Kanalkommentar vom 22. Juni 2004

Gestern durfte wieder parallel geglotzt werden. Wer keine Lust hatte, seine Nerven mit der Installation eines zweiten TV-Geräts im Wohnzimmer zu ruinieren, der versuchte es erneut mit der üblichen Zapping-Methode. Das klappte am Kanal schon deutlich besser als noch am Sonntag bei der Premiere. Da hatten wir es tatsächlich geschafft, durch geschicktes Umschalten alle Live-Tore zu verpassen. Gestern lag die Trefferquote nicht nur bei uns deutlich höher. Zehn Dinger an einem Spieltag – das ist EM-Bestleistung! Mehr oder weniger qualvoll gestalteten sich bei beiden öffentlich-rechtlosen Sender die so genannten "Expertenrunden". Das Duo Netzer & Delling hat irgendwann alles schon mal gesagt. Die einstudierten kleinen Sticheleien hauen vermutlich nur noch sehr schlichte Gemüter vom Hocker. Im "Zweiten" hatte Poschmann neben Weihnachtsfeier-Spezialisten Beckenbauer den Griechen-Otto mit dabei. Das versprach immerhin eine gewisse Brisanz. Weiß doch jeder, wie sehr diese beiden alten Männer durch abgrundtiefe gegenseitige Abneigung miteinander verbunden sind. Als Rehhagel vor Jahren endlich auch mal mit den Bayern Meister werden wollte und dieses Ziel im ersten Jahr verpasste, wurde er noch in der laufenden Saison trotz Erreichen des UEFA-Cup-Finales von Präsi Kaiser Franz an die Luft gesetzt. Dieser beerbte ihn dann auch noch als Last-Minute-Trainer und gewann den Cup. Das hat ihm Otto bis heute nicht verziehen. Das Gespräch der Dreierrunde plätscherte zunächst  so vor sich. Gegen Ende wurde Beckenbauer von Poschmann gefragt, was er denn den Griechen im Viertelfinale gegen Frankreich empfehlen würde. Als dieser Dummschwätzer dann antwortete, die Griechen sollten "doch mal den Zidane a bisserl abdecken", dachten wir: Jetzt haut Otto ihm endlich eins in die Fresse! Tat er dann leider doch nicht, sondern bedankte sich mit versteinerter Miene bei "seinem alten Freund Franz" für den "richtig guten Rat".
An der EM-Bar klötern munter weiter die Flaschen. In der Getränkegruppe B wie Besäufnis ist nun ebenfalls alles klar: Erwartungsgemäß bleiben uns Bordeaux-Wein und Gin erst einmal für die nächste Trinkerrunde erhalten. Der kroatische Slivovitz kann für die nächsten zwei Jahre eingemottet werden. Vielleicht versucht man es dann mit einem neuen Getränk (warum nicht ein feines Fläschchen Zivkovic?). 

Frankreich – Schweiz
Wieder mussten die Froschfresser nach schleppendem Start durch ein Gegentor der ansonsten erwartungsgemäß harmlosen Eidgenossen wach geklopft werden. Der Weckruf erreichte diesmal sogar Thierry Henry, der sich mit zwei schönen Treffern als Stürmer in Erinnerung brachte. Was soll man sonst noch zu diesem Spiel sagen? Ab ins EM-Archiv!

England – Kroatien
Erstmals mussten die Limies einem Rückstand hinterherlaufen, nachdem der langhaarige Kovac-Bruder den Ball ins englische Tor gestochert hatte. Nutzte den Kroaten aber nichts. Die Endländer ließen unbeeindruckt einen Angriff nach dem anderen abrollen. Langsam beginnen wir, das ganze Theater um einen 18-jährigen englischen Stürmer zu verstehen. Die Mickey-Vision geht munter weiter. Rooney selbst hat eine frappierende Ähnlichkeit mit den eigenen Fans: Fettbäuchig, stoppel- und hohlköpfig. Das hinderte ihn aber bislang nicht daran, eine Bude nach der anderen zu machen. Wir haben doch auch so einen. Soll Rudi doch morgen einfach mal unseren Poldi aus dem Zwinger lassen.


Heute Abend wird am Kanal primär das Nordduell geglotzt. Für Italien bleibt nur ein Zwischen-Zapping. Hoffentlich verpassen wir dabei beim zu erwartenden 7:7 der Skandinavier nicht zu viele Tore. Es lebe die Fernbedienung!

Eusebio!