Sommersaison unmittelbar bevorstand. Auf diese Weise entstand in der Folge eine wunderbare internationale Community. Spanier, Franzosen und Deutsche saßen allabendlich in milder Sommerluft bei mindestens einem Gläschen Rotwein beisammen und hatten in entspannter Atmosphäre jede Menge Spaß miteinander.

Die zweite Erinnerung verbinde ich mit Juan. Ihr kennt ihn nicht? Kein Problem – ist auch nicht schlimm. Ich versuche es mal mit einer kurzen Beschreibung: Optik in etwa wie Atze Schröder in jung – selbstverständlich mit getönter Pilotenbrille auf der Nase; Dress: immer wie aus dem Ei gepellt mit blau-weiß-gestreiftem Kurzarm-Shirt und dunkler Lederkrawatte. Richtig! Wir haben einen Zeitsprung in die Colorful Eighties gemacht. Ort des Geschehens: Hotel Azor in Torremolinos an der andalusischen Costa del Sol. Dort verbringt ein junges Pärchen Anfang Juni 1985 einen zweiwöchigen Entspannungsurlaub. Einer der beiden hat nämlich kurz zuvor sein Studium abschlossen und steht unmittelbar vor der Aufnahme seines ersten Jobs. Der Ort unserer Wahl besticht vor allem durch die großzügige Hotelanlage mit einem parkähnlichen Garten. Aber schnell bemerken wir vor Ort, dass das Hotel fest in britischer Hand ist. Die zahlreichen Ladies und Gentlemen von der Insel lassen es sich ebenfalls gutgehen und nutzen vor allem das ganz auf ihre Bedürfnisse ausgerichtete Animationsprogramm. Und jetzt kommt Juan ins Spiel. Der ist nämlich Chefanimateur und bespaßt die Gäste mehr oder weniger unermüdlich von morgens bis abends. Der Tagesablauf sieht dann in etwa so aus: vormittags Spiele am und im großen Pool, danach Dartwerfen, Crocket oder Bogenschießen – nachmittags Bingo und als Highlight folgt die Happy Hour (two drinks or trays with drinks for the price of one between 5 & 6 p.m. – we offer Cuba Libre, Vodka Lemon, Lumumba & some more bloody stuff!) – abends wird dann nach einem umfänglichen Casting abwechselnd Mr. oder Mrs. España gewählt, dann gibt’s die Karaoke-Show und nachfolgend darf bis Mitternacht das Tanzbein geschwungen werden. Die Zielgruppe ist offensichtlich völlig begeistert und verlässt während ihres Urlaubs in überwiegender Mehrzahl die Hotelanlage bis zur Abreise nicht mehr. Die relativ wenigen Franzosen, Skandinavier, Holländer, Österreicher und Deutschen erkunden derweil lieber die wunderbare Umgebung oder unternehmen ganztägige Touren nach Granada, Ronda oder Gibraltar. Das wurmt aber den spanischen A(ni)mateur doch etwas. Als einige dieser nicht-britischen Gäste sich irgendwann gerade noch rechtzeitig zur Happy Hour in der Gartenbar einfinden, schlägt er dort völlig überraschend aus dem Hinterhalt zu. Schon die Tage zuvor hatte er sich speziell bei den deutschen Gästen über deren mangelnde Motivation zur Teilnahme an dem von ihm kreierten Unterhaltungsprogramm beschwert. Jetzt greift der ausgebuffte Kerl zu einer Kriegslist: Wir sollen jetzt nur eine einzige Sache mitmachen, dann ist er zufrieden und lässt uns fortan in Ruhe. Da will natürlich keiner Spielverderber sein. Juan akquiriert auf diese Weise insgesamt sechs männliche Opfer, die am nächsten Tag um drei Uhr nachmittags gegen eine numerisch gleichstarke Gruppe aus dem Vereinigten Königreich im Wasserbasketball antreten sollen. Es geht in dieser Geschichte also ausnahmsweise einmal nicht um Fußball.

Am nächsten Tag finden sich also ein Holländer, zwei Schweden, ein Franzose und zwei Deutsche (darunter auch der Autor) rechtzeitig um Viertel vor drei am Pool ein. Juan ist begeistert! Dann erscheint kurze Zeit später unser Gegner. Wir sind absolut beeindruckt, wieviel mit großflächigen Tattoos verzierte und krebsrot geröstete Muskelmasse glatzköpfige Herren so mit sich führen können. Klar ist aber auch: Das wird hier kein Kindergeburtstag! Die Monster-Briten, offensichtlich alle Engländer, grinsen jedenfalls fies und siegesgewiss. Vermutlich treffen sie sich auch außerhalb des Urlaubs zum Verkloppen anderer Hooligans. Juan erklärt kurz die Regeln: Beide Mannschaften versammeln sich an einem Ende des Pools – auf der gegenüberliegenden Seite ist in luftiger Höhe der Basketballkorb angebracht – der Ball wird von ihm nach dem Anpfiff des Spiels wie beim Wasserball in die Mitte der Wasserfläche geworfen – wer diesen zuerst erreicht, der ist im Ballbesitz und kann den ersten Angriff starten – Schlagen, Treten und Untertauchen des Gegners ist untersagt – jeder Korb wird mit zwei Punkten gewertet – nach jedem Korberfolg wechselt der Ballbesitz – die Spieldauer beträgt zweimal zehn Minuten. Und schon fliegt der Ball ins Wasser. Zwölf Herren stoßen sich gleichzeitig vom Beckenrand ab. Es folgt zunächst ein schwerer Wellengang und nachfolgend ein völlig chaotisches Spiel. Die Regeln sind schnell vergessen. Es wird gedrückt, gestoßen, gehalten und untergegluckert was das Zeug hält – und es wird vor allem reichlich frisch gechlortes Wasser geschluckt. Das internationale Team kann die erste Angriffswelle der offensichtlich zu allem entschlossenen Limies unterbinden, die wie an jedem Abend zuvor zwar reichlich getrunken hatten, aber Zielwasser war offensichtlich nicht dabei gewesen. Derweil kommentiert Spielleiter und Schiedsrichter Juan lautstark und in fließendem Englisch das Spielgeschehen. Die wahlweise schneeweißen oder wie ihre planschenden Männer ebenfalls krebsroten Ladies am Beckenrand sind entzückt! Die erste Hälfte endet trotz gefühlt achtzig Prozent Ballbesitz der britischen Fleischklopse ohne Zählbares – ein erster Teilerfolg der Außenseiter! Nach einer kurzen Verschnaufpause geht das wilde Getümmel mit dem Anpfiff zur zweiten Halbzeit zunächst weiter. Aber irgendwann erlahmen die Angriffsbemühungen des favorisierten Teams. Das Spiel ist jetzt ziemlich ausgeglichen. Etwa fünf Minuten vor Schluss erleben die staunenden Zuschauer eine überraschende Passkombination zwischen drei Herren aus Holland, Hannover und Kiel. Abschließend senkt sich der Ball tatsächlich in den Korb. Es steht 2:0! Juan gibt noch einmal alles und peitscht die Engländer zum Gegenschlag nach vorne. Die sind aber jetzt komplett ermattet und wollen nur noch aus dem Wasser – denn schon bald beginnt ja die Happy Hour. Als auch wir nach dem Abpfiff völlig fertig den Pool verlassen, haben wir in der Tat gerade sensationell die Spanish Open im Wasserbasketball gewonnen. Juan beglückwünscht jedes Teammitglied einzeln und lädt uns für 20 Uhr zur offiziellen Siegerehrung ein. Unsere Stimmung ist sofort im Keller, denn so haben wir nicht gewettet. Der Vorschlag, den Sieg einfach den Engländern zu schenken, wird leider abgelehnt. Deshalb muss ein Plan B her. Eine Stunde vor Beginn des angedrohten Abendprogramms – besonders die englischen Damen haben sich hierfür schwer in knöchellange Roben geworfen – verlassen die Mitglieder des Siegerteams inklusive Spielerfrauen klammheimlich das Hotel. Aber so ganz ohne Juan geht es nun auch wieder nicht. Als zwei Pärchen aus Hannover und Kiel irgendwann weit nach Mitternacht zurückkehren, schleichen sie sich zunächst an der Rezeption vorbei und nehmen anschließend das an der Wand direkt neben dem Wochenprogramm hängende und mit Namen versehene Konterfei des sicherlich weltbesten spanischen Hotelanimateurs aller Zeiten in Gewahrsam. Danach schnell in den Lift und ab nach oben – im dritten Stock wird ausgeknobelt, wer die Trophäe mit nach Hause nehmen darf. Das Schicksal entscheidet sich für Kiel. Schon eine Woche später lächelt Juan unsere Gäste von der Innenseite der Tür unserer Wohnungstoilette in der Harmsstraße 36 an. Die Frage lautete dann hinterher: „Sagt mal, wer um alles in der Welt ist denn dieser Juan?“. Und dann erzählten wir sehr gerne die oben beschriebene Geschichte rund um ein außerordentliches Sportereignis in Spanien.


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EM-Kommentar vom 03. Juli 2024

Liebe Tippgemeinde,

 

gestern lohnte endlich wieder das Hinschauen bei der EM, das Handy und die Tageszeitung durften mal liegen bleiben. Am frühen Abend entwickelte sich direkt nach Anpfiff ein rassiges Spiel zwischen den Muränen und den Käserollern. Ein starker offensiver Auftakt von beiden Teams, mit schnellem Spiel nach vorn, mal über Kombinationen, mal mit langen Bällen. Das war eine Wohltat nach dem Rasenschach des Vortages! Nach 15 Minuten mit ausgeglichenen Spielanteilen entwickelte sich aber eine klare Dominanz der Niederländer, mit vielen Möglichkeiten, aber relativ wenigen echten Torchancen. Eine der ersten nutzte Gakpo zur verdiente Führung durch einen schönen Schuss von schräg links. Erst in der Nachspielzeit der 1. Hälfte gab es die erste Ecke für Rumänien, da hatten die Holländer schon 10x den Ball von der Eckfahne in den Strafraum geschlagen - ein deutlicher Hinweis auf ihre Überlegenheit. Alec Baldwin auf der rumänischen Bank ermunterte in der Pause seine Männer in Gelb zu mehr Offensivdrang, aber der hielt nur wenige Minuten an. Danach übernahmen wieder die Oranjes in Blau die Handlungshoheit und gaben sie auch nicht wieder ab. Trotz aller Überlegenheit (2/3 Ballbesitz) fehlte aber lange die Effektivität. Erst zum Schluss, als den Muränen Kraft und Konzentration endgültig abhanden kamen, fielen noch zwei schöne Tore durch Malen, der einmal von der Torauslinie im Strafraum bedient wurde und dann noch in der Nachspielzeit einen Steilpass nach Ausspielen seines Gegners eiskalt ins kurze Eck versenkte. Ein hochverdienter Sieg der Holländer, auch in dieser Höhe. Wenn sie diese Form konservieren können, sind sie gegen die Türkei ein heißer Kandidat fürs Halbfinale und womöglich sogar für mehr. Andererseits haben wir auch schon das andere Gesicht der Oranjes gesehen, mit vielen Querpässen, langsamem Aufbauspiel und vergebenen Torchancen. Alles ist möglich: De dood of de gladiolen. Na ja, natürlich nur im übertragenen Sinne...

 

Am späten Abend dann eine rot-weiße Arena in Leipzig. Die kalte Dusche für die Österreicher gleich in der 1. Minute, verursacht durch ein Missverständnis quasi auf der eigenen Torlinie, brachte die Türken in Front und bereitete beide Mannschaften auf das vor, was noch kommen sollte: Dauerregen ohne Pause. Das hielt aber beide Teams nicht von flottem Angriffsfußball ab. Zugegeben, das war beiderseits nicht auf dem technischen Niveau der Spanier, aber den Zuschauern wurde zumindest nicht langweilig. Trotz aller Bemühungen fehlten den Ösis jedoch nach einem ersten Anrennen die echten Torchancen und sehr viel besser wurde es auch nach der Pause nicht. Irgendwie waren es immer nur Halbchancen, die da produziert wurden, und prompt folgte die zweite kalte Dusche in Form eines schönen Kopfballes von Demiral, der schon das 1:0 für die Türken durch konsequentes Handeln erzielt hatte. Die Spannung schien fast raus, da schafften die Alpenkicker zum Glück für alle Zuschauenden den schnellen Anschlusstreffer und setzten anschließend zu einem Sturmlauf auf das türkische Tor an. Aber es fehlte wieder die Durchschlagskraft. Arnautovic ist mit 35 Jahren einfach nicht mehr der Schnellste und Gregoritsch erwies sich auch nicht als der supergefährliche Zielspieler. Und dennoch wäre es fast zur Verlängerung gekommen, als Baumgartner in der 95. Minute mit der besten Chance der 2. Halbzeit einen Kopfball perfekt unten links ins Tor drücken wollte. Der Hechtsprung und die unfassbare Parade von Torwart Günok verhinderten aber den Ausgleich. Ein unglaubliches Ende eines stets spannenden Spiels, das die Türken dank ihrer engagierten Abwehrleistung und ihrer guten Chancenverwertung nicht unverdient gewannen. Weniger schön war das permanente Pfeifkonzert der Türkeifans, sobald ein Österreicher am Ball war, und der Wolfsgruß des zweifachen Torschützen Demiral, ein eindeutig rechtsextremistisch-rassistisch-antisemitisch konnotiertes Zeichen nationalistischer Gesinnung. Solchen Scheiß wollen wir nicht sehen. Gut, dass die UEFA jetzt ermittelt und den Typen hoffentlich nach Hause schickt.

 

Im Tippspiel zieht Imke weiter oben ihre Kreise und im Verfolgerfeld gibt es nur hier und da mal einen Platztausch. Im Viertelfinale wird es jetzt spannend, weil wegen der Überraschungen durch die Schweiz und die Türkei niemand in allen vier Spielen punkten kann. Immerhin 29 von Euch hatten nur einen einzigen Fehltipp im Achtelfinale, da ziehe ich meinen Hut, denn ich gehöre leider nicht dazu. Lasst Euch überraschen, welche Veränderungen sich aus der Regel ergeben, dass nicht zustande gekommene Partien auch keine Punkte ergeben können. Die nächste Aktualisierung findet allerdings erst nach Mitternacht statt, also am sehr frühen Samstagmorgen. Wir fahren schon am Freitagnachmittag nach Hamburg, gucken hoffentlich irgendwo das vorweggenommene Finale Deutschland-Spanien und hoffen dann auf ein munteres Spiel zwischen Frankreich und Portugal. Zum Frühstück am Samstag sollte die Punktetabelle aber aktualisiert sein.

 

Jetzt schon wünsche ich Euch ein schönes Viertelfinalwochenende!

Robert

 
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EM-Kommentar vom 02. Juli 2024

Liebe Tippgemeinde,

 

heute kann ich es kurz halten, denn gestern habe ich nur ein Spiel gesehen, mal abgesehen vom sportlichen Wettstreit auf der Hebbelwiese, wie immer ein großartiges Erlebnis! Die 8 Minuten-Zusammenfassung des Achtelfinales zeigte deutlich mehr Torschüsse der Franzosen verglichen mit den Belgiern, bestätigt auch durch die kicker-Statistik (19:5). Aber bei Passquoten von 92 und 89% werde ich immer misstrauisch, das riecht nach ziemlich viel Ballgeschiebe. Ein spätes 1:0 für Frankreich durch ein Eigentor des ewigen Vertonghen, auch das klingt nicht nach Sturmlauf der Franzosen. Nach allem, was ich so gelesen und gehört habe, fand am frühen gestrigen Abend das aufregendere Spiel wohl auf der Hebbelwiese statt. Da habe ich also alles richtig gemacht.

 

Rechtzeitig nach Hause zurückgekehrt, so dass ich frisch geduscht zum 21 Uhr-Spiel antreten konnte, freute ich mich auf das Spiel Portugal-Slowenien. Der lebendige Auftakt mit vielen guten und gut herausgespielten Aktionen der Portugiesen ließen mich auf eine aufregende Partie hoffen. Wirklich in Erinnerung bleiben werden uns von den gut 120 Minuten aber wohl nur zwei Aktionen. Zum einen die 100%ige Torchance von Sesko, der allein auf Torwart Diogo Costa zulief und den Ball nicht im Netz unterbringen konnte, zum anderen der von Torwart Oblak gehaltene Elfmeter, der beim Abpfiff nach 90 Minuten den traurigen Schützen Ronaldo zu Tränen rührte. Schluchz... - der arme Kerl, wir alle haben mit ihm gefühlt und heimlich ein kleines Tränchen verdrückt... Gebt mir ein paar Minuten, ich muss mich erst mal sammeln...

Zum Glück für Ronaldo zeigte sich Diogo Costa ebenfalls als Elfmeterkiller und hielt die ersten 3 Dinger im Elmeterschießen, so dass schon nach dem 3. Treffer der Sportugiesen alles klar war. Ein frustrierendes Spiel für die Slowenen, die über 120 Minuten fast alle guten Chancen der Iberer wegverteidigten, wie übrigens umgekehrt auch die portugiesische Abwehr auf der anderen Seite. Das 0:0 war insofern nur konsequent. Irgendwie schwant mir Übles für das Viertelfinale am späten Freitagabend in Hamburg, für das Jan 4 Karten in der ersten Verlosungsrunde ergattern konnte, und zu dem Roland und ich ihn begleiten dürfen. Zwei starke Abwehrreihen und vorn wenig Durchschlagskraft - das klingt nicht gerade nach einem Torschussfestival. Aber immerhin werden wir Mbappé und Ronaldo mal live sehen können, im gleichen Spiel. Das ist doch was...

 

Im Tippspiel hat Imke die 100 Punkte-Marke geknackt, aber weitere werden folgen. Der Abstand zu den Nicht-Gewinner-Rängen (Platz 8 und schlechter) scheint mit 12 Punkten bei nur noch 9 Spielen schon recht groß, aber allein die Tipps auf den zukünftigen Europameister können 9 Punkte bringen und (so viel will ich verraten) nicht alle da oben haben auf das gleiche Team wie Imke gesetzt. Womöglich entscheidet sich das Tippspiel wieder erst im Finale. Unten dagegen will Mette wohl partout nicht mehr richtig punkten. Aber auch hier gilt, dass sich am Ende noch alles drehen kann.

 

Heute werden die letzten Kandidaten fürs Viertelfinale gesucht. In München wird es bei Rumänien-Niederlande recht bunt, aber die Leipziger Arena wird rot-weiß geflutet beim Spiel Türkei-Österreich. Hoffentlich fallen dann auch mal wieder normale Tore in der regulären Spielzeit, sonst wird es arg langweilig.

 

Das wünscht sich und Euch

Robert


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EM-Kommentar vom 01. Juli 2024

Liebe Tippgemeinde,

 

jetzt geht die EM richtig los, jedes Spiel ist ein Finale! Das hatten die Italiener im Spiel gegen die Schweiz aber ganz offenbar noch nicht so richtig realisiert, die dachten wohl, sie könnten sich mit dem Schlafwagenfußball der Vorrunde locker ins Viertelfinale mogeln. Was ist nur aus dem Titelverteidiger geworden, aus der großen und stolzen Fußballnation Italien? Ein ideenloser Haufen, der konzeptlos vom frühen Pressing der Schweizer überrascht wurde und über 90 Minuten nie eine Idee hatte, wie dieses Achtelfinale wohl zu gewinnen wäre. Das soll in keiner Weise die Leistung der Schweizer abwerten, die konsequent störten, sich in jeden Zweikampf warfen, und in Xakha einen grandiosen Regisseur hatten, der sich für kein Anlaufen zu schade war und fast immer den Überblick behielt, wenn die Italiener doch mal vor dem Schweizer Strafraum Ball und Gegner laufen ließen. Chapeau, Schweiz! Das war großartig und der Einzug ins Viertelfinale vollkommen verdient!

 

Die deutsche Mannschaft hatte gegen Dänemark weitaus größere Mühe. Ich wärme jetzt nicht noch mal die berechtigte Diskussion um Abseits und Handspiel auf. Es bleibt aber festzuhalten, dass ohne den ganzen Technikschnickschnack vermutlich die Dänen in Führung gegangen und keinen Elfmeter gegen sich kassiert hätten. Hätte, hätte, Vierkette - niemand weiß, was dann herausgekommen wäre. Vielleicht wollte die UEFA auch einfach gern den Gastgeber im Turnier halten, wegen guter Stimmung und so? Alles Spekulatius. Festzuhalten bleibt, dass dies jetzt das zweite Spiel war, in dem die deutsche Mannschaft nicht durchgehend überzeugen konnte und z.T. sogar in die Unentschlossenheit und Querspielerei der vor-Nagelsmann-Zeit zurückfiel. Andererseits gab es auch Phasen echter Dominanz, besonders zu Anfang und Ende des Spiels. Das Viertelfinale gegen Spanien ist wohl der finale Lackmustest für das Team. Wenn Jules Jungs da durchkommen, scheint selbst einem ewigen Skeptiker wie mir alles möglich, auch der Titel. Ansonsten kann ein schmuckloses 0:2 auch das Ende aller Euphorie bedeuten.

 

Apropos schmucklos... - was war das denn schon wieder für eine Leistung vom 1,5 Milliarden-Pfund-Team von der Insel? Die Rocky Horror Southgate Show? Eine Null-Leistung über 90 Minuten, ideenlos, konzeptlos, weitgehend chancenlos. Das Preis-Leistungs-Verhältnis erreicht geradezu astronomische Bereiche und der Trainer redet das am Ende auch noch schön. Wo war der Plan B nach dem 0:1? Kann man es sich tatsächlich im Fußball des 20. Jahrhunderts leisten, allein auf die individuelle Klasse der Einzelspieler zu setzen? Alle Welt außerhalb der Insel wird hoffen, dass dies nicht so ist. Wir wollen kluge und gern auch mal überraschende Spielzüge sehen, welche die Qualitäten jeweils gezielt einsetzen, und nicht so ein Hintenrumgegurke wie von den Limies. Aber der Fußballgott war nicht mit den gut organisierten Slowaken, die sich in die Zweikämpfe warfen, das verdiente 1:0 hoch verteidigten und weitere Chancen erarbeiteten. Doch dann der Schicksalsschlag in der Nachspielzeit, ein Klaus-Fischer-Gedächtnis-Fallrückzieher aus 7 Metern Entfernung, ein chancenloser slowakischer Torwart. Und sie Robin Gibb von den Bee Gees singt "Saved by the Bell(ingham)"! Ein Akt der Perfidie des Fußballgottes folgte gleich zu Beginn der Verlängerung. Die ZDF-Reporter Claudia Neumann und Moritz Volz wollten Kane und Bellingham schon seit einer halben Stunde auf der Auswechselbank sehen, da schlugen sie zu jubelten dann gemeinsam. Als Anhänger der Slowakei hätte ich gekotzt.

 

Am Abend ein ähnliches Duell zwischen Außenseiter und Fußballgigant, aber hier wirkte der Favorit nie konzeptlos. Die Spanier behielten nach der georgischen Führung die Nerven, ließen wie gewohnt Ball und Gegner laufen und erzielten ihre Tore gegen ein am Ende überforderte Team vom Kaukasus. Ja, auch die Georgier hatten Chancen, aber man hatte eigentlich immer das Gefühl, dass sie Iberer das Ding noch in ihre Richtung drehen würden. Das taten sie dann ja auch. Und das deutsche Team trifft jetzt auf eine bestens eingespielte Mannschaft, die sich nicht so schnell aus ihrem Konzept bringen lässt.  Das wird richtig schwer.

 

Im Tippspiel hat sich in der Tabelle tatsächlich relativ wenig getan. Imke und David halten die Spitzenpositionen, gefolgt jetzt von Tim, der sich Schritt für Schritt hochgearbeitet hat. Unten hält Mette weiter Abstand zum Vorletzten und steuert die Rote Laterne an.

 

Viel Spaß heute bei den nächsten Achtelfinalduellen wünscht

Robert

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Ganz persönliche Kanalgedanken
zu den Gegnern der deutschen Nationalmannschaft bei der EURO 2024
von Bernd Christoph


Folge 4: Dänemark

(Achtelfinalspiel am 29. Juni 2024 in Dortmund )

Folgende zehn Dinge assoziiere ich spontan mit Dänemark: Nordseeküste, Limfjord, Kopenhagen, Hans Christian Andersen, Danebrog, Lego, Georg Jensen (Schmuck & Uhren), Dansk Hot Dog, Salzlakritz und TuborgCarlsbergFaxe (Bier). 

Dänemark ist gute Nachbarschaft, Dänemark ist hyggelig – die Dänen sind sympathisch und besonders glücklich. Das kann ich im Grunde alles unterschreiben. Seit meiner Jugend ist dieses Land unter dem Danebrog irgendwie Teil meines Lebens geworden. Unzählige Male zog es mich und meine Familie über die nördliche Grenze an die Nord- und Ostseeküsten, nach Jütland, nach Seeland oder auf die vielen anderen wunderbaren Inseln. Es begann zunächst mit Handballfahrten meines Heimatvereins zu diversen Jugendturnieren. Später als junge Studenten verbrachten wir mehrfach in größerer Runde unter Freunden feuchtfröhliche Tage in gemütlichen Ferienhäusern an der Nordseeküste. Auch unser geschätzter Tippspielorganisator wird sich sicherlich gerne daran erinnern. Als dann irgendwann unsere Kinder auf der Welt waren, nutzten wir über mehrere Jahre hinweg die überaus praktische direkte Fährverbindung von Kiel nach Bagenkop mit der „Langeland II“ und verlebten auf dieser großartigen Insel dann diverse Oster- oder Herbstferien.

Ein Erlebnis ist mir allerdings in besonderer Erinnerung geblieben und dokumentiert recht gut, wie die Dänen an sich so ticken – Ausnahmen mögen die Regel bestätigen. Ende August 2008 begaben sich mein Nachbar – respektive Tippspielkollege vom Kanal – Stefan Wetzel und ich auf eine mehrtägige Fahrradtour, die uns entlang der „dänischen Südsee“ führen sollte. Es geht zunächst über Flensburg und Sonderborg mit der Fähre auf die Insel Fünen – und zwar mehr oder weniger durchgängig im strömenden Regen. Als wir am frühen Abend südlich von Faaborg an der Südwestküste nach einem geeigneten Lagerplatz suchen, schüttet es immer noch wie aus Kübeln. Im Ergebnis sind wir klatschnass und ziemlich mürbe. Eine passende Bleibe ist zudem weit und breit nicht in Sicht. In einer Art von selbst erklärter Notwehr gegen die Unbillen des nordischen Wettergotts entscheiden wir uns für kurzerhand für eine komplett illegale Hausbesetzung. Das stimmt natürlich nicht ganz, es ist eher eine Gartenokkupation. Ein ganz offensichtlich herren- bzw. damenloses Ferienhaus mit einer wunderbar überdachten Terrasse lädt uns geradezu ein. Schnell sind die nassen Klamotten unter dem Dachüberstand aufgehängt und das Zelt steht in Windeseile auf dem angrenzenden Rasen. Irgendwann fallen wir todmüde in unsere Schlafsäcke. Der nächste Morgen meint es mit ein paar wärmenden Sonnenstrahlen zunächst gut mit uns. Doch als wir gerade mit dem Frühstück fertig sind und unsere sieben Sachen zusammenpacken wollen, da hören wir, wie sich ein motorisiertes Fahrzeug nähert und an der Vorderseite des Hauses abgestellt wird. Anschließend steigt jemand aus und schließt die Tür auf. Kann das jetzt gut gehen? Wir packen derweil munter weiter ein und hören die Klospülung. In fünf Minuten wären wir vom Grundstück verschwunden. Doch dann öffnet sich im wahrsten Sinne des Wortes der große Vorhang zur Terrasse. Ein grauhaariger Herr schiebt die Glastür auf und steht mit etwas überraschtem Gesicht direkt vor uns. Bevor die Situation eskalieren kann, trete ich die Flucht nach vorne an und entschuldige mich auf Englisch für unser aus der Not geborenes dreistes Eindringen. Was dann folgt, überrascht uns völlig. Statt eine Schimpfkanonade oder gar Drohungen loszulassen, entschuldigt sich der gute Mann in bestem Englisch für das „really horrible weather in Denmark“. Voller Mitgefühl fragt er in freundlichem Ton, ob wir nicht vielleicht seinen Wäschetrockner nutzen möchten oder eine Tasse Kaffee trinken wollen. Damit haben wir nun wirklich nicht gerechnet. Wir sind von dieser Reaktion absolut begeistert und bedanken uns für die großartige Gastfreundschaft. Nach einem netten Plausch verabschieden sich die beiden Hausbesetzer vom Hausbesitzer und setzen ihre Fahrradtour fröhlich bei bestem Wetter fort. So sind die Dänen!

In Sachen Fußball kann ich mit Bezug auf Dänemark leider mit keinem Live-Erlebnis in einem Stadion aufwarten. Natürlich habe ich voller Sympathie die Erfolge dieses kleinen Landes bei der Weltmeisterschaft 1986 in Mexiko verfolgt. Die wirklich bärenstarke Truppe um Morten Olsen, Søren Lerby, Michael Laudrup und Preben Elkjaer Larsen verbreitet in der Vorrunde (1:0 gegen Schottland, 6:1 gegen Uruguay und 2:0 gegen Beckenbauers Deutschland) Angst und Schrecken, läuft dann aber im Achtelfinale gegen Spanien mit ihrem Hurra-Fußball reichlich naiv mit 1:5 (4 Tore von Butragueno) ins eigene Messer. Damals, da waren sich alle Fußball-Experten einig, wäre für Dänemark viel mehr drin gewesen.

Sechs Jahre später ist die Ausgangslage bei der EM 1992 in Schweden eine völlig andere. Dänemark ist diesmal außen vor, weil man zuvor in der EM-Qualifikation gescheitert war. Die deutsche Mannschaft ist derweil vor dem Turnierstart als amtierender Weltmeister haushoher Favorit. Der Neu-Bundestrainer und „Kaiser“-Nachfolger Hans-Hubert Vogts, von manchen auch „Klein-Berti“ genannt, bereitet seinen Kader mit Blick auf den Titelgewinn akribisch vor. Zur gleichen Zeit renoviert sein dänischer Kollege Richard Møller Nielsen zu Hause seine Küche. Denn nach dem Ausscheiden seiner Kicker hat der gute Mann ja nun jede Menge Zeit. Doch am letzten Tag im Wonnemonat Mai hört er im Radio folgende überraschende Nachricht: Nachdem die UNO schon Sanktionen gegen Jugoslawien verhängt hatte, zückt nun auch der europäische Fußballverband UEFA die Rote Karte und schließt die Balkankicker von der EM-Endrunde aus. Nachrücken soll nun tatsächlich Dänemark, das in seiner Qualifikationsgruppe Platz zwei hinter Jugoslawien belegt hatte. Und nur noch zehn Tage bis zum Turnierstart! Heimwerker Møller Nielsen hat jetzt keine Zeit mehr, den neuen Geschirrspüler und die Mikrowelle anzuschließen. Er muss stattdessen auf die Schnelle dringend eine konkurrenzfähige Mannschaft zusammenbasteln. Zum Glück hatte Dänemark noch einen Testkick in Kopenhagen vereinbart, und zwar gegen die GUS, die als Sowjetunion-Nachfolger ebenfalls an den EM-Start geht. Aus dem sonst belanglosen Spiel wird über Nacht eine wichtige Turniergeneralprobe. Und die 20 dafür nominierten Spieler bilden nun den dänischen EM-Kader um Spieler wie Torwart Peter Schmeichel oder die Mittelfeldmänner Brian Laudrup und John Jensen, der wegen seiner Vorliebe für den kalten Gerstensaft von allen nur „Faxe“ genannt wird. Insgesamt 13 Spieler haben in der heimischen Superliga den letzten Spieltag sogar noch vor sich. So stehen sie zwar voll im Saft, dem Nationalteam aber zunächst nicht zur Verfügung. Und dann die sieben in halb Europa verteilten Auslandsprofis: Manche tingeln mit ihren Klubs zu Freundschaftsspielen über die Dörfer. Andere haben schon ihre Stollenschuhe gegen Badeschlappen getauscht, die Grillsaison eröffnet und sind voll auf Urlaub programmiert. Lars Olsen zum Beispiel erfährt auf der Fähre von Puttgarden nach Rødby, dass er nun EM-Kapitän der Dänen ist. Der Abwehrchef, aktiv beim türkischen Klub Trabzonspor, hat gerade drei Tage Autofahrt von der Schwarzmeer- an die Ostseeküste in den Knochen und Freunden schon von seinem Ferienhaus auf Mallorca vorgeschwärmt. Wettkampfspannung geht irgendwie anders. Die Dänen müssen improvisieren und auf Trainingslehre oder Leistungsdiagnostik pfeifen. Ihre allgemein lockere Grundhaltung hilft dabei. Als Teamhotel und Trainingscamp wird der traditionsreiche Yacht Club Stenungsbaden im etwa eine Dreiviertelstunde Autofahrt nördlich von Göteborg an der schwedischen Westküste gelegenen Stenungsund gewählt und man setzt dort auf das Konzept eines Hauses der offenen Tür. „Die Stimmung war so, dass wir rüber nach Schweden fahren, drei Spiele machen und dabei unser Bestes versuchen sollten", erinnert sich „Faxe" Jensen später. „Ganz ehrlich: Dass wir eine Chance hätten, weiterzukommen oder gar das ganze Turnier zu gewinnen – daran glaubte zunächst niemand von uns." Auch Trainer Richard Møller Nielsen nicht. Kurz vorm Anpfiff des ersten Spiels gegen England erklärt er in der Kabine: „Jungs, geht raus und blamiert euch nicht. Macht euch stolz. Das reicht mir vollkommen.“

Die Dänen hatte wirklich keiner so richtig auf dem Schirm. Da ich während des Turniers zweimal für mehrere Tage im Messeeinsatz bin, habe ich keine Gelegenheit, mir jedes Spiel anzuschauen. So nehme ich eher beiläufig zur Kenntnis, dass Dänemark mit 0:0 gegen England und 0:1 gegen Schweden zumindest vom Ergebnis her einen eher holprigen Start hinlegt. In Stuttgart weilend erlebe ich abends im Hotelzimmer vor dem Fernseher das 2:0 Deutschlands gegen Schottland. Wieder zu Hause angekommen, verfolge ich den nicht zu erwartenden Turnaround der beiden oben genannten Teams am letzten Spieltag der Vorrunde. Erst schlagen die Dänen sensationell die Franzosen mit 2:1 und einen Tag später kassieren „Bertis Buben“ mit 1:3 wie schon vier Jahre zuvor eine krachende Niederlage gegen Holland. Aber immerhin bleiben sie diesmal im Turnier. Als anschließend die beiden Halbfinals ausgespielt werden, darf ich mich in Warschau auf einer Messe mit dem wunderbaren Namen „Mensch und Ernährung“ um die Absatzförderung schleswig-holsteinischer Lebensmittel kümmern. Immerhin gibt es dort in der Innenstadt einen Irish Pub, in dem abends auf der Mattscheibe der Fußball rollt. Diese frühe Form des Public Viewings sagt mir durchaus zu. Derweil sind die Dänen an anderer Stelle ebenfalls in Sachen Speisen und Getränke unterwegs, wie Torhüter Peter Schmeichel viele Jahre später dem Fußball-Magazin 11 Freunde verrät: „Wir fuhren mit dem Bus an einer McDonald's-Filiale vorbei. Da haben wir ein bisschen gewitzelt: 'Trainer, wir würden so gern ein paar Burger essen.' Der Coach hat nichts gesagt, aber nach dem Training hielt der Bus tatsächlich vor der Filiale. Alles war extra für uns abgesperrt. Es war eine Überraschung des Trainers für die Mannschaft. Er hat uns dadurch eine Facette von sich gezeigt, die wir noch nicht kannten. Nach diesem Essen wollte jeder noch mehr für ihn tun."  Diese spezielle Form von Motivationsdiät zeigt durchaus Wirkung: Während die deutsche Mannschaft zunächst Gastgeber Schweden in einem spannenden und torreichen Spiel 3:2 dank eines Doppelpacks von Karl-Heinz Riedle durchaus erwartet schlägt, räumen die klopsgestählten Wikinger einen Tag später mit Holland durch ein 5:4 im Elfmeterschießen (2:2 nach Verlängerung) sensationell den nächsten Hochkaräter aus dem Turnier. Ein weiteres echtes Ausrufezeichen, das weitere kulinarische Beprobungen zur Folge hat. Denn nach dem Halbfinale erlaubt Møller Nielsen sogar Hochprozentiges an der Hotelbar, wie Schmeichel ebenfalls grinsend berichtet. Er legt aber Wert auf die Feststellung, dass diese kleinen Exzesse eher Ausnahmen waren. Die dänische Mannschaft sei keinesfalls eine reine Urlauber- und Partytruppe, wie es bis heute kolportiert wird, gewesen.

Das Endspiel erlebe ich dann wieder zu Hause. Die internationalen Medien bedienen die gute alte David-gegen-Goliath-Geschichte. Und was macht der stramme CDU-Wähler „Berti“ Vogts? Der telefoniert vorm Finale mit Helmut Kohl und verspricht dem Bundeskanzler doch tatsächlich, die Dänen für ihr dreistes „Nein" zu den Maastrichter EG-Verträgen kurz zuvor jetzt einmal gehörig abzustrafen. Leider kann der redselige Kohl das auch diesmal nicht für sich behalten. Und so gelangt diese bekloppte „Vereinbarung“ zwischen Bundestrainer und Bundeskanzler an die Öffentlichkeit und somit auch nach Dänemark. Schon zuvor hatten sich französische und niederländische Spieler vor den jeweiligen Spielen gegen die Dänen überaus arrogant gezeigt. Die Rache folgt dann im Endspiel: Erst zünden die rot-weißen Fans von den Rängen im Ullevi-Stadion in Göteborg ihre reichlich mitgebrachten Dynamitstangen, dann drischt „Faxe“ Jensen den Ball ins Netz und abschließend trifft auch noch Kollege Vilfort zum Endstand von 2:0. Die deutschen Weltmeister sind komplett blamiert und wissen hinterher nicht, wie das passieren konnte. „Klein-Berti“ muss erstmals feststellen, dass die Bäume nicht in den Himmel wachsen. Und „Groß-Kohl“ muss beim europäischen Gipfel in Lissabon zuschauen, wie Dänemarks Außenminister Uffe Ellemann-Jensen feixend einen rot-weißen Fußballschal zum feinen Anzug trägt. Bekanntlich lügen Dänen ja nicht – sie „swindeln“ nur manchmal ein bisschen. Das Image der „Underdogs im Urlaubsmodus" bedienten die dänischen Spieler hinterher selbst ausgiebig. Stürmer Flemming Povlsen etwa antwortete auf die Frage nach dem Erfolgsrezept: „Wir haben viel Bier getrunken und gelacht, wir haben Minigolf gespielt und sind zu McDonald's essen gegangen!" Dafür lieben wir die Dänen, und ein klein wenig habe ich mich für sie damals sogar mitgefreut.

Abschließend noch ein kleiner Nachtrag: Was wäre eigentlich gewesen, wenn Serbien statt Dänemark auf dem zweiten Gruppenplatz gelandet wäre und jetzt gegen Deutschland gespielt hätte? Ehrlich gesagt hätte ich dann ziemlich auf dem Schlauch gestanden. Denn ich bin erstens noch nie in Serbien gewesen, habe zweitens noch keinen Menschen aus Serbien kennengelernt und verbinde drittens mit diesem sicherlich sehr schönen Land absolut nichts. Vermutlich hätte ich mir in meiner Not im Supermarkt eine Dose Serbische Bohnensuppe gekauft und anschließend die Zutatenliste als Text hier eingestellt. Alternativ hätte ich auch von der hochprozentigen Spezialität Original Zivkovic schwärmen können, die unser geschätzter Tippspielorganisator nach eigenen Angaben damals in irgendeinem Hafenkaff an der serbischen Adriaküste in rauen Mengen verkostet hatte…

 


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EM-Kommentar vom 27. Juni 2024

Liebe Tippgemeinde,

 

die Vorrunde ist zu Ende, auch die Zeit der Parallelspiele, wir können jetzt alle mal durchschnaufen. Gestern nachmittag gab es das befürchtete Doppelremis, was mit der Ukraine zum ersten Mal einem 4-Punkte-Team das Turnieraus bescherte. Die Jungs in Gelb konnten einem leid tun, sie hatten viel versucht, in der Nachspielzeit sogar noch das Siegtor auf dem Fuß, aber der Ball muss halt rein, so einfach (oder schwer!) ist das. Die Mannschaft wurde trotzdem von den eigenen Fans bejubelt und fährt nun frustriert nach Hause. Die Spieler der Belgier wurden dagegen in der eigenen Fankurve von ausgestreckten Mittelfingern empfangen - vielleicht etwas drastisch, aber nicht unverdient. Und..., hey..., wir sind hier beim Fußball und nicht beim Schwanensee-Ballett! Wenn das gestern alles war, was de Bruyne & Co. drauf haben, dann ist eh in der nächsten Runde Schluss. Das belgische Team zeigte sich nun schon zum zweiten Mal bei diesem Turnier wenig inspiriert, verwaltete den Ball, brachte aber viel zu wenige gute Torchancen zustande. Wenn dann beim Gegenüber noch ein Keeper im Tor steht (und das ist ja nun mal der Normalfall!), dann steht vorn die Null.

 

Parallel zerstreuten Rumänien und die Slowakei zumindest zu Beginn den Eindruck, hier sei irgendwas abgesprochen in Sachen Remis. Beide Teams wollten sichtlich gewinnen, aber als der Ausgleich gefallen war, reifte wohl doch die Erkenntnis, dass Risikominimierung der Schlüssel zum Achtelfinale sein könnte. Kann man auch irgendwie verstehen, und wer jetzt die Ukrainer bedauert, hat vermutlich deren klägliches 0:3 gegen die Muränen nicht gesehen.

 

Am Abend wurde es dann lebhafter auf dem Rasen, denn abgesehen von den bereits qualifizierten Sportugiesen konnten alle anderen Teams noch den Einzug in die Hauptrunde klar machen. Die Iberer traten mit einer 1b-Elf an und bekamen von hoch motivierten Georgiern die Quittung in Form eines völlig verdienten 0:2. Die Männer aus dem Kaukasus rissen sich die Beine aus dem Leib für ihre Mannschaft, den Sieg und vermutlich auch für ihr kleines Land. Ich habe das Spiel im ORF geschaut und war der gleichen Meinung wie der österreichische Reporter: "Mir san heute ausnahmsweise nimmer objektiv!". Warum auch, die Sportugiesen taten einfach zu wenig und am Ende hatte Georgien Chancen für mindestens zwei weitere Tore. Auch spielerisch und technisch war der Unterschied weit geringer als erwartet, da dürften sich auf portugiesischer Seite einige verrechnet haben, so wie der Mittelfeldspieler, der an der Seitenauslinie vom Georgier Mikautadze einfach ausgetanzt wurde. ORF-Kommentar: "Wie er ihn hier steh'n lässt mit an Gurkerl!". Herrlich! Treffender kann die Leistung des Favoriten kaum beschrieben werden.

 

Parallel lief bei uns auf der großen Glotze das Spiel Tschechien-Türkei. Keine ganz schlechte Wahl, da war zumindest was los, wenn auch auf begrenztem technischen Niveau. Schon Mitte der ersten Hälfte flog der Tscheche Barak mit Gelb-Rot vom Platz, was die Türken zuerst auch für eine deutliche Feldüberlegenheit nutzen konnten. Ein Torschussfeuerwerk gab es aber nicht und das 1:0 fiel durch einen feinen Schuss von Calhanoglu auch erst nach der Pause. Die Tschechen wussten dann, dass nur noch Sekt oder Selters gefragt ist und kamen nach einem türkischen Torwartfehler und schneller Reaktion von Soucek zum Ausgleich. Danach schienen die Türken trotz numerischer Überlegenheit sehr auf Sicherheit bedacht, liefen aber unverständlicherweise sogar noch Gefahr, ein weiteres Gegentor zu kassieren... - die Tschechen kannten natürlich den Tabellenstand! So blieb es zwar spannend, aber nicht wirklich aufregend bis fast zum Schluss, wenn man mal von dem Kartenfestival absieht, das der Schiri in diesem aber auch wirklich recht ruppigen Spiel veranstaltete. 18 Gelbe und 2 Rote Karten, neuer EM-Rekord! Ich hatte mich schon auf 4 Punkte für das 1:1 gefreut, da zerstörte ein Konter der Türken in der Nachspielzeit all meine Euphorie. Schade für mich und vor allem für die nie aufgebenden Tschechen, die nun ebenfalls nach Hause oder in Urlaub fahren.

 

Damit ist die Vorrunde komplett und Zeit für ein Zwischenfazit. Nur eine Mannschaft hat in der Vorrunde die volle Punktzahl geholt und Spanien dürfte sich damit zu einem der Top-Top-Top-Favoriten gemacht haben. Das deutsche Team startete brilliant in das Turnier, hatte dann gegen Ungarn schon mal Probleme und kam gegen die Schweiz nur zu einem Unentschieden. Ein Abwärtstrend? Oder war das erste Spiel gegen wirklich schwache Schotten einfach zu leicht und daher kein Maßstab? Das Achtelfinale gegen Dänemark ist ein guter Test für die Leistungsfähigkeit. Toni Kroos hat kritisiert, in Deutschland sehe man bzgl. der Nationalelf immer nur sschwarz-weiß. Nun ja, war das nicht früher mal die Farbkombination von Trikot und Hose? Fand ich immer ganz okay.

Ansonsten ist festzustellen, dass einige Mannschaften meine Erwartungen deutlich übertroffen haben (Georgien, Albanien, Österreich, ...), es gab kein Kanonenfutter unter den Teams und kein Team hat in allen 3 Spielen enttäuscht, mal abgesehen von den Engländern. Aber die werden gerade deshalb vielleicht Europameister, wer weiß?

Auffällig war die Abnahme der geschossenen Tore. Fielen am 1. Spieltag in 12 Begegnungen noch 34 Tore, so waren es am 2. Spieltag nur noch 27 Treffer und am 3. Spieltag im Sparprogramm gar nur 20, nicht mal 2 Tore pro Spiel. Hoffentlich hält dieser Trend nicht an.

 

Im Tippspiel konnte sich Imke oben mit 5 Punkten Vorsprung absetzen, nun verfolgt von David. Bis Platz 11 sind es schon 15 Punkte Abstand, das ist eine Menge. Ganz unten kommt Mette nicht vom Fleck - macht sie jetzt schon Jagd auf die Rote Laterne? Alles kann noch ordentlich durcheinander gewirbelt werden, wenn es im Achtelfinale Überraschungen gibt und prognostizierte Viertelfinalbegegnungen gar nicht zustande kommen (Ergebnis: 0 Punkte). Das kann noch für Spannung sorgen. Vergesst nicht, bis Samstagmittag Eure Tipps für Achtel- und Viertelfinale abzugeben!

 

Ich reihe mich heute in das deutsch-norwegische Team ein, das auf dem Internationalen Markt der Kieler Woche die Länder auf ihre Achtelfinaltauglichkeit testet. Prost!

 

Robert


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EM-Kommentar vom 26. Juni 2024

Liebe Tippgemeinde,

 

ein weiterer Spieltag mit Parallelspielen und langsam bekomme ich eckige Augen... Immerhin belohnte uns das Spiel Niederlande-Österreich mit 5 Toren und einem spannenden Spielverlauf. Wer also RTL/Magenta auf den großen Schirm gelegt hatte, musste zwar das quasi pausenlose Gelaber von Wolf Fuss und Loddar Maddäaus ertragen (wirklich schlimm!), sah aber nimmermüde Österreicher, die sich richtig reinhängten und den eher auf spielerische Akzente setzenden Holländern echte Probleme bereiteten. Immer wieder verzweifelten die Techniker in Oranje an der von Trainer Rangnick gut eingestellten Defensive der Alpenkicker. Und die österreichischen Angreifer blieben stets gefährlich. Drei Tore muss man erst mal schießen! Am Ende stand ein ganz gewiss nicht unverdienter Sieg gegen offensichtlich konsternierte Niederländer, die sich jetzt im Achtelfinale vermutlich mit einer deutlich stärkeren Mannschaft auseinandersetzen müssen. Es sei denn... - aber dazu später mehr. Im deutlich müderen Parallelkick mühten sich Zorro Mbappé und seine Kollegen gegen eine vielbeinige polnische Abwehr. So richtig überzeugend war es wieder nicht, was der Ex-Weltmeister da in der Offensive präsentierte, erneut viel Verwaltungsfußball, ab und zu mal ein kluger Ball in die Offensive. Dann gab es auch Torchancen, aber die wurden nicht genutzt oder vom guten polnischen Keeper vereitelt. So musste ein Elfmeter herhalten für die französische Führung. Ist das französische Spielsystem entzaubert oder hat es nie eines gegeben und Asterix auf der Trainerbank hat schon immer nur auf seine schnellen Leute und einen (früher) treffsicheren Giroud gesetzt? Egal, les Bleus wurden durch einen Elfmeter für die Polen bestraft, den Lewandowski erst in der Wiederholung des Strafstoßes versenkte. Ich bin mir nicht sicher, vielleicht nutzt er ja mit seiner doppelten Verzögerung die neue Regel bei der Elfer-Ausführung nur clever aus, aber irgendwie gefällt mir das nicht. Lewandowski stoppte beim Anlauf gleich 2x komplett ab und konnte sich sicher sein, dass der gegnerische Torwart beim 2. Stopp schon in der Vorwärtsbewegung sein würde. Dann ist der Ball entweder drin (gut für den Schützen!) oder der Elfer wird wiederholt (auch gut für den Schützen!). Ich möchte, dass der Schütze wieder in einer fließenden Bewegung zum Ball laufen muss, ohne Kinkerlitzchen. Punkt.

 

Abends gab es dann zwei Nullnummern in zwei mittelmäßigen Spielen, vorgeführt von vier mittelmäßigen Mannschaften. Mehr ist dazu eigentlich nicht zu sagen. Für alles Weitere möge man sich noch einmal Christoph Kramers Kommentare nach dem Spiel zur englischen Mannschaft und ihrem Trainer anhören ("... keinen Plan im Kopf..., da passierte gar nix..., keine Systemanpassung..., kein In-game Coaching..., das ist echt nicht gut..."). Sehr schön auch der Kommentar im kicker, der HIER nachzulesen ist. Und, wie versprochen, noch ein letztes Wort zu England: Es wäre ihnen zu gönnen, im Achtelfinale auf die Niederlande zu treffen, das könnte richtig lustig werden!

 

Heute abend nun also die letzten Spiele der Vorrunde, mit der an verschiedenster Stelle beklagten Möglichkeit zur abgesprochenen oder nicht abgesprochenen Manipulation. Meine Meinung: Jedes Team aus den Gruppen A-D hatte vorher die Möglichkeit, aus eigener Kraft das Achtelfinale klar zu machen. Und außerdem hat ein später Turniereinstieg den Nachteil kürzerer Regenerationszeiten. Viel Gejammer um nix also...

 

Im Tippspiel hat sich in der Tabelle wenig getan, ähnlich wie auf dem Feld in 3 der 4 Spiele gestern. Denkt bitte daran, dass Ihr etwa ab Mitternacht die Tippscheine für das Achtel- und(!) Viertelfinale runterladen könnt, rechts oben unter Teilnahmeformulare. Abgabefrist ist Samstag 29.06.2024 um 14:00h MESZ.

 

Ich freue mich dann auch auf zwei spielfreie Tage am Donnerstag und Freitag, die Kieler Woche, Besuch aus Norwegen, einen Hebbelkick am Freitag und etwas Ruhe. Guckt alle mal nach, ob Eure Partner*innen noch da sind oder womöglich schon ausgezogen, und Ihr habt es wegen so viel Fußball gar nicht bemerkt!

 

Robert


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EM-Kommentar vom 25. Juni 2024

Liebe Tippgemeinde,

 

auch gestern abend gab es nur Spiele um 21 Uhr - da habe ich also nichts versäumt, während ich auf der inzwischen knochenharten Hebbelwiese bei allerschönstem Sommerwetter mit gut 20 Hebbelkickern den Ball rollen ließ. Blauer Himmel und ein wenig Wind  -  perfektes Fußball- und Kieler Woche-Wetter! Nach dem Duschen dann also das Finale in Gruppe B um den Achtelfinaleinzug: Italien - Kroatien. Und parallel auf dem Laptop im Schweizer TV noch Albanien-Spanien. Letzteres begann mit dem Spielstand von 0:1, so zumindest die Anzeige links oben auf dem Bildschirm. Haben die Spanier bei der UEFA jetzt schon einen Startbonus? Es dauerte einige Minuten, bis die Penner in der Sendezentrale ihren Fehler bemerkt und korrigiert hatten. Bis dahin kontrollierte das spanische B-Team das Spiel, wirbelte auch mal in der albanischen Abwehr herum, aber ohne die Zielstrebigkeit des ersten spanischen Spiels. Man fühlte sich an den Kick gegen Italien erinnert, auch da war fehlende Effizienz im Abschluss ein Manko im spanischen Spiel. Die Albaner, sichtlich stolz auf ihre Teilnahme bei der Euro und angetrieben von vielen Heimat- und Exil-Albaner*innen, bemühten sich redlich, die Spanier aufzuhalten, konnten dann aber das schön herausgespielte 0:1 nicht verhindern. Auch danach gaben sie nie auf und kamen zum Ende des Spiels sogar noch zu richtig guten Torchancen. Aber es reichte halt nicht gegen clevere Spanier, deren zweiter Anzug nicht ganz so gut sitzt wie der erste, die aber jeden schwächer besetzten Gegner kontrollieren können. Am Ende stand ein 0:1 der nicht so richtig aufregenden Sorte.

 

Im Parallelspiel, live im ZDF, war mehr Spannung drin. Obwohl sie ja unbedingt gewinnen mussten, spielten die Kroaten bis in die 2. Halbzeit hinein zu umständlich, um die Azzuri-Abwehr mal in Verlegenheit bringen zu können, mal abgesehen von einem schönen Schuss von Sucic gleich nach 5 Minuten, bei dem sich Donnarumma tatsächlich strecken musste. Die Italiener spielten danach die deutlich besseren Torchancen heraus, den Kopfball nach einer halben Stunde hätte Füllkrug vermutlich versenkt. Insgesamt war das Spiel aber auf überschaubarem Niveau, die Highlights konnte man an einer Hand abzählen. Das änderte sich in der 2. Hälfte. Donnarumma konnte zwar den von Modric gar nicht so schlecht geschossenen Handelfmeter noch unten aus dem Eck fischen, war aber eine halbe Minute später machtlos, als der fast 39-jährige Kroaten-Oldie den Ball aus kurzer Distanz unter die Latte nagelte. Jetzt war Italien gefragt, wechselte zusätzliche Offensivkräfte ein, was aber seltsam wenig bewirkte. Italien hatte die Spielkontrolle, aber gute Chancen zum Ausgleich waren Mangelware. Im Gegenteil, zum Ende hin waren wieder die Kroaten am Drücker, ebenfalls mit frischen Kräften. Auch in der Nachspielzeit änderte sich nicht viel und ich machte mich mit dem Gedanken vertraut, dass es das wohl war mit 4 Punkten für mich und die Azzuri in der Tabelle. Aber der EM-Titelverteidiger gab eben nie auf. Und in der letzten Minute der laaangen Nachspielzeit von 8 Minuten kam der Ball dann doch noch mal links in den Strafraum zum freistehenden Zaccagni und der schlenzte die Kugel wunderschön rechts oben ins lange Eck. Ganz Italien jubelte, Modric saß traurig auf der Bank und ich holte den Grappa raus.

 

Im Tippspiel gab es den Führungswechsel, der sich schon in den letzten Tagen angedeutet hatte. Davids Vorsprung war immer weiter geschmolzen und nun ist er auf Platz 3 zurückgefallen, während sich Imke ganz nach vorn schob. Es bleibt also spannend, heute werden in 4 Spielen wieder jede Menge Punkte verteilt. Unten in der Tabelle sollten sich einige aber mal Gedanken über ihre Prognosefähigkeiten machen. ChatGPT liegt nur auf Platz 67, aber manche von uns liegen noch gute 10 Punkte schlechter. Da geht hoffentlich noch was.

 

Viel Spaß heute, vor dem Fernseher, auf der Kieler Woche oder wo auch immer!

Robert

 


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EM-Kommentar vom 24. Juni 2024

Liebe Tippgemeinde,

 

das zweite EM-Wochenende liegt hinter uns und die Gruppen treten in ihre finale Phase. Am Freitagnachmittag bissen sich die Ukrainer in das Spiel gegen die Slowaken nach frühem Rückstand richtig rein, es wurde ein echtes Kampfspiel, und nach dem Ausgleich drängten die Gelbblauen weiter auf den Sieg. Der benötigte Treffer fiel dann auch noch, durch das technisch womöglich bisher anspruchsvollste Tor dieser EM. Yaremchuk nahm einen lang und hoch in den Strafraum geschlagenen Ball unter Bedrängnis durch einen Gegenspieler in der Luft mit der rechten Fußspitze an und drückte ihn dann am herausstürzenden Torwart vorbei mit der Sohle ins Tor. Wer mal selber gekickt hat, egal auf welchem Niveau, der/die weiß, wie schwierig das war. Wer es nicht selbst gesehen hat, sollte bei YouTube noch mal nachschauen. Am Ende freuten sich eine ganzes Land und sicher viele Sympathisant*innen auf der ganzen Welt über den ukrainischen Sieg, der dem gebeutelten Land mal Ablenkung und fröhliche Gedanken verschaffte. Noch ist alles drin, aber für das Achtelfinale ist wohl ein Sieg gegen Belgien notwendig.

 

Am frühen Abend verbesserten die Österreicher ihre Chancen für's Weiterkommen deutlich, und Polen droht, wie so oft bei internationalen Turnieren, ein frühes Aus. Ich habe nur einige Ausschnitte gesehen, denn selber Kicken geht vor. Unverdient war der Sieg wohl nicht, und wenn sogar Astronautovic ein Tor schießen darf, hat die Ösi-Boulevardpresse richtig was zu schreiben.

 

Am Freitagabend dann der vermeintliche Knaller Niederlande-Frankreich. Nun ja, ein echter Rohrkrepierer war's nicht, aber das erhoffte Offensivfeuerwerk fand auch nicht statt. Beide Mannschaften zündeten ein paar Raketen, gleich zu Beginn die Holländer, später meist die Franzosen. Doch zwischendurch gab es Langweilerphasen, wie wir sie bisher noch in keinem Gruppenspiel bei dieser EM gesehen hatten. Ballgeschiebe in der eigenen Hälfte, 10-15x hin und her, ohne dass die gegnerischen Offensivspieler überhaupt mal in die Nähe eines Ballführenden kamen. Wenn das ein Zeichen von Weltklasse ist, kann mein FC Schalke 04 ganz oben mithalten. Niemand wollte am Freitagabend riskieren, durch hohes Pressing eine Lücke im eigenen Mittelfeld anzubieten, das war phasenweise wirklich zum Gähnen. Selbstverständlich gab es vereinzelte technische Highlights, eine Torchance von Griezmann, die ich nicht besser hätte verstolpern können, einige sogenannte Torschüsse (von denen ein paar tatsächlich aufs gegnerische Torgingen), und schließlich noch ein Tor für die Holländer, bei dem ein Oranje-Spieler aus dem Abseits kam und dem Torwart beim Sprung zum Ball im Weg stand. Das war es dann aber auch. Die erste Nullnummer dieser EM, und mehr als einen Punkt hatten beide Teams auch nicht verdient.

 

Am Samstagnachmittag dann Georgien-Tschechien. Ich muss zugeben, dass meine Sympathien hier beim Underdog waren. Und mag auch die Torschussbilanz (kicker) von 20:4 für die Tschechen sprechen, so empfand ich den Kick doch als nicht so unausgeglichen wie diese Statistik es suggeriert. Die georgische Torwart fischte einen schwierigen Ball nach dem anderen raus und die Spitzen der Kaukasier blieben stets gefährlich. Am Ende ein Unentschieden der besseren Sorte, getrübt durch die Verletzung von Patrik Schick, die den Tschechen jetzt ordentlich Sorgen bereitet.

 

Am Abend liefen dann zwei Spiele, die mal wieder einen deutlichen Ausgang nahmen. Die Türken mühten sich redlich um offensive Aktionen gegen wirklich starke Portugiesen, waren aber im Grunde ebenso chancenlos wie ihr Keeper beim 0:2. Schon in der Franz Beckenbauer-Fußballschule lernt man als Verteidiger: Spiele niemals den Ball direkt in Richtung Tor zurück zum Torwart, sondern immer neben das Tor. Tja, damit war die Sache gelaufen und die beeindruckende türkische Kulisse im Stadion der Stadt in der Nähe von Lüdenscheid wurde leiser und leiser. Alles halb so schlimm, ein Punkt gegen die Tschechen reicht wohl für die nächste Runde. Es ist kaum zu erwarten, dass die bockstarken Portugiesen gegen Georgien hoch verlieren. Der Auftritt von Ronaldo & Co. gegen die Türken war tatsächlich eine spielerische und technische Demonstration. Da spielte einer der Turnierfavoriten.

 

Ab späten Abend waren die Belgier gegen Rumänien auf Wiedergutmachungstour für ihr verdödeltes Spiel gegen die Slowakei. Die Bemühungen waren erfolgreich, der Sieg hätte auch höher ausfallen können. Aber die Muränen zeigten, wieso sie 3:0 gegen die Ukraine gewonnen hatten, es gab immer mal schnelle Konter und gute Schüsse aufs Tor von Casteels. Aber 2:0 für Belgien ging schon in Ordnung.

 

Gestern abend dann der große Auftritt, die Zuschauer*innen in der gefüllten Arena waren bereit für ein tolles Erlebnis. Tatsächlich zeigten die Männer in Rot alles, was sie drauf haben. Mal ging es flott ab, mal eher verhalten, aber alle waren mit Spaß bei der Sache. Ihr ahnt es, hier ist nicht die Rede von Fußball. Auf der Kieler Woche spielte gestern abend Götz Alsmann mit seiner Band in der Krusenkoppel-Arena und da meine Liebste mir schon zu Weihnachten 2 Eintrittskarten geschenkt hatte, war der Ablauf des Abends klar. Ich habe bisher keine Sekunde von den beiden parallel laufenden Spielen gesehen, doch ganz ging die Kickerei nicht an uns vorbei. Götz war gerade in seiner Abmoderation des Musikprogramms, als lauter Jubel von der nahen Spiellinie herüberschallte und er messerscharf und grinsend schloss, dass da "...irgendwo wohl doch noch der Ausgleich gefallen ist...". Offenbar war er über die Führung der Schweizer sehr wohl informiert :-)

 

Im Tippspiel ist die Verfolgergruppe David richtig auf die Pelle gerückt, das war punktetechnisch nicht so wirklich sein Wochenende. Die Abstände sind wieder klein und es blibt spannend, ähnlich wie heute in der 3 Runde von Gruppe B.

 

Viel Spaß dabei wünscht

Robert

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Ganz persönliche Kanalgedanken
zu den Gegnern der deutschen Nationalmannschaft bei der EURO 2024


von Bernd Christoph

Folge3: Schweiz

(Vorrundenspiel am 23. Juni 2024 in Frankfurt)

Folgende zehn Dinge assoziiere ich spontan mit der Schweiz: Matterhorn, Genfer See, Wilhelm Tell, Emil Steinberger, Alphorn, Jura (Kaffeemaschine), Victorinox (Taschenmesser), Emmentaler, Kambly (Kekse) und Rivella (Erfrischungsgetränk). 

Die Schweiz ist schön, die Schweizer sind neutral und das viele Geld ist dort sicher verwahrt. Das sind die gängigen Urteile oder Vorurteile über die bergige Eidgenossenschaft. Unsere Familie hat Land und Leute über viele Jahre hinweg wiederholt besuchen dürfen. Wir haben uns dort immer wohlgefühlt und sehr gute Freunde gefunden. Diese haben wir übrigens ganz wo anders kennen gelernt, und zwar 2001 im Sommerurlaub auf der schwedischen Insel Tjörn. Sohn und Tochter spielten damals am Strand und tollten irgendwann mit drei anderen uns nicht bekannten Kindern, zwei Mädchen und ein Junge, im Wasser herum. Offensichtlich harmonierten die fünf gut miteinander, denn sie waren schnell in Gespräche vertieft. Wir wunderten uns etwas, denn unsere beiden sprachen damals weder englisch noch schwedisch und deutsche Urlauber waren in dieser Gegend eher selten anzutreffen. Auf meine Frage hin, wo denn die anderen drei Kinder wohl herkommen würden, antwortete unser Sohn: „Es sind Deutsche, aber man kann sie nicht verstehen.“ Später erfuhren wir von unseren Schweizer Freunden, dass sie ihre Kinder auf ganz ähnliche Weise befragt hatten und folgenden Satz als Antwort erhielten: „Es sind Dütschi, aber sie sind trotzdem ganz nett.“ Das war der Beginn einer Familienfreundschaft, die jetzt schon mehr als zwanzig Jahre andauert. Unsere Freunde wohnen im wunderschönen Emmental, erst in Oberfrittenbach und später dann in Unterfrittenbach. Von dort kann man in der Ferne bei guter Sicht die Berner Alpen mit dem unglaublichen Bergpanorama von Eiger, Mönch und Jungfrau sehen.  Vor allem sind unsere Freunde aber leidenschaftliche Anhänger des FC Basel. Schon bei unserem ersten Besuch durften wir sie in den St. Jacob-Park, also ins heimische „Joggeli“ begleiten und lernten später auch das neue Wankdorf-Stadion in Bern kennen, das jetzt nach dem Neubau „Stade de Suisse“ heißt. Auch das legendäre „Hotel Bélvedère“ in Spiez, wo einst 1954 unsere „Helden von Bern“ Quartier bezogen hatten und angeblich erfolgreich von einem dort weilenden ominösen Geist heimgesucht wurden, durften wir erkunden. Wir haben dann im Laufe der Jahre so einige Fußballspiele gesehen, die zwei folgenden sind mir in besonderer Erinnerung geblieben.

Das erste Spiel ereignete sich am 18. März 2003. Der FC Basel ist amtierender Schweizer Meister und spielt damals als krasser Außenseiter eine grandiose Saison in der Champions League. In der Vorrunde belegt man in einer schweren Gruppe mit dem FC Liverpool, FC Valencia und Spartak Moskau aufgrund eines nicht für möglich gehaltenen 3:3 im letzten Gruppenspiel an der Anfield Road überraschend den zweiten Platz und zieht damit in die Zwischenrunde ein. Dort warten als Gegner weitere Großkaliber des internationalen Fußballs, und zwar Manchester United, Juventus Turin und Deportivo La Coruna. Die ersten beiden der Gruppe qualifizieren sich direkt fürs Viertelfinale. Basel gewinnt überraschend gegen La Coruna und holt auswärts bei ManUnited geradezu sensationell einen Punkt. Die Konstellation vor dem letzten Spieltag sieht dann so aus, dass der FCB es sogar noch aus eigener Kraft als Gruppenzweiter in die K.-o.-Runde schaffen kann. Die Aufgabe scheint aber kaum lösbar, denn Voraussetzung ist nicht nur ein Sieg gegen die Alte Dame aus Turin, sondern sogar ein hoher, da man das Hinspiel mit 0:4 verloren hatte. Zudem stehen im Kader von Juve absolute Weltklasseleute wie Gianluigi Buffon, Lilian Thuram, Edgar Davids, Alessandro del Piero oder Pavel Nedved, was die Aufgabe auch nicht gerade leichter macht. Trainer der Schweizer ist damals übrigens Christian Gross, der später auch in der Bundesliga beim VfB Stuttgart und bei Schalke 04 tätig ist. Dieser räumt vor dem Spiel mit Blick auf die eigenen Chancen aufs Weiterkommen eher nüchtern ein, dass „etwas viel stimmen muss.“

Die Stimmung im Joggeli ist grundsätzlich immer großartig, an diesem kühlen Abend im März ist sie es aber ganz besonders. Die 30.000 Rot-Blauen im ausverkauften Stadion, vor allem die ganz eingefleischten in der Muttenzer Kurve machen einen infernalischen Krach. Man feiert die Mannschaft, die in dieser Saison Tolles geleistet hat und hofft natürlich insgeheim auf eine Sensation. Aber die Italiener haben etwas dagegen. Schon nach zehn gespielten Minuten sticht Mittelfeldmotor Alessio Tacchinardi mit einem Gewaltschuss mitten ins Herz der Basler, sein Knaller fliegt völlig unerreichbar für Torwart Pascal Zuberbühler in den Winkel. Damit sind die Basler Träume ausgeträumt: Die mittlerweile erforderlichen sechs Tore würden auch einer Über-Mannschaft gegen eine der besten Defensiven der Welt nicht gelingen. Umso bitterer, dass der FCB in der Folge das Zepter in die Hand nimmt und Juve phasenweise an die Wand spielt. Das bleibt nicht ohne Folgen. In der 38. Minute gelingt Mario Cantaluppi das zweite Traumtor des Abends nach einer eher unkonventionellen Ballstafette durch den italienischen Strafraum. In der Folge vergeben die Basler zahlreiche Hochkaräter: Hakan Yakins Schlenzer wird von Gianluigi Buffon aus dem Winkel gekratzt, Rossi scheitert nach schöner Vorlage von Scott Chipperfield aus wenigen Metern kläglich und Christian Giménez trifft in der Schlussphase nur die Lattenunterkante. Immerhin findet die Partie für den FCB in der Nachspielzeit ein versöhnliches Ende: Giménez steht nach einem Eckball genau richtig und hämmert das Leder zum 2:1-Schlussstand in die Maschen. Ehre wem Ehre gebührt: Als erstes Schweizer Team besiegt der FCB den italienischen Serienmeister und schließt die Zwischenrunde punktgleich mit Juventus und La Coruna als Gruppendritter ab. Übrigens schaffte es Juve nachfolgend bis ins Endspiel, unterlag dort aber im inneritalienischen Duell dem AC Mailand mit 2:3 im Elfmeterschießen.

Die zweite erinnerungswürdige Partie fand 11 Jahre später am 21. April 2014 statt. Es ist das Schweizer Pokalfinale im Stade de Suisse in Bern, das dort jetzt an Stelle des legendären Wankdorf-Stadions steht. Wir erleben hautnah mit, dass es auch im schweizerischen Fußball ganz und gar nicht gemütlich zugeht. Denn an diesem Tag treffen mit dem FC Basel und FC Zürich zwei alte Rivalen aufeinander, die Fanszene der Vereine ist tief verfeindet. Die FCZ-Anhänger haben vorab einen Fanmarsch angemeldet, der vom Berner Hauptbahnhof über den Münsterplatz bis zum Stadion führen soll. Die Route wurde von den Sicherheitsbehörden genehmigt und der Tross der Blau-Weißen wird von einer Hundertschaft der Polizei begleitet. Auf dem Bärenplatz entdecken dann einige Bekloppte unter ihnen in der Entfernung eine größere Gruppe FCB-Fans und durchbrechen plötzlich die Polizeikette. Mit einem Grossaufgebot inklusive Wasserwerfer, Tränengas und Gummischrot können die Einsatzkräfte ein Zusammentreffen der verfeindeten Fanlager gerade noch verhindern. Die Stimmung ist von da an allerdings komplett vergiftet, und die Auseinandersetzungen mit der Polizei setzen sich bis zum Eintreffen am Stadion munter fort. Nachfolgend werden diverse Schaufenster eingeschlagen und Geschäfte geplündert.

Von alldem haben wir bis dato überhaupt nichts mitbekommen. Erst als ich ein Erinnerungsfoto von der vor der Arena ausgestellten Originaluhr der Firma Longines aus dem alten Wankdorfstadion machen will, realisiere ich schräg hinter mir die unglaubliche Unruhe und ein beachtliches Polizeiaufgebot in voller Kampfmontur. Es kommt dann tatsächlich auch zu Handgreiflichkeiten. Auf dringende Empfehlung unserer Schweizer Freunde flüchten wir sicherheitshalber zwischenzeitlich in einen Imbissladen. Nicht weit davon entfernt nimmt die Polizei insgesamt 45 Personen in Gewahrsam. Irgendwann ist aber der Spuk vorbei und wir können endlich unsere Plätze im Stadion einnehmen.

Ach ja, Fußball wurde dann tatsächlich auch noch gespielt. Aber passend zu diesem wirklich in jeder Hinsicht trüben Aprilnachmittag sehen wir einen ziemlich nervösen und fahrigen Kick beider Teams. In der ersten Halbzeit neutralisieren sich der FC Zürich und der FC Basel weitgehend. Bis in der 66. Minute Basels Gastón Sauro eine äußerst umstrittene rote Karte wegen einer zweifelhaften Notbremse sieht, gibt es kaum echte Torchancen. Während der FC Zürich danach aufgrund der Überzahl den FC Basel weitgehend in die Defensive zurückdrängt, fahren die Basler dennoch einige gefährliche Konter. Das Spiel geht dann aber torlos in die Verlängerung, in der es dann in der 99. Minute zu einer weiteren diskussionswürdigen Szene kommt. Basels Giovanni Sio wird nämlich nach einer angeblichen Schwalbe im gegnerischen Strafraum vom Schiri mit einer gelb-roten Karte beglückt und damit ebenfalls des Platzes verwiesen. Es kommt dann so, wie es kommen musste: Im Gegenzug verwertet Mario Gavranović bei doppelter Überzahl eine Flanke von Jorge Teixeira zur Zürcher Führung. In der Folge sind die zu neunt agierenden Basler nicht mehr in der Lage zu reagieren. Das 2:0 in der 114. Minute erzielt nach einem schweren Patzer der jetzt überforderten Basler Hintermannschaft erneut Gavranović und avanciert letztlich zum Matchwinner. Mit dem Sieg konnte der FC Zürich übrigens auch das vierte Duell in Pokalendspielen gegen den FC Basel für sich entscheiden. Insgesamt war es der achte Titel bei neun Finalteilnahmen. Das nennt man denn wohl Effizienz. Uns bleibt anschließend nach einer herzlichen wie traurigen Verabschiedung von unseren Freunden nur die lange Fahrt nach Hause in den hohen Norden. Wir hätten diese gerne als Pokalsieger angetreten. Aber das Leben ist auch in der angeblich so gemütlichen Schweiz nun mal weder ein Wunschkonzert noch ein Ponyhof…

 Bernd Christoph



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EM-Kommentar vom 21. Juni 2024

Liebe Tippgemeinde,

nur 5 Tore in drei Spielen am 7. Spieltag, da denkt man an eine Kur mit trockenem Brot und Schonkost. Aber jedes Spiel war anders. Nachmittags gab es ein typisches Balkanduell: Beide Teams technisch gut, laufstark, körperlich robust, aber irgendwie fehlt das Besondere, der Spieler, der mal etwas Ungewöhnliches macht. Die Slowenen waren erst mal aktiver und hatten einige brauchbare Chancen, die Serben warteten ab und wurden erst nach der Pause stärker. Der Kick wäre dennoch womöglich 0:0 ausgegangen, aber der slowenische Verteidiger Karnicnik konnte in der 69. Minute vom eigenen Strafraum ungehindert auf der rechten Seite durch das halbe Feld laufen, nach links rüberspielen, weiter durchlaufen und dann die Flanke von links rechts im Strafraum ins Tor drücken. Das war keine Verteidigung von seinen Gegnern, das war ein Serbenhaufen. Nun mussten diese aber zurückschlagen und beherrschten die restliche Spielzeit. Der Ausgleich fiel erst in der 96.  Minute, also quasi in letzter Sekunde, und er war schlussendlich verdient. Aber jeweils ein Punkt für jedes Team, das nützt beiden nicht wirklich.

Am frühen Abend durften die Engländer gegen Dänemark ran. Die 1,5 Milliarden-Euro-Truppe hatte nach der enttäuschenden 2. Halbzeit gegen Albanien einiges gut zu machen und das gelang... nicht. Ein einziges Törchen durch Superstar Kane, und das nicht mal herausgespielt, sondern nach einer Flipperkugelsituation geistesgegenwärtig eingeschoben. Die Dänen konterten alsbald mit einem fantastischen Treffer aus 28 Meter Entfernung durch Hjulmand, erneut ein wunderschönes Weitschusstor! Wer nun erwartet hatte, dass die Engländer mit all ihren Stars aus der >100 Millionen-Euro-Liga auf das 2:1 gehen würden, um den vorzeitigen Einzug ins Achtelfinale und den Gruppensieg klar zu machen, wurde wiederum bitter enttäuscht. Hallo, was ist das denn für eine Gurkentruppe? Wo ist das erkennbare Spielsystem, wann werden die schnellen Leute mal mit tiefen Pässen eingesetzt? Letzteres gelang genau ein Mal, und auch erst mit einem Einwechselspieler. Das soll ein Turnierfavorit sein? Dann wird vielleicht eher Georgien Europameister, die wissen wenigstens, wo das gegnerische Tor steht! Der Zweite aus Gruppe C spielt im Achtelfinale vermutlich gegen Gastgeber Deutschland - wollen die Limies wirklich wieder ein Aus im Elfmeterschießen riskieren? Man guckt sich das Gegurke kopfschüttelnd an und mag es kaum glauben, was da geschieht. Die besseren Torchancen hatten in der 2. Hälfte sowieso die Dänen, die aber verständlicherweise kein zu hohes Risiko eingehen wollten. Am Ende also wieder ein 1:1 und die Erkenntnis, dass Southgate wohl die Zwillingsbrüder seiner vermeintlichen Stars mitgenommen hat, während die Millionäre irgendwo in der Karibik urlauben.

Am späteren Abend dann ein echtes Sahnestück von Spielpaarung: Spanien gegen Italien. Wohl niemand hätte gedacht, das dies eine so einseitige Sache wird. Die Spanier übernahmen von Beginn an das Kommando, drängten die Italiener hinten rein und setzten sie dermaßen unter Druck, wie ich es in einem Spiel gegen Italien wohl noch nie gesehen habe (und ich gucke schon laaaaange Fußball im TV!). Am Ende hatte der kicker 20:4 Torschüsse gezählt. Das ist nicht völlig korrekt, denn es gab noch einen weiteren, den ersten Torschuss der Italiener überhaupt in diesem Spiel..., aber leider in den eigenen Kasten... Trotz drückender Überlegenheit schafften es die Spanier also nicht, aus eigener Kraft den Ball im Netz der Italiener unterzubringen - der quasi einzige Makel, den man ihrem Spielsystem ankreiden muss. Zugegeben, da stand ihnen nicht irgendeine Abwehr gegenüber, sondern defensiv gut geschulte Italiener. Jeden anderen Gegner... - nun ja, fast jeden anderen... - hätten die Spanier gestern wohl so abgeschossen wie die Kroaten im ersten Spiel. Die Fans der deutschen Nationalmannschaft powered by Gündogan & Kroos müssen hoffen, dass sich Nagelsmann und sein Stab etwas Passendes einfallen lassen, wenn es tatsächlich im Viertelfinale zum Duell Deutschland-Spanien kommen sollte. Ansonsten könnte Schluss mit lustig sein.

Im Tippspiel liegt weiterhin David mit 5 Punkten Vorsprung vorn. Es gab eine ganze Reihe von Nullnummern, denn England und Italien hatten viele von uns mehr zugetraut. Heute geht es weiter in Spielrunde 2, u.a. mit dem Knaller Niederlande-Frankreich. Ich werde am frühen Abend auf der Hebbelwiese selbst gegen den Ball treten und die Tippspieltabelle wird somit nach dem Spiel Polen-Österreich erst gegen 21.20 Uhr aktualisiert. Hebbelkick geht vor.

Viel Spaß am 2. EM-Wochenende wünscht
Robert

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EM-Kommentar vom 20. Juni 2024

Liebe Tippgemeinde,

wir sind in der 2. Runde, wer sich im ersten Spiel blamiert hat, muss jetzt Gas geben, und wer mit einem Sieg gestartet ist, will auf keinen Fall verlieren. Mit 4 Punkten schaffte man seit der Erweiterung auf 24 Teams immer das Achtelfinale, aber die muss man erst mal sichern. Entsprechend gingen die 6 angetretenen Teams am Mittwoch die Sache dann auch an und nicht immer sahen die vermeintlichen Favoriten dabei gut aus. Kroatien versuchte es in der 1. Halbzeit mit klassischem Verwaltungsfußball, der Ball wurde mehr nach vorn getragen als gespielt. Es war klar zu erkennen, dass in diesem Team einige verdiente Herren über den Zenit ihres Könnens deutlich hinaus sind, zumindest auf internationalem Niveau. Die Albaner stellten sich in den Weg, gingen kompromisslos dazwischen und fuhren ihrerseits schnelle Konter - ein Mittel, das den Kroaten weitgehend abging. Das frühe 1:0 in der 11. Minute gelang aber durch die konsistente Schläfrigkeit der Kroaten, die schon im Mittelfeld keinen Gegendruck aufbauten, dann von rechts unbedrängt eine Flanke an den 5er zuließen und schließlich Laci auch nicht am Kopfball hinderten. Eine Fehlerkette grandiosen Ausmaßes. Das wiederholte sich bei einem albanischen Konter nach einer halben Stunde. Diesmal kam der Stürmer frei zum Schuss, doch der kroatische Torwart reagierte großartig. Die dritte Großchance folgte kurz vor der Halbzeit, in der die Kroaten schon 0:3 hätten zurückliegen können, ohne eigene Möglichkeiten ähnlicher Kategorie. Das änderte sich nach der Pause, Modric & Co machten Druck, kombinierten schneller und präziser und kamen zu vielen guten Chancen. Nur konsequent war dann der Doppelschlag eine Viertelstunde vor Schluss, wobei Klaus Gjasula mit einem Eigentor zum 2:1 für Kroation allerdings unfreiwillig assistierte. Appropos assistieren: Der Mann erhielt seinen Vornamen nach Klaus-Jürgen Wussow, dem Professor Brinkmann aus der Schwarzwaldklinik. Die Jüngeren unter uns mögen das mal bei YouTube suchen, das ist 80er-Jahre TV at its worst. Als fast alle mit 3 Punkten für Kroatien und 2-4 Punkten im Tippspiel gerechnet hatten, übernahm der Professor Gjasula aber noch mal selbst die Chefrolle bei der Notoperation am albanischen Herzen und erzielte in der 96. Minute den nicht unverdienten Ausgleich. Und alle Kroaten waren extrem genervt.

Am frühen Abend dann Deutschland-Ungarn, die Neuauflage des WM-Finales von 1954. Wer von uns war da schon geboren? Ich meine den 4. Juli 1954, nicht den gestrigen Abend... - ha ha ha. Einen kenne ich (RS - nein, das bin nicht ich selbst, ich entstamme ja dem Meisterjahrgang...), aber haben wir noch mehr? Ich bitte um Rückmeldung! Den jungen Herren auf dem Spielfeld war das sowieso egal, das deutsche Team ließ erst mal seinen Keeper Neuer zeigen, was der alte Mann noch kann, übernahm dann die Kontrolle und geriet auch nie ernsthaft in Gefahr, diese wieder zu verlieren. Ich spare mir lange Erzählungen, Ihr habt es sicher alle gesehen. Ein verdienter, überzeugender 2:0-Sieg, solide Arbeit, keiner hat enttäuscht, alle dürften an Selbstvertrauen gewonnen haben, aber übermäßige Euphorie kommt auch nicht auf. Weiterarbeiten! Die deutsche Mannschaft ist nun bereits im Achtelfinale, das Schicksal der meisten letzten Turniere ist abgewendet. Und die Ungarn? Ich hatte ihnen vor dem Turnier mehr zugetraut. Am Ende bleibt womöglich nur Stürmer Martin Ádám in Erinnerung, ein Mann mit der Figur eines Defenders im American Football und mit einem beeindruckend kräftigen roten Bartwuchs gesegnet. Wow!

Am späteren Abend teilten sich dann die Schweizer und die Schotten jeweils nur einen Punkt zu, ganz neutral und sparsam. Fußballerisch war das bisher wohl das schwächste Spiel dieser EM. Den Schottländern fehlte die spielerische Klasse und die Schweizer hatten offensichtlich Probleme mit dem robusten Auftritt des Gegners. Aber der unermüdliche Einsatz der Schotten, ihre großartigen Fans auf den Tribünen und das wunderschöne Tor zum 1:1 durch Shaqiri nach allerdings katastrophalem Fehlpass der Schotten direkt vor dem Strafraum, all dies ließ uns dann doch nicht komplett enttäuscht von diesem Spiel ins Bett fallen. Die Fans von der Insel fluteten dagegen nach dem ersten Punktgewinn bei dieser EM die Kölner Innenstadt und spülten die Kehlen durch. Spätestens gegen 3 Uhr in der Früh waren dann alle Schotten dicht.

Beim Tippspiel lief die Punktevergabe recht wechselhaft. Nur 5 von uns hatten den Albanern ein Unentschieden gegen die Kroaten zugetraut, dafür wurden dann beim Deutschland-Spiel ordentlich Punkte verteilt - natürlich nicht an die teilnehmenden 3 holländischen bzw. belgischen Kollegen, die dem deutschen Team nichts zutrauten. Tja, so läuft es dann... Muss ich jetzt Mitleid mit John und Nicolas am Tabellenende haben? Ach... - nööö! David konnte 2x 4 Punkte einsammeln und führt jetzt mit 5 Punkten vor Platz 2 und 8 Punkten vor Platz 3. Wenn das so weitergeht, sieht es nach einer EM-Titelverteidigung im Tippspiel aus, das gab es zuletzt 1992/1996...

Heute geht es spannend weiter, u.a. mit dem Knaller Spanien-Italien am späten Abend. Ich wünsche uns aufregende Spiele!
Robert

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Kanalpolemik zur EURO vom 19. Juni 2024

Welche Person ist für einen Profi-Fußballer offensichtlich ganz besonders wichtig? Der Trainer? Völlig falsch! Die Spielerfrau? Eiskalt! Der Tätowierer? Wird schon etwas heißer! Nein, es ist der Friseur, wahlweise auch Barbier oder Coiffeur genannt. Das haben wir kürzlich bei der Pressekonferenz von Emre Can erfahren müssen. Er vertraut, wie andere DFB-Mitspieler auch, seine Haar- und Barttracht exklusiv nur Promi-Schnippler Mustafa „Musti“ Mostafa (der heißt tatsächlich so – ich nenne ihn der Einfachheit halber aber „MuMa“) aus Essen an. Dieser hat nach eigenen Angaben sogar schon mal Cristiano Ronaldo beschnitten (es blieb bei diesem einen Eingriff).

So mancher wunderte sich jedenfalls über folgende Aussage des nachnominierten BVB-Kapitäns: „Ich verstehe gar nicht immer die Diskussion um den Friseur. Ich glaube, jeder Mensch geht zum Friseur und heutzutage muss man bei den Haarschnitten fast jede Woche zum Friseur gehen, oder alle paar Tage. Bei mir zum Beispiel persönlich, bei meinem Haarwuchs, sieht das sehr, sehr schnell unsauber aus." Und dieser unschöne optische Zustand würde dann vermutlich direkt auf dessen Passqualität durchschlagen. In Expertenkreisen spricht man in diesem Zusammenhang von unsauberen Pässen. Und die von „Loddar“ so hochgeschätzten Draumbässe sind dann aller Wahrscheinlichkeit nach überhaupt nicht mehr möglich. Das geht natürlich gar nicht, obwohl der Can, auf der Reservebank lümmelnd, ohnehin nicht viel kaputt machen könnte. Das Problem ist aber, dass seine Kollegen genauso gestrickt bzw. frisiert sind. Und dann könnte es wirklich haarig werden. Aber Neuendorf und Völler haben zum Glück rechtzeitig reagiert und „MuMa“ zum offiziellen DFB-Friseur ernannt. Jetzt wird alle fünf bis sechs Tage fleißig herumgeschnippelt und es kann im Prinzip nichts mehr schief gehen – zumindest frisurentechnisch.

Rein statistisch gesehen bedeutet das übrigens, dass ein Spitzen-Kicker den „MuMa“ rund sechzig Mal pro Jahr an sich ranlässt. Bei geschätzten hundertfuffzig Euro pro Haarschnitt macht das neuntausend Tacken. Bei konservativ angenommenen fünfzig Kicker-Stammkunden erzielt „MuMa“ alleine damit schon vierhundertfuffzigtausend Mäuse Umsatz. Das Hauptgeschäft macht das clevere Kerlchen, wahlweise in seinem Salon im Palmbuschweg oder ambulant tätig, aber so ganz nebenbei zwischen Haarwäsche und Trockenhaube mit gebührenpflichtigen Tipps für Geldanlage, Immobilien, Partnervermittlungen sowie Auto- und Uhrenkauf. Bisweilen lässt er sich auch bergeweise Fußbälle und Trikots signieren und vertickert diese dann zu Höchstpreisen bei Ebay. Das klappt alles wunderbar, denn die Kunden können ja während der Behandlung nicht von ihrem Friseursessel springen und weglaufen. Ich kann mich übrigens des Eindrucks nicht erwehren, dass die seit einiger Zeit grassierenden Heinrich-Himmler-Gedächtnisfrisuren ursächlich das Ergebnis erfolgreicher Lobby-Arbeit des Innungsverbands der Friseure sind. Denn im Fall von Revoluzzermatte á la Ewald Lienen oder Vokuhila wie weiland Pierre Littbarski siehst du deine kickenden Kunden maximal zweimal im Jahr. Aber diese geschäftsschädigenden Praktiken gehören zum Glück der Vergangenheit an. Den Namen meines Friseurs gebe ich übrigens nicht preis. Nennen wir ihn einfach mal den Dschihadisten meines Vertrauens. Bei ihm scheint die neue Mode noch nicht so ganz angekommen zu sein, denn er fragte mich neulich allen Ernstes: „Wer ist eigentlich dieser komische Heinrich Himmler?

Bernd Christoph

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EM-Kommentar vom 19. Juni 2024

Liebe Tippgemeinde,

gestern nachmittag war Zeit, im Kühlschrank den Getränkevorrat aufzufüllen, denn der Ball rollte erst ab 18 Uhr. Manch einer mag sich gedacht haben: Türkei gegen Georgien..., na, das wird wohl der erste Gurkenkick dieser EM..., so ein Spiel kann man auch mal sausen lassen... Klar, konnte man machen. Aber wer das tat, hat das bisher aufregendste Spiel des Turniers verpasst. Da ging es in beiden Halbzeiten quasi nur hin und her, in höchstem Tempo, fast ohne Pause. Die Türkei wurde ständig vom fanatischen türkischen Publikum nach vorn gepeitscht, aber die Georgier konterten gefährlich, kombinierten sich gut nach vorn und erarbeiteten sich erstaunlich viele gute Möglichkeiten. Beide Teams versuchten es immer wieder mit Dribblings, blieben hängen, es ging in die andere Richtung, und wieder zurück... - egal, es wurde nie langweilig. Die Türken schossen ein Traumtor aus der zweiten Reihe zum 1:0, doch die Kaukasier schlugen zurück, das Spiel schien lange ausgeglichen. Dann das 2:1 durch ein erneutes Traumtor in den Winkel, die Georgier schienen am Ende der 2. Hälfte zunehmend platt, drückten dann aber in der Nachspielzeit doch noch mal, hatten einen Schuss knapp daneben und erzielten in der 95. Minute fast den erneuten Ausgleich, der nur verhindert wurde, weil sich ein Türke in der letzten Hundertstelsekunde direkt vor der Linie in den Schuss warf. Quasi im Anschluss fiel die Entscheidung durch einen Konter, der georgische Torwart war mit nach vorn gegangen, und Aktürkoglu konnte nach einem Lauf vom eigenen zum gegnerischen Strafraum den Ball ins leere Tor schieben. Am Ende eines heißen Spiels standen 36 Torschüsse zu Buche, so viele wie in bisher keinem anderen Spiel (zum Vergleich bei Deutschland-Schottland: 21). Ein Sieg für die Türken, der mindestens ein Tor zu hoch ausfiel. Der Gang zum Kühlschrank war anschließend Pflichtprogramm, ich musste mich erst mal runterkühlen.

Am späteren Abend dann Portugal-Tschechien, da waren eher Technik und Taktik zu erwarten als ein wildes Offensivspiel. Tatsächlich gab es vor allem in Halbzeit 1 mehr Spielkontrolle als wilde Angriffe. Insgesamt bemühten sich zumindest die Sportugiesen darum, den Ball schnell nach vorn zu tragen, es lief nicht mehr alles nur über den ewigen CR7, der Ballbesitz verteilte sich auf viele iberische Beine. Aber es fehlten immer das letzte bisschen Präzision, die wirklich perfekte Flanke, der gezielte Abschluss. Auch ein Ronaldo ist in die Jahre gekommen, er wirkte deutlich langsamer im Antritt und springt beim Kopfball auch nicht mehr einen halben Meter höher als sein Gegenspieler. Ja, das Alter, wer wüsste das besser die alte Garde der Hebbelkicker, die dennoch regelmäßig ihr Bestes gibt auf der großen Bühne des Sportlerlebens, im Laufduell an der Außenlinie, im Kopfballzweikampf, oder am zweiten Pfosten, wenn einer der jungen Sprinter den Ball vor dem Tor noch mal quer legt... Aber..., ach, ich merke es..., ich schweife ab..., es geht hier um die EM. Und es geht um den nächsten Mitfavoriten, der ins Stolpern kam, trotz einer Vielzahl bester eigener Möglichkeiten. Wie so oft ging auch diesmal der Underdog in Führung, durch einen schönen Weitschuss von der Strafraumgrenze, und die eigentlich inzwischen deutlich überlegenen Sportugiesen benötigten ein unglückliches Eigentor der Tschechen zum Ausgleich, bei dem der Torwart im Fallen den Ball dem eigenen Mitspieler aus kurzer Distanz an den Unterschenkel patschte. Dumm gelaufen, doch fast hätte es noch zumindest zu einem überraschenden Punktgewinn gereicht. Die Hoffnung darauf stirbt zuletzt, und sie tat es tatsächlich ganz kurz vor Schluss. Ein tschechischer Verteidiger legte im Knien den Ball für Conceicao jr. vor und der musste nur noch einschieben. Ein verdienter, jedoch am Ende glücklicher Sieg der überlegenen Sportugiesen, aber die Tschechen haben gezeigt, dass sie mit Willensstärke, Kampf und guter Technik mithalten können. Fürs Achtelfinale kann es gegen Georgien und die Türkei immer noch reichen.

Mit diesen beiden Spielen ist der 1. Spieltag der Vorrunde abgeschlossen. Was haben wir gelernt? Weitschüsse sind wieder in, bereits 11 mal schlug der Ball aus großer Distanz ein. Und es gab bisher keinen echten Langweiler, alles Spiele waren entweder wegen spielerischer Höhepunkte oder wegen der internen Dramatik bis zum Ende interessant. Mit Deutschland und Spanien haben zumindest zwei Teams über 90 Minuten überzeugt, während andere Favoriten sich phasenweise anfällig zeigten. Aber noch haben alle Teams zwei weitere Spiele und alle Chancen auf die nächste Runde. Bisher macht diese Europameisterschaft viel Spaß. Und wenn es jetzt draußen tatsächlich ein bisschen wärmer und sonniger wird, kann aus dem Frühherbstturnier wirklich noch ein Sommermärchen werden.

Im Tippspiel weigert sich David hartnäckig, seine Spitzenposition abzugeben: Wieder 6 Punkte, bisher schon 4x ein perfekter Ergebnistipp. Nahezu ebenbürtig ist Merle, die als Einzige erst eine Punkte-Nullnummer aufzuweisen hat. Dahinter sitzt ein breites Verfolgerfeld. Und unten sind jetzt alle immerhin zweistellig, das sieht nicht mehr ganz so kläglich aus wie vorher.

Viel Spaß heute am 2. Spieltag und bei der Wiederauflage des 54er-WM-Finales wünscht
Robert


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EM-Kommentar vom 18. Juni 2024

Liebe Tippgemeinde,

der 04. Spieltag der EM brachte gleich zwei blöde Überraschungen, zumindest für die meisten von uns. Und in allen drei Spielen des Tages war dämliche Schlamperei der Anfang vom Ende für die Verlierer. Nachmittags begann die Ukraine druckvoll gegen ein eher defensiv orientiertes Team aus Rumänien. Richtige Torchancen gab es aber nicht, allein Weitschüsse von außerhalb des Strafraums gingen in Richtung Tor der Muränen, doch wirklich gefährlich waren sie nicht. Und dann spielte der ukrainische Torwart Lunin, nur mäßig bedrängt vom gegnerischen Stürmer, einen Rückpass direkt in den Fuß eines Ukrainers am linken Strafraumeck, der legte quer in die Mitte und Stancu haute die Kugel mit Wucht, aber wunderschön angeschnitten links oben in den Winkel. Dieses Gegentor zerbröselte offenbar das Spielkonzept der Ukrainer, denn Chancen hatten danach fast nur noch die Balkankicker, besonders durch Weitschüsse. Kein Zufall also das 2:0 nach der Pause, wieder von außerhalb des 16ers. Auch in der Folge fiel den Ukrainern nichts mehr ein, sie kassierten sogar noch einen dritten Treffer, ausnahmsweise aus kurzer Distanz. Peinlicher Spruch des ARD-Kommentators Florian Naß zu diesem Tor in der Zusammenfassung: "Rumänien zerstört die Ukraine!" Urghs ... mal eben das Hirn abgeschaltet und das sonstige Weltgeschehen ausgeblendet? Nachgeschoben kam zum Glück noch "... auf dem Fußballplatz..." - Boah!, das war knapp! Merke: Militärsprech kommt im Fußball nie gut an! Zumindest war für beide Teams das Spiel ab der 55. Minute gelaufen. Und fast alle von uns nahmen ernüchtert zur Kenntnis, dass die Leistung der Ukrainer gegen Deutschland uns offenbar getäuscht hat.

Auch das erste Abendspiel verlief für fast alle von uns nicht so wie erwartet. Die hoch favoritisierten Belgier waren aber für die 0:1-Niederlage zu 99% selbst verantwortlich. Das Gegentor fiel auch hier durch elende Schlamperei in der eigenen Abwehr und anschließend wurden auch allerbeste Torchancen kläglich verdödelt. Ob allerdings vor dem vermeintlichen 1:1 kurz vor Schluss tatsächlich ein Handspiel von Openda vorlag... - hmmm... - die Fernsehbilder schienen mir da nicht eindeutig und dann sollte man eigentlich pro Stürmer entscheiden...  Gibt es nun erneut eine große Enttäuschung für die letzten Verbliebenen der belgischen Goldenen Generation, ähnlich wie bei der WM 2022? Die Gruppe erscheint eigentlich nicht allzu schwierig und noch können de Bruyne & Co. das Achtelfinale erreichen. Aber dazu müssen sie auch mal das Tor treffen!

Beim Spiel Österreich-Frankreich muss ich mich leider wiederholen: Auch hier war es ein schlampiges Abspiel in der eigenen Abwehr, das schlussendlich zur Niederlage führte. Diesmal traf es aber nicht den Favoriten, sondern die bedauernswerten Österreicher, die wegen des auf die Schlamperei folgenden Eigentores umso unglücklicher waren. Trotz großen Einsatzes der Alpenkicker war jedoch die Niederlage völlig verdient, denn den vielen großen Torchancen der Franzosen standen kaum eigene Tormöglichkeiten gegenüber. Frankreich war einfach eine Nummer zu groß für Rangnicks Truppe. Der Asterix auf der Bank der Froschfresser schien aber ebenfalls nicht völlig zufrieden, gerade wegen der mangelnden Chancenverwertung von Mbappé & Co. .Und die Österreicher? Bastian Schweinsteiger erkannte, hier fehle der Mannschaft "der absolute Führer". In Anbetracht der deutsch-österreichischen Historie ist das eine bemerkenswerte Erkenntnis, die ich hier nicht weiter diskutieren möchte.

Die Führung im Tippspiel hat weiterhin der EM-Titelverteidiger David. Nach fast 20% aller Spiele liegen schon 6 Punkte zwischen ihm und den gewinnfreien Plätzen. Im Grunde tat sich gestern aber nicht allzu viel. Nur 5 Tipper*innen hatten auf einen Sieg von Muränien gegen die Ukraine gesetzt und der Slowakei hatten nur Martin F. und Anna-Lena einen Sieg gegen Belgien zugetraut. Oder hatten die beiden einfach gewürfelt? So wurden zuerst nur wenige Punkte verteilt. Beim letzten Spiel blieben dann 17 Teilnehmende punktlos, alle anderen holten 2-4 Zähler, was aber die Tabelle nur wenig durchmischte. Heute gibt's mal einen spielfreien Nachmittag und abends wird der 1. Spieltag der Gruppenphase abgeschlossen.

Viel Spaß wünscht weiterhin
Robert

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Ganz persönliche Kanalgedanken
zu den Gegnern der deutschen Nationalmannschaft bei der EURO 2024


von Bernd Christoph

Folge2: Ungarn

(Vorrundenspiel am 19. Juni 2024 in Stuttgart)

Folgende zehn Dinge assoziiere ich spontan mit Ungarn: Puszta, Balaton, Budapest, Csársás, Franz Liszt, Béla Bartók, Rubik-Cube (Zauberwürfel), Gulasch, Paprika und Tokajer (Wein). 
Das Land unseres zweiten Gruppengegners durfte ich schon mehrfach besuchen. In besonderer Erinnerung geblieben ist mir die erste Reise im August 1981. Damals gehörte Ungarn noch zum Ostblock, auch wenn der so genannte „Gulasch-Kommunismus“ den dort lebenden Menschen ein paar mehr Freiheiten gestattete als ihren sozialistischen Schwestern und Brüdern in den Nachbarländern. Man sprach in diesem Zusammenhang auch gerne von der „fröhlichsten Baracke im kommunistischen Lager.“ Wir waren in jenem heißen Sommer zu viert als junge und reichlich unbedarfte Studenten mit unserem grünen VW-Bus der Modellreihe T2 unterwegs. Über Wien ging es nach dem Grenzübertritt zunächst zum Plattensee, wo wir am Nordufer in einem beschaulichen Örtchen mit dem klangvollen wie unaussprechlichen Namen Vonyarcvashegy auf dem dortigen Camping-Platz Station machten. Dort erlebten wir hautnah, wie sich Familien aus Ost- und Westdeutschland zum gemeinsamen Urlaub am Balaton verabredet hatten, vermutlich dauerhaft beäugt von fleißigen Stasi-Spitzeln in Badehose und Badeanzug. Es lag trotz bestem Wetter und Beachfeeling immer eine gewisse Spannung in der Luft. Eine gute Woche später nahmen wir in Budapest sogar Kontakt mit einem seinerzeit zur Flucht entschlossenen ungarischen Ehepaar auf, das mit ihren beiden Söhnen in einer der typischen Trabantenstädte in einem Hochhaus am Stadtrand lebte und bezogen dort zwischenzeitlich Quartier. Wir schmuggelten nachfolgend auf deren ausdrücklichen Wunsch hin sogar einige persönliche Dinge erfolgreich zur Zwischenaufbewahrung in den Westen. Es waren spannende Zeiten damals. Insgesamt haben wir die Menschen in diesem Land als überaus freundlich und hilfsbereit erlebt. Unschlagbar war aber das leckere und seinerzeit auch in den Restaurants mehr als günstige Essen. In Budapest wurden wir von unserer Gastgeberin schon morgens üppig mit warmen Speisen bekocht. Als ich mich nach der Reise zu Hause auf die Waage stellte, hatte ich mehr als fünf Kilo zugenommen.
Wenn jetzt einige völlig zu Recht fragen sollten, was das denn mit Fußball zu tun hat, dann kann ich nur ehrlich antworten: rein gar nichts! Zu meiner Verteidigung möchte ich aber anbringen, dass die Ungarn eindeutig selbst schuld sind. Was haben ihre Kicker denn in den Jahrzehnten nach 1954 zustande gebracht? Absolut nichts! Die beiden Olympiasiege ihrer Staatsamateure 1964 und 1968 lassen wir mal getrost stecken. Insofern habe ich auch kein schlechtes Gewissen, wenn ich nachfolgend die altbekannten ollen Kamellen heraushole. Die schmecken aber auch nach längerem Kauen immer noch ziemlich gut.

Der ungarische Fußball hat schon einmal richtige Glanzzeiten erlebt, auch wenn diese schon eine ganze Weile her sind. So richtig klar wurde mir das aber erst als Fünfzehnjähriger. Meine Patentante Gerda hatte mir, sowas war damals durchaus üblich, zum Geburtstag ein Jahresabo für den Bertelsmann-Buchclub geschenkt. Die dort offerierten Schmöker sagten mir aber nicht so recht zu. Aber ich entdeckte im angebotenen Sortiment eine Schallplatte mit dem spannenden Titel „Die letzten 25 Jahre“. Diese auf Vinyl gepresste Chronik enthielt Dokumente und Zitate aus Politik und Zeitgeschehen von 1949 bis 1974. Darin enthalten waren unter anderem die Signale des legendären sowjetischen Sputnik I (1957), die Stimme von Frankreichs Präsident Charles de Gaulle anlässlich seines Staatsbesuchs in Deutschland (1962), die berühmte Rede von John F. Kennedy in Berlin (1963), der Start der Saturn-V-Rakete und Neil Armstrong auf dem Mond (1969) oder Willy Brandts Worte zur Verleihung des Friedensnobelpreises (1971). Zwischen den Original-Aufnahmen waren diverse musikalische Highlights wie „Der Theodor im Fußballtor“ (Theo Lingen), „Harry Lime Theme“ (Anton Karas), „Sag mir, wo die Blumen sind“ (Marlene Dietrich), „Milord“ (Edith Piaf) oder „Merci Cherie“ (Udo Jürgens) eingestreut.

Mein absoluter Favorit auf der LP war aber das Endspiel der Fußball-Weltmeisterschaft 1954 bzw. Ausschnitte davon. Der Original-Kommentar von Herbert Zimmermann zog mich in seinen Bann. Ich habe keine Ahnung, wie oft ich mir diese Passagen angehört habe. Natürlich kennt jeder die Stimme und die Zitate des Sportjournalisten aus dem Rheinland. Die Radioreportage beginnt ruhig und eher besinnlich: „Deutschland im Endspiel der Fußballweltmeisterschaft – das ist eine Riesensensation – das ist ein echtes Fußballwunder“. Zwischenzeitlich bleibt es religiös: „Toni, du bist ein Fußball-Gott!“. Dann wird es auch mal prosaisch: „Und die Ungarn, wie von der Tarantel gestochen, lauern die Puszta-Söhne, drehen jetzt den siebten oder zwölften Gang auf.“  Zumeist wird es aber hochemotional, vor allem ganz am Ende: „Das Spiel ist aus – Deutschland ist Weltmeister – schlägt Ungarn mit drei zu zwo Toren im Finale in Bern!“ Ich hatte aber zwei absolute Lieblingsstellen, bei denen Zimmermann explizit einen bestimmten ungarischen Spieler beim Namen nennt. Die erste Szene spielt sich kurz vor dem deutschen Siegtor zum 3:2 ab und geht so: „Bozsik [Anm.: wird Botschik ausgesprochen], immer wieder Bozsik, der rechte Läufer hat den Ball – verloren, diesmal an Schäfer. Schäfer nach innen geflankt. Kopfball – abgewehrt. Aus dem Hintergrund müsste Rahn schießen. Rahn schießt… Toooor! Toooor! Toooor! Toooor!“ Die zweite Szene spielt sich wie folgt kurz vor dem Schlusspfiff ab: „Die Ungarn erhalten einen Einwurf zugesprochen. Der ist ausgeführt – kommt zu Bozsik – Aus! Aus! Aus! Das Spiel ist aus!“ Diese zwei Ausschnitte aus der Live-Reportage weckten mein Interesse. Wer war bloß dieser Bozsik? Natürlich einer der ungarischen Wunderfußballer und trotzdem irgendwie die arme Sau. Erst lässt er sich offenkundig von Hans Schäfer den entscheidenden Ball zum Siegtor abluchsen. Dann ist er als letzter Spieler überhaupt am Ball und kann trotzdem die Sensation nicht mehr verhindern. War es nur Mitleid oder gefiel mir einfach nur sein Name? Den fand ich wirklich großartig. Irgendwie fremd, aber gleichzeitig so mächtig wie Donnerhall. Bozcik! So klingen doch eindeutig Sieger. Aber die Ungarn hatten nun mal verloren. Das passte nicht zusammen. Anschließend recherchierte ich in alten Fußball-Büchern und viele Jahre später im Internet, was es mit diesem József Bozcik nun so auf sich hatte.

Dieser wurde am 25. November 1925 in Kispest geboren, war eines von sechs Kindern eines bescheiden verdienenden Fabrikarbeiters und begann seine Fußballerkarriere – ebenso wie sein Jugendfreund Ferenc Puskás – beim Kispesti AC (KAC), wo er von der Position des rechten Läufers aus das Spiel im Mittelfeld organisierte. Er wurde folgendermaßen charakterisiert: „Der beidbeinige, präzise Bozsik bewegte sich auf dem Platz im behäbigen Trab, war aber dabei ein Ästhet des Fußballspiels, nie hastig, immer intelligent, mit Übersicht und enormer Ballsicherheit“. 1945 debütierte er in der ersten Mannschaft von Kispest und wurde bald der Motor seines Teams. 1949 gewann er den ersten Meistertitel mit seinem Verein, der im selben Jahr von der kommunistischen Regierung in Honvéd Budapest umbenannt und offiziell zum Armeeklub erklärt worden war. Sämtliche Spieler bekamen einen militärischen Rang verliehen – Bozsik den Majorsrang –, ohne aber wirklich eine militärische Funktion auszuüben. Schon zwei Jahre zuvor, 1947, wurde er zum ersten Mal in die Nationalmannschaft berufen. Als Teil der viel umjubelten „Goldenen Elf“ (diese blieb zwischen dem 14. Mai 1950 und dem 4. Juli 1954 in 32 Pflichtspielen ungeschlagen) gewann er in der Folge bei den Olympischen Sommerspielen 1952 in Helsinki die Goldmedaille und 1953 den über mehrere Jahre gehenden Europapokal der Nationalmannschaften, einen Vorläufer der späteren EM. Im selben Jahr war er Torschütze beim legendären 6:3-Auswärtssieg der Ungarn gegen die englische Nationalmannschaft. Dieses Spiel bedeutete damals die erste Heimniederlage Englands gegen eine Mannschaft vom europäischen Festland. Bei der Fußball-Weltmeisterschaft 1954 trat Ungarn als großer Favorit an und erreichte das Finale mit 25:7 Toren ohne große Mühe. Im Viertelfinale gegen Brasilien foulte der Brasilianer Nilton Santos Bozsik und die Situation eskalierte: Beide lieferten sich einen kurzen Boxkampf, und Schiedsrichter Arthur Ellis schickte beide in der 71. Spielminute vom Feld. Die Sperre galt jedoch nur für die Restdauer des Spiels. Im Halbfinale führte Bozsik die Ungarn als Kapitän aufs Feld (Puskás war verletzt) und gewann das Spiel gegen Uruguay mit 4:2. Seine bitterste Stunde im Nationaldress erlebte er, wie oben beschrieben, im Finale, als Ungarn gegen Deutschland mit 2:3 verlor. Als 1956 der ungarische Volksaufstand von der sowjetischen Armee niedergeschlagen wurde, blieb Bozsik im Unterschied zu Mannschaftskameraden wie Puskás, Koczis oder Czibor in Ungarn. In den folgenden Jahren wurde er Parlamentsabgeordneter – nach Einschätzung von Zeitzeugen mehr ein Aushängeschild denn ein echter Politiker –  und führte mit seiner Frau in Budapest ein Damenmodegeschäft. Nach seiner Spielerkarriere versuchte er sich auch kurze Zeit als Trainer bei Honvéd, wurde dann aber technischer Berater und Mitglied des Klubvorstands. 1974 war er ein Länderspiel lang, wie später auch unser „Loddar“, ungarischer Nationaltrainer. Er schrieb Kommentare für die Budapester Sportzeitung „Képes Sport“ und starb mit 52 Jahren am 31. Mai 1978 an einem Herzinfarkt. Bozsik gilt noch heute neben Ferenc Puskás als der bekannteste Spieler von Kispesti bzw. Honvéd. Daher trägt die im Stadtteil Kispest gelegene Spielstätte von Honvéd Budapest inzwischen den Namen „Bozcik-Aréna“. Sein Spitzname lautete übrigens – warum auch immer – „Cucu“.
Ich finde diesen Lebenslauf beeindruckend. In Ungarn ist „Cucu“ zu einem echten Helden geworden. Vom Gefühl her lag ich also damals völlig richtig. Helmut Rahn und Fritz Walter fanden alle toll, aber ich war nun einmal irgendwie Fan von Bozsik. Vielleicht hätte ich damals einen Fanclub gründen sollen. Ich tat es aber nicht. Als 15-jähriger hatte ich vermutlich denn doch andere Sachen im Kopf. Ungarn war ja ganz weit weg hinter dem „Eisernen Vorhang“. Und 1981 war er leider schon seit drei Jahren tot. Sonst hätte ich ihn bestimmt in seiner Budapester Wohnung besucht…

Bernd Christoph


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EM-Kommentar vom 17. Juni 2024

Liebe Tippgemeinde,

endlich läuft die Heim-EM, wenn auch für die meisten von uns nur im Heim-TV. Nur Imke und Ingo durften am Samstag in dieser Stadt in der Nähe von Lüdenscheid live im Stadion dabei sein. Das Eröffnungsspiel fand also ohne uns statt. Das deutsche Team fiedelte die Dudelsäcke aus Nord-Brexitannien ganz locker mit 5:1 weg, ganz zur Freude fast aller 88 Tipper*innen. Allein Jeroen (ein Holländer, natürlich...), Alex, Mette und Frederik hatten den Schotten deutlich mehr zugetraut und mussten ohne Punkte durch die erste EM-Nacht gehen.

Am Samstagnachmittag war dann Internet-Technik gefragt, außer man hatte ein MagentaTV-Abo. Ich habe mir das Duell der weiteren Gruppengegner des deutschen Teams per VPN im Schweizer SRF angesehen und war von dem großartigen Schweizer TV-Kommentator sehr angetan, der das Spiel mit einer höchst erfreulichen Mischung aus Sachkenntnis, Emotionalität und Freude am scheinbar Nebensächlichen betrachtete. Als einige offensichtlich hungrige Schweizer Fans eingeblendet wurden, zeigte er sich auch kulinarisch gut informiert: "Wurst in der Semmel wird hier angeboten in den Stadien, quasi als Leckereien. Ich sage Ihnen: Die Bratwurst in St. Gallen... kein Vergleich dazu...". Das Schweizer Fußball-Idiom kam natürlich nicht zu kurz, so war vom "Stadion-Speaker" die Rede, und bei einer Chance der Ungarn "war keiner da, der ihn daran gehindert hätte, den Ball in Richtung Tor zu spedieren...". Völlig zu Recht sehr optimistisch waren die Schweizer Fans, die schon vorab "Fondue is better than Goulash" auf eine Pappe gemalt hatten. Genau so war es nämlich. Die zuvor als relativ stark eingeschätzten Ungarn enttäuschten vor allem in der 1. Hälfte und hatten nur 1/3 anteiligen Ballbesitz (Kommentator: "Szoboszlai, der Superstar, war heute weder super noch Star"). Die Eidgenossen konnten nahezu kombinieren wie sie wollten, und als die Ungarn sich vor dem 0:2 im eigenen Strafraum einen Ballverlust wie in der E-Jugend leisteten, war das Spiel schon fast gelaufen. Zwar erzielten die Magyaren noch mit einem Kopfball von Varga knapp über der Grasnarbe den Anschlusstreffer, doch war am Ende das 3:1 für die Schweiz völlig verdient. Weiter so, dann geht es - Hopp Schwiiz! - gegen Schottland direkt ins Achtelfinale.

Ganz souverän gestalteten auch die Spanier ihr erstes Spiel. Zack-zack-zack, gleich die ersten drei Chancen wurden zu einer deutlichen Führung genutzt. Da wussten die armen Kroaten noch nicht mal, wo das spanische Tor steht. In der 2. Hälfte gab es dann spanischen Verwaltungsfußball (ja, auch sowas können sie!) und am Ende die Überzeugung, dass da ein wirklich starkes Team von der iberischen Halbinsel angereist ist. Was die Kroaten mit ihrer z.T. überalterten Mannschaft noch drauf haben, dürfen sie jetzt gegen Albanien zeigen. Die Filzhutträger starteten optimal mit dem 1:0 in der 1. Minute, weil di Marco und Bastoni offenbar geistig noch in der Kabine oder beim Aufwärmen waren - dort stört einen ja normalerweise kein Gegenspieler. Aber egal, nach einer Viertelstunde hatten die Italiener die Sache gedreht, versäumten es aber, noch was draufzulegen. Bei jedem anderen Team könnte man ob der knappen Führung nervös werden, aber nicht bei Italien! Die Spagettis schaukelten das Ding über die Zeit und gerieten auch bei einigen guten Chancen der Albaner nicht aus der Ruhe. Alles normal also beim EM-Titelverteidiger.

Noch dämlicher als der italienische Blackout vor dem 0:1 wurde dann, was nach  der Fußballübertragung kam: Das EM-Kneipenquiz, in dem zwei Prominententeams und ein Kneipengast-Team gegeneinander antreten, Bier trinken und Fußballfragen beantworten. Die überdrehte angebliche Sportschau-Moderatorin stellte zwar die Prominententeams vor, vergaß aber die Kneipengäste. Nachgeholt wurde das erst nach 20 Minuten. Bis dahin hatte man schon die humorfreien plumpen Witze des vorgeblichen Comedians Malte Völz über sich ergehen lassen müssen - gäääähn! Als dann von den Gästen auch noch Rasenbüschel mit der Papierschere gestutzt werden mussten, habe ich abgeschaltet. Die größte Verschwendung von Sendezeit und GEZ-Gebühren seit der Parallell-Übertragung von Charlies Krönungsfeierlichkeiten auf ARD und ZDF!

Am Sonntag sahen wir drei Spiele, die in gewisser Weise ähnlich liefen wie der letzte Kick vom Samstag. Die Favoriten machten es jeweils spannender als man hätte erwarten können, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. Unsere orangen Freunde aus dem nahen Westen übten sich quasi das gesamte Spiel über im Chancenwucher und benötigten die Hilfe eines älteren Mittelstürmers von einer mittelmäßigen Bundesligamannschaft, um den Sieg zu sichern. Und fast wäre es noch schief gegangen, denn die Polen gaben sich nicht verloren und hatten zum Schluss noch ein paar Hochkaräter in petto. Mit etwas mehr Effizienz vorm Tor sind die Holländer allerdings ein klarer Kandidat für's Viertelfinale. Ähnlich lief es für die Engländer, die am Ende nur mit Spielverzögerungen bester italienischer Qualität ein 1:0 gegen Serbien über die Zeit brachten, also gegen ein Land, dessen Team noch nie irgendwas bei einer EM oder WM gerissen hat. Der englischen Mannschaft, angeblich zusammen 1,5 Millarden Euro am Transfermarkt wert, schien in der letzten Viertelstunde die Luft auszugehen, da lief gar nichts mehr, weder die Spieler noch der Ball. Das war ziemlich erschreckend, aber dank einer stabilen Abwehr auch irgendwie effizient. Ein 1:0 reicht halt zum Sieg und bei mir sogar zu 04 Punkten, die mir Harry Kane mit seinem Kopfball in der 2. Hälfte fast noch zerschossen hätte. Braver Harry, besser platziert wäre der unhaltbar gewesen!

Allein im 3. Sonntagsspiel nach dem Motto "Wir dominieren mal die erste Hälfte und gucken dann, was passiert..." gab es keinen Favoritensieg. Die Dänen gingen mit Christian "Better-than ever" Eriksen verdient in Führung, versäumten es aber eben auch, rechtzeitig nachzulegen. Teilweise wurden beste Kontergelegenheiten nicht erkannt, sondern mit Quer- und Rückpässen unverständlicherweise abgebrochen. Was war da los, warum wurde nicht weiter schnell nach vorn gespielt, wenn sich die Möglichkeit ergab und die Slowenen unsortiert waren? Kein Vertrauen in die eigene Courage? So macht man den Gegner stark und der nutzte dann zumindest eine der vielen Chancen in der Schlussphase zum Ausgleich, wenn auch etwas glücklich durch einen abgefälschten Schuss. Es hätte für Dänemark auch noch im Desaster enden können, doch zum Glück ließ Seskos Pfostenknaller nur das Stadiondach wackeln und nicht den Punktgewinn unserer nördlichen Nachbarn.

Damit wären wir auch beim Punktstand im Tippspiel. Der EM-Titelverteidiger David liegt schon wieder vorn, allerdings hat das nach 7 Spielen noch nicht viel zu bedeuten. Und hinten haben einige Tipper*innen tatsächlich noch weniger Punkte als Spiele absolviert sind, das ist... - tja... - ziemlich kläglich. Doch egal, gleich geht's weiter und heute sind wieder 12 Punkte zu holen.

Viel Spaß beim Gucken wünscht
Robert



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Kanalpolemik zur EURO vom 16. Juni 2024

Es gibt Fans, die fahren zur EURO, um Fußball zu schauen, die eigene Mannschaft zu unterstützen und jede Menge Spaß zu haben. Und es gibt Engländer. Natürlich meine ich damit nicht alle aus dem Mutterland des runden Leders, die in Scharen über den Ärmelkanal zu uns geflüchtet sind. Nein, diese Kollegen mit sonnenverbrannter Bierplautze und großformatigen Tätowierungen auf dem Astralkörper, die meine ich natürlich nicht. Aber es gibt ganz offensichtlich auch die anderen, die Weicheier und Warmduscher unter ihnen. Die mit drei heulenden Löwen auf dem viel zu eng sitzenden Harry-Kane-Trikot. Genau die meine ich!

Exakt solche komischen Figuren hatten sich tatsächlich über den Austragungsort ihres ersten Gruppenspiels gegen Serbien beschwert. Konkret geht es um Gelsenkirchen. Einige dieser Nörgel-Briten waren offenbar wenig angetan von der Optik der Stadt im Herzen des Ruhrpotts. Der Engländer Paul Brown postete auf der Social-Media-Plattform X: „Gelsenkirchen sieht aus wie ein absolutes Drecksloch. Ich kann kaum glauben, dass Deutschland hier EM-Spiele austrägt." Ein anderer Fan beschwerte sich wie folgt: „Gelsenkirchen ist vielleicht die leiseste und langweiligste Stadt, die ich je in meinem Leben gesehen habe." Wat denn nu‘ – Drecksloch oder langweilig? Beides gleichzeitig passt definitiv nicht zusammen. Denn wenn etwas total dreckig ist, dann ist es so ziemlich alles, aber bestimmt nicht langweilig. Auch der „Sky“-Journalist Kaveh Solhekol von der Insel reihte sich in den Kreis dieser Miesmacher ein. Der Reporter war zuvor aus München angereist, „was eine unglaubliche Stadt ist", wie er sagte. „Aber Gelsenkirchen ist ein ziemlicher Kontrast. Denn jetzt sind wir im industriellen Herzen Deutschlands, wo Stahlwerke und Kohleminen alle nicht mehr da sind. Und es ist nicht wirklich viel übrig geblieben in Gelsenkirchen." Natürlich sei die Stadt berühmt für ihr Fußball-Stadion und den Club Schalke, der darin spiele. „Aber abgesehen davon gibt es hier wirklich nicht viel, was man tun kann."

Dann rufe ich diesem Schnösel und den anderen Pussies zu: Seid ihr zum Sightseeing hergekommen oder zum Biersaufen oder wat? Ihr könnt definitiv etwas tun. Kriegt eure verdammten Hintern mal aus den weichen Hotelfedern und fahrt mit der ruckeligen Straßenbahn von Gelsenkirchen nach Downtown Recklinghausen. Dann wisst ihr endlich, was mal so richtig trübe ist. Und auf dem Rückweg macht ihr noch schönes Statiönchen in Herten und besteigt, wenn es euer vermutlich beschissener Fitnesszustand irgendwie zulassen sollte, die Abraumhalde Hoheward. Von dort oben auf 152 Meter könnt ihr das Stadion hervorragend sehen und seid gleichzeitig noch ausreichend weit von ugly Gelsenkiiiirchen wech. Vor allem seid ihr Vollpfosten von allen anderen weit wech. Besser geht’s doch nicht, oder? Sowas nennt man auf eurer Insel Win-Win!

Bernd Christoph



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Kanalpolemik zur EURO vom 13. Juni 2024

Animiert vom Tippspielorganisator („Zwischengestreute Polemiken sind selbstverständlich jederzeit willkommen!“) erlaube ich mir einen diesbezüglichen ersten Aufschlag, den ich sehr gerne schwungvoll mit dem Baseballschläger ausführen möchte. Ziel meines Anschlags ist ein halsloses Plüschgetier mit der Rückennummer 24, das ab diesem Freitag für mehr als vier Wochen eigentlich sein fürchterliches Unwesen treiben wollte. Dazu kommt es jedoch nicht. Die Attacke ist wohlgeplant und wird für den Delinquenten völlig überraschend kommen. Hinweise auf den Tierschutz prallen an mir genauso ab wie dämliche Reporterfragen seinerzeit 2014 an Per Mertesacker. Wer hat sich dieses blöde Vieh bloß ausgedacht und wie kommt man auf einen sowas von bescheuerten Namen? Auf der Homepage der UEFA ist folgendes zu lesen: „Das offizielle Maskottchen der UEFA EURO 2024 heißt Albärt. Dies ist das Ergebnis einer Abstimmung von UEFA.com-Nutzern und Schulkindern in ganz Europa, die über das UEFA-Schulfußball-Programm teilgenommen haben. Der Teddybär tritt nun in die großen Fußstapfen von Berni, Goaliath, Rabbit und Kinas, die allesamt bei früheren EURO-Endrunden als Maskottchen dienten. Bärnardo, Bärnheart und Herzi von Bär waren die anderen drei Namen, die es in die Abstimmungs-Shortlist geschafft hatten. Albärt setzte sich jedoch mit 32 % der Stimmen durch.“

Liebe Schulkinder, die ihr für die oben genannte Abstimmung von den bösen Fußballonkels missbraucht worden seid: Bitte jetzt einfach mal weghören! Und liebe Fuzzis von der UEFA: Diese ganze Scheiße interessiert mich nicht! Ich schlage diesem tumben Kuscheleumel bei nächster Gelegenheit, wie angekündigt, eins auf den runden Deckel und gehe nach vollbrachter Tat anschließend mit meinem Kumpel Bär Bärtesacker drei Tage in die Eistonne! Kommt mir jetzt aber nicht noch mit Eisbären!

Bernd Christoph


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Ganz persönliche Kanalgedanken
zu den Gegnern der deutschen Nationalmannschaft bei der EURO 2024

von Bernd Christoph

Folge1: Schottland

(Vorrundenspiel am 14. Juni 2024 in München)

 

Folgende zehn Dinge assoziiere ich spontan mit Schottland: Highlands, Loch Ness, Balmoral Castle, Dudelsack, Kilt, Braveheart, Hassliebe zu England, Rangers & Celtic, Haggis (gefüllter Schafsmagen) und Laphroaig (Whisky). 

Ich muss eingangs gestehen, dass ich diese wirklich ganz besondere Region des Vereinigten Königreichs bisher noch nie persönlich kennenlernen durfte. Allerdings verbinde ich Schottland mit freundlichen und warmherzigen Menschen, die ganz und gar nicht geizig sind. Dieses gehässige Vorurteil müssen wohl Engländer in die Welt gesetzt haben. Gerne denke ich an mehrere Dienstreisen zur weltweit größten Fischfachmesse „European Seafood Exposition“ zurück, die immer jährlich in Brüssel stattfindet. Dort stellte einer der großen schottischen Fischverarbeiter mit dem treffenden Namen „Fresh Catch“ in der Nähe unseres Schleswig-Holstein-Standes aus. Für die Schotten war es völlig selbstverständlich, alle Aussteller in der Messehalle zu ihrem großen Standabend im Anschluss an den zweiten von vier Messetagen einzuladen. Dort warteten ein üppiges maritimes Büffet, in großen Wannen auf Eis gelegte Getränke und natürlich reichlich Whisky. Der „Schotten-Abend“ war immer legendär und die Gespräche mit den Nachbarn von jenseits der Nordsee gestalteten sich überaus unterhaltsam, auch wenn man wegen des speziellen Akzents nicht alles gleich verstand. Natürlich ging es dabei auch um Fußball. Dabei lerne ich, dass sich in der Liga Kicker und Fans vornehmlich der Glasgower Teams von Rangers und Celtic oder vom FC Aberdeen bis aufs Blut bekämpfen. Wenn das Nationalteam aber auf dem Platz steht, vor allem gegen den Erzgegner England, dann gibt es nur noch Einigkeit und wilde Entschlossenheit.

Im Zusammenhang mit dem Lieblingssport der Schotten erinnere ich mich jedenfalls an eine ganz besondere Begegnung. Diese ereignete sich am 8. Oktober 1996 in Tallinn. In Begleitung eines Professors von der CAU Kiel weilte ich seinerzeit für einige Tage in der estnischen Hauptstadt, um die dortige Regierung beim Aufbau von Vermarktungsstrukturen zu unterstützen. Am Abend fallen uns dort die vielen Hundert Männer in dunkelblauen Trikots und bunten Kilts sofort ins Auge, welche die gesamte historische Altstadt und insbesondere die dortigen Kneipen lautstark bevölkern. Denn am nächsten Abend ist für 17:45 Uhr ein Qualifikationsspiel für die nächste Fußball-WM 1998 in Frankreich angesetzt. Die Vorfreude der Schotten ist offenkundig mindestens so groß wie ihr Bierdurst und die Stimmung entsprechend blendend. Gegen den krassen Außenseiter aus Estland soll auf jeden Fall ein Auswärtssieg gefeiert werden.

Am nächsten Abend zeigt sich dasselbe Bild: Wieder sind überall feiernde und bierselige Schotten unterwegs. Die Stimmung ist im Vergleich zum Vortag sogar noch etwas ausgelassener. Auf Nachfragte teilt mir einer der Fans mit einem Augenzwinkern mit, dass man heute klar gewonnen hätte. Zum Endergebnis macht er jedoch keine Angaben, was mich denn doch etwas wundert. Ein anderer sagt mir mit einem breiten Grinsen im Gesicht, dass er das erste Mal bei einem Qualifikationsspiel selbst ins Tor getroffen hätte. Ich führe diesen vermeintlichen Unsinn zunächst auf die Wirkung des estnischen Bieres zurück. Doch des Rätsels Lösung ist eine der kuriosen Geschichten, die nur der Fußball schreiben kann. Was war passiert?

Die Verantwortlichen vom schottischen Fußballverband hatten am Abend zuvor im Abschlusstraining die schlechten Sichtverhältnisse im Kadrioru-Stadion, in dem nur temporär eine provisorische Flutlichtanlage steht, bemängelt. Nach einem Protest von Nationaltrainer Craig Brown stimmte die FIFA einer Vorverlegung des Spiels auf den Nachmittag zu. Beim Kick-off um 15:00 Uhr sind zwar 1.000 Fans im Stadion, darunter hunderte Anhänger der Gäste, die elf schottischen Spieler stehen jedoch alleine auf dem Platz. Eine der wesentlichen Voraussetzungen für ein Fußballspiel, nämlich das Vorhandensein zweier Mannschaften, ist damit ganz offensichtlich nicht gegeben. Der estnische Verband wehrt sich auf diese Weise gegen die sehr kurzfristig erfolgte Neuansetzung zu einem für die eigenen Zuschauer deutlich unattraktiveren Zeitpunkt. Also lässt er seine Spieler kurzerhand nicht antreten. Zu diesem Zeitpunkt stehen Keeper Andy Goram, der aus der Bundesliga bekannte Paul Lambert und ihre neun anderen Kameraden also alleine auf dem Platz. Drei Sekunden dauert die Farce, dann pfeift der jugoslawische Schiedsrichter Miroslav Radoman die „Partie“ ab. Wenig später sorgen die Fans selbst noch etwas für Fußball-Action auf dem Platz und netzen fröhlich ein paar Bälle ins verwaiste Tor ein. Für die „Tartan Army“ ist dieser Tatbestand jedenfalls ein weiterer willkommener Anlass zum Trinken. Die Kilt-Träger bejubeln den Sieg ohne Tore auch so. Darüber hinaus ist schnell ein Song kreiert, der die Absage mit einem Augenzwinkern kommentiert: „One team in Tallinn, there's only one team in Tallinn!“ Die Melodie ist dieselbe wie jene, welche die Anhänger der Glasgow Rangers über Tormann Goram wiedergeben. Nach dessen mutigem Outing, schizophren zu sein, sangen diese nämlich nicht mehr, dass es nur einen Andy Goram gebe, sondern: „Two Andy Gorams, there’s only two Andy Gorams.“ Großes Tennis in Tallinn! Abends werden an diesem trüben Herbsttag dann die letzten in der Hauptstadt noch vorhandenen Alkoholvorräte vollständig von den Schotten geplündert.

Gegen Mittag am Folgetag geht es nicht nur für mich mit einer Maschine der „Scandinavian Airlines“ über Kopenhagen nach Hause. Denn im Flieger feiern die schottischen Fans den dritten Tag am Stück munter weiter und stimmen ihre gut eingeübten Gesänge zur Belustigung der anderen Fluggäste in Dauerschleife an. Trotz guter Belüftung erinnert die Alkoholfahne an einen gut besuchten Pub. Das passiert eben, wenn die Flying Scotsmen unterwegs sind. Ein überglücklicher Schotte, der in unmittelbarer Nähe sitzt, erzählt mir ganz stolz, dass er eine so schöne Auswärtsfahrt noch nie erlebt hätte: Sieg ohne Gezitter, gleich zwei lange Abende mit Dauerfeier, günstige Bier- und Schnapspreise und eine ganze Stadt komplett leergesoffen!

Zu diesem Zeitpunkt gehen alle davon aus, dass die drei Sekunden dauernde Partie vom 9. Oktober am „grünen Tisch“ mit 3:0 Toren für Schottland gewertet wird. Doch man hat die Rechnung ohne die FIFA gemacht. Diese beschließt einige Tage später, die Begegnung auf neutralem Boden neu auszutragen. Diese findet dann vier Monate später am 11. Februar 1997 in Monaco statt und endet zur großen Überraschung aller Fußballexperten torlos 0:0. Der estnische Torwart Mart Poom, damals in Diensten des schweizerischen FC Wil und später sogar beim FC Arsenal unter Vertrag, hält trotz schottischer Überlegenheit den Punkt für den Außenseiter aus dem Baltikum mit starken Paraden fest. Trotz dieses enttäuschenden Resultats qualifizieren sich die Schotten letztlich für die WM 1998 in Frankreich. Dort ist allerdings schon nach der Gruppenphase Schluss – wie bei jeder der vorangegangenen sieben Teilnahmen an einer Weltmeisterschaft. Danach muss die „Tartan Army“ während Turnieren stets aus der Ferne zuschauen, bis sie sich schließlich mehr als 20 Jahre später für die in 2021 ausgetragene EURO 2020 qualifizieren können, wo sie aber ebenfalls in der Gruppenphase hängen bleiben. Also auf ein Neues bei der EURO 2024 in Deutschland, wo unseren Freunden von diesseits und jenseits der Highlands das Bier aller Wahrscheinlichkeit nach ebenfalls bestens munden dürfte!


Bernd Christoph


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Prolog vom Kanal zur EM 2024

 

Das Europa meiner Wahl

 

Als 1960 die erste Fußballeuropameisterschaft ausgetragen wurde, da lag ich noch in den Windeln. Auch die Welt war damals eine völlig andere. Der „kalte Krieg“ bestimmte das politische Geschehen und sowohl Deutschland als auch Europa waren zweigeteilt in „West“ und „Ost“. Seitdem ist vieles passiert. Mit dem Mauerfall Ende 1989 in Deutschland löste sich kurze Zeit später auch der komplette „eiserne Vorhang“ in Wohlgefallen auf, was nicht immer ganz friedlich und schon gar nicht ohne Nachwehen verlaufen ist – die bitteren Folgen erleben wir gerade. Plötzlich bekam Europa gewissermaßen Nachwuchs in Form von frisch geborenen oder wiederauferstandenen Ländern. Das verlieh auch dem EURO-Turnier noch einmal Aufwind. Bei der Premiere waren übrigens insgesamt nur 17 Teilnehmer am Start. Acht Länder zeigten gar kein Interesse an diesem neuen Format, darunter auch West-Deutschland. Aufgrund dieser ziemlich übersichtlichen Anzahl gab es kurioser Weise nur eine einzige Qualifikationsrunde zwischen Irland und der Tschechoslowakei, welche die CSSR mit zwei Siegen für sich entschied. Anschließend zogen alle weiteren Mannschaften automatisch ins Achtelfinale ein, darunter auch der Fußball-Zwerg Luxemburg. Die offizielle Endrunde mit den Halbfinal- und Finalspielen bestand damals bis einschließlich 1976 nur aus vier Mannschaften und wurde innerhalb von nur fünf Tagen ausgespielt. Diesmal bewarben sich 53 Verbände, was bekanntlich wegen des britischen Sonderstatus nicht mit der Anzahl der Nationen gleichzusetzen ist. Das Teilnehmerfeld wurde für die EURO 2016 erstmals auf 24 Mannschaften aufgestockt und das Turnier dauert seither insgesamt mehr als vier Wochen. Deutschland ist nach 1988 zum zweiten Mal Gastgeber. Das soll es aber mit Historie und nackten Zahlen auch gewesen sein.

Nachdem ich den Windeln entwachsen war und nachfolgend die Welt um mich herum etwas näher beschnuppern durfte, habe ich irgendwann realisiert, dass Europa weitaus mehr ist als die nüchterne geografische Kategorisierung als Kontinent. Europa steht für Vielfalt der Menschen, Reichtum der Kulturen und die Freiheit, andere Länder zu bereisen und sich mit den dort lebenden Menschen auszutauschen. Zugleich freue ich mich, dass die meisten Länder demokratische Strukturen geschaffen haben. Denn noch in den sechziger Jahren waren beispielsweise die drei südeuropäischen Länder Spanien, Portugal und Griechenland de facto Diktaturen, in den überwiegend von Moskau gesteuerten ost- und südosteuropäischen Staaten unterdrückten totalitäre Regime Bürgerrechte und Freiheitsdrang der Menschen. Demokratie, Grundrechte und Freiheit sind hohe und keinesfalls selbstverständliche Güter – nicht nur im Jahr der Europawahl.

Von diesen Gedanken habe ich mich diesmal leiten lassen. Daher werden die Kanalkommentare zum Tippspiel ein wenig anders ausfallen als sonst. Bei vergangenen EM-Turnieren gab es ja zumeist eher launige oder schräge „Insiderberichte“ aus Spielerkreisen („Kevins EM-Tagebuch“ 2008), aus der Promi-Welt des Fußballs („Live aus dem EM-Doppelzimmer“ 2012), aus der Wissenschaft („Madame Rasta erklärt“ 2016) oder aus dem Bereich der Hygiene („Dedel, der EM-Desinfizierer“ 2021). Diesmal wird es eher persönlich. Ausgangspunkt für meine Anmerkungen sind die jeweiligen Gegner der deutschen Mannschaft, und zwar die Länder und nicht die kickenden Mannschaften. Welche Assoziationen verbinde ich ganz spontan mit diesen Ländern? Welche Erfahrungen habe ich mit Land und Leuten gemacht? Welche speziellen Fußballerinnerungen gibt es? Mit Schottland, Ungarn und der Schweiz stehen die ersten drei Folgen definitiv fest. Ob weitere dazukommen, liegt dann ausschließlich in der Hand oder besser in den Füßen unserer Nationalkicker. Wenn es tatsächlich sieben Folgen werden sollten, würde vermutlich nicht nur mich das überaus freuen.

Abschließend rufe ich gemeinsam mit dem ewigen Loddar allen Fußballfans in Kiel, Bremerhaven oder sonstwo auf der Welt zu: Viel Spaß und Erfolg beim diesjährigen EM-Dipp-Spiel, denn frisch gedippt ist halb gewonnen!
 

Mit besten Grüßen vom Kanal,

 

Bernd Christoph